Protocol of the Session on April 1, 2009

(Zuruf von der CSU)

Rasant zugenommen haben in den Haushalten der vergangenen Jahre die finanziellen Mittel für befristete Verträge. Auch im Stellenbereich und bei der Qualität der Stellen, die wir ausgewiesen haben, könnten wir im

Stellenbereich längst weiter sein. Ich möchte Sie daran erinnern, dass die GRÜNEN dazu immer Vorschläge gemacht haben, und zwar erstmals zum Doppelhaushalt 2005. Und: Ich bin sehr stolz darauf, dass wir keine Klimmzüge, sondern immer eine maßvolle und stetige Erhöhung des Bildungsetats verlangt haben, der quantitativ, aber auch qualitativ ausgerichtet ist und somit den behäbigen Tanker Bayern längst hätte umsteuern können. Jetzt, vier Jahre später, bestätigen Sie unseren Kurs und meine Auffassung, dass die CSU stets mehrere Wiederholungen braucht, um einen Lernprozess dauerhaft zu speichern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich fühle mich bestätigt, weil Sie Bildung endlich als Investition begreifen. Jetzt müssen Sie den Bildungshaushalt nur noch verstetigen. Ich fühle mich bestätigt, weil Sie endlich unsere Parameter "Leistung und Gerechtigkeit" in Ihr Stammbuch geschrieben haben. Ich fühle mich bestätigt, weil man im Kultusministerium jetzt endlich von Personalplanung und Personalentwicklung redet. Ich fühle mich bestätigt, weil Sie den demografischen Gewinn - wie ich es immer gewollt habe - bei den Hauptschulen belassen.

Herr Kollege Freller, was fehlt, sind Visionen. Sie haben sehr viele Hausaufgaben teilweise erledigt. Aber Visionen fehlen mir. Ich möchte auf eine Vision zu sprechen kommen, die ich für sehr wichtig halte; vielleicht ist das auch eine Vision zu hoch gegriffen: Mir fehlt ein Wort von Ihnen zum Erhalt der Schule auf dem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Wort dazu wäre notwendig, weil Sie in den vergangenen Jahren ein Drittel der Hauptschulen geschlossen haben. 500 Hauptschulen haben Sie geschlossen. Das betrifft 22.000 Schülerinnen und Schüler. Ich vermisse im Haushalt auch Geld für das Nachholen des Hauptschulabschlusses. Zwar ist für 2009 1 Million Euro mehr vorgesehen. Aber diese Mittel reduzieren Sie in 2010 wieder. Ich möchte von Ihnen wissen, mit welcher Begründung Sie diese Mittel reduzieren.

Jetzt komme ich zum Kooperationsmodell. Ich halte das Kooperationsmodell nicht für einen Erfolg. Ich bin gespannt, wer sich unter diesen Voraussetzungen überhaupt noch an diesem Modell beteiligen kann. Modellversuche haben in Bayern schon immer dazu beigetragen, dass sich nichts bewegt und dass man danach die Ergebnisse der Modellversuche in die Schublade legt. Da verweise ich auf das Ergebnis der Modellversuche zum achtjährigen Gymnasium, die letzen Endes auch zu nichts geführt haben.

(Beifall den GRÜNEN)

In der Zwischenzeit läuft die Konzentration der Hauptschulen munter weiter. Sie können dann so tun, als hätten Sie Aktivitäten unternommen. Die Hauptschulen werden sich - das prophezeie ich Ihnen heute - auf dem Land konzentrieren. Die kleinen Schulen werden wegfallen. Wir werden große Zentren haben mit allen Problemen, wie es sie in der Großstadt heute schon gibt.

Ich komme zu den Klassengrößen. Wenn wir die Haushaltszahlen zugrunde legen, so haben sich die Schülerzahlen an der BOS um 14 % und an der FOS um 37 % erhöht. Sie haben es in den Realschulen seit 2004 geschafft, die durchschnittliche Klassengröße von 28,5 auf 28,0 zu drücken. Das finde ich, Herr Kollege Rüth, nicht wirklich einen Erfolg. Ich finde es erbärmlich, wenn Sie es als toll feiern, dass Sie versuchen wollen, dass es keine Klasse mit mehr als 33 Schülern gibt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist eine erbärmliche Forderung.

Am Gymnasium herrschen die gleichen Zustände. Am Gymnasium gibt es, obwohl Ihr Haushalt jetzt so gepriesen wird, Probleme mit dem Budget. Und jetzt bürden Sie diesen Schulen auch noch die Gelenkklassen auf. Sie prophezeien eine zusätzliche Förderung. Da müssen Sie mir schon die Frage beantworten: Wie wollen Sie das denn machen? Lehrer, Schüler und Eltern bleiben wieder sich selbst überlassen und sind, wenn sie scheitern, selbst schuld. Ich schätze, dass das Ihre Kommunikationsstrategie sein wird.

