Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften (Drs. 16/16311) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird ohne Aussprache an den federführenden Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes überwiesen. Gibt es hinsichtlich der Zuweisung noch Änderungswünsche? – Das ist offensichtlich nicht der Fall. Dann kommen wir zur Beschlussfassung über die Zuweisung. Wer mit der Überweisung an den zur Federführung vorgeschlagenen Ausschuss für Fragen des öffentlichen Dienstes einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe? - Enthaltungen? – Damit ist die Überweisung des Gesetzentwurfs an den federführenden Ausschuss einstimmig beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (Drs. 16/16310) - Erste Lesung
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle. Ich eröffne die Aussprache.
Sehr geehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Die Schulentwicklung in Bayern trägt dem Anspruch Rechnung, die Unter
richtsqualität nachhaltig zu verbessern. Dem widmen wir uns mit diesem Novellierungsentwurf für das Bayerische Erziehungs- und Unterrichtsgesetz, der die eigenverantwortliche Schule weiterentwickeln und stärken soll. Maßstab ist die Verbesserung der Unterrichtsqualität und die Schaffung der dafür notwendigen Voraussetzungen. Die Einzelschule soll in die Lage versetzt werden, diesem Ziel gerecht zu werden.
Im Prinzip liegen diesem Konzept drei Säulen zugrunde: Die erste Säule ist die Qualitätssicherung. Wir wollen die erfolgreiche Konzeption der Qualitätssicherung durch Evaluation weiterentwickeln. Im Kern werden wir das Instrument der Zielvereinbarung für die Schulen als Regelangebot mit dem entsprechenden Qualitätssicherungszyklus, der vorgesehen ist, zur Verfügung stellen.
Die zweite Säule ist die Stärkung der Elternarbeit. Wir brauchen in einem verstärkten Maße die Mitwirkungsmöglichkeit für die Eltern an der Einzelschule, um den Gegebenheiten in den ländlichen Räumen und in verdichteten Ballungsräumen, die regional durchaus unterschiedlich sind, Rechnung zu tragen. Deshalb werden wir unter anderem das Schulforum weiterentwickeln. Wir wollen insbesondere der Situation und dem Engagement der Sachaufwandsträger, der Kommunen, Rechnung tragen und einem Vertreter des Sachaufwandsträgers Sitz und Stimme im Schulforum geben.
Das dritte und größte Feld ist die Weiterentwicklung der Lehrkörpersituation. Wir wollen uns mit der erweiterten Schulleitung die Möglichkeit eröffnen, die Personalführung weiterzuentwickeln. Wir sehen ein vertrauensvolles Miteinander zwischen der Schulleitung und dem Kollegium als Grundprinzip vor. Es geht darum, eine Verbesserung der Betreuung und Führung zu erreichen. An den Schulen sind zwischen einer Lehrkraft und über hundert Lehrkräfte vertreten. Wir wollen mit dem Instrument der erweiterten Schulleitung die Betreuungssituation verbessern. Wir wollen Möglichkeiten für die Weiterentwicklung in der Personalführung und Personalverantwortung schaffen. Das Grundprinzip dieser Überlegungen ist die schulartspezifische Einführung. Wir haben unterschiedliche Kulturen in den allgemeinbildenden und beruflichen Schularten. Dem wollen wir Rechnung tragen. Jede Schule und jede Schulart soll dieses Konzept nach ihrem Spirit, ihrer Führungskultur, umsetzen.
Jede Schule wird vor Ort selbst die Entscheidung treffen, wann, ob und wie von der Möglichkeit einer Weiterentwicklung der Personalführungsstruktur Gebrauch gemacht wird. Zur Umsetzung dieser
erweiterten Personalführungskonzeption bedarf es zusätzlicher Leitung. Dies ist im Doppelhaushalt enthalten. Die Staatsregierung wird mittels einer entsprechenden Verordnung konkret dafür Sorge tragen, dass diese neuen Konzepte in allen Schularten umgesetzt werden können. Mittels dieser Verordnung werden die Grundlagen und die Planungssicherheit geschaffen.
