Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege von der FDP, die Sozialdemokratie hat von Ihnen insgesamt keine Belehrungen nötig, schon gar nicht zum Thema Freiheit.
Frau Kollegin Stewens, Sie haben mit dem schönen Motto "Leben und leben lassen" begonnen. Das ist grober Unfug. Wenn wir diese Diskussion ernsthaft führen wollen, dann geht das nicht unter dem Motto "Leben und leben lassen", sondern unter dem James-BondMotto "Leben und sterben lassen". Deswegen diskutieren wir heute ernsthaft darüber, wie Sie das Gesundheitsschutzgesetz umsetzen wollen. Ihnen liegt die einstimmige Resolution des Landesgesundheitsrates vor. Sie sollten sich überlegen, ob es sinnvoll ist, solche Gremien zu installieren, die Parlament und Staatsregierung in allen Fragen der Gesundheit beraten. Dieses Gremium, in dem alle Mitglieder der Gesundheitsberufe vertreten sind - auch die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, die die Beschlüsse vollziehen müssen -, hat die Resolution einstimmig verabschiedet. Die wichtigen Argumente möchte ich Ihnen noch einmal mitteilen. Die angeführten Argumente sind alles, was zu dieser Diskussion zu sagen ist.
Das Gesundheitsschutzgesetz in Bayern in seiner aktuellen Form ist verfassungskonform. Das Gesetz wäre selbst dann verfassungskonform, wenn man die Ausnahmen für die Raucherclubs streicht. Dies ist das Ziel der SPD. Der Resolution ist ebenfalls zu entnehmen, dass unzählige Untersuchungen die Gefährlichkeit des Rauchens belegen. Herr Kollege von der FDP, es geht nicht um Selbstschädigung. In dieser Diskussion geht
Es geht insbesondere - ich weiß nicht, warum Sie das nicht verstehen können oder wollen - um den Schutz der Beschäftigten in der Gastronomie. Sehen Sie sich die Untersuchungen der Ludwig-Maximilians-Universität an. Nicht rauchende Beschäftigte in der Gastronomie haben nach acht Jahren ein 20-fach höheres Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, als andere Nichtraucher. Darin sind nicht all diejenigen Krankheiten mit eingeschlossen, die durch das Passivrauchen ausgelöst oder verschlimmert werden. Die Resolution des Landesgesundheitsrates weist ebenfalls darauf hin, dass in den Ländern, in denen klare Regelungen ohne Ausnahmen praktiziert werden, eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung besteht. Außerdem hat sich gezeigt, dass die gesundheitlichen Schäden, die durch das Passivrauchen verursacht werden, deutlich zurückgegangen sind. Darüber hinaus hat sich herausgestellt, dass die Bevölkerung insgesamt weniger raucht. Im Interesse der Prävention ist das ein wichtiger Gesichtspunkt.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, den der Landesgesundheitsrat in die Resolution aufgenommen hat, ist die Vorbildfunktion für Kinder und Jugendliche. Erfreulicherweise ist bei den Kindern und Jugendlichen ein Rückgang der Raucher festzustellen. Dennoch gibt es noch viel zu viele Kinder und Jugendliche, die rauchen. Davon konnte ich mich persönlich überzeugen. Während der Eröffnung des Volksfestes in Fürstenfeldbruck vor zwei Wochen - das gehört zum Anforderungsprofil einer ländlichen Abgeordneten - ist wieder geraucht worden. Letztes Jahr ist dort nicht geraucht worden. Auf diesem Volksfest haben überwiegend junge Frauen zwischen 15 und 25 geraucht, auch solche, die eigentlich noch gar nicht rauchen dürfen. Kontrollen. Diese Tatsache muss uns ganz besonders beunruhigen.
Neben der Stellungnahme des Landesgesundheitsrates liegen uns noch Stellungnahmen anderer Verbände vor. Das sind Stellungnahmen der Landesärztekammer, von der Psychotherapeutenkammer und eine Petition des Heilpraktikerverbands Bayern, der sich auf Christoph Wilhelm Hufeland, den Leibarzt von Goethe, beruft. Da Goethe 83 Jahre geworden ist, scheint der Leibarzt mit seinen Äußerungen recht gehabt zu haben. Er sagte, dass der Rauch- und Schnupfpulvergenuss unfehlbar schädlich sei. Diese Erkenntnis hat sich bis heute nicht verändert und gilt auch in Bayern jenseits der Koalitionsverhandlungen. Ich teile die Einschätzung des Heilpraktikerverbands Bayern, dass die bayerische Volksseele keinen nachhaltigen Schaden
nähme, wenn es keine Aufweichung des Gesundheitsschutzes gäbe; denn - ich sage es Ihnen noch mal - es geht um den Schutz der Beschäftigten in der Gastronomie, um die Prävention, um die Vorbildfunktion und insbesondere um die Jugend. Deswegen ist das Fatalste an Ihrer Regelung die Aufnahmeregelung für die Diskotheken. Es kann nicht wahr sein, dass Sie tatsächlich, wenn auch nur in Nebenräumen, ein Einfallstor aufstellen.
Im Übrigen sind die Disko-Besucher von heute die Eltern von morgen. Darüber sollten Sie sich Gedanken machen. In dieser Diskussion fällt auf - zu meinem Erstaunen oder auch nicht -, dass weder bei der CSU noch bei der FDP oder den Freien Wählern die Gesundheitspolitiker zu Wort gekommen sind. Aus der Sicht der Betroffenen ist das verständlich, da ein Arzt sich zu diesem Blödsinn nicht äußern kann.
