Es wurde argumentiert, dass diese Daten für die Prognosen, für die Vorhersagen benötigt würden. In diesem Punkt muss ich den Behörden einen Sechser geben. Die relevanten Daten, wie viele Schüler es gibt, wie viele Kinder geboren werden und wie viele Studenten mit einem Studium beginnen, sind seit Jahrzehnten bekannt. Trotzdem treten immer wieder Prognosefehler bis zum Gehtnichtmehr auf.
Hier geht es um Menschen. Ein Schüler hat aus gutem Grund eine Schülerakte, also eine Personalakte. Dort werden ab dem Eintritt in die Grundschule handschriftlich oder mit dem Computer die das persönliche Leben betreffenden Daten festgehalten. Andere Daten, wie zum Beispiel ein Migrationshintergrund, sind erfasst und können anonym abgeglichen werden. Die persönlichen Daten, die jetzt zusätzlich erfasst werden sollen, zum Beispiel über die Laufbahn des Schülers, stehen bereits in den Akten. Diese Akten werden relativ langsam weitergegeben, wenn der Schüler die Schule wechselt. Ich nehme in diesem Fall einen Personalakt in die Hand und beschäftige mich mit dem betreffenden Schüler.
Hier geht es um Menschen. Wir kommen in diesem Bereich in eine Datensammelwut, die nicht mehr zu verantworten ist.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kollegen und Kolleginnen! Dem Umstand, dass heute keiner unserer Vertreter aus dem Bildungsausschuss spricht, sondern ich als Mitglied der Datenschutzkommission, können Sie entnehmen, dass wir dieses Gesetzesvorhaben nicht als Maßnahme zur Verbesserung der Chancen unserer Schülerinnen und Schüler ansehen und auch nicht als Maßnahme zur Verbesserung der Bildungsforschung in Bayern. Wir sehen diesen Gesetzentwurf vielmehr als massives Datenschutzproblem an.
Die Erhebung sensibler Daten, wie sie flächendeckend für ganz Bayern für jeden Schüler und jede Schülerin während der gesamten Schullaufbahn vorgesehen ist, widerspricht den Grundsätzen des Datenschutzes, die besagen, dass die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten und die Auswahl und Gestaltung des Datenverarbeitungssystems an dem Ziel auszurichten sind, so wenig personenbezogene Daten wie möglich zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen. Sie machen das Gegenteil mit Ihrer, wie Sie gesagt haben, "deutschlandweit einmaligen Datenbank".
Bayern braucht eine gute Bildungspolitik und keinen gläsernen Schüler. Schon in der letzten Legislaturperiode hatte die Staatsregierung eine ähnliche Schülerdatenbank auf den Weg bringen wollen, den Entwurf aber nach heftigen Protesten der Eltern- und Lehrerverbände zurückziehen müssen. Wir können nicht nachvollziehen, warum sich die FDP vor den Karren der CSU spannen lässt und gegen ihre ursprüngliche Vereinbarung im Koalitionsvertrag für ein solches Gesetzesvorhaben grünes Licht geben will.
Ich weise darauf hin - Kollegin Gottstein hat schon einiges gesagt -, dass die Zugriffsrechte und der Schutz vor missbräuchlicher Verwendung dieser Daten keineswegs geklärt sind. Die missbräuchliche Verwendung dieser Daten ist nicht auszuschließen. Es ist durchaus zu befürchten, dass durch die missbräuchliche Verwendung der Daten Bildungskarrieren, die unser Schulsystem den Schülerinnen und Schülern eigentlich eröffnen wollte, letztendlich verhindert und behindert werden und dass Schülerinnen und Schüler frühzeitig stigmatisiert werden.
