Protocol of the Session on March 20, 2013

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über kein Thema wurde schon öfter und intensiver diskutiert als über die Studienbeiträge. Deshalb wiederhole ich jetzt nicht alle Argumente, sondern ich möchte lediglich zur aktuellen, für mich etwas paradoxen Situation einige Anmerkungen machen.

Der uns vorliegende Gesetzentwurf wird wohl von der breiten Mehrheit hier im Hohen Hause unterstützt. Wir werden vielleicht die eine oder andere Änderung im Ausschuss diskutieren, aber ansonsten stimmt wohl die große Mehrheit, wohl das ganze Hohe Haus dem Gesetzentwurf zu.

Die Abgeordneten der CSU und der FDP unterstützen damit folgende Aussagen:

(Zuruf von der CSU: Woher wissen Sie das jetzt schon?)

Die Erhebung der Studienbeiträge stellt eine große finanzielle Belastung für die Studierenden und ihre Familien dar. Richtig. Da müssen Sie zustimmen. Nächste Aussage: Die Erhebung der Studienbeiträge wirkt sozial selektiv. Wunderbar, da stimmen Sie auch zu. - Sie macht Bildung zur Ware. Auch da stimmen Sie zu. - Und die letzte Aussage − auch da stimmen Sie zu -: Sie verstärkt die Abhängigkeit der Studierenden vom Geldbeutel der Eltern. Wunderbar, toll, dass Sie hier dann zustimmen werden.

(Tobias Thalhammer (FDP): Wir haben heute doch gar keine Abstimmung!)

Kollege Thalhammer, heute nicht, aber Sie werden dem Gesetzentwurf doch dann später in breiter Mehrheit zustimmen, sonst hätte man ihn so nicht eingebracht. Dazu sage ich: Guten Morgen, liebe Abgeordnete der Regierungskoalition. Das sind Aussagen, die wir seit vielen Jahren vertreten und die nun von Ihnen unterstützt werden. Herzliche Gratulation!

(Beifall bei der SPD)

Aber, meine Damen und Herren, Sie merken schon an dem Ton, den ich hier anschlage, meine Frage: Stehen Sie im Ernst wirklich hinter diesen Thesen? Ich glaube: Nein. Sie stimmen nur aus opportunistischen, wahltaktischen Gründen zu.

(Widerspruch bei der CSU und der FDP)

Nun sage ich Ihnen noch, was Opportunismus bedeutet. Ich habe bei Wikipedia nachgeschaut. Opportunismus wird häufig als grundsatz- und charakterloses Verhalten beschrieben. Das trifft genau auf CSU und FDP im Hohen Hause zu.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch des Abgeord- neten Alexander König (CSU))

Warum? Sie handeln doch nicht aus innerer Überzeugung. Beim Ministerpräsidenten glaube ich das nicht. Warum? Sie stimmen aus Angst vor der Bevölkerung zu, weil Sie glauben,dass die bayerische Bevölkerung bei einem Volksentscheid für die Abschaffung gestimmt hätte, und dem wollten Sie zuvorkommen. Das ist der einzige Grund.

(Tobias Thalhammer (FDP): Woher wollen Sie wissen, dass wir zustimmen?)

Ich sage Ihnen: Viele Menschen in Bayern sind zwar gutgläubig, aber nicht dumm.

(Tobias Thalhammer (FDP): Sie verkaufen sie nur für dumm!)

Sie sind nicht dumm, und die Quittung werden Sie am 15. September bei der Landtagswahl bekommen. Die Menschen wählen lieber das Original als eine Kopie.

(Beifall des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Deswegen sage ich: Die SPD war zusammen mit der Opposition von Anfang an gegen die Studienbeiträge − aus den guten Gründen, die jetzt explizit im Gesetzentwurf genannt werden.