Das bedeutet, es werden in drei zentralen Bereichen der bayerischen Schule Weiterentwicklungen angestoßen: in der Qualitätssicherung, in der Elternarbeit und in der Fortführung der Personalführungskonzeption. Die Profilbildung vor Ort, die Eigenverantwortung der Schulen im Umgang mit ihrer konkreten Unterrichtssituation und die Qualitätssicherung in Zusammenarbeit mit der Elternschaft werden als zentrale Ecksteine der Schulentwicklung in Bayern fortentwickelt.
Als erste Rednerin kommt Frau Karin Pranghofer von der SPD zu Wort. Frau Kollegin, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Staatsminister hat die drei Säulen benannt, die den Gesetzentwurf ausmachen. Wenn ich das Resümee vorwegnehme, muss ich feststellen, dass die drei Säulen, die Sie, Herr Staatsminister, genannt haben, das Papier wirklich nicht wert sind, auf dem sie geschrieben sind. Ich sage noch mehr: Das Gesetz soll die Eigenverantwortlichkeit der Schulen widerspiegeln, ist jedoch in Wirklichkeit ein Etikettenschwindel. Das Gesetz birgt außerdem nach unserer Ansicht die Gefahr, dass es zu einem Klimakiller in den Kollegien führen könnte.
Nach unserer Beuteilung haben wir mit der Einführung der mittleren Führungsebene, wie sie das Gesetz vorsieht, am Ende mehr Hierarchie an den Schulen sowie entmündigte Lehrerinnen und Lehrer.
Was sieht das Gesetz im Detail vor? Ich erkenne eine sehr technokratische Lösung, die wohl dem Beamtenrecht geschuldet ist, aber keineswegs der pädagogischen Arbeit der Schule nützt. Eine zweite Führungsebene einzuplanen, weil der Schulleitung immer mehr Aufgaben von der Kultusbürokratie zugewiesen werden, ist eigentlich sehr kontraproduktiv. Nach unserer Auffassung wäre es sehr viel besser, man würde die Teamstrukturen in den Schulen verbessern und die Ressourcen im Umfang von 311 Vollzeitstellen, die Sie im Gesetz bereitstellen wollen, für multiprofessionelle Teams an den Schulen einsetzen.
Ich komme zum zweiten Punkt. Im Gesetz sollen auch die Mitwirkungsmöglichkeiten der Schulgemeinschaft gestärkt werden. Es ist schon lange überfällig, dass man den Kommunen, die ab und zu mit an den Tisch durften, jetzt endlich Entscheidungsrechte zugesteht. Dem kann man zustimmen. Was die anderen vorgesehenen Mitwirkungsmöglichkeiten und Regelungen über Abweichungen von der Schulordnung betrifft, bleibt der Gesetzentwurf aber wirklich weit hinter unseren Forderungen und Erwartungen zurück. Wir haben zu diesem Gesetzentwurf Vorschläge der GRÜNEN diskutiert. Es ist schade, dass Sie den Schulen nicht mehr vertrauen und nicht mehr zutrauen.
Ich füge einen Satz zu den Instrumenten der Qualitätssicherung und der schulartübergreifenden Schulaufsicht hinzu. Auch hier gilt: Ja, es ist der richtige Schritt, dass die Schulen beauftragt werden, ein Schulentwicklungsprogramm auszuarbeiten, und dass die Schulaufsicht schulartübergreifend zusammenarbeiten soll. Ich bitte Sie aber, bei den Kosten genau hinzusehen. Kein Euro, nicht einmal ein Cent wird zum Beispiel für zusätzliche Fortbildungen bereitgestellt. Was Sie hier anbieten, ist nicht mehr als ein Feigenblatt. Nur schöne Schulprogramme zu schreiben, ist uns zu wenig. Das nützt uns nichts.