Hier sitzt der selbst ernannte Lebensminister Herr Dr. Söder. Herr Dr. Söder, es reicht nicht, sich mit Greifvögeln und auf Berggipfeln fotografieren zu lasen. Ihre ursprüngliche Aufgabe wäre gewesen, in dem Kabinett und hier in diesem Hause für den Gesundheitsschutz zu kämpfen.
Dies gilt übrigens genauso für Ihre nicht anwesende Staatssekretärin, die zudem noch Ärztin ist. Ich halte das für einen Skandal. An dieser Stelle grüße ich Ihren Vorvorgänger aus Berlin, der klar Stellung bezogen hat.
Von Ihrem Fraktionsvorsitzenden Herrn Schmid, der gerade telefoniert, erwarte ich, dass er diesem Gesetz nicht zustimmt. Sie waren derjenige, der mit großer Vehemenz das schärfste Nichtraucherschutzgesetz gegen große Widerstände etabliert hat. Allen voran erwarte ich von Ihnen, dass Sie bei dieser Linie bleiben und uns heute unterstützen.
Als Letzten möchte ich den Bayerischen Ministerpräsidenten persönlich ansprechen, der leider nicht abstimmen darf, weil er diesem Parlament nicht angehört. Trotzdem haben Sie die Verantwortung für die Vorgänge in der Staatsregierung. Sie waren acht Jahre Gesundheitsminister der Bundesrepublik Deutschland. Es ist eine Bankrotterklärung, dass Sie auf dem Altar einer
Kolleginnen und Kollegen, ich will Ihnen auf dem vor einigen Wochen veröffentlichten Tabakatlas des Deutschen Krebsforschungszentrums einige Zahlen nennen. In Deutschland sterben jährlich über 3.300 Nichtraucherinnen und Nichtraucher an den Folgen des Passivrauchens, 2.150 an der koronaren Herzkrankheit, 700 an Schlaganfällen und 260 an Lungenkrebs. Wer als Nichtraucher mit Rauchern zusammenlebt oder Tabakrauch während der Arbeit ausgesetzt ist, hat ein um 25 bis 30 % höheres Risiko, an Lungenkrebs oder der koronaren Herzkrankheit zu erkranken. Jedes Jahr sterben in Deutschland 60 Säuglinge am plötzlichen Kindstod, der durch das Rauchen der Mutter in der Schwangerschaft oder das Rauchen der Eltern in Anwesenheit ihrer Kinder verursacht wird. Das können Sie zwar nicht durch ein Gesetz verhindern, aber Sie können durch Gesetzgebung in diesem Hause dafür sorgen, dass das Nichtrauchen und nicht das Rauchen der Normalfall in unserer Gesellschaft wird. Das ist im Interesse der Prävention.
Der Anteil von Erwachsenen, der sich häufig in Räumen aufhält, in denen geraucht wird, ist in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen am allerhöchsten. 74 % der jungen Männer und 62 % der jungen Frauen in der Altersgruppe von 18 bis 30 Jahren halten sich in solchen Räumen auf. Wenn man es nach Branchen betrachtet, ist es die Belastung der Beschäftigten.
Einen Satz noch: Lassen Sie sich doch das Heft des Handelns nicht aus der Hand nehmen. Wenn Sie das heute nicht beschließen, gibt es ein sündhaft teures Volksbegehren, für das ich meine persönliche Unterstützung bereits an dieser Stelle ankündige, wenn die Abstimmung anders ausgeht.
- Im Volksbegehren, ja. Wenn das noch nicht reicht: Hier ist auch die EU-Kommission angesprochen. Die Eckkneipenregelung ist nach dem zuständigen EUKommissar nicht zulässig. Tun Sie das, wofür Sie hier bezahlt werden, nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr und stimmen Sie mit uns für einen umfassenden Gesundheitsschutz!
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit diesem Gesetz hat die FDP ihr Wahlversprechen eingelöst,
(Kathrin Sonnenholzner (SPD): Da können Sie aber stolz darauf sein! - Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)
In diesem Gesetz steckt auch der tiefe Wunsch und das Bedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger, dass der Staat nicht alles regeln sollte, dass sich der Staat nicht in die Privatsphäre vorwagen sollte und dass der Staat nicht mit erhobenem Zeigefinger den Menschen vorschreiben sollte, wie sie ihr Leben zu leben haben.
Mit diesem Gesetz geben wir den Bürgerinnen und Bürgern eine gewisse Entscheidungshoheit über ihr eigenes Leben und ihre eigene Lebensart zurück.
Am Nichtraucherschutz wird nicht gerüttelt. Lediglich dort, wo ein expliziter Nichtraucherschutz nicht erwartet, nicht erwünscht und auch nicht nötig ist, hält sich der staatliche Zeigefinger konsequent heraus. Das Gesetz ist einfach. Prinzipiell ist das Rauchen verboten - Punkt. Es gibt lediglich drei Ausnahmen für die Gastronomie: im Nebensaal, im
Bierstüberl, im Bierzelt. Darüber hinaus enthält das Gesetz die innovative Möglichkeit, mit hochwertigen Filteroder Lüftungsanlagen einen ausreichenden Nichtraucherschutz zu garantieren. Diese sogenannte Innovationsklausel besagt nicht mehr, als dass durch hochwertige Lüftungs- oder Filtersysteme eine vergleichbare Luftqualität erreicht werden kann, wie wenn in diesem Raum nicht geraucht werden würde. Das ermöglicht ein Miteinander von Rauchern und Nichtrauchern, was durch Gesundheits- und Luftqualitätsgutachten, wie beispielsweise vom TÜV, belegt wurde.