Protocol of the Session on March 20, 2013

Yes, we can. Wir können es als Volk. Die Regierung kann es nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Als Nächste hat Kollegin Gote von den GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

(Von der Rednerin nicht auto- risiert) Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Staatsregierung bringt heute den Gesetzentwurf des Volksbegehrens ein. Zu den Umständen muss man nichts mehr sagen. Das hat der Vorredner zu Genüge getan. Es gibt keine Stellungnahme der Staatsregierung dazu. Das ist bedauerlich und feige. Wenigstens jetzt müsste man Farbe bekennen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN)

Dennoch ist heute ein guter Tag für Bayern. Es ist ein denkwürdiger Tag. Es ist ein guter Tag für die Bildung in unserem Land. Wir werden mit der Abschaffung der Studiengebühren eine entscheidende Fehlsteuerung, eine falsche Weichenstellung korrigieren. Die Fehlentscheidung aus dem Jahre 2006 der Kolleginnen und Kollegen von der CSU und auch von der FDP − Sie haben das mitgetragen − werden wir korrigieren. Bis dahin ist es ein zäher Kampf gewesen. Ich erinnere daran, dass wir GRÜNE von Beginn an gegen die Studiengebühren argumentiert und gegen ihre Einführung gekämpft haben. Seit dem Jahre 2006 sind wir nicht müde geworden, eine Initiative nach der anderen hier im Landtag zur Abschaffung dieser unseligen Gebühren einzubringen.

In den Jahren wuchs die Gruppe der Unterstützerinnen und Unterstützer dieses Anliegens. Im letzten Jahr ist es so klar geworden wie nur eben möglich, dass die Mehrheit der Menschen in Bayern Ihre Studiengebühren nicht will. Sie stehen als Gebührenfreunde allein auf weiter Flur. Mögen Sie es noch so oft wiederholen und mögen Sie noch so anhaltend versuchen, Ihre Fehler der Vergangenheit schönzureden: Es gibt keinen neuen Sachstand in dieser Frage. Das wollte man uns weismachen. Den gibt es nicht. Die Studiengebühren sind nicht über die Jahre falsch geworden. Sie waren es von Anfang an.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben keine neue Lage, weder in Bayern noch im Bund. Nur Sie lagen schon immer falsch. Da gibt es kein Vertun. Ob Sie es nun zugeben oder nicht: Die Einführung der Studiengebühren war die Fehlent

scheidung der schwarzen Hochschulpolitik in diesem Land.

Jetzt werden Sie endlich von uns, vom Volk, korrigiert. Sie haben über Jahre dem Bildungsstandort Bayern geschadet. Sie haben die Grundfinanzierung der Hochschulen mittlerweile über Jahrzehnte schleifen lassen. Nein, richtigerweise müsste man sagen: Sie haben sie geschliffen. Sie haben sich auf zeitgeistige und neoliberale Positionen zurückgezogen. Sie haben Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt: die Krankenschwester gegen den Chefarzt, den Meister gegen den Akademiker, die Kindergarteneltern gegen die Eltern der Studierenden − wie billig. Da werden Sie zu Recht unruhig.

(Georg Schmid (CSU): Das glauben Sie ja selber nicht!)

Manche machen das auch noch heute, liebe Freunde von der FDP. Sie haben die Studierenden und ihre Familien, die ohnehin schon hohe Summen für das Studium aufbringen, gnadenlos mit Ihren Studiengebühren abgezockt. Dabei haben Sie sich Ihrer Verantwortung entzogen. Bildung ist ein Grundrecht, Bildung ist eine Staatsaufgabe, und Bildung ist Ländersache. Die Frage ist: Muss der Staat denn alles zahlen? Nein, das muss er nicht. Der Staat muss nicht alles zahlen. Aber für die Bildung, für die Zukunft unseres Landes steht er sehr wohl in der Verantwortung.

