Protocol of the Session on May 7, 2009

Denn bei näherem Hinsehen entpuppt - oder besser gesagt: entlarvt - sich der vorliegende Antrag als reiner Schaufensterantrag

(Beifall bei der SPD)

mit dem Sie hier in Bayern Wahlkampf betreiben und Ihren Kollegen in der ungeliebten Berliner Opposition zur Seite stehen wollen. Schon am 25. März hat die FDP-Bundestagsfraktion unter der Überschrift "Bedeutung der Forderungsausfallversicherung für den deutschen Mittelstand" eine Kleine Anfrage gestellt und auf der Drucksache 16/12498 18 Fragen an die Bundesregierung gerichtet, die zwischenzeitlich alle beantwortet wurden. Darüber hinaus hat die Bundsregierung explizit den Auftrag erteilt - Herr Kollege Schöffel hat das bereits ausgeführt -, zu prüfen, wie den zunehmenden Problemen der Unternehmen bei der Absicherung von Forderungen abgeholfen werden könne.

Bundeswirtschaftsminister zu Guttenberg appelliert ausweislich einer Pressemitteilung seines Hauses vom 4. Mai an die Kreditversicherer, gemeinsam mit dem Bund nach adäquaten Lösungen zu suchen. Jetzt bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Schöffel: Diesen Appell kann ich vorbehaltlos mittragen und unterstützen. Nicht unterstützen können wir hingegen das, was von der FDP heute beantragt wird, weil es längst auf einem guten Weg ist. Dringlichkeit bezüglich dieses Antrags ist mitnichten gegeben.

Die Kreditversicherer selbst erklären im Übrigen - ich darf aus einer Verbands-Pressemitteilung vom 20. Januar zitieren -, "dass weder von einem großflächigen Rückzug noch von einem Rückzug aus einzelnen Branchen der Kreditversicherung aus dem Ge

schäft der Absicherung von Forderungsausfällen die Rede sein kann". - Zitatende.

Überhaupt nicht hilfreich und in völligem Widerspruch zu Ihrem Antrag steht die Erklärung des wirtschaftspolitischen Sprechers der FDP-Bundestagsfraktion. Rainer Brüderle kritisierte die vom "Handelsblatt" am 17. April ins Gespräch gebrachten und zwischenzeitlich zum Teil bereits dementierten drei Varianten für den Einstieg des Bundes in das Kreditversicherungsgeschäft, nämlich: erstens selbst als Rückversicherer aufzutreten - das hat der Beamtete Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Dr. Walther Otremba noch am selben Tag ausgeschlossen -, zweitens Finanzmittel aus dem Wirtschaftsfonds bereitzustellen oder drittens die KfW mit eigenen Versicherungspolicen stabilisierend neben privaten Versicherungen agieren zu lassen. Dazu polterte Rainer Brüderle, der das Tätigwerden des Bundes als "Staatswirtschaft" bezeichnet hat, ebenfalls laut "Handelsblatt": "Wichtiger wäre es, für mehr Wettbewerb zu sorgen."

Da weiß offensichtlich die Linke nicht, was die Rechte tut. Auf jeden Fall sollten Sie dieses Hohe Haus künftig nicht mehr mit Anträgen behelligen, die sich bereits erledigt haben. Deswegen und nicht deshalb, weil wir die Probleme von Unternehmern mit den steigenden Kosten für Kreditversicherungen nicht sehen würden, werden wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Für die Fraktion der Freien Wähler erteile ich das Wort nun Herrn Kollegen Bernhard Pohl.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist knapp zehn Jahre her, dass ein Immobilienzauberer namens Schneider die Bankenwelt durcheinanderbrachte. Es ist auch knapp zehn Jahre her, dass die Bundesrepublik Deutschland den Holzmann-Konzern vermeintlich vor der Pleite retten musste. Die Konsequenz dieser Aktionen war, dass die Banken bei der Kreditvergabe gegenüber dem Mittelstand zurückhaltender und ängstlicher wurden. Der Mittelstand musste die Versäumnisse und die Schieflage der Großen ausbaden. In dieser Situation sind wir jetzt wieder. Ob Sie große Kreditinstitute bis hin zu unserer Landesbank betrachten, ob Sie die großen Industriekonzerne betrachten: Deren Finanzprobleme schlagen jetzt mittelbar und unmittelbar auf den Mittelstand durch. Deswegen kann ich Ihre Analyse, Herr Dr. Kirschner, nur bestätigen. Sie ist richtig. Deswegen ist es auch richtig, sich dafür einzusetzen, dass dem Rückzug der Kreditversicherer entgegengewirkt wird.

