Protocol of the Session on June 18, 2009

Dass die Politik bei dieser Argumentation an Glaubwürdigkeit verliert, kann ich gut verstehen. Mir werden Ihre Wahlergebnisse immer klarer, je öfter ich Sie höre.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU)

Zum Migrationshintergrund vielleicht noch eines. Wir machen viel, viel, viel für die Sprachkompetenz aller Kinder. Sie haben völlig recht, Frau Schweiger: Wir sollten bei der Unterstützung nicht trennen zwischen Kindern mit oder ohne Migrationshintergrund. Wir wissen, dass auch Kinder ohne Migrationshintergrund bedauerlicherweise, aber leider ganz oft einen massiven Förderbedarf haben.

Aber wenn ich unabhängig von der Sprachförderung sage: Bei Kindern, wo beide Eltern einen Migrationshintergrund haben, mache ich zusätzlich noch etwas, weil man prima vista davon ausgehen muss, dass sie wahrscheinlich nicht bessere Bedingungen haben als diejenigen, die keinen oder einen Elternteil mit Migrationshintergrund haben, wir machen da ein Drittel mehr Förderfaktor - und ich höre dann von Ihnen: Warum machen wir es nicht für alle, auch für die, die nur einen Elternteil mit Migrationshintergrund haben, dann frage ich mich: Wie gehen Sie eigentlich mit Steuergeldern um?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Ach so! Diana Stachowitz (SPD): Das fragen Sie uns? Fragen Sie sich das selber!)

Wie wollen Sie das vermitteln, wenn ein Kind einen deutschen muttersprachlichen Elternteil hat und einen Elternteil mit Migrationshintergrund? Wenn diese Familie bei uns lebt, dann gehe ich doch davon aus, dass die zu Hause auch deutsch reden, verdammt noch mal. Da kann ich doch nicht ein Drittel höher fördern. Und wenn sie es nicht tun, dann haben sie es bitte zu tun.

(Eva Gottstein (FW): Und wenn sie es nicht machen, muss trotzdem der Staat eintreten!)

Der Staat macht ja auch Sprachförderung. Aber ich kann doch nicht sagen, ich muss dann die Kinder genauso behandeln wie Kinder, wo beide Eltern einen Migrationshintergrund haben. Die Sprachkompetenz fördern wir durch unsere vorschulischen Sprachkurse und die Sprachberaterprogramme. Auch da herrscht in den Reihen der SPD und der GRÜNEN blanke Unkenntnis.

Die Sprachberaterprogramme sind eine Teamfortbildung. Sie haben mich, wenn ich Sie richtig verstehe, aufgefordert, Frau Werner-Muggendorfer, die Fortbildung von Erzieherinnen zu streichen. Sie haben die ersatzlose Streichung der Teamfortbildung durch die Sprachberaterinnen verlangt. Die Sprachberaterinnen gehen in die Einrichtungen und machen dort Inhausfortbildung im besten Sinne dessen, was man bei moderner Fortbildung macht. Das hat zur Folge, dass sie auf die Besonderheiten der Einrichtung eingehen können und die Erzieherinnen nicht irgendwelche aushäusigen, außerhalb der Einrichtung liegende Fortbildungsveranstaltungen besuchen müssen, wo ihnen tatsächlich die Zeit abgehen würde, die sie für die Kinder brauchen. Damit dies nicht passiert, haben wir es so organisiert, dass die Fortbildung in der Einrichtung erfolgt.