Wie Sie das von Ihnen geforderte Höchstmaß an Datenschutz sicherstellen wollen, Herr Dr. Spaenle, ist aus dem Gesetzentwurf nicht erkennbar. Ich bezweifle, dass die Gesetzesberatung mit der erforderlichen Sorgfalt erfolgt; denn letztendlich steht schon im Gesetzentwurf, dass dieses Gesetz am 1. Juni 2010 bereits in Kraft treten soll. Surft man etwas in den Daten des Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung, findet man die Erfassungsbögen zu diesem Gesetzentwurf und kann sich ein Bild machen, welches Unmaß an Daten pro Schüler und Schülerin in Bayern erhoben werden soll. Ich erkenne den Sinn nicht, jeden Schüler anzufragen, wann die Eltern nach Deutschland gezogen sind, welche Sprache zu Hause gesprochen wird, welche Religionszugehörigkeit der Schüler hat, in welchem Jahr er wann an welchem Ethikunterricht teilgenommen hat, ob er beispielsweise besondere Förderung in einer heilpädagogischen Tagesstätte und sonstige Förderung bekommt, ob er als dritte Fremdsprache Arabisch oder Serbisch wählt, welche sonderpädagogischen Förderungen er bekommen hat und so weiter. All diese biografischen und schulischen Daten sollen landesweit von jedem Schüler gespeichert und beim Bayerischen Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik zusammengefasst werden. Sie werden von Schule zu Schule weitergegeben. Es bedarf keiner besonderen Prophetie, um zu ahnen, dass die einen oder anderen Datenbestände Leuten zugänglich gemacht werden, für die sie nicht bestimmt sind.
Meine Kolleginnen und Kollegen, wir bitten Sie, unseren Antrag "Keine zentrale Schülerdatenbank in Bayern - keine gläsernen Schüler in Bayern" zusammen mit diesem Gesetzentwurf in der Beratung zu berücksichtigen. Wir fordern Sie auf: Verzichten Sie auf die unmäßige Erfassung der Daten. Verzichten Sie auf unmäßige Bürokratie in den Schulen. Schaffen Sie Platz für mehr Qualität in der Bildung.
Ein Beispiel möchte ich vortragen, da der Migrationshintergrund der Schülerinnen und Schüler vollständig erfasst werden soll, angeblich um deren Bildungschancen zu verbessern. Ich habe ein rumänisches Mädchen kennengelernt, das mit 15 Jahren in Bayern zugezogen ist. Die dortige ländliche Schule hatte kein Angebot für den Deutschunterricht. Deshalb war man dort der Meinung, das Kind solle warten, bis es 16 Jahre alt ist, weil es dann über die Integrationskurse Deutschunterricht erhält. Soviel zur Qualität des Bildungsangebotes für Kinder mit Migrationshintergrund. Ich frage Sie, warum Sie die umfangreichen Datenbestände brauchen; denn die Missstände sind bekannt, Herr Dr. Spaenle, handeln Sie!
Nächster Redner: Herr Kollege Dr. Fischer. Soweit ich weiß, ist danach Frau Will gemeldet. Bitte schön, Herr Dr. Fischer.
Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach einigen Beiträgen der Opposition möchte ich zunächst eines klarstellen: Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf der Staatsregierung hat nichts, aber auch rein gar nichts mehr mit dem Gesetzentwurf der amtlichen Schülerdatenbank zutun, den wir im Winter 2008/2009 gestoppt haben.
Herr Staatsminister Dr. Spaenle, Sie haben ausgeführt, wie schwierig der angemessene Ausgleich zwischen Datenschutz einerseits, pädagogischen Interessen und effizienter Schulverwaltung andererseits ist. In langen Verhandlungen haben Ihr Haus und die Koalitionsfraktionen der FDP und der CSU unter Einbeziehung des Landesbeauftragten für den Datenschutz einen völlig neuen Gesetzentwurf entwickelt, der diesen Ausgleich vorbildlich vornimmt. Dafür danke ich Ihnen.
Der neue Gesetzentwurf macht Schulverwaltungen und Schulaufsichten effizienter, schafft die Grundlage für eine aussagekräftige Statistik und für eine bessere Bildungsplanung, und er verbessert gleichzeitig den Datenschutz; denn die Möglichkeiten der Schulen zur Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten werden gegenüber dem geltenden Recht eingeschränkt.
Ich möchte einige Dinge klarstellen: Nur die Schulen dürfen Stammdaten von Schülern abrufen, wenn sie diese neu aufnehmen - nur die Schulen, sonst niemand. Noten sind nicht dabei.
Nur die Schulbehörden dürfen die erforderlichen Daten zur Unterrichtsplanung wie Klassenstärken oder Lehrerverfügbarkeit abrufen. Persönliche Schülerdaten sind nicht dabei.