Meine Damen und Herren, die Frage lautet aber: Wie wollen Sie das umsetzen? - Es wäre naheliegend, zu sagen, wenn wir schon ein staatliches Kreditinstitut haben, dann könnte dieses die Aufgabe übernehmen. Aber es ist doch eine gewisse Widersprüchlichkeit zu erkennen: Wenn man sich zum Beispiel auf Bundesebene vehement gegen die Verstaatlichung der Hypo Real Estate einsetzt und jeden staatlichen Einfluss auf das Kreditsystem zurückdrängen will, dann ist der vorliegende Antrag in der Tat überraschend.

Meine Damen und Herren, wir unterstützen den Antrag dennoch, weil wir ihn als Appell an die Kreditversicherer interpretieren, ihrer Verantwortung gerecht zu werden. So interpretieren wir diesen Antrag. Zu einem späteren Zeitpunkt werden wir heute einen Antrag der Freien Wähler zur Milchpreispolitik der großen Konzerne behandeln. Auch dieser Antrag ist ein Appell. Ich denke, Herr Dr. Kirschner, so ist auch Ihr Antrag zu verstehen. Als Appell können und müssen wir diesen Antrag unterstützen. Wir müssen aber auch so ehrlich sein, zu sagen, dass die Handlungsmöglichkeiten des Staates hier begrenzt sind. Es wäre aber gerade gegenüber dem Handwerk und dem Mittelstand ein fatales Zeichen, wenn wir sagen würden, der Bayerische Landtag lehnt dies ab. Ein gewisses Gewicht sollten wir dem Votum dieses Hauses schon beimessen. Wenn der Bayerische Landtag einen Appell ausspricht, dann ist das wohl schon etwas anders zu gewichten als ein Leserbrief oder ein Brief irgendeines Verbandes. Meine Damen und Herren, aus diesem Grund bitte ich Sie, diesem Antrag zuzustimmen. Wir werden es jedenfalls tun.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ich darf Ihnen allen mitteilen, dass mittlerweile auch zum Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/1257 von der FDP-Fraktion namentliche Abstimmung beantragt wurde. Das heißt, wir lassen den Timer laufen.

Ich darf Ihnen das Ergebnis der ersten beiden namentlichen Abstimmungen dieses Tages mitteilen. Über den Dringlichkeitsantrag der GRÜNEN auf Drucksache 16/1256 wurde mit folgendem Ergebnis abgestimmt: Mit Ja haben 49 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 111 Abgeordnete gestimmt. Stimmenthaltungen gab es nicht. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich komme zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den SPD-Antrag zu einem ähnlichen Thema, nämlich a.i.d.a., auf Drucksache 16/1267. Mit Ja haben 47 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 109 Abgeordnete. Es gab keine Enthaltung. Auch dieser Dringlichkeitsantrag ist damit abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Meine Damen und Herren, wir fahren in der Beratung fort. Als nächstem Redner darf ich Herrn Kollegen Eike Hallitzky für die GRÜNEN das Wort erteilen.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet diejenigen, die sich, solange die Sonne scheint, immer für den Staat als Nachtwächterstaat stark machen, der nicht ins heilige Marktgeschehen einzugreifen habe, dass weiter ausgerechnet diejenigen, die vor wenigen Wochen in der Debatte zur Regierungserklärung noch gesagt haben - ich glaube, es war Herr Kollege Hacker -, dass der Finanzmarkt einer der am dichtesten regulierten Märkte sei - Frau Kollegin Dr. Bulfon hat heute noch einen draufgelegt, indem sie sagte, die Finanzmarktkrise sei ein Problem von zu wenig Freiheit auf den Finanzmärkten -, dass also ausgerechnet die Wirtschaftsliberalen immer dann nach dem Staat und dem Feuerlöscher rufen, wenn es lichterloh brennt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In dieser Tradition der Logik aus Absurdistan steht auch Ihr heutiger Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Der Sachverhalt, den Sie beklagen, stimmt. Das ist unstrittig. Der Markt der Kreditversicherer ist eingebrochen. Zugleich ist die Nachfrage gestiegen, weil gerade im Mittelstand die Nachfrage notwendigerweise größer geworden ist. Das Problem besteht darin, dass die Risikoprämien auf dem Markt - dem Markt, den Sie so hochhalten - für Kreditversicherungen mittlerweile so hoch sind, dass sie sich der Mittelstand nicht mehr leisten kann. Nur, liebe Wirtschaftsliberale: Was immer der Staat jetzt tun kann, ist wider den Marktmechanismus, weil der Marktmechanismus hier eben nicht zu akzeptablen Lösungen geführt hat und führt.