Jetzt lasse ich den Lautstärkepegel wieder etwas ansteigen. Bei Ihnen geht das auf Knopfdruck. Wenn Sie von Zuständigkeiten reden und die allgemeine Lyrik strapazieren, im Sinne des Wohles der Kinder dürfe es doch nicht darum gehen, auf verschiedene Zuständigkeiten zu verweisen, dann wollen Sie vielleicht nur davon ablenken, dass es die Oberbürgermeister von München und Nürnberg zu verantworten haben, dass dort - vor allem in München - sogar im Kindergartenbereich ein massiver Mangel an Plätzen vorherrscht. Das liegt aber nun wirklich nicht am Freistaat, sondern allein an den SPD-OBs.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Rührend ist es auch, wie Sie die Bevölkerung für blöd verkaufen, wenn Sie mich ständig auffordern, ich sollte Erzieherinnen ordnungsgemäß bezahlen. Ich kläre Sie hiermit zum wiederholten Mal über die Grundlagen der Gehälter von Erzieherinnen auf. Erstens stelle ich sie nicht ein, sondern sie sind bei Kommunen und Trägern beschäftigt. Zweitens werden sie tariflich bezahlt. Ich stelle als einziger Teil des Fördersystems sicher, dass unser Anteil dem Tarif folgt, ohne das dazu noch einmal Verhandlungen notwendig wären und eine Art Automatismus Platz griffe. Mit solchen Aufforderungen machen

Sie sich lächerlich und Ihre Politik keineswegs glaubwürdiger.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich komme zum Thema Anstellungsschlüssel. Der derzeitige Anstellungsschlüssel in Bayern hat nach Berechnungen der Bertelsmann-Stiftung zu einer Personalausstattung von 1 zu 10,3 in Kindergärten und von 1 zu 4,9 in Kinderkrippen geführt. Diese Personalschlüssel haben wir bereits. Es ist schön, wenn Sie, Frau Schweiger, solches fordern, aber es ist bereits verwirklicht. Der Anstellungsschlüssel ist nämlich etwas anderes als das Verhältnis zwischen Kind und Personal. Es wäre schön, wenn sich alle darüber einigten, wie sie die Begrifflichkeiten verwenden. Wenn wir sie nämlich alle gleich verwendeten, wüssten wir, wovon wir reden.

Ich möchte bei der Gelegenheit eine Studie der AliceSalomon-Fachhochschule Berlin zitieren, die übrigens nicht in dem Ruf steht, besonders CSU-freundlich zu sein. Die Studie ist - bitte zuhören! - von der GEW, vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und von der Diakonie in Auftrag gegeben worden. Das sind auch nicht Organisationen, die jeden Tag ein hohes Lied auf die Arbeit der Staatsregierung singen, - um es einmal so auszudrücken. Die Studie hat die rechtlich verankerten Personalschlüssel der einzelnen Bundesländer mit den Mindeststandards nach Tietze verglichen. Tietze ist für das Thema Kinderbetreuung immerhin ein Qualitätspapst.

Das Ergebnis der Studie heißt: Das einzige Bundesland, das in allen sechs Altersgruppen die aufgeführten Standards erfüllt, ist Bayern. Eine Reihe von Bundesländern erfüllt in keiner Altersgruppe die Mindeststandards, Rheinland-Pfalz nur in zwei Altersgruppen. Es wäre schön, wenn es vielleicht auch einmal einen Austausch zwischen den bayerischen SPD-Abgeordneten, die so viel wollen, und ihren Kollegen aus RheinlandPfalz gäbe, die die Standards nur in zwei Altersgruppen erfüllen. Viele andere Länder erfüllen die Standards nur in einer Altersgruppe. Das macht den Schlüssel aus. Bezüglich dieser Personalschlüsselstruktur steht Bayern bundesweit an der Spitze.

Es ist richtig, dass wir noch weitergehen wollen. Wir haben im Koalitionsvertrag den Anstellungsschlüssel von 1 zu 10 verankert. Damit wird faktisch ein PersonalKind-Verhältnis von 1 zu 8 bzw. 1 zu 4 erreicht.

Ich lasse mir nicht erzählen, dass wir jetzt in irgendeiner Weise hintendran wären. Wir sind vorne dran. Damit wir vorn bleiben, wollen wir diesen Weg weitergehen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich komme zur Jugendsozialarbeit.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Diese Mittel sind ein Tropfen auf den heißen Stein!)

- Angeblich sind die Mittel, die Bayern hier investiert 7 Millionen Euro im Jahr - ein Tropfen auf den heißen Stein. Entschuldigung, Frau Werner-Muggendorfer, ich finde Ihre Bemerkung zynisch gegenüber dem Steuerzahler. Bayern ist das einzige Land, das überhaupt in dieser Höhe investiert; denn eigentlich ist das eine kommunale Aufgabe. Wir können den Kommunen die Aufgabe auch abnehmen. Aber dann werden wir das beim kommunalen Finanzausgleich entsprechend ausgleichen müssen.

