Protocol of the Session on February 24, 2010

(Beifall bei der SPD)

Der Antrag ist aber auch eine Notbremse im Hinblick auf den juristischen, verfassungsrechtlichen Pfusch in dreifacher Hinsicht: Zum einen sind wir der Ansicht, dass das, was in Artikel 32 geregelt ist, überhaupt nicht der Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Bayern unterliegt. Denn diese Vorschrift, die die Mehraufwen dungen betrifft, ist zwischen Bund und Ländern in Arti kel 72 Absatz 3 Nummer 5 des Grundgesetzes abschließend geregelt. Der Gesetzgeber hat von die sem Artikel tatsächlich Gebrauch gemacht, und es geht nicht an, dass hier plötzlich anlagenbezogene Regel ungen umgesetzt werden. Sollte dieser Artikel 32 eine verdeckte Sezessionserklärung des Freistaates sein, müsste diese insoweit missbilligt werden. Wir befinden uns im föderalen System, und da wollen wir auch blei ben. Der Verfassungstext ist hier unmissverständlich. Die Länder dürfen keine anlagenbezogenen Regelun gen treffen; das steht in Artikel 72 Absatz 3 Nummer 5 des Grundgesetzes, soweit der Bund von seiner Ge setzgebungskompetenz Gebrauch macht. Das ist hier abschließend geschehen. Damit ist Ihr Entwurf tatsäch lich gesetzgebungstechnischer Pfusch. Als Jurist muss ich sagen: Ich frage immer nach der Zuständigkeit. Die sen Artikel hätte man sich sparen können. Deswegen ist unser Änderungsantrag tatsächlich eine Notbremse.

(Beifall bei der SPD)

Aber es geht in der Sache weiter. Warum werden jetzt plötzlich land- und forstwirtschaftliche Betriebe privile giert behandelt? Wasserschutz bei Privaten ist genau so wichtig. Mir ist es egal, ob der Herr Pfalzgraf am Ufer seine Weide bewirtschaftet oder ob es ein Landwirt ist. Eine sachliche Ungleichbehandlung ohne irgendeinen Grund ist nicht akzeptabel. Deswegen unser Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Der nächste Punkt ist eine ganz gravierende Angele genheit. Ihre Entschädigungsregelung bezieht sich auf alle Lebenssachverhalte auch in die Zukunft hinein. Wir wollen alte Tatbestände, wenn überhaupt, absichern. Ihr Antrag führt aber dazu - Herr Dr. Söder, Sie haben hier von Rechtssicherheit gesprochen -, dass mit Si cherheit in Zukunft keine Gemeinde - zumindest haben Sie es für die nächsten zwei Jahre geplant - Wasser schutzgebiete ausweisen wird. Denn die Kosten, die dadurch entstehen, würden sie in einer Art und Weise

belasten, dass eine Paralysierung der Politik stattfinden würde. Aufgrund dieser gesetzlichen Norm kann Um weltpolitik in diesem Freistaat konkret nicht mehr statt finden, weil die Angst vor den Kosten dominiert. Das ist inakzeptabel.

(Beifall bei der SPD)

Das ist eine Entwürdigung der politischen Glaubwür digkeit, was Sie hier als Zukunftsministerium anstre ben. Wenn in der Umweltpolitik die nächsten zwei Jahre Stillstand erfolgt, ist das eine Versündigung an unserem Freistaat und an seiner Bevölkerung. Das können wir insoweit nicht mittragen.

