Protocol of the Session on June 20, 2013

ten; denn nicht etwa Oberbayern weist in der Regel die niedrigsten Quoten auf, sondern Niederbayern, Schwaben und Unterfranken und neuerdings auch die Oberpfalz. Das ist konkrete Politik für die Menschen in allen Regionen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Meine Damen und Herren gerade auch von der Opposition, diese Zahlen sprechen eine deutliche Sprache, und sie strafen Ihre nervige Dauernörgelei Lügen. Aber sei’s drum. Bayern wird erfolgreich und schön bleiben, und wir werden weiterregieren, und Sie werden das weiter in der Opposition begleiten.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Christa Stei- ger (SPD): Kaffeesatzleser! - Weitere Zurufe von der SPD)

Viele aus Ihren Reihen behaupten ständig und unverbesserlich, das neue Landesentwicklungsprogramm sei zu kurz geraten. Wenn ich mir Ihre Kritik nur anhöre, stelle ich fest: Es ist vielen von Ihnen offensichtlich immer noch viel zu lang; denn bei dem, was Sie sagen und kritisieren, können Sie es nicht zur Gänze gelesen haben.

(Volkmar Halbleib (SPD): Arrogant ist das!)

Richtig ist aber auch: Der vorliegende Entwurf ist kein Wunschkonzert für alle, vor allem nicht für jeden Interessenverband. Man muss sich einmal klarmachen, dass es hier nicht um Einzelinteressen geht. Vielmehr muss das große Ganze stimmen. Das Allgemeinwohl hat Vorrang vor Partikularinteressen. Auch das ist eine klare Aussage.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Denn nur folgenden Dingen muss das LEP gerecht werden: den Bedürfnissen des Freistaats Bayern, den Bedürfnissen unseres Landes, seiner Wirtschaftskraft, aber ebenso seiner Landschaft und Schönheit, die es zu erhalten gilt. Bayern wäre nicht mehr Bayern, wenn wir alles den Gesetzen der Ökonomie und des Wachstums unterordneten. Wachstum ist wichtig, Wachstum bedeutet Wohlstand; aber grenzenloses Wachstum ist gefährlich. Deswegen wird es das in Bayern auch nicht geben. Dafür sorgt schon das vorliegende LEP, das der grünen Wiese im Ernstfall einen höheren Stellenwert einräumt als seelenlosen Betonorgien.

Bayerns Wirtschaft muss stark und Bayerns Landschaft muss schön bleiben. Für beide Seiten ein und derselben Medaille steht die Bayerische Staatsregierung mit ihrer erfolgreichen Politik und mit dem neuen Landesentwicklungsprogramm.

Nach diesen Maßstäben sind wir auch die heißen Eisen angegangen, über die man trefflich streiten kann und bei denen die Interessengruppen natürlich auch am weitesten auseinanderlagen. So haben wir das Einzelhandelsziel entschlackt, bei den Verkaufsflächen den Gemeinden angemessene Spielräume eröffnet, aber gleichzeitig die grüne Wiese freigehalten. Mit dieser Staatsregierung, mit diesem Wirtschaftsminister wird es auch künftig nicht diese seelenlosen Malls und Einkaufszentren auf der grünen Wiese geben. Dafür haben wir in diesem LEP Sorge getragen.

(Beifall bei der FDP und der CSU - Zuruf von den GRÜNEN)

Angemessen sind meines Erachtens auch die zusätzlichen Ausnahmetatbestände beim Anbindungsziel. Es gehört doch zur Wahrheit, dass niemand emittierende Gewerbebetriebe in seiner unmittelbaren Nachbarschaft haben will, übrigens auch nicht die Güterverkehrszentren. Deshalb haben wir diesbezüglich punktgenau und gezielt Erleichterungen geschaffen.

Wir haben es wieder an den Zahlen gesehen: Bayern lebt auch vom Tourismus. Deswegen war es richtig, dass wir eine Möglichkeit für die angemessene Erweiterung oder Errichtung von Beherbergungsbetrieben in Tourismusgemeinden geschaffen haben. Wir wollen keine Käseglocke über Bayern stülpen. Aber bei Bewahrung unserer schönen Landschaft muss eine zeitgemäße Entwicklung in den Kommunen möglich sein.

Meine Damen und Herren, ich darf mich bei den Koalitionsfraktionen vielmals bedanken, die in einem langen, aber sehr fruchtbaren Diskussionsprozess Verbesserungen des Entwurfs der Staatsregierung erarbeitet und beschlossen haben. Dieser Entwurf ist solide erarbeitet und umfassend diskutiert. Dass man in einzelnen Punkten unterschiedlicher Meinung sein kann, liegt in der Natur der Sache. Ich verstehe nicht, dass zum Beispiel die FREIEN WÄHLER Änderungsanträge zwar in der Sache für richtig erklärt, diese dann aber aus einer generellen Verweigerungshaltung abgelehnt haben. Sie sind doch sonst immer die Fürsprecher der Kommunen und deren Spielräume. Hier verweigern Sie sich. Das verstehe, wer will.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir haben das LEP wiederholt den Erfordernissen der Zeit angepasst. Wir haben auch vereinbart, dass wir das sehr breit diskutierte System der zentralen Orte durch externe Gutachter überprüfen lassen und 2015 eine Teilfortschreibung vornehmen werden, weil wir uns die 50 bis 60 Themen, die wir in diesem Zusam

menhang in Bayern haben, mit aller Offenheit, Transparenz und Klarheit gemeinsam ansehen werden.

