Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Noch einmal zur Verdeutlichung, denn offensichtlich ist Lesen schwierig und Zuhören noch viel schwieriger: Die SPD fordert in ihrem Antrag nicht mehr Geld und nicht mehr Mittel. Wir sagen nur: Die Genossenschaft soll als Idee in Artikel 2 genauso ver ankert werden wie die beiden anderen Formen des Wohnens.
- Es steht eben nicht so drin; denn sonst müssten wir das doch nicht schreiben. Sie kennen offensichtlich nicht einmal Ihr eigenes Gesetz, Herr Eck.
Noch schlimmer ist, dass Sie nicht einmal wissen, was in Artikel 2 steht. Lesen und Schreiben sollen vorwärtsbringen.
Meine Damen und Herren, noch einmal: Wir wollen eine Gleichstellung der Ideen – nicht mehr und nicht weniger. Das kostet nichts, tut nicht weh, aber damit wird etwas anerkannt, was Sie verbal auch machen. Warum bringen Sie das aber nicht in die Schriftform? Damit haben Sie anscheinend ein Problem, worin auch immer es liegen mag.
Ich möchte ein Weiteres sagen – nein, eigentlich will ich zur FDP nichts sagen; denn das, was ich sagen müsste, darf ich hier nicht sagen, und alles andere bringt bei dieser Dame sowieso nichts.
Uns liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Wir können des halb die Aussprache schließen und zur Abstimmung schreiten. Wie beantragt, gibt es hierzu eine namentli che Abstimmung. Die Urnen stehen bereit. Hierfür stehen fünf Minuten zur Verfügung. Ich bitte, mit der Abgabe der Kärtchen zu beginnen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Abstimmungs vorgang ist beendet. Ich bitte Sie, sich wieder auf Ihre Plätze zu begeben. Ausgezählt wird außerhalb des Saales. Das Ergebnis erfahren wir später.
Ich kann Ihnen nun das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Rinderspacher, Dr. Strohmayr, Schuster und anderer und Fraktion zur Änderung des Bayerischen Gleich stellungsgesetzes auf der Drucksache 16/15842 be kannt geben: Mit Ja haben 31 Abgeordnete gestimmt, mit Nein haben 90 gestimmt; Stimmenthaltungen gab es 10. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.
Wir sind bezogen auf unsere Planungen, jetzt, um 10.00 Uhr, mit dem NSU-Untersuchungsausschuss bericht zu beginnen, gut in der Zeit.
Schlussbericht des Untersuchungsausschusses zur Untersuchung eines möglichen Fehlverhaltens bayerischer Sicherheits- und Justizbehörden einschließlich der zuständigen Ministerien, der Staatskanzlei und der politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im Zusammenhang mit der Beobachtung rechtsextremistischer Strukturen und Aktivitäten in Bayern, insbesondere der Herausbildung der rechtsextremistischen Gruppierung "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) und eventueller Unterstützer in Bayern und der Verfahren zur Ermittlung der Täter der Mordanschläge vom 9. September 2000 in Nürnberg, 13. Juni 2011 in Nürnberg, 29. August 2001 in München, 9. Juni 2005 in Nürnberg und 15. Juni 2005 in München und eventueller weiterer, in Bayern von Rechtsextremisten begangener Straftaten und der hieraus zur Verbesserung der Bekämpfung rechtsextremistischer Strukturen und Aktivitäten und zur Optimierung der Ermittlungsverfahren und der Zusammenarbeit der verschiedenen Sicherheits- und Justizbehörden möglicherweise erforderlichen
Ich eröffne die Aussprache. Hierzu wurde im Ältesten rat eine Redezeit von 30 Minuten pro Fraktion verein bart. Der Vorsitzende erhält zusätzlich zehn Minuten Redezeit für allgemeine Ausführungen zum Untersu chungsausschuss.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, meine Damen und Herren! Ich gehe davon aus, dass Einverständnis damit besteht, dass ich nach zehn Minuten hier nicht weggehe, sondern gleich den weiteren Bericht anschließe.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, als wir im Frühjahr des letzten Jahres an kündigten und dann im Juli beschlossen haben, im Bayerischen Landtag einen eigenen Untersuchungs ausschuss zum Thema NSU-Morde einzusetzen, ist gelegentlich gefragt worden, was das denn soll, da es doch im Bundestag und in Thüringen und Sachsen bereits Untersuchungsausschüsse gebe und im Übri gen die mutmaßlichen Täter nicht aus Bayern stamm ten; zwar seien fünf der zehn Morde in Bayern verübt worden, doch habe man alles zur Aufklärung Mögli che getan, und es handle sich um ein Problem Thürin gens und der dortigen Sicherheitsbehörden, nicht aber um ein Problem Bayerns. Diese Frage höre ich seit Längerem nicht mehr, weil nicht nur durch die Ar beit unseres Untersuchungsausschusses, sondern auch durch die Erkenntnisse, die in Thüringen und in Berlin gewonnen worden sind, deutlich geworden ist, dass es eben auch ein bayerisches Problem war.
