Protocol of the Session on July 18, 2013

(Beifall bei der CSU)

Zu einer persönlichen Erklärung hat sich Frau Kollegin Tolle gemeldet. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich von einigen Äußerungen von Staatsministerin Haderthauer angesprochen gefühlt. Ich verweise, was die Vorgänge im Lager Würzburg betrifft, auf meine persönliche Erklärung im Rahmen unserer Aussprache. Ich möchte klipp und klar feststellen, dass nichts organisiert war. Ich war auch dabei. Es wurde von außen nichts gesteuert.

(Widerspruch bei der CSU)

Meiner Ansicht nach entscheiden Flüchtlinge über ihre Dinge selbst. Deshalb verbietet es sich von vorneherein, etwas von außen zu steuern. Es war vielmehr so, dass sich Flüchtlinge auf dem Weg versammelt haben, weil sie wussten, dass Frau Haderthauer kommt und sie mit ihr sprechen wollten, um ihr ihre Anliegen vorzutragen. Es war mitnichten so, dass Frau Haderthauer und die Landtagspräsidentin am Wegfahren gehindert wurden. Die Frau Landtagspräsidentin wollte gar nicht wegfahren. Sie hat mit den Flüchtlingen geredet.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Leute standen auf dem Weg, und deshalb war ein Durchfahren für einige Minuten nicht möglich. Der Weg wurde dann freigemacht. Das war alles. Aus meiner Sicht handelte es sich um einen Vorgang, bei dem die Frau Landtagspräsidentin gezeigt hat, dass man es auch anders regeln kann. Ich habe mich geschämt, dass wir eine Sozialministerin haben, die diesen Namen nicht verdient.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Staatsministerin, Sie möchten sich noch einmal im Rahmen der Aussprache melden? – Das geht leider nicht, weil mit der persönlichen Erklärung die Aussprache geschlossen ist. Sie können auch eine persönliche Erklärung abgeben. Bitte, Frau Staatsministerin.

Ich bin persönlich angesprochen worden und möchte sagen: Frau Tolle, Sie behaupten, es sei nichts organisiert gewesen; das ist nicht richtig. Richtig ist, dass Sie und andere, als wir ankamen, bereits mit Schildern, auf denen stand "Lager tötet", vor der Gemeinschaftsunterkunft gestanden sind. Ist das nicht richtig? Das ist sogar fotografisch dokumentiert. Sie sagen, Sie hätten nichts organisiert. Da lachen ja die Hühner, liebe Frau Tolle!

(Beifall bei der CSU)

Ich schließe die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung. Es liegen drei Anträge vor, über die wir der Reihe nach abstimmen, davon über einige in namentlicher Form. Der Einfachheit halber lasse ich zunächst in einfacher Form über den Dringlichkeitsantrag der Fraktionen der CSU und der FDP abstimmen. Das ist die Drucksache 16/18196. Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ich um ein Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der FREIEN WÄHLER. Wer stimmt dagegen? – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Stimmenthaltungen? – Gibt es keine. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag angenommen.

Ich lasse über den Antrag der SPD-Fraktion auf der Drucksache 16/17931 abstimmen. Dazu ist namentliche Abstimmung beantragt. Wir einigen uns auf drei Minuten, weil ohnehin alle anwesend sind, wenn ich es richtig überblicke. Dann können wir jetzt mit der namentlichen Abstimmung beginnen.

(Namentliche Abstimmung von 10.33 bis 10.36 Uhr)

Damit ist die Abstimmung geschlossen. Wir zählen außerhalb aus.

Wenn Sie bitte zuhören, damit Sie wissen, worüber Sie abstimmen sollen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf der Drucksache 16/17928. Die Antragsteller haben getrennte Abstimmung beantragt. Danach soll sowohl über die Nummer 1 des Antrags als auch über den restlichen Teil gesondert und jeweils in namentlicher Form abgestimmt werden. Das machen wir jetzt, zunächst über die Nummer 1 des Dringlichkeitsantrags der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Die Abstimmung beginnt jetzt. Drei Minuten.

(Namentliche Abstimmung von 10.37 bis 10.40 Uhr)

Haben alle abgestimmt? – Gut, dann schließe ich die Abstimmung.

