Sie berufen sich immer auf Ludwig Erhard. Er war weder in der CDU noch in der CSU und schon gar nicht in der FDP. Ludwig Erhard wäre heute wahrscheinlich eher in der SPD als in der FDP. Aber Sie sollten vielleicht einmal sein Buch lesen: "Wohlstand für alle", und zwar unter zwei Aspekten. Erstens: Ludwig Erhard wusste, nur ein System, das allen die Gelegenheit gibt nachzufragen, schafft Massen
Das Zweite - und darüber würde ich mich gern einmal mit Ihnen unterhalten, denn das ist dann mehr als eine theoretische Diskussion -: Erhard wusste, eine Marktwirtschaft verliert ihre innere Legitimation und ihre Akzeptanz auch in der Demokratie, wenn sie nicht jedem die Aussicht auf Wohlstand bietet. Das wäre etwas, was man in der aktuellen Diskussion etwas mehr bedenken sollte als Ihre theoretischen Begriffsklaubereien.
- für alle -, Aufstiegsmöglichkeiten schaffen, Bildungsmöglichkeiten einräumen, das ist die Politik, die wir in die Staatsregierung eingebracht haben. Dafür setzen wir uns seit dem letzten Herbst ein: was die Ganztagsschulen angeht, was das Bildungssystem angeht, was die frühkindliche Bildung angeht, was die Kindergartenversorgung angeht, auch was die Entscheidungsfreiheit der Eltern angeht.
- Dass Sie das dann auch einmal merken. Wir können auch das wiederholen. Wir können auch die Bildungsdebatten wiederholen. Das ist für unser politisches Tun essenziell. Wir wollen die Chancen am Anfang für alle ermöglichen, für alle verbessern. Da haben wir wahrscheinlich in vielen Bereichen unterschiedliche Wege. Aber das ist es, wofür wir angetreten sind, wofür wir uns einsetzen, wo wir auch deutliche Erfolge sehen.
Kinder und Jugendlichen Arbeitsmöglichkeiten zu verschaffen, eine bestmögliche Ausbildung unabhängig vom Einkommen der Eltern zu bieten: Dafür treten wir an, und dafür setzen wir uns ein.
Vielen Dank, Herr Kollege. Als nächstem Redner erteile ich Herrn Staatsminister Martin Zeil das Wort. Ich füge hinzu, die Wortmeldung lag schon länger vor und nicht aufgrund einer Zwischenbemerkung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Da vereinbarungsgemäß aufgrund seiner morgigen Abwesenheit der Ministerpräsident das ausführliche Schlusswort zu dieser Debatte sprechen wird, möchte ich kurz Gelegenheit nehmen, auf die bisherigen Stellungnahmen der Fraktionen einzugehen.
Herr Kollege Dr. Beyer, Sie können ganz versichert sein: Wir sind alle hellwach. Dazu brauchen wir garantiert nicht Ihre Aufforderung. Ich kann mich nur wundern, wie hier ähnlich wie bei der Klitterung der Wirtschaftsgeschichte versucht wird, von der eigenen Verantwortung abzulenken.
Wer stellt denn seit elf Jahren den Finanzminister? Wer hat die ganzen Entscheidungen zu verantworten, die Sie uns heute in die Schuhe schieben, ausgerechnet uns, die wir bedauernswerterweise für dieses Land in jener Zeit in der Opposition waren? Das waren Sie. Das war Ihr Finanzminister und sonst niemand. Ich frage mich schon, wo Ihre Vorschläge zur Regulierung der internationalen Finanzmärkte waren. Man hat nichts gehört. Sendepause. Und jetzt wollen Sie Ihre Verantwortung wegschieben.
(Beifall bei der FDP - Harald Güller (SPD): Herr Steinbrück hat in den letzten Monaten genügend Vorschläge gemacht!)
Ich weiß ja, Herr Kollege, dass Ihre Regierungszeit bald zu Ende geht. Aber Sie sollten sich dann wenigstens zur Vergangenheit bekennen.
Herr Kollege Dr. Wengert, wenn Sie uns über Marktradikalismus, über Turbokapitalismus und all diese Dinge belehren wollen - und jetzt wollen Sie sogar noch Lud
wig Erhard vereinnahmen -, dann kann ich nur sagen: Wir haben mit Ludwig Erhard schon für die soziale Marktwirtschaft gekämpft, als Sie noch hinter der roten Fahne des Sozialismus hergelaufen sind.
Jetzt jemanden zu vereinnahmen, den Sie zeit seines Lebens bekämpft haben, dazu kann ich nur sagen: Da würde der bayerische Franke aus Fürth, Ludwig Erhard, nur noch schmunzeln und an seiner Zigarre ziehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Runge, ich habe mit Interesse zur Kenntnis genommen, dass Sie Ihre Oppositionsrolle schon so verinnerlicht haben, dass Sie sich die Zeiten der absoluten Mehrheit in diesem Haus zurückwünschen. Das war sehr bemerkenswert. Lassen Sie mich sagen, ich weiß, wie es in der Opposition ist. Sie haben eigentlich die große Zustimmung zu meiner Politik sehr geschickt in eine klassische Oppositionsrede verpackt. Ich bin Ihnen für die große Unterstützung vieler meiner Akzente, die durchgeschimmert ist, sehr dankbar.
