Wir werden zudem die systematische Förderung von schwächeren, aber auch von besonders begabten Schülerinnen und Schülern verstärkt angehen. Es gibt eine Palette besonderer Angebote, die sich speziell an Begabte richtet. Wir haben für Hochbegabte spezielle Förderklassen in allen Regierungsbezirken einrichten können. Auch die Entwicklung von Instrumenten zur Förderung Begabter an allen Gymnasien treiben wir voran. Ich möchte Ihnen den Vorschlag unterbreiten, das bayerische Eliteförderungsgesetz für hochbegabte Schülerinnen und Schüler zu öffnen.
Ich will die Qualitätsentwicklung an allen Schulen in Bayern voranbringen. Dabei denke ich besonders an die Hauptschule. Sie steht vor großen Herausforderungen. Eines ist klar, die Hauptschule muss ein differenziertes hochwertiges Bildungsangebot weiterhin unterbreiten und weiterentwickeln. Das heißt, sie muss eng mit der Berufsschule und der Wirtschaft zusammenarbeiten. Sie muss stringent auf Arbeitswelt und Beruf vorbereiten, und sie muss Angebote vorhalten, die zum mittleren Bildungsabschluss führen.
Unser Ziel ist es, ein wohnortnahes, weiterführendes Schulangebot in ganz Bayern auch und gerade im ländlichen Raum zu erhalten. Darin liegt ein Stück Lebensqualität und Standortvorteil.
Das strategische Instrument zur Sicherung eines wohnortnahen Hauptschulangebots werden Schulverbünde und andere schulorganisatorische Maßnahmen sein. Wir wollen die eigentliche Stärke der Hauptschule noch besser herausarbeiten: die unmittelbare Vorbereitung auf eine berufliche Ausbildung im dualen System. Dabei knüpfen wir an die Hauptschulinitiative meines Amtsvorgängers Siegfried Schneider an und wollen diese weiterentwickeln. Diesen Themenbereich werden wir in den Mittelpunkt eines Hauptschulkongresses in diesem Sommer stellen. Dabei gibt es keine Denkverbote. Wenn es sinnvoll ist, das neue Profil dieser Schule auch mit einem neuen Namen zu versehen, dann wollen wir dies auch angehen.
Die Frage der Werteerziehung und Persönlichkeitsentwicklung ist ein ganz zentrales Feld. Ich messe dabei dem konfessionellen Religionsunterricht und einer Fortführung der Werteinitiative große Bedeutung bei.
Sehr geehrte Damen und Herren, heute tritt die UNKonvention zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderung in Kraft. Wir begrüßen diese ausdrücklich. Ich werde die Herausforderungen der UN-Konvention annehmen und werde den bayerischen Weg der Integration durch Kooperation fortführen und weiterentwickeln. Mir geht es insbesondere darum, das Wahlrecht der Eltern im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz zu stärken und ich möchte den Bestand aller Förderungsinstrumente in Bayern - auch der sonderpädagogischen Förderzentren - erhalten und weiterentwickeln.
Sehr geehrte Damen und Herren, ich durfte Ihnen heute den Masterplan der Bildungspolitik in Bayern unter dem Leitmotiv "Qualität und Gerechtigkeit" vorstellen.
Ich bin überzeugt, dass wir mit dieser wertgebundenen und zukunftsorientierten, leistungsbewussten und kindgerechten Bildungspolitik die Weichen für mehr Qualität und Gerechtigkeit im bayerischen Bildungswesen stellen.
Das ist der Kern des Auftrags unserer Verfassung. Sie gibt uns auf, Bildung und Erziehung für unsere Kinder zu gestalten und zu verantworten, das "köstlichste Gut eines Volkes", wie es in Artikel 125 der Bayerischen Verfassung heißt.
Ich danke den beiden Regierungsfraktionen für den guten Austausch und die Atmosphäre der sachorientierten, produktiven Kooperation. Ich lade die Vertreter aller Fraktionen, gerade auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition, ein, sich an dem Projekt zu beteiligen, allen jungen Menschen in unserem Lande beste Bildungschancen zu eröffnen. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, Bayerns Schulen für die Zukunft stark zu machen.
Ich danke Ihnen, Herr Staatsminister, und darf jetzt die allgemeine Aussprache eröffnen. Im Ältestenrat wurden 30 Minuten Redezeit pro Fraktion vereinbart. Als Erster hat das Wort für die SPD-Fraktion Herr Kollege Pfaffmann. - Bitte sehr, Herr Kollege!
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister, Sie bieten der Opposition an, an dem Projekt "Bildung in Bayern" mitzuarbeiten. Ich sage Ihnen: Wir nehmen dieses Angebot sehr gerne an. Wir arbeiten sehr gerne mit an einer besseren Bildungspolitik und Schulpolitik in Bayern.
Aber ich möchte noch eines dazusagen. Wir arbeiten schon sehr lange an diesem Projekt, und ich hätte mir gewünscht, dass Sie schon vor Jahren zugehört hätten, als wir die Probleme der Bildungs- und Schulpolitik benannt haben, dann wären wir heute einen ganzen Schritt weiter.
Es gibt nun offensichtlich neue Töne in diesem Parlament. Der Herr Staatsminister hat erklärt, dass ein guter Dialog auch Zuhören bedeutet. Ich sage Ihnen: Hätten Sie nur einmal in den letzten zehn Jahren zugehört!
