Wir werden in Deutschland und in Bayern nie billiger werden als in China oder in Indien. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass wir besser bleiben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch wenn in den gegenwärtigen Debatten der Eindruck erweckt wird: Der Staat kann eben nicht alle Probleme lösen. Die gigantische Summe, die dafür nötig wäre, kann kein Staatshaushalt bereitstellen.
Meine Damen und Herren, Krisenbewältigung erfordert beides: Verantwortung und Augenmaß. Diese Anforderungen erfüllt der vorliegende Doppelhaushalt. Die regulären Ausgaben nehmen um 4 % zu. Mit über 5 Milliarden Euro für Investitionen im Jahr 2009 legt der Freistaat ein bemerkenswertes Engagement an den Tag. Natürlich, es könnte immer noch ein bisschen mehr sein. Wünschenswert ist vieles, das haben wir bei den Haushaltsberatungen immer wieder gehört. Das Leben, und das wird auch Herr Aiwanger noch merken, ist aber kein Wunschkonzert, Haushaltsberatungen erst recht nicht.
Es ist das Recht der Opposition, mehr zu fordern und mehr Geld für Ausgaben zur Verfügung zu haben. Man kann es aber auch übertreiben. Mit über 3 Milliarden Euro zusätzlich wollte die SPD den Doppelhaushalt belasten, die Freien Wähler mit über 1,7 Milliarden Euro.
Das ist unseriös und unsolide, vor allem aber täuscht es die Bürgerinnen und Bürger über die realen Möglichkeiten des Staates. Das weckt Hoffnungen, die zwangsläufig enttäuscht werden müssen.
Die FDP zeigt jedes Jahr in Berlin, dass es auch anders geht. Parallel zu den Haushaltsberatungen legen wir dort unser "Liberales Sparbuch" vor. Das "Liberale Sparbuch 2009" enthält über 400 Anträge mit einem Einsparvolumen von 10,5 Milliarden Euro. Mit dem Blick auf weite Teile der Opposition in Bayern kann ich nur sagen: Jeder, wie er eben kann.
Mit dem Gestaltungswillen für die Veränderung in Bayern haben wir den bayerischen Doppelhaushalt vorbereitet, und wir werden ihn in wenigen Tagen beschließen. Für uns sind drei Teilbereiche besonders wichtig:
Das ist die Schule, das ist die Hochschule, und das ist die innere Sicherheit. Wir wollen in Bayern ein Schulsystem, das nicht danach urteilt, was die Eltern sind, sondern danach, was die Kinder können. Wir wollen mehr Kinderbetreuung, mehr Lehrer für kleinere Klassen - gerade dort, wo viele Kinder mit Migrationshintergrund zur Schule gehen -, und wir wollen nicht zuletzt den Ausbau der Ganztagesschule. Das sind die Weichenstellungen dieses Haushalts für eine bessere Förderung unserer Kinder.
Herr Maget, für uns gehört auch das letzte Kindergartenjahr dazu, das wir kostenfrei stellen wollen. Aber nicht alles, was wir uns vornehmen, können wir im ersten Doppelhaushalt unterbringen. Für uns ist das aber kein Luxusproblem, es ist vielmehr ein Problem, an dem wir, die FDP, dranbleiben werden.
Dieser Haushalt ist eben erst der Anfang. Die nächsten Schritte sind schon vorbereitet. Mit dem Kooperationsmodell für die Haupt- und die Realschule haben wir die Tür für echte Verbesserungen im bayerischen Bildungssystem aufgestoßen. Die Durchlässigkeit steigt, mehr Hauptschüler können einen Realschulabschluss machen. Mit den Intensivierungsstunden an Haupt- und Realschulen gibt es mehr individuelle Förderung. Im ländlichen Raum können so passgenaue Bildungsangebote entstehen. So muss ein höherer Bildungsabschluss nicht automatisch - und darauf kommt es uns allen an - auch eine längere Fahrzeit bedeuten.
Wenn Sie, Herr Seehofer, bei Ihren Besuchen im Freistaat die positive Resonanz auf diese Veränderungen spüren, dann freut uns das. Es ist schön, dass liberale Ansätze Sie zu solchen Glücksgefühlen bewegen können.