Zum Schluss sage ich etwas zum Verfahren. Dieser Gesetzentwurf wurde schon sehr lange angekündigt. Uns verwundert es schon, dass jetzt, kurz vor dem Ende der Legislaturperiode, dieser Gesetzentwurf auf den Tisch kommt. Die Lehrerverbände haben ihn im Januar zur Anhörung bekommen. Er soll jetzt in einem Ruck und mit einem Paukenschlag durchgezogen werden. Ich frage mich: Warum das Ganze? Vielleicht geschieht das deshalb, weil die FDP ihr Wahlversprechen umsetzen will, bevor sie abdankt. Der Gesetzentwurf ist das Papier wirklich nicht wert, und wir werden ihn ablehnen.
Danke schön, Frau Kollegin. Als Nächster hat Herr Kollege Eduard Nöth von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Die CSU-Fraktion begrüßt den Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes mit dem Ziel, die Eigenverantwortlichkeit der Schule zu stärken, und sie unterstützt die Inhalte dieses Gesetzes vollauf.
Die Stärkung der Eigenverantwortlichkeit von Schulen ist für uns kein Selbstzweck, sondern immer nur dann sinnvoll, wenn damit eine Verbesserung der Schulqualität verbunden ist, wenn ein Mehrwert für die gesamte Schulfamilie, in erster Linie natürlich für unsere Schülerinnen und Schüler, entsteht und wenn unsere Schulen letztendlich nicht überfordert werden.
Wie Sie wissen, wurden in den vergangenen Jahren bereits mit verschiedenen Mitteln, zum Beispiel mit der Freigabe vieler Modusmaßnahmen, große Freiräume für unsere Schulen geschaffen. Auf diesem Weg wollen wir weitergehen und dabei die Staatsregierung begleiten und unterstützen.
Schulen sind für uns keine Experimentierfelder. Das wollten beispielsweise die GRÜNEN in ihrem Gesetzentwurf zur Schaffung der autonomen Schule. Wir wollen mehr Bewegungsfreiheit für unsere Schulen. Wir wollen mehr Mitwirkungsrechte der an Schulen Beteiligten. Diese Veränderung soll sich jedoch in einem stabilen und verlässlichen Rahmen vollziehen. Als Flächenland mit 12 Millionen Einwohnern und über 5.000 Schulen sind wir dies den Schülern, den Lehrkräften, den Eltern und den Sachaufwandsträgern schuldig.
Im Übrigen gebietet es uns die Forderung nach der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse, die heuer Verfassungsrang erhalten soll, verlässliche Rahmenbedingungen für alle Landesteile zu schaffen. Deshalb werden wir an den Schulen derselben Schulart weiterhin denselben Lehrplan behalten. Wir werden weiterhin an der bewährten, qualitativ hochwertigen und schulartbezogenen Lehrerbildung festhalten. Lehrpläne, Zielvereinbarungen, interne und externe Evaluationen, Vergleichsarbeiten und zentrale Abschlussprüfungen werden auch künftig in Bayern als Mittel der Qualitätssicherung dienen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Kernanliegen des Gesetzentwurfes besteht darin: Bayerns Schulen sollen eine höhere Entscheidungs- und Handlungskompetenz erhalten. Sie alle wissen, dass unterschiedliche Entwicklungen an den einzelnen Schulstandorten unterschiedliche Antworten erfordern. Schulen müssen künftig flexibler, treffsicherer und schneller auf Veränderungen reagieren können. Deshalb unterstützen wir die drei großen Zielsetzungen dieses Gesetzentwurfs.
