Protocol of the Session on April 22, 2009

Ich kann beiden Seiten irgendwie zustimmen. Ich stimme Ihnen, Herr Kollege Maget, in einigen Dingen zu. Beim Fußballverein 1860 stimme ich immer zu. Leider sind wir vorgestern schlecht behandelt worden.

(Franz Maget (SPD): Das war ungerecht! Der Ball war eindeutig drin!)

Ich weiß nicht, woher der Schiedsrichter kam.

Ich stimme Ihnen zu beim handlungsfähigen Staat. Ich stimme Ihnen zu, dass die Gewerbesteuer erhalten bleiben muss. Ich stimme Ihnen zu - das haben allerdings nicht Sie gesagt, sondern der Kollege Lerchenfeld -, dass die mittleren Einkommen entlastet werden müssen, dass die kalte Progression nicht weiter so stehen bleiben kann, sondern zurückgeführt werden muss.

Aus Ihrem Programm habe ich mir nur zwei Details herausgegriffen und habe Probleme mit den Vorschlägen, die Sie machen und die auch Graf Lerchenfeld bei dieser - ich nenne sie so - Nichterklärungsabgabenprämie in Höhe von 300 Euro schon angesprochen hat. Als Überschrift haben Sie gewählt: "Steuergerechtigkeit für alle". Dafür sind wir auch. Aber was ist gerecht? Das ist das Problem. Diesen Bonus von 300 Euro können diejenigen nicht erhalten, die einen Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte eingetragen haben, und das ist eine ganze Menge. Vielleicht haben Sie in der Hinterhand noch eine Möglichkeit, denen zu helfen. Beim Ehegattensplitting, Lohnsteuerklasse III und IV, geht es ebenfalls nicht, weil die eine Erklärung abgeben müssen. Die

Geringverdiener fallen sowieso raus, weil sie als solche keine Steuererklärung abgeben.

(Franz Maget (SPD): Die fallen nicht raus! Die können durch den Verzicht die 300 Euro erhalten!)

- So sei es. Es können auch solche das beantragen, die überhaupt keine Steuererklärung abzugeben brauchen.

(Franz Maget (SPD): Ja!)

Da gibt es eine Menge, die kein Einkommen haben. Die geben dann auch diese Erklärung ab.

(Franz Maget (SPD): Geringverdiener zahlen ja eine pauschale Steuer!)

- Es gibt eine Menge, die noch nicht steuerpflichtig sind. Da gibt es also vielerlei Probleme im Detail. Sie wollten den Geringverdienern etwas zukommen lassen. Für die wäre es besser, wenn es Freibeträge bei den Sozialversicherungsbeiträgen gäbe. Das würde unmittelbar denen zugute kommen.

Dann nennen Sie das Argument, dass die Finanzämter entlastet werden. Das kann ich, auch nach Rücksprache mit den Leuten im Finanzamt, nicht nachvollziehen. Es wird sogar zu Mehrarbeit führen. Denn die per Postkarte beantragte Prämie muss im jeweiligen Finanzamt gegengecheckt werden. Das muss alles untersucht werden: Muss der wirklich keine Einkommensteuererklärung abgeben? Sonst schickt heute jeder per Postkarte diesen Antrag weg und reicht morgen die Steuererklärung ein. Das wird also so nicht funktionieren.

Zum zweiten Teil Ihres Themas "Geschenke für Millionäre", der Anhebung des Spitzensteuersatzes von 45 auf 47 %, stellt sich erstens die Frage: Wo beginnt der Millionär? Bei 125.000 oder bei 250.000 Euro? Ich denke - das ist auch schon gesagt worden -, das schürt die Neiddebatte und ist schlecht für unser Land.

(Beifall bei den Freien Wählern - Zuruf des Abge- ordneten Alexander König (CSU))

Sie müssen auch sehen - und wir alle sind froh, dass es das gibt -, dass die "Reichen" sehr stark im sozialen Bereich tätig sind, dass sie Stiftungen unterstützen usw.

Ich sehe gerade, meine Redezeit geht zu Ende. Ein Punkt noch zu dieser Steuer. Sie belasten die Personengesellschaften, die Einzelunternehmer zusätzlich, und das wäre in der jetzigen Konjunktursituation tödlich. Es wäre für diese Personengruppe ein Riesenproblem, wenn sie plötzlich mehr Steuern zahlen müssten, denn

sie unterliegen der Einkommensteuer und würden, wenn sie über 125.000 bzw. 250.000 Euro Einkommen hätten, mehr belastet. Das ist in der jetzigen Zeit nicht in Ordnung.

Es gibt heute keine Abstimmung. Aber so, wie diese Vorschläge auf dem Tisch liegen, könnte ich sie für meine Fraktion auch nicht gut heißen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Vielen Dank, Herr Kollege.

Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Kollegen Mütze das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Wahlkampf ist eröffnet. Kollege Pointner hat es schon erwähnt. Spätestens heute ist er hier angekommen.

Was haben wir vorliegen? Steuergerechtigkeit für alle, statt Geschenke für Millionäre. Die Robin Hoods des Steuerrechts kämpfen also gegen den Sheriff von Nottingham: Wir nehmen es den Reichen und geben es den Armen. Einer Kommentierung will ich mich da enthalten.

Ich möchte aber doch gerne Steuervorschläge sehen, auch von den Kollegen der SPD, die wenigstens rechtlich möglich sind. Da scheint mir jedoch ein großes Fragezeichen dahinterzustehen, wenn ich höre, dass dieser Bonus von 300 Euro von Steuerrechtlern und dem Bundesfinanzhof sehr wohl als verfassungswidrig eingestuft wird, weil er unter anderem gegen das Willkürverbot des Grundgesetzes verstoße.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN und des Abgeordneten Bernhard Pohl (FW))

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, zudem fordern Sie heute das, wogegen Sie vier Jahre lang in der Großen Koalition Politik gemacht haben. Sie müssen sich schon fragen lassen, wie ernst Sie es mit Ihren Vorschlägen meinen. Wollen Sie eine Börsenumsatzsteuer einführen? Wollen Sie die Spitzenverdiener stärker belasten? Oder fordern Sie das nur im Wahlkampf, um der Linken das Wasser besser abgraben zu können und anschließend, wie Sie es in der Großen Koalition getan haben, den Villenbesitzern im Fünfseenland die Erbschaftsteuer zu ersparen? So kann es nicht gehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Genauso wenig verstehe ich allerdings das Heulen der Kolleginnen und Kollegen auf der rechten Seite. Ich zi

tiere aus dem Steuerpapier der CSU: "Unbestritten kosten die steuerpolitischen Vorhaben der CSU Geld." Ich erinnere noch einmal daran, was vorgeschlagen wird: partielle Mehrwertsteuersenkung, Erbschaftsteuer abschaffen - das kostet sehr wohl Geld, allein in Bayern über 1 Milliarde Euro Steuerausfälle. Woher soll das Geld kommen, liebe Kolleginnen und Kollegen? Das habe ich schon vor zwei Wochen gefragt, aber keine Antwort darauf bekommen.

Sie stellen in Ihrem Papier fest, dass nach Ihrem Wahlsieg im September das Wachstum wieder beginnt - klar, denn Sie sind ja an der Macht. Das Wachstum kommt, und aus diesem Wachstum heraus finanzieren Sie dann die Steuergeschenke, die Sie machen wollen. Das finde ich sehr interessant, denn gleichzeitig höre ich heute von Ihrem Wirtschaftsminister - er hat es natürlich nicht offiziell gesagt, so etwas sagt man nicht, damit macht man keine Werbung -: minus 5 % beim BIP in diesem Jahr, das sind allein 50 Milliarden Euro Steuerausfälle. Da frage ich Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU: Woher nehmen Sie das Geld, wenn ich mir außerdem - dieses Thema habe ich noch gar nicht erwähnt - die Belastungen durch die Landesbank anschaue? Dazu kommt von Ihnen kein Ton. Sie sagen, Sie haben die steuerpolitischen Vorschläge, sagen aber nicht, wie Sie sie nach der Bundestagswahl finanzieren wollen. Das kann es nicht sein.

Was wollen wir alle? Das ist schon oft gesagt worden. Ein gerechtes Steuersystem! Die Frage ist: Was ist gerecht? Wir brauchen auf jeden Fall ein nachhaltiges System, liebe Kolleginnen und Kollegen, welches auch die ökologischen Anforderungen, die auf uns zukommen, berücksichtigt. Dazu habe ich bis jetzt von niemandem etwas gehört.

Steuergeschenke auf Pump kann es jedenfalls nicht geben. Was wir brauchen, ist auch ein ökologischer Umbau des Steuerrechts. Wie sieht es zum Beispiel aus mit der Abschaffung des Steuerprivilegs beim Flugbenzin? Wie sieht es aus mit der CO2-Ausrichtung bei der Dienstwagenbesteuerung? Wie geht es insgesamt weiter mit der CO2-Ausrichtung bei der Kfz-Steuer?

Was ist mit der Abschaffung von klimaschädlichen Ausnahmeregelungen bei der Ökosteuer? Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, aber auch der CSU, die Sie sich jetzt wieder gegenseitig beharken und den Bundestagswahlkampf ausgerufen haben, wir bitten Sie: Machen Sie sinnvolle Steuervorschläge, die klimagerecht sind, die umsetzbar sind und die vor allem nicht verfassungswidrig sind. In diesem Fall können wir uns den Vorschlägen der SPD nicht anschließen.