Förderschulen. Ein paar mehr Lehrer fangen die hohe Zunahme von Förderschülerinnen und Förderschülern an den Regelschulen nicht auf. Ich sage Ihnen nur eine Zahl: 2005 hatten wir 17.290 Schülerinnen und Schüler, die MSD an den Regelschulen gebraucht haben. In 2006 hatten wir 19.400; der diesjährige Haushalt schweigt sich über die Zahl aus. Ich denke, dass es wohl ganz bewusst verschwiegen wurde. Aber wir werden es durch eine Schriftliche Anfrage herausfinden.

Mittel für die Integration durch Kooperation stagnieren seit Jahren nahezu. Sie haben diese Mittel um 20.000 Euro aufgestockt. Das ist bei einer erhöhten Zunahme und bei vermehrtem Wunsch nach Kooperationsklassen ein Hohn.

Generell können wir zufrieden sein, wenn wir die Köpfe für die Planstellen finden. Dass wir keine Köpfe mehr finden, ist auch Ergebnis einer Haushaltpolitik, wo sich viele, die vielleicht einmal für das Lehramt hätten studieren wollen, sagen: Ich pfeife mir den Unsinn nicht rein, dass ich in einem Jahr mit 1,5 Notendurchschnitt nicht eingestellt werde, aber im darauf folgenden Jahr mit 3,5. Die hervorragenden Leute gehen lieber in die Wirtschaft. Sie haben in den vergangenen Jahren mit

Ihrer Personalpolitik einen erheblichen Anteil dazu beigetragen, dass wir heute keine Lehrerinnen und Lehrer mehr finden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich will noch darauf hinweisen, dass im Haushalt der Anteil an den Titeln für die Aushilfslehrkräfte steigt; vor allen Dingen in Realschulen und Gymnasien ist der Anstieg dramatisch. Ich sage Ihnen ein Beispiel aus einer Pressemitteilung der ABJ: 6.000 Junglehrer arbeiten mit befristeten Verträgen. 2.100 haben Verträge mit einer Laufzeit von unter einem Jahr. Viele erhielten im August keine Bezüge und haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Da ist Ihre Erhöhung an Planstellen versteckt. Ich sage Ihnen, wenn Sie gute Lehrkräfte wollen, dann müssen Sie den Hochschulabsolventen gute Verträge anbieten, weil sie sonst in die anderen Bundesländer abwandern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hessen zum Beispiel hat sich jetzt von der Praxis des Ausstellens über den Monat August hinweg verabschiedet. Deshalb haben wir auch einen Antrag gestellt, den Titel für Aushilfslehrkräfte sukzessive umzuschichten. Das haben wir übrigens schon zum Nachtragshaushalt getan. Auch Kollegin Sem hat im letzten Sommer in ihrem Wahlkreis verkündet, dass es nötig wäre. Aber auch dieses Mal haben Sie die Gelegenheit nicht ergriffen und einer Umschichtung nicht zugestimmt. Deshalb nehme ich Ihnen Ihre vielen Beteuerungen auch nicht ab.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Kommen wir zur Erwachsenenbildung. Die Mittel haben sich, wenn ich sie mit dem Jahr 2000 vergleiche, von 17.900.000 auf 18 Millionen Euro erhöht. Herzlichen Glückwunsch zu einer zarten Aufstockung eines wichtigen Feldes. Wie wichtig das ist, haben Sie noch gar nicht erkannt. Auch hier leichte, zarte Ansätze in zehn Jahren, wozu ich Sie auch nicht beglückwünschen kann. Die Steigerung beträgt 0,8 %.

Ähnlich geht es den Mitteln für die Jugend und den Mitteln für den Sport. Da möchte ich Ihnen schon sagen, wenn Ihnen eine Verpflichtungsermächtigung für Sportstätten in Ruhpolding oder Garmisch - nur die Verpflichtungsermächtigung - 16 Millionen Euro wert ist und Sie ansonsten für Jugend und Sport wenig übrig haben, dann ist das ein Armutszeugnis für einen bayerischen Haushalt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Euro in Jugend und Sport ist gut angelegt, weil er gute Zinsen bringt.