Sie haben in den letzten Jahren in vielen Wirtschaftsbereichen durch Misswirtschaft geglänzt, siehe Rechnungshofbericht von gestern, siehe Landesbank. Sie haben Vermögen Bayerns verschleudert statt zu investieren, wie es Ihre Aufgabe gewesen wäre.

(Widerspruch bei der CSU)

Die Studiengebühren waren von Anfang an unsozial und bildungsfeindlich. Sie haben nichts dafür getan, denen den Hochschulzugang zu erleichtern, die finanziell schlechter gestellt sind. Sie haben nichts dafür getan, Diversität an unseren Hochschulen zu fördern. Sie haben nichts für benachteiligte Gruppen getan.

(Zuruf von der CSU: Wahlkampfgetöse!)

Sie waren damit zufrieden, wie es war; so sollte es ja auch bleiben. Die sogenannten Bildungseliten sollten unter sich bleiben; es sollten die studieren, die es sich leisten können. Sozialaufstieg über Bildung stand und steht noch immer nicht auf Ihrer Agenda.

(Widerspruch bei der CSU)

Sie haben Jahre vertan, in denen Sie sich um Bildungsgerechtigkeit in unserem Lande auf allen Ebenen hätten kümmern müssen.

(Beifall der Abgeordneten Margarete Bause (GRÜNE))

Diese gravierende Fehlsteuerung hat Ihnen das bayerische Volk regelrecht um die Ohren gehauen. Sie sind in Bausch und Bogen und auf ganzer Linie als Verfechter des Bezahlstudiums untergegangen. Das ist gut so.

Es hat auch Signalwirkung für unser Land; denn es gibt noch mehr, was zu korrigieren wäre, und wir sind auch schon mitten in den Debatten dazu, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen. Die Menschen in Bayern sind längst weiter als Sie. Sie haben ein gutes Gespür dafür, was eine gute Landesregierung für sie leisten soll.

(Zurufe von der CSU)

Sie lassen sich nicht mehr mit Betreuungsgeld abspeisen, mit dem Sie sich vom Ausbau der Kindertagesstätten freikaufen wollen. Sie wollen Gerechtigkeit, auch für Schwule und Lesben, und die Gleichstellung der schwul-lesbischen Lebenspartnerschaften mit der Ehe. Hier sind Sie von vorvorgestern; Sie führen Gefechte der Vergangenheit auch hier.

Die Menschen wollen sich auch nicht länger schämen müssen für Ihre menschenunwürdige Asyl- und Flüchtlingspolitik, verkörpert in extremer Weise von Ihrer Sozialministerin, wie wir in den letzten Tagen mit Entsetzen beobachten mussten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Unruhe bei der CSU - Georg Schmid (CSU): Seien Sie doch nicht so bösartig!)

Die bayerischen Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass die Regierenden die Heimat bewahren und der Umweltzerstörung und dem alltäglichen Flächenfraß in Bayern nicht weiter Vorschub leisten. Auf all diesen Feldern öffnen sich Chancen für unser Land, die wir nutzen und ausbauen werden. Und deshalb ist heute der Tag, an dem die Abschaffung der Studiengebühren mit der Ersten Lesung zum vorliegenden Gesetzentwurf näher rückt; das ist ein guter Tag für Bayern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke, Frau Kollegin. Als Nächster hat Kollege Thomas Hacker das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was wir von Ulrike Gote gehört haben, war schon fast der Entwurf einer Regierungserklärung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD - Zurufe: Bravo!)

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann Ihnen versprechen: Dazu wird es nicht kommen.