Die Varianten, die denkbar sind, hat Kollege Paul Wengert eben aufgeführt: Hermes-Bürgschaften - also: Rückversicherungen des Staates -, zusätzliche Finanzmittel des Bundes oder eigene Versicherungspolicen durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau sind die wesentlichen. Warum aber sagen Sie in Ihrem Antrag nicht, wie Sie es denn umsetzen wollen,

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

wie Sie aus der Kreditversicherungsklemme kommen wollen? - Der Grund ist ganz banal; auch das wurde kurz angesprochen, und ich zitiere auch noch einmal das "Handelsblatt" vom 17.04., noch einmal Ihren wirtschaftspolitischen Sprecher auf der Bundesebene, noch einmal Herrn Brüderle: "Die Bundesregierung setzt offensichtlich auf staatswirtschaftliche Lösungen."

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man kann das Problem nicht lösen, indem man zusätzliche Entfesselungen des Marktes auslöst oder indem man zusätzliche Unternehmen auf den Markt bittet. Es ist kein Problem, das man auf dem Markt lösen kann, sondern man kann es nur mit dem Staat lösen. Das wollen Sie nicht, und das ist auch der wahre Grund, warum Sie bei Ihrer allgemeinen Forderung bleiben und gegen jede konkrete Lösung sind.

Das ist nämlich das Problem: Sie gefallen sich in der Rolle eines Menschen, der öffentlich nach der Feuerwehr ruft, und sprechen sich zugleich in Berlin gegen jede Variante von Löschen aus, egal ob mit Wasser oder Schaum.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Das ist doppelzüngig, und deswegen können wir dem Antrag nicht zustimmen.

Der heute vorliegende Antrag ist aber nicht nur inhaltlich banal, sondern er ist auch von der Zeitachse her gesehen schlicht überflüssig, weil das Thema längst beim Bund ist. Auch Sie hätten wissen können, dass die Angelegenheit derzeit beim Bund unter Hochdruck geprüft wird. Das Thema ist längst auf der Tagesordnung; Sie hätten sich halt ein bisschen darum kümmern müssen, sich in Kenntnis setzen lassen sollen, dann hätten Sie auch gewusst, dass das Thema längst in Berlin ist.

Um also noch einmal bei dem Feuerwehrvergleich zu bleiben: Sie rufen nach der Feuerwehr, die schon längst am Brandherd ist, verweigern aber zugleich in Berlin alle Rettungsinstrumente.

Für so einen Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, kann man die Hand nicht heben; er ist überflüssig wie ein Kropf. Da kann man nicht dafür oder dagegen sein, da kann man sich nur entspannt zurücklehnen und sagen: Wir enthalten uns.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. - Als letztem Redner in dieser Debatte darf ich nun Staatsminister Martin Zeil das Wort erteilen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bayerische Staatsregierung ist dankbar, dass unsere Bemühungen, sich dieses Problems anzunehmen, im Rahmen dieser Debatte und durch den Antrag unterstützt werden. Interessant fand ich schon, dass sich eigentlich alle einig sind, wie wichtig das Thema ist, aber die Opposition - mit Ausnahme der Fraktion der

Freien Wähler - krampfhaft nach irgendeinem Weg sucht, dem Antrag nicht zustimmen zu können.

