Protocol of the Session on February 21, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

und unsere Aufgabe hier nicht vorrangig in der Abgabe von Bekenntnissen zu suchen.

(Zuruf von der CSU: Ach nee!)

So etwas sollten wir vielleicht doch eher den Gläubigen in der Kirche überlassen.

Aber weil es bei Herrn Schmid mit der Sachlichkeit − das hat heute Vormittag die Debatte gezeigt − nicht so weit her ist − vielleicht ist es eine Überforderung, vielleicht will er es nur nicht −, bekenne ich, Herr Schmid - erstes Bekenntnis -: Ja, der Länderfinanzausgleich ist bescheuert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die zentralen Argumente dazu habe ich eben in der Aktuellen Stunde genannt, aber Wiederholung ist ja ein bewährtes didaktisches Prinzip, jedenfalls bei Lernwilligen; ich schaue Sie jetzt etwas verzweifelt an dabei.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Deshalb noch einmal in aller Kürze: Solidarität zwischen Bundesländern funktioniert nicht. Übrigens bei

Wahlkämpfen, die in Hessen und Rheinland-Pfalz stattfanden − da ging es nur um 20 Millionen Euro, das eine Empfängerland, das andere Geberland − haben die sich darum gekloppt: Ihr auf der anderen Seite, euch zahlen wir mit den 20 Millionen Euro irgendwas! Es ist ein Grundproblem, dass die Solidarität nicht funktioniert.

(Georg Winter (CSU): Bei zehnfacher Rückgabe!)

Die populistischen Reden von der rechten Seite, namentlich heute Vormittag von Herrn Stammtischredner Söder und Herrn Stammtischredner Schmid, beweisen auch, was ich am Beispiel des kommunalen Finanzausgleichs ausgeführt hatte: Es funktioniert nicht!

(Zurufe von den GRÜNEN)

Vielleicht nur ein Nachklapp dazu. Dass Sie, Herr Söder, sich hier hinstellen und, ohne rot zu werden, dann auch noch behaupten − als einziges Gegenargument zu meiner Überlegung, der kommunale Finanzausgleich sei nicht ohne Grund zentral organisiert und beruhe nicht auf freiwilligen Verträgen zwischen den einzelnen Regionen Bayerns −, in Wunsiedel wäre eine Daueralimentierung ja gut, weil da ein Landrat der CSU ist − ein ehemaliger sympathischer Kollege; das habe ich jetzt gesagt, das haben nicht Sie gesagt, aber es war ein sympathischer Kollege −, weil dieser Landrat der CSU angehört, in den anderen Bundesländern sei eine Daueralimentierung schlecht, weil Sie − Söder − wissen, dass da Leute an der Regierung sind, die nichts tun würden, außer unser Geld zu verbraten, das halte ich für eine peinliche Anmaßung.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Der zweite Aspekt, den ich heute Vormittag auch schon angesprochen habe: Geber- wie Nehmerländer müssen mehr von dem behalten können, was sie durch zusätzliche Anstrengungen in der Finanzverwaltung einnehmen, weil sie auch die Kosten dafür tragen. Auch deshalb ist das System bescheuert.

Zweites Bekenntnis, Herr Schmid: Die Klage gegen den Länderfinanzausgleich ist aber genauso bescheuert. Sie ist schädlich, weil alle − das hat auch die letzte Klage gezeigt − warten, was das Bundesverfassungsgericht entscheidet. Bis dahin wird "Beamtenmikado" gespielt. Ich entschuldige mich bei den Beamten.

(Alexander König (CSU): Ihre Wortwahl lässt sowieso zu wünschen übrig!)

Die Klage ist sinnlos, weil das Bundesverfassungsgericht kein neues Konzept irgendjemandem von den Klägern auf den Tisch legen wird. Das Ergebnis wird allenfalls sein, dass das oder jenes kritikwürdig ist und dass es heißt: Jetzt verhandelt ihr.

Durch die Klage gibt es also eine lange Verzögerung des Ganzen. Nach der Wahl wird es hoffentlich so sein, dass sich die dann aktive Bayerische Staatsregierung zusammen mit der Baden-württembergischen Landesregierung sofort der Aufgabe stellt, ernsthaft zu verhandeln. Die Tatsache, dass Sie bisher nie ein Konzept hatten und nicht einmal ein schnell gestricktes vorlegen, zeigt, dass Sie in der Vergangenheit nie etwas hatten, über das Sie überhaupt hätten verhandeln können.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Klage ist auch deshalb unredlich, weil eben bei Licht betrachtet ein Konzept bis heute fehlt.

Ein bisschen Drehen an der sogenannten Einwohnerveredelung ist zwar richtig, wie auch das Herausnehmen von Berlin, aber die Strukturprobleme des Länderfinanzausgleichs, die ich eben skizziert habe, lösen sich damit nicht.