Sie weisen darauf hin, wo wir in der Bildungspolitik Maßnahmen ergreifen müssen, um die soziale Frage im Bildungssystem zu beantworten. Am Schluss aber kommen Sie zu einem verkehrten Ergebnis. Die Beitragsfreistellung an der Hochschule wird die soziale Frage im Bildungssystem nicht beantworten. Wir müssen sie an anderer Stelle beantworten. Das wissen Sie alle, und so ist es umso empörender, wenn versucht wird, sich zu feiern, da wir die Mittel dann eben nicht haben, um die Situation in den Kindergärten zu verbessern, die Qualität in den Kinderkrippen zu erhöhen, die soziale Gerechtigkeit möglichst zu erreichen, Chancen zu schaffen durch Bildung und den sozialen Aufstieg zu ermöglichen.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Alle diejenigen, die zum Abitur gekommen sind, haben das Bildungssystem bis zur Spitze durchlaufen; aber wir verlieren viel zu viele junge Menschen in den Jahren davor. Das fängt bereits in den ersten Jahren an. Deswegen ist heute tatsächlich ein guter Tag, weil wir beim nächsten Tagesordnungspunkt ein Bildungsfinanzierungsgesetz einbringen werden, das eben nicht nur den Ersatz der Hochschulbeiträge vorsieht, sondern auch die richtigen Weichenstellungen schafft, damit sich die Chancen der jungen Menschen verbessern.

(Beifall bei der FDP)

Wir investieren deswegen nicht nur in den Krippenausbau über 800 Millionen Euro allein in dieser Legislaturperiode zur Unterstützung der Kommunen. Wir investieren auch dafür, dass die Gruppen in den Kindergärten kleiner werden, dass Kinder mit Behinderung besser berücksichtigt werden, damit die Öffnungszeiten in den Krippen flexibler werden, damit im Land tatsächlich die Vereinbarkeit von Familie und Beruf möglich ist und sich nicht die Frage stellt: Familie oder Beruf. Wir wollen Chancen schaffen für die jungen Familien.

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Deswegen werden wir auch einen weiteren Schritt zur Beitragsfreistellung im Kindergarten gehen; denn wir müssen die jungen Menschen erreichen und fördern, wenn wir intensiver schon mit den Kindern arbeiten wollen.

Im Übrigen ist es klar, dass gute Sprachkenntnisse Grundvoraussetzung für einen Bildungserfolg sind. Das heißt, wir müssen mehr Familien mit Migrationshintergrund, aber auch deutschen Familien, die nicht allein in der Lage sind, den Kindern optimale Voraussetzungen zu geben, den Weg durch das Bildungssystem ebnen. Auch hier müssen wir uns einbringen. Vor diesem Hintergrund haben wir als FDP darum gerungen, wie wir mit dem Volksbegehren und ebenso mit der Positionsänderung des Koalitionspartners umgehen müssen. Denn wir tragen Verantwortung für dieses Land.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das nehme ich Ihnen nicht ab!)

- Herr Halbleib, das brauchen Sie uns auch nicht abzunehmen; denn wir setzen alles daran, dass diese Politik im September dieses Jahres in die Verlängerung geht. Wir sind auf einem guten Weg im Bildungssystem.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Wir lassen die Studenten nicht im Regen stehen. Bei Ihrem Gesetzentwurf, den Sie eingebracht haben, geht es nicht darum, wie die Beträge ersetzt werden können und wie der Ausgleich geleistet werden kann. Herr Piazolo, Sie wissen doch selber, dass das Landesverfassungsgericht dann sicherlich anders geurteilt hätte.

Die Koalition aus CSU und FDP ist auf dem richtigen Wege: Bildungsfinanzierung, Bildungsinvestitionen an der richtigen Stelle für die Unterstützung der Familien, der jungen Menschen, Bildungsgerechtigkeit, Chancengerechtigkeit.

(Anhaltende Zurufe des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Für all das setzen wir uns über den September hinaus in Regierungsverantwortung für Bayern ein.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächster hat Kollege Dr. Christoph Rabenstein von der SPD das Wort. Bitte sehr.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Über kein Thema wurde schon öfter und intensiver diskutiert als über die Studienbeiträge. Deshalb wiederhole ich jetzt nicht alle Argumente, sondern ich möchte lediglich zur aktuellen, für mich etwas paradoxen Situation einige Anmerkungen machen.