Zum Schluss noch einige Sätze zur FDP. Sie ist insgesamt − es wird nicht verwundern, wenn ich das hier sage − noch unglaubwürdiger als die CSU. Als die Christdemokraten den Stimmungswechsel in der Bevölkerung wahrgenommen haben, hat die FDP bis zuletzt munter dagegengehalten. Das ist doch der einzige Grund. Nur aus Furcht vor dem Ende der Koalition und den dann fälligen Neuwahlen hat man die Taktik geändert.

(Thomas Hacker (FDP): Herr Rabenstein, wir haben unsere Überzeugung nicht aufgegeben! Tobias Thalhammer (FDP): Ihre Rede ist opportunistisch!)

Das ist noch unglaubwürdiger als das Verhalten der CSU. Wenn ich frei nach Schiller zitiere, hat man gesagt: Zurück! Du rettest die Studiengebühren nicht mehr, so rette das eigene Leben! Das war das einzige Motiv der FDP. Ich bin mir aber sicher: Das rettet die FDP nicht, sie wird auch in Bayern wieder zur DreiPünktchen-Partei, und − das sage ich hier ebenfalls sehr deutlich − das ist auch gut so.

(Beifall bei der SPD - Tobias Thalhammer (FDP): Hochmut kommt vor dem Fall, Herr Kollege!)

− Abwarten, wer dann den Hochmut vor dem Fall auszubaden hat! Ich glaube, das trifft eher für die FDP zu als für die SPD.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. − Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? − Widerspruch sehe und höre ich nicht. Damit ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 1 b auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Haushaltsgesetzes 2013/2014 und weiterer Gesetze mit dem Ziel der Finanzierung von Bildungsausgaben (Haushaltsänderungsgesetz 2013/2014 - Bildungsfinanzierungsgesetz) (Drs. 16/15926) - Erste Lesung

Das Wort hierzu hat zunächst der Herr Staatsminister der Finanzen. Bitte schön, Herr Staatsminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute ist schon ein besonderer Tag für die Zukunft des Freistaates Bayern,

(Beifall bei der CSU)

denn es geht bei dieser Vorlage, die wir heute einbringen, nicht um ein einfaches Finanzierungsgesetz, sondern die Struktur, die Idee, die Philosophie dahinter ist eine Weichenstellung für Bayern, ein Signal für Deutschland und ein Statement in Europa. Woanders herrscht Depression, in Bayern Optimismus für die Zukunft. Bayern wird mit dem heutigen Tag ein Stück stärker.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Um es einmal einzuordnen: Wie ist es eigentlich woanders im Vergleich? In Zypern stehen Menschen vor Bankautomaten und zittern um ihr Geld. In Spanien verlassen Tausende junger Menschen ihr Land, weil sie dort keine Zukunft mehr sehen. In NordrheinWestfalen erklärt das Landesverfassungsgericht den Haushalt der dortigen Landesregierung erneut für verfassungswidrig, und in Stuttgart drohen die Beamten mit einer Resolution, weil sie das Verhalten der dortigen Landesregierung für eine Unverschämtheit hal

ten. Das sind Sorgen, meine Damen und Herren. Dagegen ist manches, was wir in Bayern diskutieren, ein Luxusproblem.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Zuruf des Ab- geordneten Volkmar Halbleib (SPD))

In Deutschland und Europa, überall gibt es finanzielle Sorgen − bei uns nicht. Nun gibt es den einen oder anderen, der sagt, alles, was wir diskutieren, alle Erfolge, alle Daten, seien Einmaleffekte.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das sagt der Rechnungshof, Herr Finanzminister!)

