Protocol of the Session on December 16, 2009

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Kollegen Prof. Dr. Barfuß.

Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Was mir an der Debatte gut gefällt, ist, dass alle fünf Fraktionen versuchen, der Polizei in ihrem schweren Dienst beizustehen. Ich darf mich für die Liberalen ebenfall dafür bedanken, dass wir, was die Polizei in Bayern betrifft, gut aufgestellt sind. Was mir weniger gefällt, ist die Erbsenzählerei, um wie viele Pfennig, Cent oder Euro wir erhöhen. Das ist gar nicht entscheidend.

(Beifall bei der FDP)

Entscheidend ist, dass alle fünf Fraktionen sagen, dass wir an der Struktur etwas ändern müssen. Es kann nicht angehen, dass es so bleibt. Ich muss aber sagen, dass es im Landtag genau drei Kolleginnen und Kollegen gibt, die sowohl im Haushaltsausschuss als auch im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes sind. Es ist keine Kunst, im Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes alles Mögliche zu fordern, während darüber im Finanzausschuss beschlossen werden muss.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wörner?

Immer, Herr Wörner, bitte schön.

Bitte schön, Herr Kollege.

Sie kritisieren jetzt quasi den Versuch, Polizeibeamtinnen und -beamten mehr zu geben. Ist Ihnen eigentlich bekannt und bewusst, dass es Ihre Partei ist, die die Sonn- und Feiertagszuschläge

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

voll besteuern will und die Polizeibeamten deshalb in Zukunft sowieso weniger als jetzt haben werden?

(Beifall bei der SPD)

Sie eiern jetzt hinsichtlich der Frage der Erhöhung herum. Ich würde Sie schon bitten, klar Position zu beziehen. Sie können nicht auf der einen Seite den Beschäftigten über eine unsägliche Steuerpolitik Geld aus der Tasche nehmen, auf der anderen Seite aber sagen: Na ja, irgendwie wollen wir da auch mitmachen.

Kein Politiker, ob er von der SPD oder von der FDP ist, kann irgendjemandem etwas geben, was man ihm nicht vorher wegnimmt, was man ihm, während man es ihm gibt, wegnimmt oder was man ihm hinterher wegnimmt; auch Sie nicht, Herr Wörner, auch Ihre Sozialdemokraten nicht. Angesichts der Verschuldung, die die Regie

rung bislang in Berlin angerichtet hat und die die jetzige Regierung macht, sollte kein Hase dem anderen lange Ohren vorwerfen.

Mir geht es darum, die Struktur zu erkennen. Hier muss etwas getan werden. Da sind wir auf einem guten Weg.

Das Populistische in der Politik ist das Schlimme.

(Beifall bei der FDP)

Banalitäten werden aufgeblasen, aus Nichtigkeiten werden Dringlichkeiten gemacht. Das nützt eigentlich niemandem. Lassen Sie uns, alle fünf Fraktionen, in den Ausschüssen diskutieren, was wir jetzt brauchen. Ich danke der Opposition; sie schärft unser Gewissen. Alle fünf Fraktionen haben erkannt, dass man der Polizei helfen muss. Auf der anderen Seite muss es aber auch finanzierbar sein. Eine Nettoneuverschuldung will niemand haben; denn das wäre ein Vorgriff auf das Vermögen künftiger Generationen.

Natürlich sind die Polizeibeamten belastet; auch ich spreche mit den Polizeigewerkschaften und mit den Kolleginnen und Kollegen. Wir wollen das aber auch nicht dramatisieren. Es gibt auch Leute, die Lokführer sind, bei der Feuerwehr sind oder in der Kläranlage arbeiten oder Krankenschwestern sind. Auch diese haben Dienst zu ungünstigen Zeiten. Auch Eltern haben Dienst zu ungünstigen Zeiten. Das Entscheidende ist, dass sie überhaupt Arbeit haben; das halte ich für viel wichtiger. Wir müssen dann noch darauf achten, dass diese Personen einigermaßen gerecht besoldet werden.