(Beifall bei der SPD)

Wir stellen insgesamt fest, dass soundso viele Bürger meister bei uns oder bei Kolleginnen und Kollegen auf der Matte stehen und sagen, sie könnten das nicht mehr verantworten. Das nötigt uns Respekt vor der Kommunalpolitik ab. Sie haben ursprünglich verkündet, dass Sie die Kommunen vom Finanziellen her entlasten wollen. Ich denke, dass diese Entschädigungsregelung dazu führt, dass das Konnexitätsprinzip ausgelöst wird. Denn wenn diese Regelung künftig Entschädigungstat bestände schafft, muss dafür natürlich das entspre chende Geld eingestellt werden, was die Kommunen insoweit entlastet. Das geht wiederum auf Kosten un seres Haushaltes. Alles in allem: Dieser Gesetzentwurf

ist Pfusch hoch drei.. Deswegen müssen wir die Not bremse ziehen. Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege Arnold. Jetzt erhält Frau Kollegin Kamm das Wort für die GRÜNEN. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Prä sident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Arnold hat es gesagt: Der Artikel 32 muss weg. Artikel 32 will eine Erweiterung der ohnehin bestehenden und geregelten Ausgleichsansprüche in Schutzgebieten für land- und forstwirtschaftliche Nutzungen, für land- und forstwirtschaftliche Betriebsanlagen, aber nicht nur für bestehende, sondern auch für zukünftige, für neue, zu sätzliche und für potenziell mögliche und so weiter. Eine Entschädigung von besonderen Anforderungen der Landwirtschaft in Wasserschutzgebieten ist bereits im § 52 des Wasserhaushaltsgesetzes hinreichend ge regelt. Eine zusätzliche Entschädigung ist daher nicht nur ungerechtfertigt, sondern widerspricht auch der in § 5 Wasserhaushaltsgesetz angeführten Sorgfalts pflicht. Artikel 14 des Grundgesetzes setzt der Nutzung des Eigentums zum Wohle der Allgemeinheit Schran ken. Dies gilt es ebenfalls zu berücksichtigen. Dies

muss in besonderem Maße für den Schutz des Trink wassers gelten, der - das haben wir bereits gehört - eine wichtige Aufgabe der Daseinsvorsorge darstellt.

Die Entschädigungsregelung über den § 52 WHG hi naus, die Sie vorschlagen, ist äußerst problematisch. Sie wollen nicht nur bestehende Nutzungseinschrän kungen entschädigen, sondern auch potenziell zukünf tige. Das ist nicht nur absurd, sondern kann dazu führen, dass es lukrativ und sinnvoll erscheinen könnte, land- und forstwirtschaftliche Betriebsanlagen gerade in solche Gebiete zu legen. Dadurch entsteht die Ge fahr der Intensivierung der Bewirtschaftung gerade in Trinkwasserschutzgebieten. Ihr Paragraph wider spricht daher dem Sinn der Trinkwasserschutzgebiet sausweisung, da die Trinkwasserschutzgebiete für anderweitige wirtschaftliche Nutzungen attraktiv ge macht würden. Extensiv genutzte Flächen mit geringen Einträgen sind aufgrund der Entschädigung, die an den betrieblichen Aufwand gekoppelt ist, weniger lukrativ als eine Intensivierung der Fläche mit hohem betrieb lichem Aufwand. Sie verkehren somit die Zielsetzung Ihrer Schutzgebietsausweisung.

Die Kosten der Trinkwasserschutzgebietsbetreiber steigen dadurch beträchtlich. Insbesondere kleine Trinkwasserversorger können durch diese Regelung in erhebliche wirtschaftliche Schwierigkeiten kommen. Herr Umweltminister Söder, Ihre Regelung führt dazu, dass bestehende Trinkwasserschutzgebiete aufgege ben werden müssen und mit der Ausweisung weitere erhebliche Kosten entstehen. Dadurch wird der Trink wasserschutz gemindert. Das kann nicht die Zielset zung Ihres Umweltministeriums sein.