Es geht weiter mit der nächsten und vorläufig letzten namentlichen Abstimmung. Es geht jetzt um den restlichen Teil dieses Dringlichkeitsantrags der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Sind die Abstimmungsurnen wieder bereit? – Dann können wir in den nächsten drei Minuten die nächste namentliche Abstimmung durchführen.

(Namentliche Abstimmung von 10.41 bis 10.44 Uhr)

Haben alle abgestimmt? – Jawohl. Dann schließe ich die Abstimmung. Das war die letzte namentliche Abstimmung zu diesem Komplex. Wir beenden damit die Beratung der Dringlichkeitsanträge zum Thema Asyl und kommen zu den nächsten Dringlichkeitsanträgen.

(Unruhe)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte Sie, Platz zu nehmen.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Hacker, Karsten Klein, Renate Will u. a. und Fraktion (FDP), Christa Stewens, Renate Dodell, Gertraud Goderbauer u. a. und Fraktion (CSU) Bürgerinnen und Bürger vor Steuererhöhungen schützen (Drs. 16/17929)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer (Drs. 16/18197)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Volkmar Halbleib, Inge Aures u. a. und Fraktion (SPD) Schluss mit steuerpolitischer Klientelpolitik und Steuersenkungen auf Pump (Drs. 16/18198)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Klein für die FDP-Fraktion. Ihm folgt Kollege Graf von und zu Lerchenfeld für die CSU-Fraktion. Bitte schön, Herr Kollege Klein. Alle anderen bitte ich um Aufmerksamkeit. Herr Kollege, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt in Deutschland politische

Kräfte, die einen Anschlag auf die Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes planen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Ja, Schwarz-Gelb!)

Das Programm der SPD will eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 %, die ersatzlose Abschaffung des Ehegattensplittings, Einbeziehung der freien Berufe in die Gewerbesteuerpflicht, Wiedereinführung der Vermögensteuer, Verschärfung der Unternehmensteuer, ersatzlose Streichung der reduzierten Sätze bei der Mehrwertsteuer, weitere Reform der Erbschaftsteuer und eine Erhöhung des Abgeltungsteuersatzes von 25 auf 32%.

Das Programm des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN will die Einführung einer einmaligen Vermögensabgabe und anschließend der Vermögensteuer, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes auf 49 %, die Abschaffung des Ehegattensplittings, die Einführung einer Vermögensteuer, die Einführung einer EU-Steuer, die Einführung einer Steuer auf Ressourcenverbrauch, die Einführung einer Tütensteuer und so weiter und so weiter. Hinzu kommen die Unternehmensteuer, die Ökosteuer, die Kerosinsteuer, die Erbschaftsteuer, die Grundsteuer, die Gewerbesteuer, die Dieselsteuer, die Heizölsteuer, eine Steuer für Dienstwagen und die Lkw-Maut.

Nach Berechnungen der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft beträgt die Mehrbelastung für die Bürgerinnen und Bürger bei beiden Programmen mehr als fünf Milliarden Euro.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, führende Politiker von Rot-Grün wie zum Beispiel Jürgen Trittin treffen die Aussage, 90 % der Einkommensteuerzahler würden durch diese grünen Steuervorschläge entlastet. Peer Steinbrück vermeldet: Ja, wir wollen einige Steuern für einige erhöhen. So viel zum Realitätsverlust von Rot-Grün.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das ist Ehrlichkeit!)

Bei einer solchen Steuererhöhungsorgie ist es verlogen, wenn von moderaten Erhöhungen oder davon gesprochen wird, dass nur die Reichen belastet werden. Warum? - Zuallererst werden die Leistungsträger in Deutschland belastet. Der Spitzensteuersatz beginnt bereits bei einem Jahreseinkommen von 60.000 bzw. 65.000 Euro. Das Durchschnittseinkommen in Deutschland liegt aktuell bei 29.000 Euro. Wenn da jemand von einer Steuer für Reiche spricht, weiß ich nicht, in welcher Welt er lebt. Die Vermögensteuer wird alle Unternehmen belasten. Vor allem wird sie Spar- und Investitionsentscheidungen beeinflussen. Oben drauf kommt noch die Bürgerversicherung mit

einer Erhöhung der Beitragsbemessungsgrundlage, die oft vergessen wird.

