Protocol of the Session on November 26, 2009

Wir sind froh darüber, dass der Landtag endlich aufgehört hat, den Hochschulen kleinlich vorzuschreiben, was sie tun sollen. Trotzdem dürfen wir darüber diskutieren, wie sich die Forschungslandschaft hinführt entwickelt. Wir müssen es sogar; denn anders gibt es keine gesellschaftliche Verantwortung in der Forschung. Autonomie heißt für mich Demokratisierung und eben nicht Abhängigkeit von der Wirtschaft; Autonomie heißt nicht Unabhängigkeit von der Politik, sondern es gibt immer eine gesellschaftliche Verantwortung, die wir einfordern müssen, sonst würde das zur Selbstabschaffung der Politik führen, und wenn wir das täten, wären wir ziemlich blöd.

(Beifall bei der GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege Dürr. - Als Nächster hat Staatsminister Dr. Heubisch das Wort. Bitte schön, Herr Heubisch!

Sehr geehrter Herr Dürr, Sie haben gesagt, wos i wissn wui. - Jetzt will i’s Ihnen no’ moi sagn: Ich bedanke mich ausdrücklich, dass Sie in Ihrem zweiten Redebeitrag zu dem gekommen sind, was wichtig ist, und zwar dass wir in der Tat kooperieren; dass wir dafür sind, dass so etwas wie im Fall des MP3-Player nicht passieren darf, nämlich dass wir entwickeln, nahezu entdecken, und andere es herstellen. Selbstverständlich diskutiere ich mit Ihnen über ethische Grundfragen in der einen oder anderen Richtung; darin sind wir nicht auseinander. So empfinde ich Ihren zweiten Redebeitrag als ein Kompliment. Vielen Dank.

Ich kann nicht mehr dazu anführen. Sie haben die Freiheit der Forschung unterstrichen, aber auch beim Thema Verantwortung bin ich genauso dafür.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Sepp Dürr (GRÜNE))

- Das kann nicht sein, Herr Dürr.

Danke, Frau Kohnen, für Ihre Kritik. Kritik ist nicht immer negativ. Sie sagen, die Geisteswissenschaftler seien Verlierer. Sie müssen aber genauer hinschauen und auch einmal im Bericht nachlesen. So hat die Universität Bamberg ein ausgeprägtes geisteswissenschaftliches Profil. Von daher sollten wir die Kirche im Dorf lassen. Bayern ist breit aufgestellt und dafür werden ich und die Staatsregierung auch Rechnung tragen. Denn wichtig ist nicht nur die Monokultur - das ist absolut sicher -, sondern die Breite. Wir brauchen die Geisteswissenschaften genauso wie die so genannten Orchideenfächer. Das ist spannend. Übrigens kommen die Leute relativ gut unter, bloß nicht in ihrem eigentlichen Gebiet, was sie gelernt haben, aber durch ihr "Querdenken" sind sie draußen sehr angesehen. Ich will gar

nicht die gesamten außeruniversitären Forschungseinrichtungen im Bereich der Geisteswissenschaften aufzählen.

Übrigens stehen wir in Bezug auf die Betreuungsrelationen in ganz Deutschland an dritter Stelle. An erster Stelle steht Saarland - dort haben sie allerdings jetzt den doppelten Abiturjahrgang, weshalb es sich ändern wird -, an zweiter Stelle steht Baden Württemberg und mit 0,1 % dahinter kommt Bayern. Das ist so.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Der Dritte unter den Schlechtesten!)

Schauen Sie sich die Berichte an. Auch im Jahr 2007 war Bayern nicht schlecht aufgestellt. Frau Gote, vielleicht sollten wir einmal ein wenig stolz auf Bayern sein und dies entsprechend darstellen.

(Beifall bei der CSU und FDP)

Zu den außeruniversitären Forschungseinrichtungen da Sie sagten, dies zahle der Bund -: Die Einrichtungen werden von Bund und Ländern gemeinsam finanziert. Gerade bei bestimmten außeruniversitären Forschungseinrichtungen - das ärgert mich schon - zahlen wir mehr ein als an uns zurückfließt; und das muss sich auch ändern. Bei den Max-Planck-Instituten sind wir gut aufgestellt; bei den anderen hapert es, gerade auch bei den Fraunhoferinstituten. Dort will ich auch etwas ändern. - So ist die Wahrheit.