Wir haben im abgelaufenen Jahr Hunderte von Akten und Dateien gelesen, 55 Zeugen in öffentlichen und nichtöffentlichen, zum Teil sogar in geheimen Sitzun gen befragt, Sachverständige angehört, Gespräche mit Angehörigen der Opfer und Vertretern des Gene ralbundesanwalts sowie den Mitgliedern der BundLänder-Kommission "Rechtsextremismus" geführt und versucht, Antworten auf die fast 400 Einzelfragen des Untersuchungsauftrags zu erhalten.
Das Besondere daran war, dass wir nicht alleine tätig waren, sondern die anderen Untersuchungsausschüs se, eine Vielzahl von Journalisten und schließlich auch der Generalbundesanwalt und das Oberlandes gericht München parallel den gleichen Fragen nach gegangen sind. Fast jeden Tag sind neue Informatio nen hinzugekommen.
Die Erwartungen waren zum Teil hoch; wir konnten sie nicht vollständig erfüllen. Es war uns nicht mög lich, die Rolle jedes einzelnen Rechtsextremisten in den letzten fast 20 Jahren in Bayern nachzuzeichnen. Wir haben auch nicht alle V-Leute identifizieren kön nen, was einige erwartet haben. Auch manche Erwar tungen von Angehörigen der Opfer konnten wir nicht erfüllen, weil die Sichtweisen, ob sich die ermittelnden Polizeibeamten im Umgang mit den Opfern korrekt verhalten haben oder nicht, sehr weit auseinanderge gangen sind und eine Aufklärung nur möglich gewe sen wäre, wenn wir alle Angehörigen als Zeugen ver nommen hätten.
Problematisch und schwer handhabbar war, dass eine Vielzahl von Akten als VS-vertraulich oder VSgeheim eingestuft war und zum Teil noch ist. Wenn als geheim eingestufte Akten zusätzlich auch noch geschwärzt werden, wie es bei Akten des Polizeiprä sidiums München im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Döner-Standes der Fall war, in denen nicht nur die Namen einzelner Personen, sondern ganze Pas sagen geschwärzt worden sind, dann stellt sich schon die Grundsatzfrage, ob die Exekutive, in diesem Fall das Innenministerium, Abgeordneten des Bayerischen Landtags Informationen zur Untersuchung und Beur teilung des Untersuchungsgegenstandes vorenthalten darf.
Ich glaube, das darf es nicht, meine Damen und Her ren. Ich kann mir die Vorgehensweise des Ministeri ums nur so erklären, dass den Abgeordneten grund sätzlich misstraut wird und dass es sich selbst etwas überschätzt.
Auf diese Akten ist es bei der Beurteilung des Sach verhalts nicht entscheidend angekommen. Ich hoffe, dass die Grundsatzfrage unabhängig von dem kon kreten Vorgang dennoch baldmöglichst geklärt wird.
Meine Damen und Herren, angesichts der Komplexi tät der Aufgabenstellung haben wir nur ein paar Mo saiksteinchen zum Gesamtbild beitragen können. Wir wollen nicht für uns beanspruchen, auf alle Fragen unumstößliche, endgültige Antworten geben zu kön nen. So musste zum Beispiel aus Zeitgründen offen bleiben, was es mit der Aussage eines Zeugen auf sich hat, dass die BAO Bosporus bereits im Jahr 2007 und nicht erst im November 2011 Kenntnis von der Existenz des NSU hatte, und ob der Brandanschlag von 1999 in Nürnberg dem NSU zuzurechnen ist.