Zudem ist die Vorschrift auch rechtlich außerordentlich problematisch. Sie privilegiert land- und forstwirtschaft liche Anlagen, indem sie einen Mehraufwendungsaus gleich für deren Eigentümer normiert. Privatpersonen oder Gewerbebetreibende erhalten bei völlig identi schen Sachverhalten jedoch keinen Ausgleich. Des halb kann davon ausgegangen werden, dass diese Regelung als verfassungswidrig eingestuft wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gemeindetag hat Sie bereits mehrfach auf diese Problematik hingewie sen. Offenbar sind Sie unbelehrbar. Ansonsten hätten die Fraktionen der CSU oder der FDP, die sich angeb lich bereits im Vorfeld sehr intensiv mit dem Gesetz befasst haben, entsprechende Änderungsanträge zu diesem Gesetzentwurf eingebracht. Das haben Sie lei der nicht getan. Herr Kollege Thalhammer, Sie sollten das Gesetz nicht in zwei Jahren überprüfen, sondern sofort.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Umweltminister Söder, sorgen Sie dafür, dass klei nere Wasserschutzgebiete in Bayern eine Chance haben. Sorgen Sie dafür, dass Wasserschutzgebiete mit geringen Wasserabsatzmengen nicht aufgegeben werden müssen. Verhindern Sie eine weitere Zentrali sierung der Wasserversorgung. Verhindern Sie, dass das Trinkwasser in Bayern teurer wird, und zwar ohne Sinn und Not. Dieser Artikel ist weder notwendig noch ist er von irgendeinem Nutzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Als nächstes hat das Wort Herr Kollege Pointner von der Fraktion der Freien Wähler.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Unser Antrag geht in dieselbe Richtung wie der SPD-Antrag. Jedoch haben wir unse ren Antrag noch etwas weiter gefasst. Wir kommen mit unserem Antrag den Forderungen der Gemeinden nach, die häufig Träger von Wasserversorgungsanla gen sind. Außerdem gehen wir auf die Forderungen der kleineren Wasserversorgungsunternehmen ein.

Wir akzeptieren grundsätzlich, dass Ausgleichsleistun gen gezahlt werden, soweit diese über die verfassungs rechtlich garantierten Entschädigungszahlungen hi nausgehen. Dies ist in § 54 Absatz 4 des Wasserhaushaltsgesetzes geregelt. Aus diesem Grund werden wir dem Antrag der GRÜNEN nicht zustimmen.

Ausgleichsleistungen sollten nur diejenigen Land- und Forstwirte erhalten, deren Betriebe vor dem Erlass von Schutzgebietsauflagen schon im Schutzgebiet bestan den haben. Betriebe, die aus existenziellen Gründen eine Erweiterung im Schutzgebiet benötigen, sollten ebenfalls entsprechende Ausgleichsleistungen erhal ten. Herr Dr. Hünnerkopf, damit komme ich Ihrer For derung entgegen. Somit können Sie unserem Antrag zustimmen.

Wir halten die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regel ungen für zu weitgehend. Wir dürfen nicht zulassen, dass alle rechtlich genehmigungsfähigen Neubauten und Erweiterungsmaßnahmen ausgleichsfähig sind, insbesondere dann, wenn zumutbare Alternativen be stehen. Ich möchte den Landwirten nicht unterstellen, dass sie Wasserschutzgebiete präferieren. Die Praxis zeigt jedoch, dass derartige Fälle nicht ausgeschlossen werden können. Ich habe selbst immer wieder erlebt, dass Landwirte aus irgendwelchen Gründen die Be bauung in Gebieten beabsichtigen, die als Wasser schutzgebiete ausgewiesen sind. Gerade kleinere Wasserversorger werden damit finanziell erheblich be lastet. Dies wirkt sich gewaltig auf die Gebührenzahler aus. Wir werden dem SPD-Antrag, da er in dieselbe

Richtung geht, zustimmen. Ich bitte Sie alle um Zustim mung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Weitere Wortmel dungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist ge schlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Vorweg lasse ich über die hierzu einschlägigen Änderungsan träge der Abgeordneten der SPD-Fraktion auf der Drucksache 16/3697, der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 16/3729 und der Fraktion der Freien Wähler auf der Drucksache 16/3797 abstim men. Inhaltlich verweise ich auf die entsprechenden Drucksachen. Zum Änderungsantrag der SPD-Fraktion auf der Drucksache 16/3697 wurde namentliche Ab stimmung beantragt.

