Deswegen bleibt es hier bei der Autonomie. Der entscheidende Gesichtspunkt ist aber ein anderer. Der entscheidende Gesichtspunkt ist, dass nahezu jede Frage auch gegen den Willen der Regierungsfraktionen hier im Plenum hochgezogen werden kann. Meine Damen und Herren, die heutige Debatte ist das beste Beispiel dafür. Sie haben das Thema der Ausschussbesetzung ins Plenum hochgezogen und können bei fast jedem anderen Thema genauso verfahren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, deswegen ist die Autonomie hier das Entscheidende, was wir betonen werden. Wir als FDP-Fraktion - wenn Sie sich darüber Gedanken machen sollten - sind im Übrigen selbstbewusst genug, unseren politischen Einfluss hier im Plenum geltend zu machen. Wir werden unsere politischen Vorstellungen durchsetzen.
Herr Kollege Dr. Fischer, würden Sie bitte am Rednerpult verbleiben. Zwischenbemerkung: Herr Kollege Pohl.
Herr Dr. Fischer, über Verfassungsrecht kann man streiten, aber die Bemerkung, die FDP werde durch die bestehende Ausschussbesetzung nicht benachteiligt, heißt in der Konsequenz, dass Sie gedenken, immer gemeinsam mit der CSU zu stimmen. Denn so haben Sie nicht die Möglichkeit, mit allen anderen Fraktionen des Bayerischen Landtags ein Patt herbeizuführen. Ich denke hier zum Beispiel an die Sache mit den Uiguren, wo eine einzige Stimme durchaus Bedeutung gehabt hat.
Herr Kollege Pohl, ich freue mich, dass Sie sich so viele Sorgen um die FDPFraktion machen. Ich kann Sie aber beruhigen: Wir haben natürlich die Möglichkeit. Wir haben die Möglichkeit politisch - das ist die wichtige Seite -, und wir haben die Möglichkeit auch rein mathematisch und rechtlich, weil wir genauso wie jede andere Fraktion eine Frage, die uns wichtig ist, ins Plenum hochziehen können, wenn wir uns zunächst nicht durchsetzen können.
Das kann jede Fraktion tun. Insofern sehe ich da überhaupt kein Problem, da können Sie ganz beruhigt sein.
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Fischer. - Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen und wir kommen zur Abstimmung. Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz auf der Drucksache 16/1195 zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen.
(Prof. Dr. Peter Paul Gantzer (SPD): Ohne FDP ging das jetzt nicht! - Gegenruf des Abgeordneten Thomas Kreuzer (CSU))
Die Fraktionen der CSU und der FDP. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Bei Gegenstimmen der Fraktion der Freien Wähler, der SPD-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? Keine. Damit ist das so beschlossen.
Ich eröffne die Aussprache - wiederum fünf Minuten pro Fraktion. Als Erstem darf ich Herrn Kollegen Rinderspacher das Wort erteilen. Bitte schön.
Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! "Staatsregierung unter Druck - Rücktritt wegen Landesbank"; "Das Versagen der Minister als Bankenaufseher"; "Schlamperei noch schlimmer als vorgesehen, als angenommen" - meine Damen und Herren, sind es Schlagzeilen wie diese, die die Bayerische Staatsregierung hat verhindern wollen? - Es war nämlich die Staatsregierung von Horst Seehofer, die eine umfassende Informationszugangssperre für sämtliche Informationen aus dem Bereich der Finanz-, Wertpapier- und Versicherungsaufsicht in einer Bundesratsinitiative durchsetzen wollte.
Ministerpräsident Horst Seehofer, also jener Ministerpräsident, der hier im Hohen Hause einen anderen Regierungsstil von mehr Offenheit und Transparenz angekündigt hatte, wollte mit dieser Änderung die Recherchemöglichkeiten von Journalisten und die Informationsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger erheblich einschränken - und das nur drei Jahre nach Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes, ausgerechnet auf einem Gebiet, das gerade im Freistaat Bayern heute mehr denn je der Aufklärung und der Beleuchtung bedarf: auf dem Gebiet der Finanzaufsicht.
Wir alle haben die Krokodilstränen des Ministerpräsidenten noch in lebhafter Erinnerung, die er hier im Hohen Hause vergossen hat, als er sich für die Milliarden entschuldigte, die verschleudert wurden in der BayernLB-Krise, verantwortet auch durch das Versagen von CSU-Protagonisten in dem Kontrollgremium, verbunden mit dem Versprechen, hier für eine größtmögliche Aufklärung zu sorgen.