Ich wünsche mir, dass wir in den nächsten fünf Jahren und darüber hinaus gemeinsam noch mehr solcher Momente erleben.
Auch das neue Verfahren zum Übertritt von der Grundschule zur weiterführenden Schule ist ein Schritt zu mehr Chancengerechtigkeit. Jetzt bekommen alle Viertklässler eine Übertrittsempfehlung. Die Eltern werden besser beraten, die Schüler werden besser gefördert. Der Druck fällt weg. Bei diesen Bildungsreformen war die FDP der entscheidende Impulsgeber. Wir meinen es ernst mit dem Neuanfang.
In die Zukunft des Landes zu investieren heißt, in seine Innovationsfähigkeit zu investieren. Wir brauchen deshalb eine wissenschaftlich exzellente, wirtschaftlich leistungsfähige und qualitativ hochwertige Hochschullandschaft. Diese in Bayern zu erhalten und auszubauen, ist ein gewaltiges Projekt, das große politische, finanzielle und gesellschaftliche Anstrengungen erfordert. Der Doppelhaushalt liefert auch hier einen wichtigen Baustein: mehr Geld für zusätzliche Studienplätze, oberste Priorität für das "Modernisierungsprogramm Hochschulbau" oder ein deutlich aufgestocktes Fachhochschulforschungsprogramm. Wir denken aber auch in diesem Bereich schon weiter. Mit der Novelle des Hochschulgesetzes machen wir unsere Hochschulen fit für die Zukunft.
Absolventen der Meisterprüfung erhalten den allgemeinen Hochschulzugang, Studienbeiträge werden sozial gerechter ausgestaltet. Das alles passiert. Vor allem aber: Die Hochschulen erhalten mehr Eigenverantwortung und haben mehr Kooperationsmöglichkeiten, um im Wettbewerb der Hochschulen bestehen zu können.
Die Verlagerung des Berufungsrechtes aus dem Ministerium heraus an die Hochschulen ist ein erster Schritt, ein Einstieg in die Hochschulautonomie, die wir uns vorstellen.
Deutliche Signale setzt der Doppelhaushalt auch bei der inneren Sicherheit. Das haben wir schon gehört. In den nächsten beiden Jahren können jeweils 500 neue Polizeianwärter ihren Dienst beginnen. 230 neue Stellen werden in der Justiz geschaffen. Pro Jahr sind 75 Millionen Euro für die Einführung des Digitalfunks vorgesehen. Das sind Maßnahmen, die die innere Sicherheit ganz konkret verbessern. Wir Liberale wissen: Ohne Sicherheit ist Freiheit wenig wert. Trotzdem darf Sicherheit nicht zulasten der Freiheit gehen.
Freiheit und Sicherheit müssen sorgsam ausbalanciert werden. Das hatten leider weder die vorhergehenden Staatsregierungen fest im Blick, noch hatte es die schwarz-rote oder die rot-grüne Bundesregierung der letzten Jahre im Blick. Diese Balance von Freiheit und Sicherheit verlangt nach einer intelligenten Innenpolitik, bei der der Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen strikt Rechnung getragen wird. Dazu zählt auch, dass man bestehende Gesetze konsequent anwendet. Das erfordert aber auch Sicherheitsbehörden, die personell und sachlich so ausgestattet sind, dass sie ihre Aufgaben
auch erfüllen können. Das ist die Überzeugung der Liberalen, und das spiegelt sich auch in diesem Haushalt wider.
Mit dem vorgelegten Doppelhaushalt leisten wir zudem einen weiteren Beitrag zur Bekämpfung der Wirtschaftskrise. Investitionen werden vorgezogen, ihre Wirkungen kommen schneller in der Wirtschaft an. Ich bleibe aber auch heute bei meiner Überzeugung: Steuerentlastungen sind das beste Konjunkturprogramm.
Ein Konjunkturpaket, an dem die FDP mitgewirkt hätte, hätte die Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen deutlich entlastet. Wir Liberalen werden weiter für Steuerentlastungen kämpfen, denn nur, wer mehr Geld in der Tasche hat, kann auch mehr Geld ausgeben, mehr investieren und die Wirtschaft wieder auf Trab bringen. Wir haben auch deshalb darauf gedrängt, dass Bayern die Initiative für einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz im Hotel- und Gaststättengewerbe ergreift.