Das Regionalproblem haben wir doch längst erkannt. Seit 30 Jahren ist bekannt, dass die Hochschulen für angewandte Wissenschaften in die Regionen hinausgehen. Nun sind wir einen Schritt weiter. Wir bringen mit Technologiezentren nochmals Synapsen ins Land, was in der Tat in der Oberpfalz problematisch ist. Dort wollen wir hineingehen, und wir wollen die jungen Leute an ihrem Platz, wo sie geboren sind, auch halten - wenn sie wollen. Ich freue mich über jeden, der woanders hingeht, zum Beispiel ins Ausland, und sich die Welt ansieht. Aber wenn er vor Ort bleiben will, dann haben wir gerade bei der jetzigen Entwicklung der Technologiezentren ein Instrument gefunden, das dieser - ich will es nicht übertreiben - Landflucht Vorschub leistet. Dort bleiben wir auf alle Fälle dran. Die FH Deggendorf ist dabei vorzüglich aufgestellt.

Zu dem "Jedem alles recht machen", Herr Fahn: Das mag schon stimmen; aber Bayern ist Bayern. Bayern ist bevölkerungsmäßig das zweitgrößte Bundesland, und wir sind immer gut gefahren, wenn wir die Breite gefördert haben. Darum wird es auch niemals eine einseitige Richtung geben, auch in der Forschung nicht - angesprochen wurden bereits Garching und Martinsried.

Übrigens: Was die Forscher, die angeblich die Bundesrepublik meiden, betrifft, so kann ich Ihnen sagen, dass im Bereich der Life Sciences in Martinsried die ausländischen Forscher Schlange stehen, um bei uns in Bayern zu forschen. Das ist die internationale Wahrheit. Wir sind hier wirklich spitzenmäßig aufgestellt. Hier schaffen wir die Arbeitsplätze der Zukunft.

Ich bin schon dankbar, dass hier ordentlich und verantwortungsvoll diskutiert wurde. Schwächen haben wir alle, das ist klar. Aber wir sind gut aufgestellt. Wir sind an der Spitze der Bundesrepublik Deutschland dabei.

Zum Abschluss freue ich mich, Herr Fahn, wenn Sie sagen, keine Ökonomisierung, und anschließend fordern, dass die FH Aschaffenburg eine Serviceeinrichtung mit der Wirtschaft bekommt. Das ist der richtige Weg. - So viel zur Nichtökonomisierung der Wirtschaft.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Staatsminister, bleiben Sie bitte noch am Pult. Frau Kollegin Kohnen hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. - Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Heubisch, danke für die Entgegnung. Zwei Probleme: Die Aussage zum Betreuungsschlüssel ist wissenschaftlich schlichtweg nicht haltbar. Das haben wir im Ausschuss bereits einmal diskutiert. Wenn man einen Betreuungsschlüssel nennt, dann muss man den Vergleich nehmen, das heißt: Wie ist dieser Betreuungsschlüssel? Wenn er der drittbeste in Deutschland ist, so ist das eine schöne Aussage.

Das habe ich nicht gesagt.

Aber im internationalen Vergleich oder zum Beispiel im Vergleich zur ETH Zürich ist der Betreuungsschlüssel mangelhaft.

Das Zweite, was auch an die FDP gerichtet ist, ist der Länderfinanzausgleich. Dazu gibt es eine interessante Aussage des Herrn Ministerpräsidenten Seehofer, der den Länderfinanzausgleich bemüht, um zu erklären, warum er in Bayern keine Studiengebühren abschaffen kann. Sie sagen, Sie müssen gar so viel an die anderen Länder zahlen, deshalb können die Studiengebühren frei bleiben, und wir armen Würstel müssen sozusagen Studienbeiträge erheben.

Nehmen Sie es doch einmal andersherum und zahlen Sie den Studierenden so viel, dass sie ihren Studienbeitrag nicht bezahlen müssen. Dann würden Sie ärmer

und müssten nicht an die anderen Länder gehen. Das ist doch absurd, was Sie da aufgeführt haben.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Schließlich noch die ethische Frage. Herr Staatsminister Söder hat interessanterweise gesagt, er möchte einen Ethikbeirat in der Gentechnikforschung. Das ist bereits ein dreiviertel Jahr her. Ich habe nichts, aber auch gar nichts in diesem Bereich vernommen - außer einem Symposium, welches so besetzt war, dass es im Prinzip wirklich nicht viel hergegeben hat. Unterhalten Sie sich noch einmal mit Herrn Söder darüber, was er zu ethischen Fragen sagt. Die Schöpfung hat er ja immer gern zitiert.

In diesem Sinne - Sie haben zwar keine Zeit mehr geben Sie mir die Antwort auf das Forschungsmonitoring. Sie werden diesen Antrag von uns bekommen. Werden Sie ihm zustimmen? Das ist etwas, bei dem Bayern sehr hinterherhinkt. Der Antrag kommt. Das jährliche Forschungsmonitoring müssen wir durchführen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Staatsminister, Sie haben selbstverständlich genügend Zeit, um entsprechend antworten zu können.