Nur das Landesamt für Statistik darf zur Erstellung der Statistik auf die pseudonymisierten Daten zugreifen. Rückschlüsse auf Schüler sind nicht möglich.
Keine weitere Stelle, auch nicht das Kultusministerium oder die Speicherstelle selbst, hat Zugriff auf die Daten. Der Zugriff Dritter ist gesetzlich und technisch ausgeschlossen. Diese Sicherungen sind vorbildlich. Das heißt, die Datenübertragung und Datenverschlüsselung erfolgt auf technisch höchstem Niveau.
Deswegen ist es kein Wunder, dass nicht nur Datenschutzexperten, sondern auch der Landesbeauftragte für den Datenschutz diesem Verfahren ein außerordentliches, bundesweit einmaliges Datenschutzniveau bescheinigt. Es kommt noch etwas hinzu. Alle Regelungen werden durch Gesetz getroffen und können nicht vom Ministerium im Verordnungswege erweitert werden. Die Regelung ist unmissverständlich, und sie ist abschließend.
Deswegen kann ich als Resümee festhalten: Dieser Gesetzentwurf schafft keinen gläsernen Schüler. Er schafft ein gläsernes Verfahren.
Herr Kollege Dr. Fischer, ist Ihnen bewusst, dass im Gesetzentwurf auch die Möglichkeit vorgesehen ist, dass die Daten von Schule zu Schule weitergegeben werden, und ist Ihnen klar, dass die Daten, wie Herr Dr. Spaenle ausgeführt hat, von der Schule zur besseren Schulverwaltung und zur Erleichterung ihrer Arbeit genutzt werden sollen? - Wie können Sie dann annehmen, dass nur begrenzte Stellen den Zugriff zu den Daten haben?
Frau Kollegin Kamm, ich habe deutlich gesagt: Nur die aufnehmende Schule auch bei einem Schulwechsel gibt es eine aufnehmende Schule - hat Zugriff auf die Schülerdaten. Das ist aber schon jetzt so.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann natürlich nur unterstreichen, was mein Vorredner Kollege Fischer ausgeführt hat. Ich füge hinzu: Es ist das Ver
Das haben wir in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Wir haben Wort gehalten, meine Damen und Herren: Es gibt keinen gläsernen Schüler, und es wird auch keinen geben. Das Verfahren ist gläsern, wie Kollege Fischer ausgeführt hat, aber nicht der Schüler. Dieses Verfahren ist transparent und rechtsstaatlich einwandfrei. Es ist eben ein gläsernes Verfahren: Alles steht im Gesetz und nicht in einer Verordnung. Einem anderen Verfahren, das diesem Anspruch nicht genügt hätte, hätten wir uns selbst um den Preis des Koalitionsfriedens verweigert.
Die Kritik an der jetzt geplanten Datenverarbeitung im Schulwesen kann ich nicht nachvollziehen. Meine Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, sind Sie tatsächlich so naiv zu glauben, dass wir keine verlässliche Statistik brauchen?
- Die ist nicht verlässlich! Wir brauchen eine verlässliche Statistik, um die Probleme im Schulwesen rechtzeitig zu erkennen. Glauben Sie wirklich, wir könnten auf diese Daten verzichten?
Glauben Sie denn, dass derzeit keine Daten erhoben werden, handschriftlich, und, wie Sie ausgeführt haben, mit mangelnder Software? - So blauäugig kann man wirklich nicht sein. Ich stehe dazu, meine Damen und Herren: Wir brauchen diese Daten, um mehr Chancengerechtigkeit für Schülerinnen und Schüler herzustellen, und zwar unabhängig von ihrer Herkunft. Nur auf der Grundlage aussagekräftiger Daten können wir Bildungsverläufe nachvollziehen. Diese Daten sind die Basis, um Probleme zeitnah zu erkennen und den Bedarf schnell nachzujustieren. Mit Hilfe dieser Daten können wir beispielsweise feststellen, ob es eine regionale Häufung von Sitzenbleibern und Schulabbrechern gibt, ob es in bestimmten Altersstufen gehäuft Wiederholer gibt und ob bestimmte Bevölkerungsgruppen stärker als andere betroffen sind. Eine fundierte Datenbasis ist die Grundlage für geeignete Fördermaßnahmen und Reformen im Bildungswesen.
Diesem Anliegen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, sollten auch Sie sich nicht