Mit der vorliegenden Fortschreibung werden Vorsorge und Flexibilität der bayerischen Landesentwicklungspolitik gleichermaßen gesichert. Nach intensiven parlamentarischen Beratungen liegt ein LEP vor, das geeignet ist, den Wandel zu meistern und den Vorsprung Bayerns zu halten und auszubauen. Ich darf das Hohe Haus deshalb bitten, diesem Landesentwicklungsprogramm heute zuzustimmen und damit wieder einen Baustein dafür zu setzen, dass unser starkes Land auch eine gute, starke Zukunft haben wird.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Vielen Dank, Herr Staatsminister. Jetzt hat Frau Kollegin Karl das Wort.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident,

(Inge Aures (SPD): Er geht gerade hinaus!)

liebe Kolleginnen und Kollegen! Der LEP-Entwurf, der uns heute vorliegt, hat eine lange Geschichte hinter sich, eine Geschichte von falschen Weichenstellungen, handwerklichen Fehlern und einem völligen Unverständnis aufseiten der politisch Verantwortlichen für das, was die Landes- und Raumplanung leisten soll und leisten kann.

(Beifall bei der SPD)

Das Landesentwicklungsprogramm ist eine Vision. Es ist ein Leitbild für Bayern 2025. So ist es auch überschrieben. Es ist ein Leitbild für alle Vorgänge, die einen Raumbezug haben und sich nicht im Nirwana oder in der Stratosphäre abspielen. Ein solches Leitbild zeigt im Idealfall das Gesicht Bayerns in den nächsten Jahrzehnten. Es zeigt aber auch – und gerade da wird das mangelnde Verständnis deutlich – die Wege dorthin. Es zeigt die Wege in eine gute Zukunft Bayerns unter den Herausforderungen unserer Zeit. Zu diesen Herausforderungen gehört der demografische Wandel, der dazu führt, dass wir uns über die Partizipation der Jugend Gedanken machen müssen, die zahlenmäßig immer weniger wird, dass wir uns aber genauso um eine seniorengerechte Gesellschaft kümmern müssen.

(Beifall bei der SPD)

Zu den Herausforderungen gehören auch die Energiewende, der Klimawandel, unterschiedliche Entwicklungen in den einzelnen Landesteilen und die marode Infrastruktur bei vielen Straßen und Brücken. Ein

gutes LEP, wie wir es uns vorstellen, stellt sich diesen Herausforderungen, vermittelt Orientierung für Bürger und nachgeordnete politische Ebenen und setzt klare Leitplanken und Spielregeln für die Entwicklung Bayerns überall dort, wo es notwendig ist. Das LEP ist kein Selbstzweck, sondern es verlangt unser Handeln. Ein gutes Landesentwicklungsprogramm erkennt an, dass es unterschiedliche Nutzungsansprüche an den Raum gibt. Wo ich einen Discountmarkt baue, kann ich kein Windrad mehr hinstellen. Wo eine Autobahn entlangführt, kann ich kein Naturschutzgebiet mehr ausweisen. Ein Landesentwicklungsprogramm hat nun gerade die Aufgabe, für diese Konflikte Lösungs- und Entscheidungsstrategien vorzugeben. Das ist der einzige Grund, weshalb wir überhaupt ein solches Programm schreiben. Wenn ich alles laufen lassen wollte, könnte ich mir die Mühe sparen.

Ein Landesentwicklungsprogramm fußt auf dem Verständnis, dass der Staat seinen Gestaltungsauftrag annimmt und eine klare, aktive Rolle bei der Zukunftsgestaltung spielt. Dazu gehört aber auch, dass von staatlicher Seite von Zeit zu Zeit Entscheidungen getroffen werden müssen, die nicht allen gefallen können. Dazu gehört die Setzung von Prioritäten im Verkehrsbereich, um nur eine Entscheidung zu nennen. Ich zitiere Franz Josef Strauß sehr ungern, aber er hat dazu das Richtige gesagt. Er hat einmal gesagt: "Everybody’s darling is everybody’s Depp." Das heißt in dem Fall, ein LEP kann es nicht jedem recht machen, sondern irgendwann muss entschieden werden, in welche Richtung wir gehen wollen.