Hätten Sie nur einmal zugehört, nicht nur der Opposition hier in diesem Hohen Hause, sondern auch den Eltern, Lehrern, Schülern und Verbänden, dann bräuchten Sie jetzt die Baustellen, die Sie heute haben, nicht zuzuschütten. Wir hätten dann nämlich weniger.
Hätten Sie doch zugehört, als wir vor zehn Jahren erstmals gesagt haben, wir brauchen mehr Ganztagsschulen. Stattdessen haben Sie arrogant und machtbesessen erklärt, Ganztagsschulen seien sozialistisches Teufelszeug.
Hätten Sie zugehört, als wir gesagt haben, die Einführung der R 6 ist der Niedergang der Hauptschule, dann hätten wir heute dieses Problem nicht.
Hätten Sie vor fünf Jahren zugehört, als wir gesagt haben, wir brauchen die flächendeckende Einführung der Schulsozialarbeit, dann hätten wir heute weniger Probleme an unseren Schulen.
Und hätten Sie zugehört, als wir den Leistungsdruck in der Grundschule und die Benachteiligung bei den finanziellen Zuweisungen für die Grundschulen immer wieder angemahnt haben, dann hätten wir auch hier weniger Probleme.
So könnte man weitermachen. Hätten Sie die Warnungen vor der völlig überstürzten und überhasteten Einführung des achtjährigen Gymnasiums wirklich ernst genommen, dann hätten wir auch hier weniger Probleme.
Aber gut, sei’s drum! Wenn Sie meinen, Sie müssten nun eine neue Politik machen, mehr zuhören, sozusagen mehr reflektieren und die Opposition einbinden, dann möchte ich dieses Angebot wahrnehmen. Aber ich möchte gleichzeitig einige Dinge erwähnen, die in Ihrer Regierungserklärung heute leider gefehlt haben.
Sie haben insgesamt circa 60-mal die Worte "Bildungsgerechtigkeit und Qualität" in den Mund genommen. 60-mal!
Sie haben kein einziges wirksames Konzept vorgetragen, wie die Bildungsgerechtigkeit verbessert werden könnte.
Sie bleiben grundsätzlich bei den Ursachen der Bildungsungerechtigkeit in Bayern, nämlich der frühen Selektion, den massiv großen Klassen und der mangelnden individuellen Förderung. Dabei bleiben Sie im Grundsatz. Je mehr Sie also das Wort "Bildungsgerechtigkeit" in den Mund nehmen und meinen, damit den Menschen vorgaukeln zu können, es käme jetzt eine neue Politik, je mehr täuscht man sich in Ihren echten, wahren Absichten.
Ich möchte auf ein paar Punkte eingehen: Sie haben gesagt, dass die Grundlage der bildungspolitischen Ar
beit die gemeinsame Koalitionsvereinbarung von CSU und FDP sei. Genau das ist das Problem. Ich würde mir wünschen, die bildungspolitische Arbeit im Sinne der Verbesserung der Mangelsituation würde sich an den Problemen der Schulen ausrichten und nicht an dem von Ihnen ausgehandelten Koalitionsvertrag.
Tatsache ist doch, dass die Menschen, die gemeint haben, mit der Wahl der FDP würde sich etwas ändern, bitter enttäuscht wurden. Das zeigt der Koalitionsvertrag deutlich auf.
Was haben Sie uns alles versprochen, liebe Frau Will! Was haben Sie uns alles versprochen: Eine längere gemeinsame Grundschulzeit haben Sie vor der Wahl verkündet. Sie haben das bayerische Schulsystem als ungerecht und als nicht zukunftsfähig bezeichnet. Sie wollten die sechsjährige Primarschule einführen; auch das haben Sie den Menschen erklärt. Und das letzte Kindergartenjahr sollte kostenlos sein.
Sie haben den Menschen erklärt, Sie wollten eine selbstständige Schule. Wo sind denn diese Inhalte im Koalitionsvertrag? Die CSU hat Sie über den Tisch gezogen, und Sie sind nicht stark genug, sich dagegen zu wehren.
Mit diesen Voraussetzungen, liebe Frau Kollegin Will, werden wir keine bessere Bildungspolitik in Bayern erreichen.
Und es geht auch nach dem Koalitionsvertrag munter weiter. Am 10.12. - wohlgemerkt, nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages -, haben Sie, liebe Frau Will, der erstaunten Bevölkerung erklärt: Wir sind dafür, die Grundschule auf die fünfte und sechste Klasse auszuweiten. Das haben Sie öffentlich in einem Interview erklärt. Aber den ersten Antrag, den wir im Januar auf eine Verlängerung der Grundschulzeit gestellt haben, haben Sie abgelehnt.
Was ist das nun? - Sie versprechen auf der einen Seite den Menschen alle möglichen Dinge, und wenn es dann auf der anderen Seite zur Abstimmung hier in diesem Hohen Hause kommt, lehnen Sie ab. Das ist Ihre Politik. Sie haben sich selbst entzaubert. Ich glaube, die Beteiligung der FDP an dieser Regierung wird nicht zu einer Verbesserung der Bildungspolitik und der Schulpolitik führen.
Lieber Herr Minister Spaenle, Sie haben erklärt, es gehe Ihnen um Bildung, die mehr ist als Wissen und Können, eine Bildung, die immer auch Erziehung und Persönlichkeitsbildung umfasst. - Jawohl! Das sehen
wir auch so. Ich würde mir allerdings wünschen, Sie würden auch die Rahmenbedingungen an den Schulen schaffen, um diesem hohen Anspruch gerecht zu werden. Das sind alles schöne Worte, ist die Fortsetzung einer Schönrederei der letzten Jahre ohne Substanz.