Protocol of the Session on March 26, 2009

wenn sie sich hätten sagen müssen, wenn es schiefgeht, ist alles weg, was ich mir erarbeitet habe? Meine Damen, meine Herren, dahin müssen wir kommen, dass wieder mehr Verantwortungsbewusstsein einkehrt. Dazu ist das ein erster wichtiger Schritt.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Die Vorstände von Aktiengesellschaften müssen ihre Unternehmen so behandeln, als wäre es ihr eigenes, als steckte ihr eigenes Kapital darin. Wenn das der Fall ist, dann werden wir diese Auswüchse, wie wir sie jetzt erleben, in dieser Form zukünftig nicht mehr haben.

Meine Damen und Herren! Natürlich muss man, wenn man eine verschuldensunabhängige Haftung einsetzt, die auch in den Fällen greift, in denen der Vorstand nichts dafür kann, eine Haftungsbegrenzung nach oben einführen. Diese Haftungshöchstgrenze haben wir in unserem Gesetzesvorschlag auf zwei Jahresbruttogehälter taxiert. Wenn ein Vorstand nur ein Jahr oder ein halbes Jahr im Unternehmen war, dann kann es nicht sein, dass er mehr Geld zahlt, als er von Unternehmen erhalten hat. Deswegen sagen wir, es wird gedeckelt bis zu der Höhe, die er als Vorstand in diesem Unter

nehmen verdient hat, also auf maximal zwei Jahresbruttogehälter.

Herr Kollege Pohl, erlauben Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Meine Damen und Herren! Durch dieses Instrumentarium führen wir den Geschädigten Geld zu, nämlich der Insolvenzmasse im Rahmen der Insolvenz und dem Staat, wenn er durch staatliche Maßnahmen die Insolvenz vermeidet.

Meine Damen und Herren! Wir beantragen, unseren Gesetzesvorschlag als Gesetzesinitiative in den Bundesrat einzubringen. Dieser Gesetzesvorschlag ist ein erster wichtiger Schritt hin zu mehr Normalität in der Wirtschaft und hin zur Verteidigung unserer sozialen Marktwirtschaft, hin zur Gleichstellung der Unternehmer, die mit ihrem eigenen Kapital haften und eigenes Risiko tragen, mit den Vorständen von Aktiengesellschaften, die dies nicht tun.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Herr Kollege Pohl, bleiben Sie bitte am Rednerpult stehen. Es gibt die Anmeldung zu einer Zwischenbemerkung. Bitte schön, Herr Kollege Blume.

Herr Kollege Pohl, schade, dass Sie die Zwischenfrage nicht zugelassen haben, dann hätten sich einige Dinge vielleicht schon im Verlauf Ihrer Rede geklärt. Sie haben immer von den Vorständen der Aktiengesellschaften gesprochen. Ich kann mir vorstellen, dass Sie damit auf die Ackermanns der Republik abzielen. Sie verkennen dabei aber leider, dass es eine Reihe von Aktiengesellschaften gibt - inzwischen etwa 10.000 -, die mit anderen Mittelständlern vergleichbar sind. Das war auch der Wille des Gesetzgebers.

Ich frage Sie deshalb: Ist Ihnen bewusst, dass eine kleine Aktiengesellschaft, also die Vorstände von solchen Unternehmen, Klein- und Mittelständler sind, bei denen der Vorstand sehr wohl mit hohem persönlichen Einsatz, aber auch in finanzieller Art für das Unternehmen und für Kreditlinien bürgt? Daher legen Sie mit dem, was Sie hier vorhaben - das ich für höchst gefährlich halte -, die Axt beim Klein- und Mittelstand an. Sehen Sie diese Situation, oder sehen Sie sie nicht bzw. wollen Sie sie nicht sehen?

(Beifall bei der CSU)

Bitte schön, Herr Pohl.

Mir ist die Situation der kleinen Aktiengesellschaften selbstverständlich bewusst. Aber Sie geben mir sicherlich Recht, dass die große Masse des Mittelstandes nicht in Form einer kleinen AG organisiert ist. Das ist Punkt 1.

(Markus Blume (CSU): Falsch!)

Punkt 2. Es bleibt Ihnen unbenommen, im Gesetzgebungsverfahren Änderungsvorschläge zu machen.

(Thomas Kreuzer (CSU): Heißt das, dass Ihr Vorschlag nicht ausgegoren ist?)

- Herr Kollege Kreuzer, Sie locken mich nicht.

Es bleibt Ihnen unbenommen, wenn Sie das Konzept für richtig befinden, die kleinen Aktiengesellschaften aber herausnehmen wollen, Änderungsvorschläge zu machen. Da setze ich Ihrer Fantasie keine Grenzen. Ich habe die Begründung zum Gesetzesvorschlag mit dem Abschlusssatz versehen, dass dies ein erster Schritt sei und wir über andere Kapitalgesellschaften nachdenken müssen.

Selbstverständlich kann man darüber diskutieren, ob man eine bestimmte Bilanzsumme im Gesetz verankern will. Das ist dann Ihre Aufgabe, sich hierüber Gedanken zu machen. Ich für meinen Teil sage: Es soll zunächst für Aktiengesellschaften gelten. In den Fällen, die Sie jetzt genannt haben, in denen jemand mit persönlichem Kapital haftet, ist es so: Wenn einer in dem von Ihnen beschriebenen Fall sowieso insolvent ist, dann ist diese Haftung nach § 93 a des Aktiengesetzes lediglich ein Zusatz, was in der Insolvenzmasse, in seiner persönlichen Insolvenz, zu berücksichtigen ist. Es hat aber materiell auf ihn keine Auswirkungen.