Zunächst lasse ich über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksa che 16/3729 in einfacher Form abstimmen. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Hand zeichen. - Das ist die Fraktion der GRÜNEN. Gegen stimmen? - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler und Frau Kollegin Dr. Pauli. Enthal tungen? - Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsan trag der Fraktion der Freien Wähler auf der Drucksache 16/3797. Wer diesem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist die Fraktion der Frei en Wähler und Frau Kollegin Dr. Pauli. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der GRÜNEN. Enthaltungen? - Das ist die Fraktion der SPD. Damit ist der Änderungsantrag ebenfalls abge lehnt.

Nun kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion auf der Drucksache 16/3697. Die Urnen sind zur Stimmabgabe bereitge stellt. Wir können beginnen. Die Abstimmungszeit be trägt drei Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 20.00 bis 20.03 Uhr)

Meine Damen und Herren, wir können die Stimmabga be schließen. Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen.

(Glocke des Präsidenten)

Das Abstimmungsergebnis wird wie üblich außerhalb des Plenarsaales ermittelt und später ermittelt. Erst an schließend kann die Abstimmung über Artikel 32 des Gesetzentwurfs erfolgen. Wir fahren zwischenzeitlich mit der Einzelberatung fort.

Wir kommen zur Abstimmung über:

Artikel 33

Der federführende Ausschuss empfiehlt die unverän derte Annahme.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte, die Plätze einzu nehmen oder Gespräche draußen zu führen. Darauf wurde heute schon mehrfach hingewiesen.

Wir kommen zur Abstimmung. Wer Artikel 33 des Ge setzentwurfes zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP, der Freien Wähler sowie Kollegin Dr. Pauli. Ge genstimmen? - Keine. Enthaltungen? - SPD-Fraktion und Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Damit ist Artikel 33 angenommen.

Ich rufe auf:

Artikel 34

Hierzu besteht wieder Beratungsnotwendigkeit. Erster Redner für die Fraktion der SPD ist Herr Kollege Perlak. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Unser jetzt zur Beratung anstehender Ände rungsantrag zum Gesetzentwurf der Staatsregierung zum Bayerischen Wassergesetz schlägt die Streichung des Satzes 2 in Artikel 34 Absatz 2 vor.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie Sie wissen, sind nach Artikel 34 die Gemeinden oder die Zweck verbände, die sie unterhalten, zur Abwasserbeseiti gung im Rahmen ihrer kommunalen Daseinsvorsorge verpflichtet. Sie dürfen sich dieser Verpflichtung unter bestimmten, allerdings festgelegten Bedingungen ent ziehen, zum Beispiel dann, wenn die Übernahme des Abwassers durch Satzung abgelehnt wird, dann aller dings mit der Verpflichtung, dass ein Abwasserentsor gungskonzept aufgestellt und entsprechend fortge schrieben werden muss und wenn dann eine besondere Behandlung des Abwassers wegen der Siedlungsstruktur das Wohl der Allgemeinheit nicht be einträchtigt oder solange eine Übernahme des Abwas sers aus technischen Gründen oder wegen eines unverhältnismäßig hohen Aufwandes nicht möglich ist. Diese Inhalte sind Ihnen wohlbekannt. Dabei allerdings soll sich laut Begründung zu Artikel 34 Absatz 2 das Abwasserbeseitigungskonzept auf den aktuellen und auch auf den künftigen Wirkbereich der Abwasserent sorgungseinrichtung erstrecken. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, daraus entstünde nach unserer Auffas

sung eine völlig unnötige Zwangsplanung mit unnötig höherem Bürokratieaufwand. Weil Sie immer propagie ren, diesen abzubauen, rechnen wir ganz fest damit, dass Sie unserer Änderung zustimmen.