Aber lassen Sie mich noch eines zu dem sagen, was Sie zu Quelle ausgeführt haben. Bei dem Versuch, anderen Widersprüchlichkeiten nachzuweisen, haben Sie sich bei dem Thema selbst verheddert. Was gilt denn nun? Sie haben betont, dass wir den einstimmigen Auftrag hatten, das in unserer Macht Stehende zu tun, um zu helfen. Und heute sagen Sie: Aber vielleicht haben wir nicht genau genug hingeschaut. Vielleicht hätten wir noch genauer hinschauen sollen.
Genau das haben wir getan. Aber am Ende müssen Sie eine verantwortliche und eine verantwortbare Entscheidung treffen. Wegen des Zeitablaufs war es eben nicht möglich, auf die von Ihnen in Phantasie angesprochene Geschäftsbank zu warten, die das Unternehmen bekanntlich nicht hatte. Insofern sind das Worte, über die ich nur sagen kann: Sie werfen anderen Widersprüchlichkeit vor. Wir hatten von Anfang an die klare, verantwortliche Linie, Dinge, die zu risikoreich waren, zu verhindern, aber verantwortbare Instrumente einzusetzen. Genau das haben wir getan.
Noch einmal bitte ich Sie, alle unsere Redebeiträge anzuschauen, auch den Quelle-Antrag, den wir bei der letzten Plenarsitzung gestellt haben. Den SPD-Antrag haben wir damals kritisch gestellt und haben gesagt: So kann er nicht durchgehen. Man kann einen Prüfungsantrag daraus machen und dann schauen, was geht. Wir haben gesagt: Mit Bauchgrimmen ringen wir uns durch. Bürgschaft wäre ein Instrument, und mit der gleichen Konsequenz kann man auch noch den Massekredit akzeptieren. Das war unsere Linie.
Ihre Linie war die, dass Sie im Kabinett zugestimmt haben, aber wenige Tage später, in dem Moment, wo die Bürgschaftsidee weg war, gesagt haben: Bürgschaft ist völliger Quatsch, die hätten wir nie verantworten können. Dabei haben Sie vorher die Bürgschaft noch gerechtfertigt. Ich habe es Ihnen vorhin im Zitat vorgelesen. Es geht einfach nicht, dass Sie eine Sache erst unterstützen, sie noch schönreden und später sagen: Die FDP war schon immer dagegen, und deshalb hat sie auch dagegen gestimmt, obwohl der Beschluss im Kabinett einstimmig war.
Noch einmal zur klaren Linie. Wenn der Herr Ministerpräsident sagt, er erwarte, dass die Rettungsbeihilfe schleunigst bewilligt wird, die vor der Insolvenz beantragt war, vor Anmeldung des Insolvenzverfahrens, und der Wirtschaftsminister immer wieder mit den gleichen Worten sagt, er sei immer massiv gegen ein Instrument vor Anmeldung der Insolvenz gewesen, dann ist das eine um 180 Grad gedrehte Position. Sie sind hier in der Bayerischen Staatsregierung die beiden Hauptakteure. Da können Sie doch nicht hergehen und sagen, Sie hätten eine einheitliche Linie. 180 Grad sind eine große Differenz.
Sie können jetzt natürlich wieder versuchen, es schönzureden, indem Sie sagen: Ich habe damals die Prüfung gemeint, oder ich habe es in der Theorie gemeint. Es geht hier um die Praxis.
Genau! Es geht um die Praxis, es geht um das Ergebnis. Es ist völlig klar, dass wir das Instrument der Bürgschaft geprüft haben. Das war übrigens nach der Insolvenz von Arcandor. Ich hatte vor der Insolvenz eine ganz klare Position für das, was ich für verantwortbar gehalten habe, und für das, was ich nicht für verantwortbar gehalten habe. Nach der Insolvenz haben wir also gesagt: Wir prüfen das; das ist unsere Verpflichtung. Das war Ihr Auftrag.
Nur hat sich während des Prüfungsprozesses herausgestellt, dass infolge der hohen Ausfallwahrscheinlichkeit, die dargetan worden ist, dieses Instrument der
Bürgschaft nicht verantwortbar war. Dieser Meinung waren wir einhellig zwischen Bund und Ländern. Wir haben die Entscheidung getroffen und als verantwortbare Variante den Massekredit gewählt, der zwar überhaupt noch gar nicht zur Debatte stand.
Was Widersprüchlichkeiten angeht, so kehre also jeder vor seiner Tür. Ich habe heute bei Ihnen auch in dieser Frage keine klare Linie erkennen können.
Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer wie manche in diesem Hohen Hause - der Herr Ministerpräsident gehört dazu - diese Debatte schon fast drei Stunden mitverfolgt hat, wird durchaus einige bedenkenswerte Äußerungen von allen Seiten, die sich hier zu Wort gemeldet haben, gehört haben. Aber es gab auch Äußerungen, die wohl mehr dem heraufziehenden Bundestagswahlkampf geschuldet waren als einer sachlichen Auseinandersetzung über das, was jetzt von der Wirtschaftspolitik zu fordern ist.
Herr Kollege Dr. Runge, Sie haben gleich am Anfang eine komplette Umsteuerung, eine Änderung unserer Wirtschaftspolitik gefordert. Ich halte es da mehr mit Minister Zeil, dem Kollegen Hacker und dem Kollegen Huber, der darauf hingewiesen hat: Wir brauchen die Rückbesinnung auf die soziale Marktwirtschaft, weil sie das erfolgreiche Wirtschaftssystem in der Bundesrepublik Deutschland gewesen ist und weiterhin sein wird, welches Wohlstand für alle garantiert hat.