Die FDP will faire Wettbewerbsbedingungen für die bayerischen Hotels und Gaststätten. Die gibt es momentan nämlich nicht. Das, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist alles andere als ein steuerpolitischer Nebenkriegsschauplatz. In Bayern hängen rund 560.000 Menschen mit ihrer wirtschaftlichen Existenz vom Tourismus ab. Die Tourismuswirtschaft ist außerdem weit überwiegend mittelständisch geprägt. Gerade dieser Mittelstand hat sich in Krisenzeiten immer als Jobgarant erwiesen. Lassen Sie es uns dem bürokratieund steuergeplagten Mittelstand wenigstens etwas leichter machen, um Arbeitsplätze hier, in Bayern, zu erhalten.
Wir als FDP begrüßen es sehr, dass trotz dieses Szenarios das Ziel des ausgeglichenen Haushaltes nicht aufgegeben wurde. Für uns Liberale ist klar: Steuerentlastungen müssen mit der Konsolidierung der Staatsfinanzen einhergehen. Beides, eine Steuerstrukturreform und ein ausgeglichener Haushalt, sind gleichwertige politische Ziele. Sie stehen nicht im Widerspruch zueinander, sondern sind zwei Seiten der gleichen Medaille.
Ein sparsamer Staat kann seinen Bürgern mehr von ihrem Geld lassen, und ein Staat, der sich diese Großzügigkeit erlaubt, wird durch die wirtschaftliche Belebung auch steuerlich profitieren.
Meine Damen und Herren, ich bin mir sicher: Trotz der Zusatzbelastungen durch die BayernLB und trotz der Risiken aufgrund des Konjunkturabschwungs wird der Freistaat die Herausforderungen meistern. Im Vergleich zu den anderen Bundesländern stehen wir sehr gut da. Aber es wäre falsch, deswegen die Hände in den Schoß zu legen oder sich mit einer Politik des KleinKlein zu begnügen.
Im Augenblick ist es unmöglich, zu sagen, wie sich die Steuereinnahmen in diesem Jahr und in den nächsten Jahren entwickeln werden. Was wir deshalb brauchen, ist eine Politik für mehr Wachstum, eine Politik, die auf Steuersenkungen und Bürokratieabbau setzt.
Bei der Bewältigung der Krise können wir auf die strukturelle Stärke der bayerischen Wirtschaft bauen. Wir hatten im letzten Jahr zum 15. Mal in Folge einen Exportrekord zu vermelden. Die wettbewerbsfähigen bayerischen Produkte, die in den letzten 15 Jahren so erfolgreich verkauft wurden, gibt es immer noch, genauso wie die Märkte, auf denen sie angeboten werden. Das alles verschwindet nicht über Nacht. Diese Krise können wir überwinden, wenn wir jetzt in die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft investieren.
Der Doppelhaushalt stellt dafür die Weichen in die richtige Richtung. Zusammen mit einer wachstumsfördernden Wirtschaftspolitik auf Landes- und hoffentlich bald auch auf Bundesebene gibt er die Zukunftssignale für unsere Wirtschaft, die unser Land und die Menschen darin brauchen. Lassen Sie uns diesen Haushalt in dieser Woche beschließen in dem Wissen, dass er ein wichtiger Baustein für die Zukunft unseres Landes ist, aber eben nur ein Baustein, und lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass weitere Bausteine dazukommen; denn wir alle tragen Verantwortung für Bayern und für Deutschland.
Herr Kollege, vielen Dank. - Gibt es weitere Wortmeldungen? - Das ist nicht der Fall. Dann ist die Aussprache geschlossen.
Wir kommen zur Abstimmung. Der Abstimmung liegen der Entwurf des Haushaltsplanes 2009/2010, Einzelplan 02, die Änderungsanträge auf den Drucksachen
16/418, 16/420, 16/458, 16/459 und 16/507 sowie die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Staatshaushalt und Finanzfragen auf Drucksache 16/658 zugrunde.