Protocol of the Session on June 12, 2013

Die Zeit für die Stimmabgabe ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Das Ergebnis wird später bekannt gegeben.

Wir fahren in der namentlichen Abstimmung fort. Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/17081 abstimmen. Das ist der Antrag der SPD-Fraktion. Die Urnen stehen bereit. Ich bitte, mit der Stimmabgabe zu beginnen. Sie haben drei Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 21.36 bis 21.39 Uhr)

Die Zeit für die Stimmabgabe ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen. Das Ergebnis wird später bekannt gegeben.

Zwischenzeitlich lasse ich namentlich über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 16/17083 abstimmen. Das ist der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Ich eröffne die Abstimmung und bitte, die Stimmkarten abzugeben. Sie haben drei Minuten Zeit.

(Namentliche Abstimmung von 21.39 bis 21.42 Uhr)

Die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Ich bitte, die Stimmkarten draußen auszuzählen.

Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 16/17087 abstimmen, das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER. Der Wahlgang ist eröffnet. Bitte die Stimmkarten abgeben. Es stehen wiederum drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 21.43 bis 21.46 Uhr)

Die Zeit ist um, die Stimmabgabe ist beendet. Die Stimmkarten werden draußen ausgezählt. Wir fahren in der Tagesordnung fort, dazu bitte ich, die Plätze wieder einzunehmen.

(Unruhe)

Ich möchte gerne in der Tagesordnung fortfahren und bitte deshalb, die Plätze wieder einzunehmen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Markus Reichhart u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Handwerk als Stütze der mittelständischen Wirtschaft in seiner Qualität erhalten Meisterordnung nicht antasten! (Drs. 16/17082)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten

Karsten Klein, Dietrich Freiherr von Gumppenberg, Tobias Thalhammer und Fraktion (FDP) , Christa Stewens, Renate Dodell, Erwin Huber u. a. und Fraktion (CSU) Gesamtsystem der beruflichen Bildung beim Handwerk mit allen Systemelementen erhalten und weiterentwickeln (Drs. 16/17092)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und darf zunächst Herr Kollegen Reichhart das Wort erteilen. Ich bitte, die Gespräche draußen zu führen. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Die Europäische Kommission plant schon wieder wirtschaftspolitische Irrlichter. Allein der Aspekt, dass das Handwerk in der Empfehlung des EU-Rates als Dienstleistungssektor auftaucht, spricht Bände. Interessant ist, dass dann im weiteren Text auch noch vom Baugewerbe die Rede ist. Meine Damen und Herren, das Baugewerbe ist nicht gerade als Dienstleister bekannt. Zu kommentieren, wie gut die Kommission über die duale Ausbildung und das Handwerk in Bayern und in Deutschland informiert ist, erübrigt sich damit.

Übernimmt der Rat der Regierungschefs im Juli dieses Jahres die Empfehlungen der Kommission, steht die Meisterpflicht erneut zur Disposition. Die Begründung der Kommission für diesen Schritt ist oberflächlich und unzureichend. Es heißt, ungerechtfertigte Beschränkungen und Marktzutrittsschranken sollen abgeschafft werden, um das Preisniveau zu senken. So der Tenor. Vereinfacht gesagt bedeutet das, wenn jeder alles machen darf, wird es billiger. Dies geht zulasten der Qualität der Arbeit und auf Kosten nachhaltigen Wirtschaftens. Doch das wird in der Begründung nicht berücksichtigt.

Mit den Segnungen, die sich aus der Novellierung der Meisterpflicht von 2004 ergeben haben, haben wir bittere Erfahrungen gemacht. Damals wurde der Meisterzwang für 43 Handwerksberufe mit der Begründung "nicht gefahrengeneigt" aufgegeben. Schauen wir uns aber die Auswirkungen an: Was haben diese Liberalisierungen mit sich gebracht? – Dazu ein paar interessante und aufschlussreiche Zahlen. Während die Zahl der Handwerksbetriebe in den zulassungspflichtigen Handwerksbetrieben mit Meisterpflicht in Bayern von 2003 bis 2011 nahezu konstant geblieben ist, nahm die Zahl der zulassungsfreien Handwerksbetriebe ohne Meisterpflicht im gleichen Zeitraum von 15.277 auf sage und schreibe 43.206 zu. Was bedeuten diese Zahlen? An die Stelle des klassischen Handwerksbetriebes mit Meister, Gesellen und Aus

zubildenden ist in den zulassungsfreien Gewerken ein Einmannbetrieb getreten, der seine Arbeit oftmals zu Niedrigstpreisen anbietet, in den allermeisten Fällen keine sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze schafft und auch keine Lehrlinge ausbildet. Soziale Verantwortung und nachhaltiges Wirtschaften sowie der hohe Qualitätsanspruch im Handwerk sind aber die Werte, für die das Handwerk in Deutschland seit Jahrhunderten steht und damit erfolgreich ist.