Die Erfahrungen, Herr Kollege Wengert, zeigen, dass es mit allgemeinen Appellen natürlich nicht allein getan ist. Ich weiß gar nicht, wie Sie auf die Idee kommen, hier einen Widerspruch zwischen der Haltung von Fraktionen auf der Bundesebene und der Landesebene zu konstruieren, weil im Antrag eben gerade nicht steht, dass in allererster Linie der Einstieg des Staates gefordert wird, sondern es geht darum, dass sich der Staat im Gespräch um das Thema kümmert.

Wenn Herr Kollege Hallitzky sagt, man habe sich den notwendigen Schritten auf Bundesebene verweigert, wundert mich das etwas, weil zum Beispiel meine Partei den Bankenschirm mitgetragen hat und wir alle wissen, dass in außergewöhnlichen Zeiten zum Teil auch außergewöhnliche Schritte erforderlich sind.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Wir sind uns, meine Damen und Herren, darüber im Klaren, dass sich die wesentlichen Kreditversicherer diesen Markt zum Teil in sehr großen Anteilen aufteilen. Es gibt hier leider zu wenig "Mitspieler" im Markt.

Bereits am 11. März haben wir bei mir im Hause mit hochrangigen Vertretern der Versicherungswirtschaft Gespräche geführt, um die Probleme für unsere betroffenen Unternehmen zu mildern und Lösungen auszuloten.

In der Praxis hat sich gezeigt, dass im Falle wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Unternehmen der Rückzug der Kreditversicherer eine erfolgreiche Konsolidierung erheblich beeinträchtigen kann. Wie wir erfahren haben, ist nicht auszuschließen, dass die Kreditversicherer die Lage eines Unternehmens falsch einschätzen. Es fehlt oft an einem Informationsaustausch und einer Kooperation zwischen Bank und Versicherung. Auch die Informationen seitens der Versicherungen selbst sind nicht immer ausreichend.

Deshalb haben wir bei dem Gespräch erreichen können, dass die Versicherungswirtschaft bei Vorlage begründeter Einzelfälle durch uns ihre Entscheidung noch einmal überprüft. Damit besteht Hoffnung, in Einzelfällen doch zu einer positiven Entscheidung der Versicherungen zu kommen.

(Zurufe von der SPD)

Sie sehen also, wir haben da nicht nur geredet, wir haben auch gehandelt. In diesem Sinne werde ich auch meinen Kollegen zu Guttenberg noch einmal anschreiben und ihn bei seinen Bemühungen unterstützen.

Aber lassen Sie mich darüber hinaus noch Folgendes sagen: Wir setzen hier auf eine verbesserte Kooperation zwischen allen Beteiligten. Was für die Kreditversicherer im Speziellen gilt, trifft auch auf die Kreditinstitute zu. Deshalb habe ich mich in den letzten Wochen nachdrücklich für eine Allianz der gesamten bayerischen Wirtschaft zur Sicherung der Mittelstandsfinanzierung eingesetzt. Die Allianz wurde gestern von Spitzenvertretern der bayerischen Kreditunternehmen, Bankenverbände, des Industrie- und Handelskammertages, des Handwerkstages und der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft formell beschlossen.

(Zuruf von der SPD: Das ist alles nicht zur Sache!)

Wir konnten in einem Positionspapier wichtige Vereinbarungen treffen.

Meine Damen und Herren, wir haben - Herr Kollege Schöffel hat es bereits erwähnt - rechtzeitig den bayerischen Mittelstandsschirm errichtet, der eine ganz wichtige Stützung dieser strategischen Allianz darstellt.

In diesem Zusammenhang will ich abschließend darauf hinweisen, dass wir selbstverständlich über das hinaus, was wir heute besprochen haben, weitergehende Maßnahmen zur Sicherung der Mittelstandsfinanzierung brauchen. Wir müssen zum einen die bestehenden Regelwerke verbessern, um zukünftigen Finanzkrisen vorzubeugen, aber zum anderen jetzt auch schnell und entschlossen die bilanz- und aufsichtsrechtlichen Vorschriften auf den Prüfstand stellen, von denen eine krisenverschärfende Wirkung ausgeht.