Protocol of the Session on April 22, 2010

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Dr. Fischer, bleiben Sie bitte noch am Rednerpult. Herr Kollege Wörner hat sich zu einer Zwischenbemerkung angemeldet.

Herr Kollege Dr. Fischer, wenn man Sie hört und in Ihrer Denkweise weiterdenkt, kommt man zu dem Ergebnis, dass Sie gerade einen Innenminister beschimpfen, weil er zu wenig tätig wird.

(Beifall bei der SPD)

Der Innenminister setzt die Überwachung dessen, was heute Recht und Gesetz ist, nicht ausreichend durch. Er ist für die Durchsetzung in den Kommunen und Gemeinden, aber auch in den Regierungen für die Gewerbeaufsicht zuständig. Sie sagen, dass er dies nicht tue. Das müssen Sie mit ihm ausmachen.

Ich gebe Ihnen recht, dass zu wenig restriktive Strafen verhängt werden. Dies ist aber ebenfalls eine Aufgabe des Innenministers. Sie müssen sich mit Ihrem Koalitionspartner auseinandersetzen und dafür sorgen, dass Defizite, wenn es sie gibt, behoben werden. Ich möchte nicht verhehlen, dass es aufgrund des Personalabbaus Defizite gibt. Die Weisungsfunktion hat aber nach wie vor der Innenminister. Er muss dafür sorgen, dass das, was in Bayern Recht und Gesetz ist, in den Kommunen und Regierungen richtig umgesetzt wird. Sie müssen sich entscheiden, ob Sie weiterhin in Ihrer Koalition den Minister kritisieren oder mit uns zusammen Gesetze entwickeln wollen, die ordentlich funktionieren.

(Beifall bei der SPD - Markus Rinderspacher (SPD): Ist er wirklich so untätig?)

Herr Kollege Dr. Fischer, Sie haben das Wort.

(Vom Redner nicht auto- risiert) Es gehört schon sehr viel Phantasie dazu, meine heutige Rede in eine Kritik am Innenminister umzudeuten.

(Lachen bei der SPD)

Wir wollen den Vollzug konsequenter gestalten. Darin sind sich die die Koalition tragenden Fraktionen absolut einig. Dass das, was bisher gelaufen ist, nicht ausreichend sei, ist ein bisschen einfach betrachtet. Ich habe es vorhin gesagt: Die Handlungsherrschaft liegt bei den Kommunen. Die Kommunen müssen ausreichend unterstützt werden. Wir brauchen auch zusätzliches Personal. Wir haben ein gesellschaftliches Problem, das zugenommen hat. Dieses gesellschaftliche Problem muss bekämpft werden. Das tun wir. Im Gegensatz zu Ihnen tun wir das aber an der richtigen Stelle.

(Beifall bei der FDP)

Als Nächste hat Frau Kollegin Schmitt-Bussinger das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt eine Reihe von Argumenten gehört, mit denen verhindert werden soll, dass etwas getan wird. Es wurden Ausflüchte dafür gesucht, dass nichts getan werden muss.

(Beifall bei der SPD)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wir lassen es Ihnen nicht durchgehen, dass Sie wortreich Ausflüchte dafür suchen, dass nichts getan wird. Was Sie heute zum Ausdruck gebracht haben, ist ein Armutszeugnis für Ihr Verständnis von Handlungsnotwendigkeiten und für Ihr Verständnis von Politik bei diesem Thema.

(Beifall bei der SPD)

Verehrter Herr Jörg, Sie haben gesagt, dass Sie ein fundiertes und seriöses Gesamtkonzept erarbeiten wollten, während die Opposition dies natürlich nicht wolle. Ich frage Sie: Warum haben Sie unserem Antragspaket, das vor wenigen Wochen in den Ausschüssen beraten wurde und übrigens im Anschluss im Plenum zur Abstimmung steht, nicht zugestimmt? Warum haben Sie den Anträgen zu den Themen "Stärkung der präventiven Angebote", "Einsatz jugendlicher Testkäufer" und zur Aufklärungskampagne nicht zugestimmt? Diese Anträge enthalten ein Gesamtkonzept, das wir Ihnen vorgelegt haben.