Eine weitere Zahl verdeutlicht, wie sehr die Abschaffung der Meisterpflicht in die gewachsenen und bewährten Strukturen in Deutschland und in Bayern eingreift. Während die Zahl der erfolgreich bestandenen Meisterprüfungen im zulassungspflichtigen Handwerk in Deutschland von 2004 bis 2010 nahezu konstant geblieben ist, nahm sie im gleichen Zeitraum beim zulassungsfreien Handwerk um 45 % ab. Auch dies ist eine dramatische Entwicklung. Diese Zahl bedeutet nämlich, dass sich die Zahl der Meister im zulassungsfreien Handwerk im Laufe der Jahre halbieren wird. Wer weiß, welche hohen Anforderungen an eine Meisterausbildung gekoppelt sind, kann sich ausmalen, welch enormer Know-how-Verlust damit einhergeht.

Diese Entwicklung hat auch Auswirkungen auf die Ausbildung im Handwerk. Das Handwerk bildet fast jeden dritten Auszubildenden aus. Dies geschieht allerdings vor allem in den gestandenen Meisterbetrieben. Rund 30 % dieser Betriebe bilden aus. In den zulassungsfreien Handwerken bildeten 2003 noch 12,8 % der Betriebe aus, 2009 waren es nur noch 4,5 %. Dies ist ein erschreckend geringer Prozentsatz und zeigt, dass die hochwertige Ausbildung junger Menschen durch die Empfehlungen der EU-Kommission gefährdet wird. Der Meister ist der Garant einer guten Ausbildung im Handwerk und damit der guten mittelständischen Struktur in Bayern und in Deutschland.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich kurz zusammenfassen: Der Wegfall der Meisterpflicht führt zu einem Zerfall gesunder Handwerksunternehmen in substanzlose Kleinbetriebe. Der Rückgang der Zahl an Meisterabschlüssen bringt einen enormen Verlust an Sachverstand mit sich, und die Tatsache, dass Betriebe ohne Meister kaum ausbilden, bringt unser international bewundertes System der dualen Ausbildung in Gefahr. - Es gibt noch weitere gute Gründe, die für die Beibehaltung der Meisterpflicht sprechen, aber allein diese drei reichen für uns bei Weitem aus, um die kopflosen und unsinnigen und von Unkenntnis geprägten Vorschläge aus Brüssel entschieden und massiv zurückzuweisen.

Wir begrüßen den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der CSU und der FDP, da er das bestehende System der beruflichen Bildung im Handwerk unterstützt. Allerdings sehen wir die Meisterpflicht eben nicht nur im Zusammenhang mit der beruflichen Bildung als bedeutend an, sondern als essenziell für den Weiterbestand und die Entwicklung des bayerischen Handwerks in seiner Gesamtheit.

Lassen Sie mich zum Schluss bitte wiederholen: Es dürfen nicht schon wieder bewährte Strukturen im bayerischen und deutschen Handwerk verloren gehen oder auch nur zur Disposition gestellt werden. Deshalb appelliere ich heute an die Koalition und das Hohe Haus: Stimmen Sie unserem Antrag zu und setzen Sie damit ein starkes Zeichen aus dem Bayerischen Landtag nach Brüssel und Berlin – für ein starkes Handwerk, seine bewährte mittelständische Struktur und als Bekenntnis zur starken, stabilen Säule auch und gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Vielen Dank. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege von Gumppenberg.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie Sie sich zweifelsfrei vorstellen können, sind wir Liberale in besonderem Maße angesprochen, wenn es um die Fragen des Mittelstandes geht, insbesondere wenn es ums Handwerk geht.

Ich habe die Ehre, nach einem Meister zu sprechen. Sie sind Optikermeister und gehören zu dem Berufsstand, der hier zur Diskussion steht.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Und was für ein Meister sind Sie?)

Verehrte Freunde, wir sind mit großem Nachdruck dafür, dass das duale System aufrechterhalten wird. Da braucht man uns nicht zu belehren und muss uns nicht sagen, dass wir das unterstützen sollen, sondern wir tun es von uns aus und haben es bereits getan. Wir sind dafür, dass die Meister auch weiterhin in Bayern und in Deutschland den Stand innerhalb der Gesellschaft haben, den sie gegenwärtig haben. Ich habe hohen Respekt vor dieser Berufsgattung. Ich habe hohen Respekt vor den Auszubildenden, die im Handwerk dienen. Ich habe hohen Respekt vor den Gesellen. Ich habe hohen Respekt vor den Handwerkern und den Meistern. Der Meisterbrief hat einen hohen Stellenwert in dieser Gesellschaft, leider aber noch nicht den Stellenwert, den er haben sollte, denn für mich ist der Meister absolut identisch mit akademischen Berufen. Der Meister ist letztlich der Ausdruck

des Handwerks, während der andere Ausdruck einer Wissenschaft oder einer sonstigen praktischen Tätigkeit ist.