Egal, wie man das sieht, Kommunen und Freistaat zusammen haben die bundesweit beste Struktur in der Jugendsozialarbeit, weil wir durch unsere Anschubfinanzierung vom Land her dafür gesorgt haben, dass die Kommunen dieser Aufgabe nachkommen. Es wäre schön, wenn wir den Standard, den wir in Bayern haben, bundesweit hätten. Wir bleiben bei unserem Stand nicht stehen, sondern bauen ihn aus. Da finde ich die Bemerkung, das sei ein Tropfen auf den heißen Stein, zynisch. So darf man nicht reden, wenn wir eine solche Geldsumme aus dem Steueraufkommen dafür zur Verfügung stellen.

Sie machen es hier wie bei den Erzieherinnen. Sie reden den Effekt der Jugendsozialarbeit herunter. Damit stoßen Sie die engagierten Frauen und Männer vor den Kopf, die diese Arbeit leisten und sich von Ihnen anhören müssen, dass ihr Einsatz ein Tropfen auf den heißen Stein sei. Genauso haben Sie vorhin in Bezug auf die Erzieherinnen gesagt, wir brauchten einen anderen Anstellungsschlüssel, damit sich das Personal endlich um unsere Kinder kümmern kann. Ja, hallo, das hört sich ja an, als wenn sich in unseren Betreuungseinrichtungen die Erzieher nicht um die Kinder kümmern könnten. Bei all Ihrer Kompetenz, die Sie aufgrund Ihres Berufes immer für sich in Anspruch nehmen, sollten Sie vielleicht ab und zu einmal eine Kinderkrippe oder eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Im Hinblick auf die Dynamik der abgerufenen Mittel stehen wir ebenfalls an der Spitze. Wir haben bis einschließlich Mai 2009 135 Millionen Euro bewilligt. Diese Mittel teilen sich auf 787 Projekte mit 12.239 neuen Plätzen auf. Wir liegen beim Abruf der Mittel und bei der Dynamik des Ausbaus für Kinder unter drei Jahren bundesweit an der Spitze.

Genau das hat Frau Ackermann bestätigt, indem sie die alten Zahlen von 2008 mit 44.000 Plätzen genannt hat.

Damit hat sie mir sehr geholfen. Denn jetzt wird die Dynamik sehr deutlich. Wir haben jetzt nämlich 58.000 Plätze. Daran sieht man, was in Bayern in einem Jahr passiert ist. Deswegen noch einmal ein großes Lob an unsere Kommunen und Bürgermeister!

Frau Ackermann, Sie kennen diese Sportart: Man versucht, bei einer dreieinhalbstündigen Debatte einen Moment zu erwischen, wo das Kabinettsmitglied mal für fünf Minuten den Plenarsaal verlässt. Man konnte sich bei Ihnen darauf verlassen, dass da zuverlässig etwas funktioniert hat. Sie haben diesen Moment nämlich zum Ziel hochtrabender Angriffe gemacht. - Es ist klar: In dreieinhalb Stunden bin ich einmal für fünf Minuten hinausgegangen. Ich entschuldige mich untertänigst, wenn Sie darin eine Abwertung gesehen haben sollten. Während des Restes der Zeit, in der ich angeblich nicht da war, habe ich da hinten bei den Kollegen gesessen.

Ich halte es jedenfalls nicht für zielführend, hieraus einen Schauplatz zu machen und eine politische Diskussion abzuziehen, wie Sie es gemacht haben.

Zum Schluss komme ich zu den ständigen Angriffen gegen das Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz. Die Angriffe gipfelten darin, dass Sie eine individuelle Einstufung als Stigmatisierung gesehen haben. Also dies haut einem schon den Vogel hinaus.