Verehrter Kollege Hartmann, Sie haben gesagt, der Alkoholkonsum bei jungen Heranwachsenden sei zurückgegangen. Da haben Sie recht. Sie verschweigen aber

das Entscheidende, dass nämlich die Anzahl der heranwachsenden Tatverdächtigen bei Gewalttaten auf 55 % angestiegen ist. Mehr als jeder zweite Heranwachsende, der bei Gewalttaten auffällig geworden ist, hatte Alkohol intus. Dazu sagen Sie nichts. Sie suchen Ausflüchte und verharmlosen das Problem. Das hätte ich von den GRÜNEN nicht erwartet.

(Beifall bei der SPD)

Verehrter Herr Kollege Hartmann, was sagen Sie dazu, dass Suchtexperten - nicht ich oder die SPD-Fraktion sagen, dass gerade ein Verbot eine wichtige und notwendige Bremsfunktion beim Spontaneinkauf von Alkohol hätte? Das ist etwas, was Jugendliche und junge Erwachsene kennzeichnet: Sie ziehen nachts spontan los und kaufen Alkohol an einer Tankstelle oder einer Verkaufsstelle ein. Sie gehen nicht am Nachmittag los, um Alkohol einzukaufen. Sie wissen häufig am Nachmittag noch gar nicht, wo sie in der Nacht sein werden. Deshalb holen sie sich den Alkohol erst am Abend. Herr Kollege Hartmann, Sie haben unrealistische theoretische Argumente vorgebracht, die der Realität nicht Rechnung tragen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Dr. Fischer, Sie machen es sich zu einfach: Wir haben nicht nur ein Vollzugsdefizit. Das habe ich in meinem ersten Redebeitrag deutlich gemacht. Wir haben auch ein Gesetzesdefizit. Wenn Sie nur ein Vollzugsdefizit sehen, frage ich Sie, was Sie im Herbst mit Ihrem Koalitionspartner klären wollen. Im Herbst wird dann alles so sein, wie es jetzt ist. Mich würde schon interessieren, was Sie bis zum Herbst prüfen und klären wollen.

Ich habe nicht nur auf eine US-Studie verwiesen; es gibt weitere Studien. Wenn Sie sich damit auseinandergesetzt hätten, hätten Sie auch sagen müssen, dass es andere Studien gibt, zum Beispiel aus Norwegen, wo ein Verkaufsverbot ausschließlich für Samstagnacht dazu geführt hat, dass der Alkoholkonsum genau in dieser Nacht stark zurückgegangen ist. Die Erfahrungen aus Frankreich und der Schweiz sprechen auch gerade für ein Verkaufsverbot an Tankstellen.

Der Gipfel des Unverständnisses ist erreicht, wenn Sie sagen, die Kommunen müssten hier handeln. Sie kippen damit das Problem den Kommunen vor die Tür. Sie lassen die Kommunen mit diesen Problemen allein.

(Beifall bei der SPD)

Wir lassen die Kommunen nicht allein; denn wir wollen genau das, was Oberbürgermeister und Bürgermeister von uns als Landespolitikern fordern: Wir wollen gesetzlich einen Riegel vorschieben. Damit helfen wir den

Kommunen, das Thema vor Ort besser zu handhaben. Wir helfen damit auch der Polizei vor Ort, mit dem Thema des nächtlichen Alkoholmissbrauchs umzugehen. So, wie Sie sich die Regelung vorstellen, machen Sie es sich zu leicht. So kann man mit diesem ernsten Problem nicht umgehen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist beendet. Lassen Sie noch eine Zwischenfrage zu, oder verweisen Sie auf die Möglichkeit, eine Zwischenbemerkung zu machen?

(Vom Redner nicht auto- risiert) Frau Kollegin Schmitt-Bussinger, ich habe eine einfache Frage. Wer vollzieht denn die Regelung, wenn Sie das Verkaufsverbot durchsetzen würden? Sind das denn nicht die Kommunen?

