Protocol of the Session on May 7, 2009

Natürlich begrüße ich, dass CSU und FDP unsere Besorgnis teilen. Wir werden ihrem Dringlichkeitsantrag auch zustimmen, obwohl wir wissen, dass die kartellrechtliche Prüfung seit Mitte letzten Jahres, also Mitte 2008 läuft, ohne uns bisher nur einen Schritt weitergebracht zu haben. Auch das Vorziehen der Direktzahlungen wurde bereits von Frau Bundesministerin Aigner thematisiert. Die EU hat signalisiert, dass sie Mitte Oktober Abschlagszahlungen in Höhe von 50 % zahlen kann. Das ist alles richtig, um schnell auf die aktuelle Situation wenigstens bruchstückhaft reagieren zu können. Der Kern des Problems geht allerdings tiefer.

Anfang 1990 haben die verantwortlichen Politiker mit der damaligen EU-Agrarreform die Weichen gestellt und unsere jetzigen Probleme damit vorprogrammiert. Die Politik hat das gewusst. Allerdings hat sie nie den Mut besessen, den Bauern die Wahrheit zu sagen. Im Grunde hat sich daran bis zum heutigen Tag nichts geändert. Man hangelt sich von Wahl zu Wahl und tut so, als ob die Mengensteuerungselemente der Politik noch vorhanden wären. Dabei sind diese - wenn überhaupt nur noch rudimentär vorhanden.

Wir brauchen ein Gesamtkonzept für die Milchbauern, das der Realität von heute angepasst ist. Lassen Sie

uns doch alle parteiübergreifend handeln und zum Wohle dieses wichtigsten Wirtschaftszweiges Entscheidungen treffen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Danke, Frau Kollegin Müller. Die nächste Wortmeldung hat Frau Biechl von der CSU.

(Erwin Huber (CSU): Jetzt kommt die Fachfrau!)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Milcherzeuger, unsere bäuerlichen Familienbetriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Sie sehen sich durch die Entwicklung auf dem europäischen Milchmarkt einer Erzeugerpreissituation gegenüber, mit der kaum mehr ein Liter Milch wirtschaftlich erzeugt werden kann.

Es muss aber - ich denke, da sind wir uns alle einig -, ein zutiefst gesellschaftliches Anliegen und Interesse sein, eine flächendeckende bäuerliche Landbewirtschaftung zu erhalten.

(Erwin Huber (CSU): Sehr gut! - Beifall bei der CSU)

Es heißt so schön, die Berge, die Seen, unsere Landschaft seien ein Geschenk Gottes, ein Geschenk des Himmels. Aber der Rest ist harte Arbeit. Es ist die harte Arbeit unserer bäuerlichen Familien, unserer Bäuerinnen und Bauern, die sie gern tun und in der Regel auch mit Leidenschaft, aber Leidenschaft allein reicht nicht. Sie müssen davon leben können.

Die neuerlichen Preissenkungen für Trinkmilch um sieben Cent durch die deutschen Discounter verschärfen die Situation ganz deutlich, zumal auch für andere Produkte, insbesondere für andere Milchprodukte ein Preisrückgang ausgelobt wurde. Wir wissen, dass eine solche Preissenkung immer Signalwirkung an alle Mitbewerber hat und dieses "Vorbild" sehr schnell zum Nachziehen anregt.

Die Discounter unterliegen untereinander einem extremen Konkurrenzkampf, der eigentlich Preisabsprachen ausschließt. Die Discounter folgen bei bestimmten Produkten in ihrer Preisgestaltung in aller Regel dem Preisvorreiter Aldi, um beim Kampf um die Kunden nicht ins Hintertreffen zu geraten. Dieser gegenseitige Konkurrenzdruck wird dann auch an die Lieferanten und die Hersteller durch Druck auf die Erzeugerpreise bzw. die Einkaufspreise weitergegeben, um nicht in einen Kartellverstoß durch Verkäufe unter Einstandspreis zu geraten.