Nun, meine Damen und Herren, wir legen zum achten und neunten Mal in Folge einen ausgeglichenen allgemeinen Haushalt vor. Das ist kein Einmaleffekt. Wir tilgen Schulden in den Jahren 2012, 2013 und 2014. Dies ist kein Einmaleffekt. Wir halten die höchsten Rücklagen in Deutschland. Dies ist kein Einmaleffekt, und Bayern hat erneut die höchste Bewertung der Rating-Agenturen erhalten. Dies ist kein Einmaleffekt. Bayerische Haushaltspolitik ist kein Einmaleffekt, sondern sie ist einmalig in Deutschland.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Gibt es Belege? Schauen wir uns Zahlen an, zum Beispiel die Zinsquoten anderer Länder: Welche Zinsen zahlen eigentlich andere Länder für ihre Schulden? Schleswig-Holstein: 10,1 %, Rheinland-Pfalz: 8,1 %, Niedersachsen: 7,6 %, Nordrhein-Westfalen: 6,8 %, Hessen: 6,0 %, Baden-Württemberg: 4,8 %. 2,1 % in Bayern sind die absolute Spitze in Deutschland, und darauf dürfen wir stolz sein.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich respektiere sehr kritische Bewertungen auch des Obersten Rechnungshofes. Das ist seine Aufgabe. Aber bei aller Beachtung der Kritik sollte man nach der Vorlage auch das Positive sehen. Der Oberste Rechnungshof schreibt dies sogar in seinen Pressemitteilungen ausdrücklich an erster Stelle. Der ORHPräsident sagt: "Die angekündigte Tilgung von weiteren 480 Millionen Euro Staatsschulden wird von uns ausdrücklich begrüßt." Die Staatsregierung setzt damit den Weg fort, den der ORH ihr empfohlen hat, und jetzt kommt es: Es ist ein Kurs, der Bayern deutschlandweit zu einem Vorbild für eine solide Finanzpolitik hat werden lassen. - Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir sind gut, aber wir wollen noch besser werden. Dank des Fleißes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, des Mittelstandes, der Unternehmungen

sowie der Steuerverwaltung haben wir 2012 deutlich höhere Steuereinnahmen: weit über 800 Millionen Euro. Zusätzlich − das wird häufig unterschlagen − haben wir durch einen effizienten Haushaltsvollzug − übrigens gerade der Finanzverwaltung und des Finanzministeriums − einen Betrag von über 443 Millionen Euro zusammengebracht. Das heißt, wir haben sogar nach Abzug der Mehrzahlungen des Länderfinanzausgleiches 1,132 Milliarden Euro mehr. Jeder sagt, wir hätten irgendwelche Defizite. Dazu kann ich nur sagen: In Bayern geben wir nur das Geld aus, das wir solide erwirtschaftet haben, und nichts anderes.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Zu der Debatte um die Rücklage und die Strategie übrigens ein Hinweis: Eine Rücklage ist nicht etwa ein verschlossener Tresor, ein Festgeld. Eine Rücklage ist auch nicht irgendetwas, das im Keller liegt, sondern eine Rücklage ist nichts anderes als das Girokonto des Freistaates. Alles, was wir einnehmen, kommt zunächst − wo soll es anders hin? − in die Rücklage. Deshalb haben wir aufgrund der guten Steuereinnahmen, des guten Haushaltsvollzuges und des Fleißes der Menschen im Moment eine hohe Rücklage von circa 4 Milliarden Euro.

Nun stellt sich die Frage: Was machen wir eigentlich damit? Was ist eigentlich die Anlagestrategie? Vor einem Jahr haben wir überlegt, 250 Millionen Euro zu tilgen. Darauf sagte uns der Oberste Rechnungshof: Bitte tilgt mehr, bildet dafür weniger Rücklage. Wir haben das sehr ernst genommen. Was tun wir? Wir tilgen mit dem Entwurf, den wir heute vorlegen, insgesamt 2,5 Milliarden Euro. Das sind circa 11 % der allgemeinen Haushaltsschulden der gesamten bayerischen Nachkriegsgeschichte. Wir setzen damit den Schuldentilgungsplan nicht nur fort, wir sind sogar im Über-Soll. Würden wir aufhören, Schulden zu tilgen, dann hätten wir auf die gesamte Zeitachse, über die wir sprechen, die wir planen, schon 1,3 Milliarden Euro Zinsen gezahlt.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Meine Damen und Herren, eines kann ich Ihnen sagen: Es gibt außer der Staatsregierung niemand in Deutschland, der so ein seriöses Signal für die Finanzierung setzt.