Herr Kollege Pohl, es gibt eine weitere Zwischenbemerkung des Herrn Dr. Kirschner.

Lieber Herr Kollege Pohl, Sie gehen auf Elefantenjagd und erwischen die Hasen. Kollege Blume von der CSU hatte es bereits angesprochen. Es gibt in Deutschland circa 900 börsennotierte Aktiengesellschaften und circa 10.000 nicht börsennotierte Aktiengesellschaften, das heißt kleine Aktiengesellschaften. Ferner müssten Ihnen bekannt sein, dass der § 93 a des Aktiengesetzes zum Risikomanagementsystem eingeführt worden ist. Bei der Gesetzesbegründung zu § 93 des Aktiengesetzes hat der Bundestag Folgendes beschlossen: Nachdem im GmbH-Gesetz diese Vorschrift nicht vorhanden ist, gilt § 93 des Aktiengesetzes genauso für GmbH-Geschäftsführer.

Die Folge wäre, dass Sie das, was Sie jetzt wollen, genau beim Mittelstand, dem kleinen Unternehmer anlegen. Ich sage Ihnen eines: Wir bekommen dann keine Geschäftsführer mehr, wir bekommen keine D&O-Versicherung mehr. Darüber hinaus bekommen wir bei den krisengeschüttelten Unternehmen keine Krisenmanager mehr, weil dieser persönlich mit dem haftet, was er bekommt. Ist Ihnen das bekannt?

(Beifall bei der CSU)

Das ist mir sehr wohl bekannt. Erstens, ich bin kein Jäger. Zweitens, Sie sagen, Sie bekommen keinen Krisenmanager mehr. Wenn ein Unternehmen insolvent ist, dann muss er nach geltendem Recht innerhalb von drei Wochen einen Insolvenzantrag stellen. Dann erledigt das, was Sie hier vortragen, der Insolvenzverwalter. Der Insolvenzverwalter wird nicht als Vorstand entlohnt und haftet auch nicht verschuldensunabhängig.

Ferner haben Sie von der Analogie zum GmbH-Recht gesprochen. Wenn Sie sich die Begründung zum Gesetz durchlesen, dann sehen Sie, dass dort steht, es gilt nur für Aktiengesellschaften. Man kann darüber diskutieren, ob man es auf andere Kapitalgesellschaften ausweitet. Mit dieser Gesetzesbegründung wird sich jedes Gericht mehr als schwertun, im GmbH-Recht eine Analogie zum Aktienrecht zu ziehen; denn die Gesetzesbegründung verbietet dies ausdrücklich. Wenn drinsteht, es gilt nur für Aktiengesellschaften und nicht für GmbHs, dann kann ein Richter nicht sagen: Ich weiß es besser. Nach der Gewaltenteilung gilt der Wille des Gesetzgebers, den der Richter zu erforschen hat.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Herr Pohl, es gibt eine weitere Zwischenbemerkung des Abgeordneten Arnold.

Herr Pohl, ich muss Ihnen sagen, ich war Richter, und ich weiß es besser. § 93 a des Aktiengesetzes ist die Mutter aller Haftungen im Gesellschaftsrecht.

(Beifall bei der CSU)

Ich frage mich, ob Sie sich dessen bewusst sind, dass bei dieser Formulierung analog auch die Genossenschaften, also die Baugenossenschaften, die Winzergenossenschaften etc., von dieser Regelung überzogen werden. Wollen Sie das wirklich so haben? Eine "Entantwortung" eines genossenschaftlichen Raumes kann nicht Ihr Ziel sein, gerade nicht als Freie Wähler. Da haben Sie zu kurz gedacht.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Arnold, bei allem Respekt, ich habe nicht zu kurz gedacht, sondern Sie haben zu kurz gelesen. Lesen Sie den letzten Absatz der Begründung zu dem Gesetz. Da steht drin: Man kann darüber diskutieren, es auf andere Kapitalgesellschaften auszudehnen. Das heißt im Umkehrschluss, dieses Gesetz soll nur für das Aktienrecht gelten. Ich muss jetzt wohl keine Vorlesung über Gesetzesauslegung halten.

(Zuruf des Abgeordneten Ernst Weidenbusch (CSU) - Thomas Hacker (FDP): Über Gesellschaftsrecht! Das wäre gut!)

Herr Kollege Weidenbusch, jeder weiß, dass man bei der Auslegung eines Gesetzes selbstverständlich die Motive des Gesetzgebers zu beachten hat. Wer das bestreitet, den muss ich ernsthaft fragen, ob er seine juristische Ausbildung hier an der Garderobe abgegeben hat.

(Harald Güller (SPD): Da hängt ja Ihre schon!)

Wenn unter den Motiven steht, dass es nur für das Aktiengesetz gilt -

(Zuruf von der SPD: Nein!)

- Was heißt hier nein? Haben Sie diesen Entwurf gemacht oder ich?

(Allgemeine Heiterkeit )

Das werde ich wohl selber wissen. Jetzt geht es aber los, meine Damen und Herren, wo sind wir denn hier? Jetzt wollen Sie mir suggerieren, was ich gedacht habe.

(Thomas Kreuzer (CSU): Wenig!)

Ich habe das gedacht, was ich hineingeschrieben habe. Und da heißt es: Es gilt nur für das Aktienrecht - Punkt.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Weitere Zwischenbemerkungen?

Es liegen keine weiteren Zwischenbemerkungen vor. Ich darf mich bei Ihnen für Ihren Beitrag bedanken.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wir kommen zum nächsten Redner, dem Kollegen Dr. Florian Herrmann. Bitte schön, Herr Kollege Herrmann.

Herr Präsident, Herr Professor Pohl, meine sehr verehrten Damen und Herren!