Ob nun die Marktmacht mit womöglich kartellrechtlich nicht einwandfreien Praktiken genutzt wird, gilt es jetzt herauszufinden. Aus diesem Grund wollen wir dies nicht nur in einer Entschließung festhalten, wie es die Freien Wähler beabsichtigen, sondern wir fordern die Staatsregierung auf, sich bei der Bundesregierung noch einmal dafür einzusetzen, diese Preispolitik der deutschen Discounter unverzüglich kartellrechtlich zu überprüfen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Mit allem Nachdruck!)

Die niedrigen Verkaufspreise sind aber nur ein Punkt im Kampf um einen besseren Milchpreis. So hat beispielsweise die milchverarbeitende Lebensmittelindustrie, nachdem die Beihilfen abgeschafft wurden, ihre Rezepturen umgestellt, weg vom tierischen Eiweiß und weg vom tierischen Fett hin zu pflanzlichen Grundstoffen oder gar, wie wir der Presse deutlich entnehmen konnten, hin zu Imitaten. Das macht immerhin zehn Prozent Marktanteil aus, eine Menge, die schnell andere Absatzmöglichkeiten braucht, wenn der Markt entlastet werden soll.

Auch die Währungsunterschiede im innereuropäischen Raum mit Ländern, die den Euro noch nicht haben, machen uns im Moment sehr zu schaffen. Aber nicht nur die Milchbauern haben große und größte Schwierigkeiten, wenn es sich um wirtschaftliche Erzeugerpreise handelt. Die Erlöse für Getreide zum Beispiel sind im Vergleich zum Vorjahresmonat um circa 40 % gesunken. Die Schafhalter können mit dem Erlös ihrer Wolle das Scheren der Schafe nicht mehr begleichen und die Ferkelerzeuger haben in den vergangenen circa 18 Monaten bei jedem Ferkel 10 bis 30 Euro draufgezahlt.

Auch davon kann man leider nicht leben. Aus diesem Grund wollen wir in unserem Antrag nicht nur die Milch und die Milchpreissituation im Blick haben, sondern auch die gesamte Landwirtschaft in Bayern. Wir nehmen die gesamte bodengebundene Produktion mit allen unterschiedlichen Problemen in unseren Antrag auf.

Wir fordern die Staatsregierung weiter auf, bei der Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass für die gesamte Landwirtschaft die für Ende des Jahres vorgesehenen Direktzahlungen auf Mitte des Jahres vorgezogen werden, damit der existenzbedrohende Preisverfall überbrückt werden kann. Wir wollen eben nicht bis Oktober warten, sondern wir wollen gezielt und schnell handeln.

Mit den geforderten Maßnahmen in unserem Dringlichkeitsantrag könnte wenigstens ansatzweise den Betrieben geholfen und der existenzbedrohende Preisverfall überbrückt werden.

(Beifall bei der CSU)

Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen, der anders als der Antrag der Freien Wähler die gesamte bayerische Landwirtschaft berücksichtigt. Dem Antrag der Freien Wähler können wir in der vorliegenden Form leider nicht zustimmen,

(Hubert Aiwanger (FW): Wen wundert das?)

weil er keine Substanz enthält und keine Handlungsanweisung beinhaltet. Es ist ein zwar wahrer, aber leider nur ein Zustandsbericht. Den Bäuerinnen und Bauern ist aber nur mit einem echten Handeln geholfen.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Kollegin Biechl. Ich erteile das Wort nun Herrn Dechant.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Situation unserer bayerischen Milchbauern ist wirklich besorgniserregend. Wir von der Politik müssen unseren Bauern ein Stück weit zur Seite stehen. Die Entwicklungen am Milchmarkt können uns nicht kalt lassen.

Aber eine Missbilligung von preislichen Maßnahmen von Discountern geht, denke ich, zu weit. Wie gesagt, wir sind besorgt und wir müssen was tun. Mit der Missbilligung allein werden wir auch nichts erreichen.