(Beifall bei der SPD)

Der vorliegende Entwurf dagegen blendet konfliktreiche Themen entweder aus, verlagert sie auf die Zeit nach der Wahl – dazu komme ich noch -, oder er schiebt die Konflikte den unteren Ebenen zu in der Hoffnung, dass sich dort jemand findet, der mit genügend Kraft und Willen über die Konflikte entscheidet. Meine Damen und Herren, das ist das Gegenteil von guter und nachhaltiger Politik. Das ist einfach nur Murks im Quadrat.

(Beifall bei der SPD)

Die Tatsache, dass sich Landespolitiker alle fünf Jahre dem Votum der Bürger zu stellen haben, darf nicht dazu führen, dass der Planungshorizont einer Staatsregierung allein vom Wahltag dominiert wird.

(Beifall bei der SPD)

Dann nämlich wird aus einer Politik auf Sicht eine Politik im Blindflug.

Minister Zeil hat eben noch einmal betont, wie stolz er darauf ist, dass das LEP so kurz ist. Er hat damals bei der Verabschiedung im Kabinett gesagt: Wir reduzieren die Ziele auf ein Viertel und die Grundsätze auf ein Drittel. Dies hat er als großen Erfolg angepriesen. Der Maßstab für ein gutes und nachhaltiges LEP können aber nicht die Länge oder die Kürze oder die Anzahl der Ziele und Grundsätze sein. Nach dieser Logik wäre ein leeres Blatt Papier sicher der größte Erfolg, denn kürzer geht es nicht.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Maßstab muss sein, ob man mit dem Programm die gesetzten Ziele erreichen kann. Kann man gleichwertige Lebensverhältnisse in Bayern schaffen? Gelingen damit der Ausbau und der Umbau der Energieversorgungsinfrastruktur? Erhält man die notwendige Infrastruktur überall in Bayern? Schafft man die Grundlage für eine weiterhin erfolgreiche Wirtschaft in ganz Bayern? Erhält man die Lebensgrundlagen auch für die nächsten Generationen? Nur dies, aber nicht die Länge oder Kürze eines Textes, muss der Maßstab sein.

(Beifall bei der SPD)

Erstaunlich ist in diesem Zusammenhang, dass es nur ein einziges Kapitel gibt, in dem sehr detailliert zur Sache gegangen wird. Das ist das Kapitel über den Flugverkehr in Bayern. Darin wird auch noch der letzte Luftlandeplatz besprochen und zum Ausbau vorgesehen, unabhängig davon, ob die Bürger, die Wirtschaft oder irgendjemand das will. Ich nenne nur das Beispiel Weiden. Der Bürgerwille wird komplett missachtet, denn die dritte Startbahn wird weiterhin als Ziel ins Landesentwicklungsprogramm hineingeschrieben. Wir fordern, diese herauszustreichen, damit sowohl die Bürgerinnen und Bürger als auch die Flughafenbetreiber endlich Planungssicherheit haben.

(Beifall bei der SPD)

Dagegen werden in anderen Kapiteln, zum Beispiel im Kapitel über die Energieversorgung, die von herausragender Bedeutung ist, lediglich Hinweise auf ein völlig unverbindliches Konzept gegeben. In diesem Fall ist es das Energiekonzept der Staatsregierung. Diese Vorgehensweise ist noch nicht einmal von einer exzessiven Auslegung des Doppelsicherungsverbotes gedeckt, denn ein Konzept mag alles sein, es ist aber auf keinen Fall eine verbindliche Fachplanung.

Meine Damen und Herren, ein gutes Landesentwicklungsprogramm trägt der Tatsache Rechnung, dass es alle Bürgerinnen und Bürger Bayerns betrifft. Es setzt damit auf eine aktive und breite Bürger- und Ex

pertenbeteiligung. Darunter verstehe ich ausdrücklich nicht das notdürftige Einhalten gesetzlicher Vorschriften mit Verbandsanhörungen, die grundsätzlich in den Ferien stattfinden und ohne jeglichen Bürgerdialog.

(Beifall bei der SPD)

Dass man es auch anders machen kann, zeigen die Beispiele der Schweiz oder der Region Hannover. So ein Vorgehen ist natürlich aufwendig, das gestehe ich zu. Es ist aufwendig, es kostet Zeit, aber die Zeit war da, man hätte die ersten drei Jahre dieser Legislaturperiode nur nicht mit völlig untauglichen Ansätzen vertrödeln dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Auch die Raumakademien haben bei einem solchen Dialogprozess jede Hilfe angeboten, man hätte sie nur annehmen müssen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, man muss bei dieser Vorgehensweise der Staatsregierung langsam mutmaßen, dass zu viel Kritik und Anregungen überhaupt nicht erwünscht waren, getreu dem Motto von Herrn Kollegen Huber: Wer einen Teich austrocknen will, der darf die Frösche nicht fragen. - Das musste jetzt kommen.

(Heiterkeit bei der SPD)