Was, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist von einer solchen Entschuldigung zu halten und von einem solchen Versprechen, wenn genau dieser Ministerpräsident wenige Wochen später eine große Verschleierung initiiert?
Die Beratungen des Gesetzentwurfes zur Umsetzung der aufsichtsrechtlichen Vorschriften der Zahlungsdiensterichtlinie mussten dafür herhalten, den Deckel auf die Finanzaufsicht der vergangenen Jahre draufzumachen. Dünn wie Hechtsuppe waren die hierfür angeführten Beweggründe: Die Informationspflichten gegenüber Privatpersonen würden die Tätigkeiten der Aufsichtsbehörden beeinträchtigen.
Dabei sind im Informationsfreiheitsgesetz schon zahlreiche Ausnahmen vorgesehen, die die Wahrung von Geschäftsgeheimnissen der Finanzunternehmen sicherstellen. Es drängt sich geradezu der Eindruck auf, dass die Initiative der Staatsregierung zum Ziel hatte, die Gründe für die in Not geratene Landesbank zu verschleiern.
Was ist das für ein ungeheuerlicher Vorgang, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn Ministerpräsident Seehofer und sein Finanzminister gerade in der Hochphase der Wirtschaftskrise und angesichts milliardenschwerer staatlicher Rettungsprogramme die Transparenz in der Finanzaufsicht abbauen wollen?!
Exakt das Gegenteil ist doch das Gebot der Stunde, nämlich durch Aufklärung und Durchlässigkeit von Informationen Akzeptanz und Vertrauen auch in staatliches Handeln zurückzugewinnen.
Gerade in der Finanzkrise brauchen wir ein umfassendes Informationsbild und einen möglichst freien Zugang zu den relevanten Daten und Fakten, um die richtigen Lehren aus den Vorgängen zu ziehen.
Da beruft der Ministerpräsident eine Kommission ein, die die soziale Marktwirtschaft neu definieren soll, und zeitgleich kämpft er hinter verschlossenen Türen für eine Zensur von Informationen, die die tatsächlichen Probleme unseres Wirtschaftslebens zumindest in Einzelfragen möglicherweise offenlegen würden. Das ist Horst Seehofer, meine Damen und Herren! Er spricht anders, als er handelt,
er handelt anders, als er spricht, und das muss an dieser Stelle auch einmal deutlich gesagt werden.
Es ist in diesem Zusammenhang übrigens überaus irritierend, dass sich die FDP hier vor den Karren des Koalitionspartners spannen lässt.
Selbst die FDP-Kollegen auf Bundesebene reiben sich verwundert die Augen, mit Stirnrunzeln - auch die bayerischen Jungliberalen -, was die FDP-Landtagsfraktion hier gemeinsam mit der CSU angezettelt hat.
Ich sage: Der schwächste Kontrast zu Schwarz ist ein rabenschwarzes Gelb, und Ihr Gelb, liebe Kolleginnen
bei dem das Vorbeiziehen des größeren Himmelskörpers an einem kleineren die Folge hat: Man sieht am Ende nur noch Schwarz.
Am Ende sind wir froh, dass alle Fraktionen im Deutschen Bundestag von der Initiative von Horst Seehofer abgesehen haben. Sogar die CSU-Parteifreunde haben - man höre und staune! - die Initiative nicht durchgehen lassen. Der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl nannte das Ansinnen aus München "politisch instinktlos".
Das Gesetz ist mittlerweile verabschiedet, glücklicherweise ohne Änderung des Informationsfreiheitsgesetzes, und damit komme ich zum Ende, Frau Präsidentin. Ich bedanke mich bei den Fraktionen der Freien Wähler und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, die unseren sozialdemokratischen Dringlichkeitsantrag in den Ausschüssen unterstützt haben. Wir erklären diesen Dringlichkeitsantrag hiermit vor dem Hintergrund des im Bundestag verabschiedeten Gesetzes als in unserem Sinne für vollumfänglich positiv erledigt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben jetzt einiges gehört an völlig absurden und bisweilen durchaus amüsanten Spekulationen und Fantastereien der Marke "Semper aliquid haeret", irgendetwas wird schon hängenbleiben.