Herzlichen Dank. - Frau Kohnen, beim internationalen Betreuungsschlüssel müssen wir besser werden. Ja, das gebe ich gern zu. Ich habe auch kein Problem damit, hier zu sagen: Ich weiß, dass die Medical School in Harvard nur 136 Studenten im Jahr aufnimmt. Die Kehrseite der Medaille ist, dass jeder dieser 136 Studenten 35.000 Dollar Studiengebühren zahlt.

(Beifall bei der FDP)

Das ist die andere Wahrheit, und wir müssen den Weg hindurch finden. Ich denke, dass das Bekenntnis der Bayerischen Staatsregierung, in Bildung insgesamt, aber auch speziell beim jetzigen Thema Forschung zu investieren, absolut glaubhaft und nachweisbar ist. Wir tun dies. Natürlich kann ich mir vorstellen, dass ich noch die eine oder andere Milliarde mehr bekomme. Ich wäre voll dafür.

(Isabell Zacharias (SPD): Wir helfen Ihnen dabei!)

- Danke, Frau Zacharias. Ja, selbstverständlich, das ist auch toll, wenn Sie mir dabei helfen. Nur: Dann müssen wir auch in der Diskussion der anderen wichtigen Dinge dieser Staatsregierung, zum Beispiel bei den Sozial

systemen, einen vernünftigen Ausgleich über alle Fraktionen hinweg durchsetzen oder entwickeln. Leider - so gern ich das hätte - sind wir nicht auf einer "Insel der Glückseligen", vor allem jetzt nicht. Eines weiß ich aber auch - das hat die Bayerische Staatsregierung immer ausgedrückt -: Investition in Bildung hat Vorrang.

(Beifall bei der FDP)

Sie sprachen den Herrn Ministerpräsidenten und die Ausgleichszahlungen an. Das war bestimmt nicht im Bereich der Bildung gemeint. Ich wollte das als Beispiel anbringen, inwieweit diese Zahlungen im Bereich der Forschung an den Bund erfolgen.

(Natascha Kohnen (SPD): Das waren Studienbeiträge!)

- Natürlich. Wir stellen uns unserer Verantwortung, selbstverständlich. Ich sage auch: Wir haben Nachholbedarf. Ich sage sogar ganz bewusst: Unsere Aktivitäten in den Bund müssen wir steigern.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Sie können bitte gleich am Pult bleiben; Kollege Dr. Fahn hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Bitte schön, Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Staatsminister Sie beantworten verschiedene Probleme meiner Rede; aber Fragen, die ich gestellt habe, beantworten Sie nicht. Die interessieren mich nämlich. Zum Beispiel habe ich gesagt: Wichtig wäre, dass dem wissenschaftlichen Nachwuchs bei attraktiver Besoldung Planungssicherheit gegeben wird. Wie wollen Sie dies konkret realisieren?

Danke schön. - Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Herr Kollege Fahn! Die international tätigen Forscher stehen in einem natürlicherweise internationalen Wettbewerb, und wir werden diese Leute nur nach Bayern bekommen, wenn wir im internationalen Wertesystem attraktiv sind. Dazu gehört natürlich die Bezahlung der jungen Wissenschaftler, das ist klar. Aber das ist gerade in Bayern nicht das einzige Kriterium. Sonst würden sie nicht kommen. Sie wollen eine perfekte Infrastruktur. Diese haben wir in ganz Bayern. Sie wollen mit ihren Familien herkommen, und dann wird nachgesehen: Wie sieht das Schulsystem aus?

Ich kann mich an ein Gespräch mit einem Forscher erinnern, der zu mir sagte, er wolle unbedingt nach Deutschland. Auf die Frage, warum unbedingt nach Deutschland, antwortete er: Erstens habe ich in diesem Bereich sehr gute Forschungsbedingungen und zum Zweiten schätze ich es, dass man hier seine Kinder einfach in die Schule schicken kann und sie nicht mit Security ins Auto setzen und zur Schule fahren muss. Das sind Kriterien, Herr Fahn, die ebenfalls eine Rolle spielen. Unterschätzen wir das nicht. Natürlich kommt die Schönheit der bayerischen Landschaft hinzu. Dass die Bezahlung gut sein muss, ist logisch; sonst kämen sie im Sinne der Güterabwägung auch nicht.

So wird das geregelt, Herr Fahn. Bitte überlassen Sie es den Hochschulen, wie sie ihre Forscher bezahlen wollen. Bei Spitzenleuten wurde immer noch ein Weg gefunden, um sie finanziell so zu dotieren und die Fristigkeit der Verträge so festzulegen, dass sie gern hierher nach Bayern kommen. Ich glaube, wir sind auf einem guten Weg. Natürlich - das kann ich wie zuvor sagen - hätte ich gern ein paar Millionen mehr.