Zum Ersten sollen die Führungsstrukturen an unseren Schulen verändert werden. Jedem von uns ist bewusst, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass dem Schulleiter oder der Schulleiterin heutzutage immer weniger Zeit für die Betreuung und die Begleitung der Lehrkräfte sowie für die pädagogische und
konzeptionelle Impulsgebung zur Verfügung steht. Deshalb soll unserer Meinung nach die Personalverantwortung auf mehr Schultern verteilt werden. In zwei Schulversuchen, MODUS F und Profil 21, wurden dankenswerterweise von Modellschulen zeitgemäße, schulbezogene und erfolgversprechende Führungsstrukturen erprobt. Deshalb soll unter bestimmten Voraussetzungen die Einführung einer erweiterten Schulleitung dort möglich werden. Wie ich meine, ist es nicht mehr als recht und billig, dass diese Schulen, die sich bemüht und hervorragende Ergebnisse erbracht haben, ihre Ergebnisse umsetzen können. Wie wir bereits gehört haben, sind wir des Weiteren der Meinung, dass in den nächsten Jahren an größeren Schulen diese erweiterte Schulleitung eingeführt wird.
Zum Zweiten sollen im Gesetzentwurf die Mitwirkungsmöglichkeiten der Schulgemeinschaft erweitert werden. Nach dem Gesetzentwurf soll künftig ein Vertreter des Sachaufwandsträgers ordentliches Mitglied des Schulforums werden. Besonders wichtig ist uns, dass außerdem die Elternarbeit modernisiert, zeitgemäßer geregelt und erweitert werden soll.
Zum Dritten sollen, wie der Minister bereits ausgeführt hat, die Mittel der Qualitätssicherung an unseren Schulen wirksamer eingesetzt werden. Ich glaube, daran haben wir alle ein großes Interesse; denn das Wichtigste am bayerischen Schulsystem ist, dass wir seine Qualität aufrechterhalten und dadurch im internationalen und nationalen Vergleich vorne liegen.
Ich komme zum Ende. Auch wenn die SPD schon Ablehnung signalisiert hat, hoffe und wünsche ich, dass wir im Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport noch interessante Diskussionen über diesen Gesetzentwurf führen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Kollege. Als Nächste hat Frau Kollegin Eva Gottstein von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut Ding will Weile haben. Diese Redensart kann hier angewendet werden, wobei man über "gut Ding" verschiedener Meinung sein kann. Wir befinden uns am Ende der Legislaturperiode. Die FREIEN WÄHLER haben von Anfang an, seit viereinhalb Jahren, die eigenverantwortliche Schule gefordert. Dass sie jetzt am
Schluss noch eingeführt wird, ist sicher lobenswert. Allerdings merkt man auch hier wie bei vielen anderen Themen, dass eine gewisse Zeitnot geherrscht hat. Uns kommt dieser Gesetzentwurf unausgegoren und teilweise widersprüchlich vor.
Die drei Säulen des Gesetzentwurfs sind sicher richtig. Mit der ersten Säule soll, wie das der Minister gesagt hat, die erweiterte Schulleitung oder eine mittlere Führungsebene eingeführt werden. Das ist sicher gut. Dies wurde schon im Rahmen von MODUS 21 und Profil 21 erprobt. Allerdings wird manches, was sich in dieser Erprobung als gut erwiesen hat, nicht umgesetzt.
Unsere Kritik ist ganz klar: Zwei Stunden Leitungszeit für diese mittlere Führungsebene sind zu wenig. Das kann gar nicht funktionieren, wenn man bedenkt, was alles zur mittleren Führungsebene gehört, nämlich Unterrichtsbesuche, Nachbesprechung, Mitarbeitergespräche, Teamsitzungen, wöchentliche Sitzungen der erweiterten Schulleitung und so weiter und so fort. Mit zwei Stunden wöchentlicher Anrechnung kann das nicht geleistet werden. Die Motivation kann also gegen null gehen. Wenn Sie das sinnvoll umsetzen wollen, wären 491 Stellenhebungen nötig. Vorgesehen sind 129 Stellenhebungen.
- Es hat einmal geheißen, dass man mit gutem Beispiel vorangehen sollte. Das ist das A und O in einer Schule. Wir reden hier über Bildungspolitik.
(Tobias Thalhammer (FDP): Sie können mit Ihrer Rede dazu beitragen, dass wir Ihnen mehr Aufmerksamkeit schenken!)