Ich will kurz sagen, was wir neben einer Verbesserung der Qualität der Stellen wollen. Wir meinen, wir brauchen eine Offensive für Qualität bei den Ganztagsschulen. Wir brauchen eine Offensive für Lehrerfortbildung und Lehrerbildung. Wir wollen die Schulsozialarbeit ausbauen. Wir brauchen mehr Schulpsychologen. Wir brauchen angesichts des letzten tragischen Ereignisses in Winnenden ein Budget für präventive und innovative Bildungsangebote an Schulen. Und schließlich sei bemerkt, dass die Ruhegehälter seit 2002 um 53 % angestiegen sind und dass das, was wir an Vorsorgeaufwendungen in den Haushalt eingestellt haben, lange nicht genug ist.

Herr Präsident, ich komme zum Schluss. Aber auch die SPD hat eine Minute überzogen.

Es gibt ein Sprichwort, das heißt: "Die Geschichte des Lebens kann man nur rückwärts verstehen. Leben muss man aber vorwärts." Sie haben, gezwungen durch die Wahlniederlage, verstanden, dass Sie die Fehler der Vergangenheit so gut es geht korrigieren müssen. Was fehlt, ist ein Plan für die Zukunft.

(Beifall bei den grünen)

Bayerische Bildungspolitik ist nach wie vor eine Baustelle mit jetzt neuen Gruben wie Gelenkklasse, Übertritt, Kooperationsmodell. Was wir brauchen, ist ein guter Architekt mit einem guten Gesamtplan. Dieser Haushalt wäre die Chance gewesen, zu beweisen, dass Sie das können. Diesen Beweis, der bayerische Bildungspolitik in die Zukunft richtet, den sind Sie schuldig geblieben. Deshalb lehnen wir den Haushalt ab.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin, vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Klein.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich denke -

Einen Präsidenten gibt es auch noch, Herr Kollege. Es ist eigentlich üblich, dass er erwähnt wird.

Natürlich, Herr Präsident.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Reden der Vorrednerinnen und des Vorredners waren bemerkenswert; denn sie haben gezeigt, dass Sie, Frau Tolle - ich will mich nicht vertiefend über den Kurs der letzten Jahre mit Ihnen unterhalten

in der Realität angekommen sind. Sie haben festgestellt, es gebe einen neuen Kurs. Herr Pfaffmann von der SPD verharrt noch in den Verhältnissen vor September 2008. Er hat immer noch nicht festgestellt, dass es Kurskorrekturen gegeben hat.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Karl Freller (CSU): Sehr wahr!)

Die Fairness hätte wenigstens soviel geboten, vonseiten der SPD von dieser Stelle aus darüber ein Wort zu verlieren.

Die FDP sieht die Bildungsdebatte nicht ideologisch. Wir stellen uns den Herausforderungen der Bildungspolitik, und wir werden diese Herausforderungen in dem uns gesteckten Rahmen, nämlich der Rücksicht auf die anderen Aufgaben des Freistaates und den Möglichkeiten der Haushaltsmittel, anpacken und meistern.

Wir haben hohe Ansprüche im Bereich der Chancengerechtigkeit. Wir sprechen ausdrücklich von der Chancengerechtigkeit am Anfang und nicht am Ende einer Gleichmacherei. Hier gibt es einen Dissens. Den werden wir ertragen und ihn auch gerne austragen.

(Beifall bei der FDP)

Wir brauchen jeden Jugendlichen. Deshalb ist es zwingend geboten, das Bildungssystem dahingehend auszurichten. Das packen wir an, indem wir unter anderem zusätzliche Planstellen im Doppelhaushalt 2008/2009 schaffen. Für 2009 sind das 1.230 und für 2010 1.050. Ich sage ausdrücklich: Das sind zusätzliche Planstellen, die zu den neu zu besetzenden Stellen hinzu kommen. Sie sind kein Selbstzweck, sondern dienen der Senkung der Klassenstärken. Wir haben uns auch darauf verständigt, dass wir in den Klassen anfangen, wo der Migrationshintergrund stark betont ist. Das ist wichtig und ein deutliches Signal für unsere Schwerpunktsetzung.

(Beifall bei der FDP)

Das Zweite ist der Bereich Ganztagsschulen. Dazu möchte ich zumindest so viel korrigieren und sagen, dass wir keine Ganztagsschulen einrichten in dem Sinne, dass es dort nur Ganztagsklassen gibt. Wir richten Ganztagszüge ein. Das ist ein Unterschied zu einer Ganztagsklasse. So viel Fairness muss geboten sein.

(Beifall bei der FDP)

Das sind 100 Ganztagsklassen im Bereich der Grundschulen, 40 im Bereich der Förderschulen und 30 bei den Förderhauptschulen.