Auch wenn der vorliegende, noch nicht korrigierte Be richt als Schlussbericht bezeichnet wird, kann es sich
nur um einen Zwischenbericht handeln. Der Komplex wird erst durch die Zusammenschau aller Abschluss berichte und nach Abschluss des Strafverfahrens vor dem OLG München als aufgeklärt bezeichnet werden können. Es kann sein – ich habe das schon mehrfach gesagt –, dass sich wegen neuer Erkenntnisse die Notwendigkeit ergibt, in der neuen Periode des Land tags einen weiteren Untersuchungsausschuss einzu setzen.
Meine Damen und Herren, unsere Aufgabe war es vor allem, uns ein Bild über die rechtsextremistischen Strukturen und Aktivitäten in Bayern seit dem Jahr 1994 und die Einschätzung der Gefahren des Rechtsextremismus zu verschaffen und zu klären, aus welchen Gründen es bayerischen Sicherheitsbehör den nicht gelungen ist, die mutmaßlichen Täter zu er mitteln. Natürlich sind wir uns dessen bewusst, dass es leicht ist, die Vorgänge ab dem willkürlich gegriffe nen Jahr 1994 im Nachhinein und mit dem Kenntnis stand von heute zu beurteilen. Die Schwierigkeit be stand darin, zu untersuchen, welcher Kenntnisstand damals aus welchen Gründen vorhanden war und ob auf der Grundlage des damaligen Kenntnisstandes Fehler gemacht und falsche Schlüsse gezogen wor den sind, die zu dem Misserfolg geführt haben.
Bei aller Kritik an Fehleinschätzungen des Verfas sungsschutzes – ich werde dazu später noch etwas sagen – und falschen Weichenstellungen bei der Poli zei und auch der Staatsanwaltschaft von Anfang an wäre es unangemessen, den einzelnen Beamten, von denen viele sehr engagiert gearbeitet haben, persönli che Vorwürfe zu machen. Wichtiger war es, die struk turellen Ursachen für Fehlentscheidungen und letzt lich das Versagen zu identifizieren und daraus Konsequenzen zu ziehen. Darum haben wir uns be müht.
Ich möchte an dieser Stelle allen, die in diesem Jahr mitgeholfen haben, dem Untersuchungsauftrag ge recht zu werden, herzlich danken. Mein Dank gilt ins besondere den Mitarbeiterinnen des Justiziariats, den Mitarbeitern der Fraktionen, den Vertretern der Staatsregierung in den Sitzungen, der Präsidentin für ihre Fürsorge, wenn es wieder einmal eine Sondersit zung gab, die bis in die Nacht hinein gedauert hat, sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ste nografischen Dienstes, die wir nicht nur einmal bis zur Kapazitätsgrenze beansprucht haben, sowie selbst verständlich auch den sonstigen Helfern, insbesonde re auch den Offizianten. Selbstverständlich danke ich auch den Vertretern von Presse, Funk und Fernse hen, die auch langwierige Sitzungen geduldig verfolgt, während der vielen nichtöffentlichen Sitzungen vor
der Türe ausgeharrt und regelmäßig ausführlich und fair über die Sitzungen des Ausschusses berichtet haben.
Als Vorsitzender möchte ich mich an dieser Stelle auch ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen aller Fraktionen für die überwiegend konstruktive und trotz der Unterschiede in der politischen Bewertung vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken. Der Be deutung des Themas ist es angemessen, meine ich, dass auf parteipolitische Spielchen weitgehend ver zichtet worden ist, dass der Sachverhalt und ein gro ßer Teil der Bewertungen von allen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses getragen werden und dass darüber hinausgehende Wertungen und Forde rungen nach Konsequenzen in den Abschlussbericht integriert worden sind und nicht nur, wie es bisher als Zeichen der Abgrenzung und Ausgrenzung üblich war, als Annex in einem Minderheitenvotum angefügt worden sind.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir die Ar beit des Strafsenats des OLG München durch unse ren Untersuchungsausschuss zumindest nicht er schwert haben und es gelingt, die für die zehn Morde Verantwortlichen letztlich zu verurteilen.
