Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Strukturen in der Finanzindustrie, die Bankenwelt und die Finanzmärkte insgesamt sind so zu verändern, dass sich
eine solche Krise möglichst nicht mehr wiederholt. Die SPD-Fraktion weiß um die Verantwortung für unser Land. In diesen Tagen steht viel auf dem Spiel. Wir sagen: Es ist notwendig, aber nicht ausreichend, den Euro finanzpolitisch zu stabilisieren. Es bleibt dabei: Eine reine Kreditermächtigung reicht nicht aus, um das Übel der Krise bei der Wurzel zu packen. Jetzt geht es vielmehr darum, die demokratische Kontrolle über die wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung Europas zurückzugewinnen.
Eine Zugabe ist aufgrund einer Zwischenbemerkung des Herrn Abgeordneten Dr. Kirschner möglich. Bitte sehr.
Die "Finanzmarkttransaktionssteuer" nannte der "Spiegel" eine "Volksberuhigungssteuer". Meine Frage an Sie: Sind Sie für die Einführung dieser Steuer auf nationaler und internationaler Ebene? Wollen sie diese national einführen, wenn sie international nicht durchführbar ist? Das war die erste Frage.
- Ich habe die Frage gestellt, "… wenn sie international nicht durchführbar ist?"; denn wir wissen, dass die Briten das nicht machen.
Wissen Sie, wie die Produkte, die Sie erwischen wollen, nämlich die Hedgefonds oder das Investmentbanking, strukturiert sind und wo diese gehandelt werden?
Herr Kollege, die Antworten sind ganz eindeutig. Sie erinnern sich sicherlich an unseren Dringlichkeitsantrag vom 27. Januar 2010. Damals haben wir in diesem Parlament schon darüber gesprochen. Wir haben alle Fragen rund um die Hedgefonds hinreichend beurteilt. Ihre Frage kann
ich ganz eindeutig beantworten: Ich glaube, dass sich der Ministerpräsident letzte Woche in diese Richtung geäußert hat.
Wir wollen die Finanztransaktionssteuer nach Möglichkeit weltweit. Zumindest wollen wir sie auf europäischer Ebene. Wenn das nicht durchsetzbar ist, plädiert die SPD-Landtagsfraktion für eine Börsenumsatzsteuer auf nationaler Ebene.
Ich darf Ihnen jetzt schon sagen, dass das in Ihrer Verantwortung liegt. Ich habe vorhin von der "Alarmstufe Rot" gesprochen. Dass wir jetzt, wo es dringender Entscheidungen bedarf, wieder darüber reden, ob es eine Finanztransaktionssteuer oder eine sogenannte Activity Tax sein soll, kann ich nicht verstehen, ebenso wenig, warum Sie noch miteinander regieren, wenn Sie so miteinander umgehen.
Ich habe dafür überhaupt kein Verständnis. Ich glaube, die Menschen im Land auch nicht. Seit Monaten wird über dieses Thema diskutiert. Am Ende passiert wahrscheinlich nichts.
Ich bin gespannt, ob der Ministerpräsident wirklich Wort hält. Er hat sich weit aus dem Fenster gelehnt. Er würde als Bayerischer Ministerpräsident Bedingungen an das stellen, was er als CSU-Vorsitzender im Koalitionsausschuss mit ausgehandelt hat oder hat aushandeln lassen. Das ist eine neue Konstellation, dass man an sich selbst Bedingungen stellt. Er hat die Bedingung gestellt, dass wir die Finanztransaktionssteuer brauchen.
Die Menschen im Land erwarten von Ihnen konkretes Handeln. Sie haben das Problem monatelang schleifen lassen. Jetzt müssen Sie die Sache tatsächlich durchsetzen.
Herr Kollege Rinderspacher, ich bitte Sie noch einmal an das Rednerpult, weil noch eine Zwischenintervention aus den Reihen der CSU-Fraktion vorliegt. Bitte sehr, Herr Kollege Radwan.
Herr Rinderspacher, der Finanzminister ist in seinen Ausführungen sehr stark auf die Thematik des Stabilitätspakts eingegangen. Mich würde interessieren, nachdem Sie kaum darauf eingegangen sind: Halten Sie es für richtig, dass der Stabilitätspakt, der von Rot-Grün verwässert wurde, wieder verschärft wird, dass blaue Briefe angenommen und nicht verhindert werden, wir einen Automatismus der Sanktionen bekommen und dass die Regeln des Stabilitätspaktes verschärft werden, die dazu dienen sollen, die Währung härter und nicht weicher zu machen, sowie effektive Kontrollen ermöglicht werden?
Wir sind dafür, dass Bewertungen im Rahmen des Stabilitätspakts scharf gehandhabt werden. Ich füge aber hinzu, dass das, was vorgetragen wurde, in Ihren Reihen zum Teil sehr kontrovers diskutiert wird. Zum Beispiel hieß es: Wenn die Stabilitätskriterien nicht eingehalten werden, müsse man dem einen oder anderen EU-Mitgliedstaat das Stimmrecht verweigern. Sie wissen, was Herr Schäuble dazu gesagt hat.
(Alexander Radwan (CSU): Was sagen Sie dazu? - Thomas Kreuzer (CSU): Was sagen Sie zur Aufweichung?)
Das sind nun wirklich keine zielführenden Vorschläge, mit denen man mehr Stabilität erreichen kann. Vor diesem Hintergrund schlage ich vor, dass Sie sich erst einmal in Ihren eigenen Reihen einig werden. Machen Sie entsprechende Vorgaben. Ich habe gesagt, dass wir dann Unterstützung leisten werden. Daran wird es nicht scheitern.
(Zurufe von der SPD: Jetzt kommt der Verwal- tungsrat der Landesbank! - Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! In diesen Tagen geht es um staatspolitische Verantwortung und nicht um Parteiengezänk.
Herr Kollege Rinderspacher, Sie haben heute eine Rede zum bayerischen Staatshaushalt gehalten. Damit müssen Sie noch etwas warten. Der Nachtragshaushalt wird erst im kommenden Jahr vorgelegt und endgültig beraten werden. Sie haben das Thema verfehlt. Es wäre gut gewesen, Sie hätten heute zur europäischen Situation und den entsprechenden Problemen gesprochen.
Die Lage ist ernst. Der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, sagt, dass wir seit September 2008 zweifelsohne in der schwierigsten Situation seit dem Zweiten Weltkrieg, vielleicht sogar seit dem Ersten Weltkrieg seien. Ich meine, die problematische und dramatische Situation macht das in besonderer Weise deutlich; denn es geht um nichts weniger als um die Rettung unserer Währung.
Die Märkte sind verunsichert, aber auch die Menschen in unserem Lande. Sie befürchten eine Inflation. Sie kommen zu den Banken. Sie kaufen Gold. Sie kaufen Immobilien. Das zeigt, wie sehr die Menschen in dieser überaus schwierigen Situation verunsichert sind. Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen. Wir dürfen aber die Ängste der Menschen nicht zusätzlich schüren. Das ist nicht unsere Aufgabe, nicht Aufgabe der Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.