Die SPD erzählt uns ständig, Frau Werner-Muggendorfer, wir müssten auf jedes einzelne Kind individuell eingehen. Jetzt machen wir ein solches Fördersystem, unterscheiden nach verschiedenen Kriterien und Risikofaktoren, und dann heißt es, wir stigmatisierten die Kinder. Da muss ich sagen: Damit sind Sie nicht ernst zu nehmen. Das ist genau die Art von Argumentation, bei der man sich irgendwann zurücklehnt und sich sagt: Okay, denen geht es wieder nicht um die Sache; es kommt kein einziger brauchbarer Vorschlag, wo wir einmal miteinander vorangehen könnten. Vielmehr wird einfach grob abgewatscht und geschaut, was man schlechtreden kann.

Dann wird von Verhältnissen von 25 Kindergruppen geredet. Ich weiß nicht, wann Sie das letzte Mal in einem Kindergarten waren. Seit dem BayKiBiG gibt es keine Gruppen mehr.

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

- Dann reden Sie doch einmal ein ernstes Wort mit den Trägern! Das steht nicht im BayKiBiG. Diese Verhältnisse stehen nicht im BayKiBiG. Wir haben darin einen Personalschlüssel - und eine kindbezogene Förderung. Gruppen schreiben wir nicht mehr vor.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Und ich sage noch eines. Ich bin froh über die Trägervielfalt, die wir haben, und über die Vielfalt der pädagogischen Konzepte. Das, was Sie hier schildern, ist nicht die Grundlage des Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes. Es ist eine ganz bewusste Diffamierung von Trägern.

(Widerspruch bei der SPD)

Ich möchte zum Schluss bitten, dass wir - wie es übrigens im Ausschuss in weit besserer Weise als hier im Plenum passiert, weil Sie hier immer wieder in Ihre alten Mechanismen verfallen

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Oh, oh! Sie aber auch!)

zielführend daran arbeiten, die Chancen der Kinder nach vorne zu bringen.

Noch eines ist mir wichtig. Für mich sind Alleinerziehende genauso Familie wie Paarfamilien. Wie man darauf kommen kann, Alleinerziehende nicht als Familie anzusehen, kann ich nicht nachvollziehen.

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Durch Ihre Unterstellung kam ich erst darauf, dass Sie vielleicht meinten, wenn ich von Familie spreche, meinte ich nur Paarfamilien. Das ist Käse. Auch Alleinerziehende sind bei dem Begriff Familie zu sehen. Alleinerziehende sind genauso Familie wie Paarfamilien, Patchwork-Familien oder sonstige Familienverbände.

Wenn ich jetzt allerdings über die Situation der Alleinerziehenden rede, sind der Schlüssel für mich zur sozialen und finanziellen Sicherung neben dem Landeserziehungsgeld die Möglichkeiten der Erwerbstätigkeit. Mindestlöhne sind hierzu nicht die beste Lösung. Ich will nicht, dass Alleinerziehende Mindestlöhne bekommen, sondern ich möchte, dass sie angemessene Löhne erhalten und dass sie vor allem einen Arbeitsplatz finden.

(Beifall bei der CSU - Johanna Werner-Muggen- dorfer (SPD): Das sagten wir doch gerade! - Weitere Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

Einen solchen Arbeitsplatz finden Sie in Bayern leichter als in jedem anderen Bundesland, meine Damen und Herren!

Mit unserer Frauenerwerbsquote von 66 % liegen wir wie gewohnt - weit über den Bundesländern, in denen die SPD leider viel zu lange mit am Werke war. Das ist die beste Versicherung für ein soziales Fortkommen insbesondere für die soziale Situation gerade von Familien mit Kindern und dabei ganz besonders für Al

leinerziehende. Dennoch sind wir, glaube ich, in dem Ziel einig, das ich bereits am Anfang formuliert habe. Es gilt, diese speziellen Bedürfnisse von Alleinerziehenden noch stärker in den Mittelpunkt zu stellen.

Im Übrigen - damit darf ich abschließen - habe ich mich sehr gefreut, Frau Ackermann, dass Sie sich jetzt meinen frauenpolitischen Forderungen, die ich seit Wochen und Monaten formuliere, nahezu inhaltsgleich angeschlossen haben.