Nun mache ich einige Anmerkungen zu den aus mei ner Sicht wichtigsten Fragen und Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses. Wenn etwas sicher ist, meine Damen und Herren, dann das: die NSU-Morde sind gerade nicht wie ein Schicksal über uns herein gebrochen, weil niemand ahnen konnte, dass es Rechtsterrorismus in Deutschland und in Bayern gab. Man hätte es nicht nur ahnen, sondern ich meine, man hätte es sogar wissen können. Ich sage sogar: Man hätte wissen müssen, dass die rechtsextremisti sche Szene in den Jahren nach der Wiedervereini gung größer und vielfältiger geworden ist, sich radika lisiert hat und die Bereitschaft zur Gewaltanwendung auch in Bayern zugenommen hat. Die mehrfach in den offiziellen Verfassungsschutzberichten enthaltene Einschätzung, dass es keine Anhaltspunkte für Rechtsterrorismus gebe, war und ist falsch. Man muss kein Verfassungsschützer und Mitarbeiter des Staatsschutzes gewesen sein, um zu wissen, dass der Oktoberfest-Anschlag im Jahr 1980, der Mord an Shlomo Lewin und seiner Lebensgefährtin, der Brand anschlag 1988 in Schwandorf und viele andere Vor kommnisse nicht jeweils das Werk verirrter und iso lierter Einzeltäter waren, sondern das Werk kaltblütiger Rechtsextremisten mit vielfältigen Bezie hungen zur rechtsextremistischen Szene. Rechtsext remismus ist kein neues Phänomen in Bayern. Spä
Es scheint aber geradezu eine Phobie gegen die Vor stellung gegeben zu haben, es könne Rechtsextre mismus geben. Es stellt sich die Frage, warum immer sehr schnell die Rede von verirrten Einzeltätern war und bis heute ist. Einige Antworten auf diese Frage haben wir erhalten und zur Kenntnis nehmen müssen. Beim Verfassungsschutz waren und sind bestimmte Erscheinungen in der rechtsextremistischen Szene, zum Beispiel das Anwachsen der Skinhead-Szene und der Organisation "Blood and Honour" mit dem Konzept des führerlosen Widerstandes, zum Teil nicht bekannt und generell unterschätzt worden, obwohl es verschiedene Publikationen dazu gegeben hat.
Meine Damen und Herren, man mag es kaum glau ben, weil sich die Mitarbeiter des Verfassungsschut zes und der Staatsschutzabteilungen der Polizei re gelmäßig zum Informationsaustausch getroffen haben, sie sich untereinander fast alle gekannt haben und fast alle per du waren, dass sich der Leiter der BAO Bosporus, nachdem in der zweiten sogenannten operativen Fallanalyse die Hypothese von einem möglichen ausländerfeindlichen Motiv aufgestellt wor den ist, dennoch nur und ausschließlich – wie er ge sagt hat – mittels der Verfassungsschutzberichte über den Rechtsextremismus in Bayern informiert hat und sonst keinerlei Informationen hatte. Wenn dann auch noch von vielen Mitarbeitern der Polizei fast schon stereotyp öfter darauf hingewiesen worden ist, dass man deshalb die Täter nicht habe fassen können, weil es keine Bekennerschreiben gegeben habe, beweist dies, dass es an grundlegenden Kenntnissen über die rechtsextremistische Szene gefehlt hat. Im Übrigen: Wenn man Bekennerschreiben gefordert hat, dann, mit Verlaub, hätte man keine BAO Bosporus mit 150 Mann Besetzung gebraucht. Dann hätte man ja ge wusst, wer es ist.
Ich komme noch einmal zurück zum Verfassungs schutz. Nach der Durchsicht einer Vielzahl von Akten und der Befragung vieler Zeugen aus dem Landesamt kann man nicht behaupten, dass der Verfassungs schutz in dem Untersuchungszeitraum grundsätzlich auf dem rechten Auge blind war. So einfach waren und sind die Verhältnisse nicht. Vielmehr verhielt es sich so, dass zwar vieles, ich meine sogar viel zu vie les, beobachtet und registriert worden ist, aber hie raus sind nicht die richtigen Schlüsse gezogen wor den, und insbesondere ist die Gefährlichkeit der rechtsextremistischen Szene grob fahrlässig unter