Und schließlich ist die Klage riskant, weil eine große Gefahr besteht, dass das Bundesverfassungsgericht die kommunalen Finanzen stärker als bisher in den Finanzausgleich einbeziehen lässt. Sie riskieren mit Ihrer Klage also einen großen finanziellen Schaden für Bayern. Das wissen Sie auch. Deshalb haben Sie die Klage erst jetzt eingereicht, damit sie einerseits für den Wahlkampf nutzbar ist, andererseits die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erst nach der Landtagswahl erfolgt. Denn diese Entscheidung könnte auch nachteilig ausfallen.

Aus diesem zweiten Bekenntnis folgt unmittelbar das dritte Bekenntnis, Herr Schmid. Wir GRÜNE wären bescheuert, wenn wir uns Ihrer auf durchsichtiger Wahlkampfrhetorik begründeten Klage anschließen würden, weil diese Klage materiell gegen die Interessen des bayerischen Volkes gerichtet ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wer sich ernsthaft mit der notwendigen Reform des Länderfinanzausgleichs befassen will, dem empfehle ich deshalb die Zustimmung zu den konstruktiven und differenzierten Anträgen von SPD und GRÜNEN. Wir stehen für die Wahrung materieller bayerischer Interessen in einem föderalen System. Wir stehen für einen konstruktiven Verhandlungsprozess zur Reform des Länderfinanzausgleichs.

(Alexander König (CSU): Das ist das Allerneueste! Das glauben Sie doch selber nicht!)

Sie stehen für Lufthoheit über den Stammtischen. Das macht den Unterschied.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN und Beifall des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Danke schön, Herr Kollege Hallitzky. Nächster Redner ist der Vorsitzende der SPD-Fraktion, Kollege Rinderspacher. Bitte schön, Herr Rinderspacher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim letzten Politischen Aschermittwoch hat Regierungschef Horst Seehofer gepoltert, wer eine andere Meinung beim Länderfinanzausgleich vertrete als die CSU, der handle unpatriotisch. Wer andere Positionen vertrete als die CSU, sei gegen Bayern und vertrete allenfalls die Interessen dunkler Mächte oder von Parteizentralen in Berlin oder anderswo.

Unabhängig von diesem schlechten Stil des Regierungschefs, meine Damen und Herren, Abgeordneten anderer Parteien im Bayerischen Landtag mangelnden Patriotismus zu unterstellen und sie gewissermaßen mit Vaterlandsverrätern gleichzustellen, ist das eine politische Kategorie unterster Schublade.

(Beifall bei der SPD)

Das gibt mir aber heute die Gelegenheit, den Sachverhalt korrekt darzustellen. Die SPD in Bayern kritisiert seit vielen Jahren den von der CSU zum Nachteil Bayerns ausgehandelten Länderfinanzausgleich.

(Harald Güller (SPD): So ist es!)

Der Länderfinanzausgleich ist ungerecht. Bayern zahlt zu viel in diesen Topf ein. Aus Sicht des bayerischen Steuerzahlers ist der von der CSU ausgehandelte Länderfinanzausgleich großer Mist.

(Zuruf des Abgeordneten Georg Winter (CSU))

Deshalb sage ich, die CSU handelt nach dem Prinzip "Haltet den Dieb" − ein alter Gaunertrick, um das eigene Ganovenstück unbemerkt zu machen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Der CSU-Vorsitzende erinnert uns an den Feuerwehrmann, der das Haus selbst in Brand steckt, um dann zu rufen: Die anderen waren es, die anderen waren es!

Ich darf noch einmal daran erinnern: Horst Seehofer höchstpersönlich hat uns den Länderfinanzausgleich in seiner heutigen Form eingebrockt.

(Beifall bei der SPD)

Er selbst hat den Schaden für Bayern angerichtet, zum Nachteil des Freistaats, zum Nachteil der bayerischen Steuerzahler, zum Nachteil der in Bayern lebenden Menschen, zum Nachteil unserer Heimat, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD - Unruhe − Glocke des Präsi- denten - Alexander König (CSU): Eine völlige Verdrehung der Tatsachen!)

Es war im Sommer 2001, als im Deutschen Bundestag der Bundestagsabgeordnete Horst Seehofer und seine Bundestagskollegen Gerda Hasselfeldt, Peter Ramsauer, Ilse Aigner, Hartmut Koschyk und all die anderen von der CSU-Landesgruppe diesen Länderfinanzausgleich mit ihrer Stimme in Gesetzesform gegossen haben. Der damalige CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber hat den heutigen Länderfinanzausgleich ausgehandelt und ihn in einer eigens von ihm anberaumten Regierungserklärung hier im Bayerischen Landtag als wegweisend für den Föderalismus gefeiert.

(Harald Güller (SPD): So ist es!)

Heute muss man fragen: Mangelt es Stoiber und Seehofer an einem Bayern-Gen, wenn sie solche bayernfeindlichen Gesetze beschließen?

(Beifall bei der SPD)

Wenn ich es in der Sprache des CSU-Vorsitzenden vom Politischen Aschermittwoch formulieren müsste, müsste ich sagen: Die CSU hat unsere Heimat Bayern beim Länderfinanzausgleich verraten und verkauft, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)