(Beifall bei Abgeordneten der GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege.

Für die FDP-Fraktion darf ich Herrn Kollegen Dr. Barfuß das Wort erteilen.

(Vom Redner nicht au- torisiert) Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie, dass ich im Namen meiner Fraktion zunächst einmal einem großen Deutschen zu seinem 70. Geburtstag gratuliere. Es ist mein schwäbischer Landsmann, der Vater des Euro, Dr. Theodor Waigel.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der CSU)

Wir Liberalen sind froh, dass es diesen Mann gegeben hat; denn hätten wir keinen Euro, hätten wir jetzt fürchterliche Turbulenzen.

(Zuruf von der CSU: Gibt’s noch!)

- Verehrter Herr Dr. Goppel, in der Politik; ich verstehe Sie! Ich bin sehr stolz, zu sagen, er ist ein Gottesgeschenk.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sind Sie auch auf die Schulden stolz, die er gemacht hat?)

- Die Schulden, das ist nett. Gucken Sie einmal Ihre Statistiken an, dann werden Sie sehen, woher die Schulden kommen. Inzwischen hat Ihr Finanzminister das doppelt überholt. Machen Sie sich da keine Sorgen.

Jetzt zum Thema selber; denn ich muss auf die Uhr sehen. Im Gegensatz zu Ihnen habe ich nicht so viel Zeit. Für mich ist es wichtig, ob sich diese Millionäre das Geld erarbeitet oder ergaunert haben. Wo kommen wir denn hin, wenn wir jeden, der in diesem Land tüchtig gearbeitet hat, schon mal in die Ecke stellen, als sei das etwas Unsittliches? Hat er sich das Ganze "erzumwinkelt", finde ich es nicht gut. Hat er es sich aber erarbeitet, ist es gut. Wissen Sie, wie die Gebrüder Albrecht angefangen haben? Sie haben im Hinterhof eines Arbeiterviertels angefangen, sind mit dem Leiterwagen herumgefahren und haben geschrien: "Salz und Zucker" und das verkauft. Das war eine Idee, die man hätte haben sollen. Wie hat Gates angefangen? Warum haben Sie das nicht gemacht? Freunde, wenn wir den Menschen den Mut nehmen, dass man in diesem Land durch Initiativen etwas werden kann, dann wären wir alle im Zoo, wo es um 11 Uhr eine Portion Heu gibt, ab und zu einer etwas hineinwirft und ich vom rechten auf den linken Fuß trete, weil ich weiß, ich muss nichts tun und bekomme mein Fressen trotzdem. So geht es nicht.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, deswegen ist das einzig Positive an dieser 300-Euro-Geschichte, dass Sie sich wieder einmal mit einer Entlastung des Bürgers beschäftigen; denn bisher haben Sie in Berlin 21 Steuererhöhungen mitgetragen, für die Sie verantwortlich sind.

(Beifall bei der FDP)

Meine Vorredner haben darauf hingewiesen, wer Verlierer und Gewinner Ihres mit einem Kopfschütteln zu versehenen Vorschlags wäre.

Wir Liberalen sind seit langer Zeit für die Entlastung der kleinen und mittleren Verdiener, aber nicht punktuell, weil es gerade der Zeitgeist will oder weil Wahlkampfzeiten sind, sondern weil wir insgesamt sagen, lasst uns von den GRÜNEN bis zur SPD, Union, FDP - die Linken will ich nicht und die Nazis auch nicht, aber die anderen, die ich genannt habe, auch die Freien Wähler machen hoffentlich diesen Sprung -, lasst uns miteinander über die Frage reden: Können wir mit unserer Bevölkerung ehrlich umgehen? Können wir ihr sagen, dass wir ihr als Politiker nichts geben können, was wir ihr nicht vorher oder auch hinterher wieder wegnehmen? Lasst uns das doch miteinander machen. Dass jetzt die SPD ihre Leute und die FDP ihre Leute bedenkt, ist doch normal. Wir werben in der Politik für unterschiedliche Systeme. Ich finde auch Wahlkampf nicht schlecht, denn Wahlkampf heißt, wir werben beim Souverän - das ist der Bürger -: Wer ist denn der Nächste, der uns vertritt? Das ist prima. Die FDP fordert dies, Ich bin überzeugt, dass die Bundestagswahl so hinausgeht, dass wir in einer schwarz-gelben Koalition - hoffentlich mit ausreichender Mehrheit - dann endlich dieses Land von diesem wie soll ich sagen? - belastenden Denkmal befreien können, es sei etwas Unanständiges, Geld zu verdienen.

(Zuruf der Abgeordneten Christa Naaß (SPD))