(Hubert Aiwanger (FW): Mit der Sorge auch nicht!)

Davon werden unsere Bauern keine höheren Preise kriegen. Die Missbilligung ist purer Populismus.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) und bei Abgeordneten der CSU - Hubert Aiwanger (FW): Was ist dann die Sorge?)

Die Freien Wähler benutzen Worte wie "Skandal" usw. Wir müssen auch ein Stück weit ehrlich zu unseren Bauern sein und ihnen sagen, was wir tun können und was nicht.

(Renate Dodell (CSU): So ist es!)

Wir haben in unserem Land Gott sei Dank die soziale Marktwirtschaft, und dort obliegt die Preisgestaltung dem freien Markt. Entsprechend ist es ein nicht haltbares Versprechen der Politik, wenn man den Eindruck erwecken will, wir könnten die Preise beeinflussen.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) und bei Abgeordneten der CSU)

Der Antrag der Freien Wähler enthält nichts, was den Bauern wirklich helfen würde.

(Maria Noichl (SPD): Und eurer? - Hubert Aiwanger (FW): Die Sorge!)

- Unserer enthält sehr wohl etwas davon.

Der Hinweis auf das Kartellrecht ist durchaus nachvollziehbar. Deshalb fordern wir auch ganz konkret eine Überprüfung,

(Hubert Aiwanger (FW): Die läuft doch längst!)

ob kartellrechtlich wirklich alles richtig über die Bühne geht. Wenn sich dabei herausstellt, dass es rechtlich sauber ist, dann ist es rechtlich sauber. Dann ist es auch so, dass wir von der Politik keine Handhabe haben, um einzugreifen. Wenn in diesem Land rechtlich sauber agiert wird, dann können wir auch nicht eingreifen.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und des Abge- ordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Das ist so. Ich finde es völlig fatal, wenn wir dann bei den Landwirten draußen die Hoffnung wecken, wir könnten da etwas tun. Auch wir im Landtag sind an Recht und Gesetz und an unsere Ordnungen gebunden.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP) und bei Abgeordneten der CSU - Maria Noichl (SPD): Ehrlich?)

Sehen Sie das bitte ein.

Ich denke, wir müssen zusehen, dass wir die aktuelle Situation zum Beispiel dadurch überbrücken, dass wir die Auszahlung der Direkthilfen vorziehen, damit die Landwirte Geld in der Tasche haben, um die Situation überstehen zu können.

(Christa Naaß (SPD): Wird das auch überprüft?)

- Das wird jetzt gemacht, und wir sehen zu, dass wir das hinkriegen. Wir fordern das nochmals, damit der entsprechende Druck aufgebaut wird.

Langfristig müssen wir natürlich sicherstellen, dass unsere Landwirte in Bayern wettbewerbsfähig sind. Dazu gehört zum Beispiel, dass wir die Leistungen, die die Bauern für unsere Gesellschaft erbringen, auch entsprechend honorieren. Wir wollen weiterhin eine flächendeckende Bewirtschaftung in Bayern, um den Tourismus zu fördern etc. Die Leute wollen eben auch einmal eine Kuh auf der Weide sehen. Und die Bauern haben ein Recht darauf, dass sie für diese Leistung, die sie für uns erbringen, ein Stück weit honoriert werden.

Weiterhin müssen wir Innovationen und Produktentwicklungen fördern, und wir brauchen Konzepte für die ganze Landwirtschaft. Es geht nicht nur um die Milchbauern - Annemarie Biechl hat es gesagt -, auch die Getreidepreise sind im Tiefflug etc. Wir müssen ein Konzept entwickeln, wie wir mit den Mitteln, die wir einsetzen können, unseren Landwirten draußen helfen können. Falsche Hoffnungen zu erwecken wird langfristig nichts bringen.

Wir lehnen den Antrag ab und bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.