(Beifall bei der FDP)

Sie werden die FDP zusammen mit den Kollegen von der CSU an der Seite haben, wenn es darum geht, unseren Polizeibeamten in einem ausgewogenen Verhältnis

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

zwischen Gerechtigkeit und Finanzierbarkeit zu helfen. Ich bedanke mich ganz ausdrücklich bei allen, die diesen schwierigen Dienst tun und freue mich auf die Diskussion.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Jetzt hat für die Staatsregierung noch Herr Staatsminister Joachim Herrmann um das Wort gebeten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar, dass es im gesamten Hohen Haus breite Unterstützung für das in der Tat wichtige Anlie

gen unserer Polizeibeamtinnen und -beamten gibt. Die Kollegen Hanisch, Schuster, Meißner, Tausendfreund und Barfuß haben sich alle gleichermaßen dafür ausgesprochen, dass in dieser Richtung etwas passieren muss.

Wir haben nun dank der Föderalismusreform die Möglichkeit, selbst etwas zu gestalten. In der Tat ist dies auch notwendig. Gerade die Belastung im Nachtdienst ist eine besondere. Ich will allerdings auch deutlich hervorheben, dass wir in den letzten Jahren gerade für die Polizei schon einiges getan haben und aktuell auch in diesem Doppelhaushalt 2009/2010 für sie etwas tun und dass wir vor allen Dingen auch die Dienstrechtsreform dazu nutzen, den besonderen Belastungen, denen unsere Polizei ausgesetzt ist, auch in besonderer Weise Rechnung zu tragen. Ich denke beispielsweise an die Regelungen über die Lebensarbeitszeit, die dazu führen werden, dass das Pensionsalter eines Großteils der Polizeibeamten, die über viele Jahre hinweg Schichtdienst leisten, de facto letztlich bei 60 bleiben wird, wenn sie das wollen. Das ist eine Sonderstellung für unsere Polizeibeamten, die den Staat letztendlich auch eine ganze Menge Geld kostet. Damit haben wir bereits ganz wichtige Weichen gestellt.

Ein Zweites. In dieser Dienstrechtsreform ist auch enthalten, dass die Polizeizulage in Bayern nicht nur voll erhalten bleibt, sondern dass sie in Zukunft auch dynamisiert und ruhegehaltsfähig ist. Wer sich bundesweit umsieht, wird feststellen, dass davon die allermeisten Länder weit, weit entfernt sind.

(Beifall bei der CSU)

Auch das ist eine wichtige Errungenschaft, die wir in dem Entwurf der Dienstrechtsreform für die nächsten Jahre gefordert haben. Die Beamten können sich darauf verlassen, dass das in das neue Dienstrecht Eingang finden wird.

Schließlich will ich auch darauf hinweisen, dass dieser Doppelhaushalt, liebe Kolleginnen und Kollegen, immerhin 2.800 zusätzliche Hebungen enthält

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

und wir in diesem Doppelhaushalt insgesamt zu rund 11.000 Beförderungen kommen. De facto heißt das, dass in den Jahren 2009 bis 2010 insgesamt ein Drittel aller Polizeibeamten in Bayern befördert wird. Jeder dritte Polizeibeamte wird im Laufe dieser beiden Jahre einmal befördert. Das ist eine Situation, von der - das darf man schon auch einmal ganz offen sagen - der gesamte übrige öffentliche Dienst nur träumen kann.

(Beifall bei der CSU - Zuruf von der CSU: Sehr richtig!)

Deshalb sind die Äußerungen von Kollegin Tausendfreund, die Polizeibeamten würden besonders schlecht bezahlt oder dergleichen, grober Unfug. Erst recht ist es Unfug, Frau Kollegin Tausendfreund, von Stellenabbau zu sprechen. Sie wissen ganz genau, dass das Gegenteil der Fall ist. Für die Polizei werden 1.750 neue Stellen geschaffen; die ersten Personen sind bereits zur Ausbildung eingestellt. Wir bei der Polizei wachsen. Es werden keine Stellen gestrichen, wie das in früheren Jahren zweifellos der Fall war, sondern neue Stellen werden geschaffen. Wir bauen die Polizei auf. Deshalb ist das, was Sie, Frau Kollegin Tausendfreund, beigetragen haben, grober Unfug.

Wir sind uns einig, dass wir bei den Zuschlägen in der Tat etwas tun müssen. Ich sage, dass die 1,28 Euro für die Stunden in der Nacht in der Tat dringend angehoben werden müssen. Wir mussten zunächst die anderen Themen sorgfältig abarbeiten. Sie sind auf den Weg gebracht worden. Jetzt - da bin ich mir mit dem Finanzminister einig - werden wir uns in den nächsten Wochen ganz konkret mit dem Thema Erhöhung der Zuschläge bei ungünstigen Zeiten beschäftigen. Ich verspreche Ihnen, dass die Staatsregierung innerhalb der nächsten acht bis zehn Wochen ein entsprechendes Konzept entwickelt, das wir dann mit den Gewerkschaften und mit der Personalvertretung besprechen werden.