Meine verehrten Damen und Herren, liebe FREIE WÄHLER, der Punkt ist, dass es nicht ein nachgezogener Antrag von uns ist, sondern der vorliegende Antrag stellt für uns letztlich eine Selbstverständlichkeit dar. Sie ermahnen uns, etwas zu tun, was wir bereits tun. Genauso wenig, wie wir die blaue Farbe des Himmels verändern wollen, brauchen wir eine Ermahnung, uns dafür einzusetzen. Mit großem Nachdruck hat sich die Bayerische Staatsregierung dafür in der EU verwandt. Wir glauben auch Erfolg gehabt zu haben, und wir werden uns nachhaltig dafür einsetzen. Ihr Antrag ist also in der Sache absolut richtig, überhaupt keine Frage, aber Sie stellen einen Antrag, der uns so tief im Bewusstsein ist, dass wir bereits gehandelt haben.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. Jetzt hat der Herr Kollege Stöttner das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die EU fordert seit jeher, die aus ihrer Sicht ungerechtfertigte Marktzugangsbeschränkung im Dienstleistungsgewerbe abzuschaffen, um die Stellung der Ostländer im Wettbewerb zu stärken. Was die EU dabei aber vergisst, sind die unterschiedlichen Qualitätsvoraussetzungen, die besonders Deutschland im Zusammenhang mit dem Meisterbrief bietet.

Der Antrag der FREIEN WÄHLER ist grundsätzlich berechtigt, jedoch geht unser nachgezogener Antrag noch etwas weiter. Er will das gesamte System der beruflichen Bildung für das Handwerk als Gesamtkonzept als schützenswert darlegen. Wie Sie wissen, sehen wir die duale Ausbildung wie einen Zwilling und den Meister als logische Fortsetzung der guten dualen Ausbildung.

Vorangebracht hat die CSU in Bayern die Anerkennung der Gleichwertigkeit der Abschlüsse von schulischer und beruflicher Bildung und die Hochschulzulassung für Handwerksmeister. Das ist ein schönes Signal für die Wertschätzung unserer Handwerksmeister. Ebenso bedeutet der Meisterbonus, den wir vor Kurzem gemeinsam eingeführt haben, erneut eine Stärkung der beruflichen Anerkennung der Weiterbildung im Gesamtsystem unserer bayerischen beruflichen Bildung.

Wie Sie wissen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ist das Handwerk der verlässlichste Akteur in

Wirtschaft und Gesellschaft. Verantwortungsbewusstsein und Leistungswillen haben hier ihren festen Platz. Der Mittelstand ist heimatverbunden, standorttreu, und das ist für die wirtschaftliche Stabilität Deutschlands besonders wichtig.

Sie wissen, dass die seinerzeitigen Pläne des ehemaligen SPD-Bundeswirtschaftsministers Clement, die die Abschaffung der Meisterpflicht in allen Berufen vorsahen, von unserem damaligen Wirtschaftsminister Otto Wiesheu durchkreuzt wurden. Die besagten 53 Berufsbilder sind weiterhin ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft und Wirtschaft und haben somit den Stellenwert des Meisterbriefes nochmals deutlich gemacht. Wir plädieren für den Meisterbrief, und es ist unstrittig, dass wir da auf dem richtigen Weg sind. Das Ansinnen der Europäischen Union ist ungerechtfertigt, und die Europäische Union hat dabei einen starken Gegner, nämlich Deutschland und Bayern.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielen Dank. Ich erteile jetzt Herrn Kollegen Roos das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist äußerst beeindruckend, wenn man auf die Pressetribüne blickt. Die beiden Offizianten halten quasi die Ehre des Hohen Hauses aufrecht.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ich denke, dass die Pressevertreter eine direkte Verbindung online zu ihren Redaktionen haben, um diese fulminante Diskussion zum Dringlichkeitsantrag "Handwerk als Stütze der mittelständischen Wirtschaft in seiner Qualität erhalten – Meisterordnung nicht antasten" verfolgen zu können.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD)

Ich danke ihnen für diesen weit über ihren Arbeitsvertrag hinausgehenden Einsatz im Interesse unserer Wirtschaft.

(Beifall bei der SPD)