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Bitte, Frau Kollegin.

Selbstverständlich ist das Verkaufsverbot vor Ort zu vollziehen. Damit liegt die Verantwortung aber bei den Tankstellen, bei den nächtlichen Verkaufsstellen und bei den Gastwirten. Auch dort muss Verantwortung wahrgenommen werden. Das darf man nicht unterschätzen. Die Verkaufsstellen müssen einen Stellenwert bekommen, den Sie ihnen nicht einräumen wollen.

Danke schön. Als Nächster hat Herr Kollege Klaus Stöttner das Wort, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin SchmittBussinger, Ihr Ziel ist richtig, aber der Weg dorthin ist diskussionswürdig.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

- Liebe Kollegin Noichl, es wäre nett, wenn Sie mich ausreden lassen würden. - Danke schön.

(Ludwig Wörner (SPD): Sonst kommt er so leicht durcheinander!)

Alle Redner sind sich einig, und unsere verehrte Staatszeitung hat alle Meinungen deutlich kundgetan. Wenn ich die alle genau studiere, sehe ich, dass wir uns alle darin einig sind, dass die Exzesse der Jugendlichen und die als Folge auftretende grenzenlose Gewalttätigkeit keinem von uns gefallen. Fairerweise muss man

aber ehrlich sagen, dass die Gesellschaft derzeit viel verantwortungsvoller mit Alkohol umgeht, als das in der Vergangenheit der Fall war. Das zeigt die Tatsache, dass der Verkauf nichtalkoholischer Getränke in den Gaststätten und in der Lebensmittelbranche ständig zunimmt.

Die beiden vorliegenden Gesetzentwürfe weisen zwar zum richtigen Ziel und könnten Teillösungen sein, können aber das Problem nicht wirklich in den Griff bekommen. Ich nenne das Beispiel der USA. Jeder von Ihnen weiß, dass die USA die strengsten Vorschriften haben. Alkohol kann man dort erst ab dem 21. Lebensjahr bekommen, und man darf Alkohol nicht in der Öffentlichkeit trinken. Dennoch finden in Amerika verglichen mit den europäischen Ländern die schlimmsten Saufexzesse statt. Die aktuelle Ausgabe des "Spiegel" berichtet: Trinken bis zum Abwinken an den Unis der USA, fertig machen zum Abschließen, ab 21.00 Uhr wird verdunkelt, Einlass nur mit Passwörtern, schwarze Betttücher werden an den Fensterrahmen angebracht.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Was soll uns das sagen?)

Lieber Herr Kollege Wengert, es ist die Frage, ob das die Lösung sein kann.

Frau Schmitt-Bussinger, Sie haben recht: Es muss etwas geschehen. Sie wollen ein Verschieben der Einkaufsmöglichkeiten. Was tun die Jugendlichen, wenn sie ab 20.00 Uhr keinen Vorrat mehr bekommen? Richtig, sie tanken vorher. Die aktuelle "FAZ" berichtet darüber, dass in Baden-Württemberg seit dem 1. März Tankstellen nachts keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen. Darum sorgen die Jugendlichen nun mit Käufen in Supermärkten vor. Dort bekommen sie noch mehr für ihr Geld. Sie ertränken ihren Frust Nacht für Nacht in Wodka und Eistee.

(Hubert Aiwanger (FW): Aber nicht um 1.00 Uhr, nicht wenn sie von der Disko heimkommen! - Maria Noichl (SPD): Jugendliche dürfen da gar nicht einkaufen!)

Herr Aiwanger, auch Ihr Kollege Thorsten Glauber hat einen guten Bericht geschrieben, ob das Verkaufsverbot eine Lösung sein kann.

(Hubert Aiwanger (FW): Nicht unbedingt!)

Ludwig Hartmann, wenn die Einsicht fehlt und wenn die jungen Menschen trinken wollen, finden sie immer Mittel und Wege, um das zu tun.