Sie belasten aber auch die Familien, die die Keimzellen für unsere Gesellschaft sind und die Leistungen erbringen. Mit dem Spitzensteuersatz belasten Sie vor allem junge Familien mit gut ausgebildeten Menschen. Aber auch mit der Abschaffung des Ehegattensplittings und damit, dass Sie das Steuersystem in Richtung einer Individualbesteuerung umbauen, belasten Sie die Familien. Sie wollen die Kinderfreibeträge reduzieren. Diese Reformen würden jede dritte Familie in Deutschland mit einem zu versteuernden Einkommen von gerade einmal 31.700 Euro im Jahr treffen. Dabei berücksichtigen gerade die Kinderfreibeträge typische Ausgaben von Eltern.

Ich darf vielleicht ein kleines Beispiel nennen, damit Ihnen deutlich wird, was Sie vorhaben: Ledige müssen schon ab einem Einkommen von 6.128 Euro im Monat mit Mehrbelastungen rechnen. Berufstätige mit zwei Kindern müssen ab einem Familieneinkommen von monatlich 6.000 Euro mit einer Mehrbelastung von 1.200 Euro im Jahr rechnen. Ehepaare mit monatlich 10.600 Euro haben eine Mehrbelastung von 7.200 Euro im Jahr. Das, was Sie auf den Weg bringen, ist beachtlich. Ihre Steuerkonzepte, liebe Kolleginnen und Kollegen von Rot-Grün, sind Gift für den deutschen Nachwuchs.

(Beifall bei der FDP)

Mit Ihren Steuerplänen gefährden Sie den Mittelstand und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Ich habe es am Anfang schon gesagt. Für die allermeisten kleinen und mittleren Unternehmen ist die Einkommensteuer die Unternehmensteuer, die Sie so kräftig erhöhen wollen. Durch die Einführung der Vermögensteuer sind eine halbe Million Jobs in Gefahr. Die Steuerlast der Betriebe würde auf bis zu 80 % ansteigen. Nur ein kleines Beispiel dazu: Ein Familienunternehmen mit einem Vermögenswert von 10 Millionen Euro und einer Rendite von 5 % hätte 500.000 Euro Gewinn zu versteuern. Nach Ihren Plänen würden davon 400.000 Euro an den Fiskus fließen, nämlich 250.000 Euro über die Einkommensteuer und 150.000 Euro über die Vermögensabgabe. Sie entziehen dem deutschen Mittelstand, den Familienunternehmen, die Investitionsmöglichkeiten für die Zukunft.

Aus den Debatten, die wir in den letzten Monaten und Jahren in diesem Haus geführt haben, ist eines klar geworden, was Sie immer noch nicht verstanden haben: Wir werden unseren Wohlstand in Deutschland, über den Sie immer so gerne reden, weltweit nur verteidigen können, wenn unsere Arbeitsplätze in

Deutschland wettbewerbsfähig bleiben. Sie legen mit Ihrem Konzept an diese Wettbewerbsfähigkeit die Axt an.

(Beifall bei der FDP)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe gestern eine sehr interessante Debatte über die Höhe der Mieten und über den Wohnraum verfolgen können. Ihre Steuerpläne werden alles das, was gestern vorgebracht wurde, als kleines Problem erscheinen lassen. Die Vermögensteuer und die Grundsteuer, die die GRÜNEN nach dem Verkehrswert festsetzen wollen, werden erheblich auf die Mieten durchschlagen.

(Beifall bei der FDP)

Bis zu 20 % höhere Mieten sind zu erwarten, doch Sie erzählten gestern hier etwas über gesunde Mietkosten.

Lassen wir einmal die Teilbereiche Familien und Mittelstand heraus, reden wir über das Thema Generationengerechtigkeit. Sie möchten mit Ihren Steuerplänen die aktive, vor allem die junge Generation, die Leistungsträger belasten. Wo aber gehen die zusätzlichen Mittel hin, die Sie generieren wollen? – In die Basisrente und in Hartz IV. Da kann ich Ihnen nur sagen: Unsere generationengerechte Finanz- und Haushaltspolitik sieht anders aus als Ihre. Wir haben schon jetzt eine explizite Verschuldung von über 80 % und eine implizite von weit über 100 %. Sie aber wollen darüber hinaus, zusätzlich zu diesen Lasten, die aktive Generation, die Leistungsbringer, noch mehr belasten und die Schulden generationsweise verschieben. Ich kann Ihnen da nur sagen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Ihnen war nicht bewusst, was Sie in Ihrem Programm beschlossen haben.