Eine letzte Anmerkung, nachdem Herr Kollege Schuster dankenswerterweise auch das Thema Gewalt gegen Polizeibeamte in die Diskussion eingebracht hat. Ich halte das in der Tat für ein ganz wichtiges Thema. Allerdings bin ich entschieden der Meinung, dass die Antwort auf das Thema Gewalt gegen Polizeibeamte nicht in höheren Zuschlägen in der Nacht bestehen kann, sondern dass die Polizeibeamten weit darüber hinaus unseres besonderen Schutzes bedürfen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Schuster, ich respektiere, was Kollege Harald Schneider aus Ihrer Fraktion zu diesem Thema auch in den letzten Wochen gesagt hat. Sicherlich gibt es eine breite Übereinstimmung jedenfalls mit einem Teil Ihrer Fraktion. Ich habe aber auch in der vorletzten Woche bei der Innenministerkonferenz in Bremen die Erfahrung gemacht, dass ich dort mit meinen klaren Positionen zum Thema besserer strafrechtlicher Schutz für unsere Polizeibeamten bei tätlichen Angriffen völlig allein auf weiter Flur stand, was die SPDKollegen betraf. Die SPD-Kollegen in der Innenministerkonferenz waren geschlossen dagegen, dass sich die Innenministerkonferenz für einen besseren strafrechtlichen Schutz unserer Polizeibeamten ausspricht. Das ist leider auch Realität. Einem Polizeibeamten, der von irgendeinem linksautonomen Demonstranten grün und blau geschlagen wird, hilft es nichts, wenn ich den

Zuschlag für den DuZ nachts um zwölf Uhr auf drei Euro erhöhe; er will einen besseren Schutz durch diesen Rechtsstaat. Dafür wollen wir uns weiter einsetzen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatsminister, bitte kommen Sie noch einmal ans Rednerpult für eine Zwischenintervention von Frau Kollegin Tausendfreund. Bitte schön.

Herr Minister, Ihre Bemerkung bezüglich des groben Unfugs oder Unsinns muss ich deutlich zurückweisen; denn das ist eine Rechenaufgabe, und die müssten Sie eigentlich nachvollziehen können: Wir haben in den nächsten Jahren Pensionierungen in der Größenordnung von über 1.000 Beamtinnen und Beamten. Das heißt, wir müs sen rechtzeitig Anwärterinnen und Anwärter in gleichem Maße einstellen und dabei auch die Differenz der Ausbildungszeit von drei Jahren berücksichtigen. Es ist eine ganz einfache Rechenaufgabe, dass wir 800 bis 1.000 Einstellungen pro Jahr brauchen, damit wir in den nächsten Jahren de facto nicht zu einem Personalabbau kommen. Wir haben bereits die Auswirkungen, das heißt, unter dem Strich einen Personalabbau. Diese zweimal zusätzlich 500 Stellen helfen uns nicht weiter, sondern wir brauchen eine verstetigte Einstellungspraxis von 800 bis 1.000 Anwärterinnen und Anwärtern pro Jahr. Wenn Sie weniger einstellen, haben Sie unter dem Strich einen Personalabbau.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Frau Kollegin Tausendfreund, ich verkneife mir jetzt eine weitere persönliche Kritik an Ihnen. Ich empfehle Ihnen aber dringend, sich die Ihnen auch vorliegenden schriftlichen Unterlagen anzuschauen, denn ich habe im Landtag darüber bereits mehrfach berichtet.

Die Realität ist, dass wir im Jahr 2009 1.100 neue Polizeibeamtenanwärter eingestellt haben, dass wir im kommenden Jahr 1.300 und im Jahr 2011 1.200 neue Polizeibeamtenanwärter einstellen werden. Wir stellen also deutlich mehr ein, als Sie eben als notwendig gefordert haben. Das zeigt einmal mehr, dass Sie nicht auf dem aktuellen Stand der Diskussion sind. Genau das sehe ich durch Ihre Wortmeldung bestätigt.

(Beifall bei der CSU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, beide Gesetzentwürfe dem Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes als federführen

dem Ausschuss zuzuweisen. Besteht damit Einverständnis? - Das ist der Fall. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 f auf: