Protocol of the Session on February 12, 2009

(Beifall bei der FDP)

All diese Ziele wollen wir mit großem Nachdruck verfolgen. Der Weg, den wir gehen, liebe Frau Ackermann, wird nicht mehr so lange sein; der dauert keine zehn Jahre. Wir werden uns daran messen lassen.

Mit Nachdruck verfolgt werden muss auch der Ausbau von Kinderbetreuungsangeboten. Auch das ist ein klares Ziel, das wir positiv definiert haben. Hier haben wir ja auch in der letzten Zeit schon sehr viel Bewegung feststellen können.

Die Tatsache, dass Frauen mit Kindern überdurchschnittlich häufig einer Teilzeittätigkeit und Minijobs nachgehen und das Armutsrisiko von Alleinerziehenden gestiegen ist, ist ein Indiz dafür, dass Familie und Beruf in Bayern nach wie vor schwierig zu vereinbaren sind.

(Beifall bei der FDP)

Da ist, und das stellen wir durchaus fest, einiges in der Vergangenheit ein bisschen sehr zäh gelaufen.

(Christa Naaß (SPD): Nicht nur ein bisschen!)

Da wurde vielleicht auch zu lange an einem ganz bestimmten Familienbild festgehalten.

(Beifall bei der FDP - Christa Steiger (SPD): Korrekt beobachtet!)

Voraussetzung aber dafür, dass Mütter und Väter ihr Potenzial auf dem Arbeitsmarkt voll ausschöpfen können, ist eben eine bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige und vor allen Dingen auch flexible Kinderbetreuung.

(Beifall bei der FDP)

Das werden wir anpacken. Darüber hinaus muss Familienförderung transparent und neutral gegenüber unterschiedlichen Lebensentwürfen gestaltet werden. Die Aufforderung an die Wirtschaft, die von meinem Kollegen von der CSU gekommen ist, möchte ich unterstreichen. Gleichzeitig möchte ich feststellen, dass es in der Zwischenzeit schon viele entsprechend aktive Betriebe gibt, ja sogar die öffentliche Verwaltung versucht hier einiges zu tun. Man hat erkannt, dass es mit ein wichtiger Standortfaktor in einer Gemeinde oder für einen Betrieb ist, wenn es hier ein gutes oder qualitativ hervorragendes Angebot gibt.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie mich zum Schluss aus der Vielzahl der Themen drei Bereiche ansprechen, die für mich besonders wichtig sind. Angesichts der kurzen Zeit ist es natürlich überhaupt nicht möglich, auf alle Themen intensiv einzugehen, die im Sozialbericht angesprochen wurden. Mit eines der wichtigsten Themen ist für mich die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Ich denke, hier haben wir in der Tat noch eine ganz, ganz große Aufgabe zu bewältigen und sehr viele Defizite zu beseitigen.

(Beifall bei der FDP - Christa Steiger (SPD): Ganz besonders in Bayern!)

2,3 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund lebten 2005 in Bayern. Das ist eine gewaltige Zahl. Deren

Haushaltsäquivalenzeinkommen liegt um 20,2 % niedriger als das der Mehrheitsbevölkerung. Die Arbeitslosenquote, das finde ich erstaunlich, der Zwanzig- bis Fünfundfünfzigjährigen liegt bei 13,1 % gegenüber 5,1 % der Mehrheitsbevölkerung. Das ist eine riesengroße Herausforderung für uns, der wir uns stellen müssen. Deshalb war es für uns als FDP ein ganz, ganz wichtiges Signal, im Koalitionsvertrag festzuschreiben, dass in Bayern erstmals ein Integrationsbeauftragter installiert werden soll.

(Beifall bei der FDP)

Ich verhehle nicht, dass ich mich sehr darüber gefreut habe und dass es mich emotional sehr berührt hat, festzustellen, dass eine neue Bewegung in die Diskussion in diesem Landtag und in den Umgang miteinander bei diesem Thema gekommen ist.

(Christa Naaß (SPD): Wenn das im Landtag politisch angesiedelt worden wäre, wäre es noch besser!)

Ein besonderes Augenmerk wird in der Sozialpolitik natürlich - auch das wurde schon angesprochen - der pflegerischen Versorgung der Bevölkerung gelten müssen. Auch ich sehe große Probleme und einen Pflegenotstand auf uns zukommen. Es wird wichtig sein, dagegen etwas zu tun.

Ein ganz wichtiges Thema - damit haben Sie recht - ist auch die Integration von Kindern mit Behinderung. Man hat dafür schon einiges getan. Es ist nicht so, dass nichts passiert ist, aber wir haben immer noch große Aufgaben vor uns. Wir müssen diese Aufgaben intensiv begleiten, weitermachen und die Ziele konsequent verfolgen.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CSU)

Für mich persönlich sind auch die ambulante und stationäre Hospizbewegung und die Einrichtungen der Palliativmedizin eine wichtige Aufgabe. Auch hierfür gibt es noch sehr viel zu tun. Diese Themen sind im Bericht nur kurz behandelt worden. Mir persönlich sind sie sehr wichtig.

(Beifall bei der FDP)

Hier wurde geklagt, es sei sehr zu befürchten, dass die flächendeckende Versorgung mit Ärzten im ländlichen Raum gefährdet sei. Diese Sorge teile ich. Ich stelle aber fest, dass die Ursachen dafür nicht in diesem Hause gesetzt wurden. Da müssen wir auf die verfehlte Gesundheitspolitik in Berlin sehen. Dort müssen wir ansetzen. Dort müssen die Weichen anders gestellt werden.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CSU und der Freien Wähler)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, werte Kolleginnen und Kollegen, das Aufgabenspektrum, das dieser Landessozialbericht aufgezeigt hat, ist sehr breit. 1999 erschien der Erste Sozialbericht. Ihm folgte ein Beschluss des Landtags, einen solchen Bericht in jeder Legislaturperiode vorzulegen. Dann vergingen zehn Jahre. Die Gründe dafür haben wir heute gehört. Wie wichtig die Erkenntnisse aus diesem Bericht für die praktische Politik sind, zeigt dieses 800 Seiten umfassende Werk mehr als eindrucksvoll. Die Koalition hat sich zur Aufgabe gemacht, den jetzt vorgelegten Bericht zukünftig jedes Jahr zu ergänzen. In der Regierungserklärung wurde heute von der Ministerin dargelegt, dass es zukünftig jedes Jahr einen kleinen Sozialbericht geben wird. Ich denke, wir als Parlament werden ganz genau darauf schauen, dass das auch wirklich passiert.

(Beifall bei der FDP)

Lassen Sie uns diesen Sozialbericht als eine gemeinsame Aufgabe für uns im Landtag verstehen, verbunden mit dem Ziel, bestehende Defizite möglichst zielstrebig zum Wohle aller Bürgerinnen und Bürger in Bayern abzubauen. Dabei genügt es nicht - ich denke, hier spreche ich für die ganze Koalition - im Vergleich mit anderen Ländern besser dazustehen. Nein, wir erheben den Anspruch, gut dazustehen. Wir wollen das Beste für unsere Bürgerinnen und Bürger. An diesem Anspruch lassen wir uns auch messen.

(Anhaltender Beifall bei der FDP und der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Imhof.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte, liebe Frau Meyer, ein ganz großes Kompliment von meiner Seite. Ihnen ist es tatsächlich gelungen, die wichtigsten Schwerpunkte aus diesem Sozialbericht, diesem Mammutwerk, auf eine sehr objektive Art und Weise und inhaltlich sehr differenziert innerhalb weniger Tage so zu verinnerlichen, dass Sie es in dieser Form darstellen konnten. Dafür möchte ich mich auch im Namen meiner Fraktion bedanken.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Vielleicht eine Anmerkung, die aber keine Kritik sein soll. Auf die Frage, inwieweit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vorangeschritten ist, können wir sagen, dass wir auf einem sehr guten Weg sind.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Schon wieder einmal!)

In Bayern ist die Erwerbsquote von Frauen deutlich höher als in allen anderen Ländern.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Hast Du auch die Niedriglohnquote bei den Frauen gesehen, Hermann?)

Es besteht Nachholbedarf, da gebe ich Ihnen recht. Wir sind aber auf dem Weg.

Herr Präsident, meine Damen und Herren, es ist für einen, der nur noch ganz wenige Minuten Zeit hat, fast unmöglich, alles auf den Punkt zu bringen. Das wissen Sie selbst aus eigener Erfahrung. Es sind nur mehr wenige Minuten.

(Hubert Aiwanger (FW): Die Zeit nutzen!)

An die Adresse des Sozialministeriums gerichtet wollte ich nur noch Folgendes sagen: Ohne einen falschen Stolz und ohne Überheblichkeit glaube ich doch sagen zu können, die Mühe, die Arbeit und die Investitionen die Sie, meine Damen und Herren, sich hier gemacht haben, haben sich gelohnt. Dass dieser Bericht in seinen Fakten sehr ausgewogen ist, ist von profilierten Instituten bestätigt worden. Ich sehe hier Menschen, die immer darauf bestanden haben, ein Korrektiv zu sein und diesen Sozialbericht im Sinne einer neu verstandenen Partnerschaftlichkeit zu begleiten. Ich sehe hier Vertreter der großen Wohlfahrtsverbände, die bei der Erstellung sowohl der einzelnen Rubriken als auch bei der Frage nach der Vielfalt der Themen, die der Sozialbericht enthalten soll, an unserer Seite, an der Seite einer Mehrheit standen, die daran interessiert sein muss, dass sie von außen im Sinne es Korrektivs immer wieder auf Probleme hingewiesen wird. Die Sozialverbände haben in diesen schwierigen Zeiten immer wieder den Finger in die Wunde gelegt. Prinzessin, ich sehe Sie dort oben sitzen. In schwierigen Zeiten stand auch unsere Fraktion vor der Frage, inwieweit Ökonomie und Leistungsbereitschaft immer wieder mit sozialer Gerechtigkeit und sozialer Balance ins Lot gebracht werden müssen. Für dieses Korrektiv bedanke ich mich im Namen meiner Fraktion. Ich bitte darum, auch weiterhin kritisch und konstruktiv an unserer Seite zu stehen.

Meine Damen und Herren, Alois Glück hat in der Grundsatzkommission, der ich auch angehöre, einmal gefragt - diesen Satz halte ich für sehr wichtig und sehr bedeutsam -, wie wir in der heutigen Zeit soziale Gerechtigkeit verstehen wollen. Er hat Ludwig Erhard als Vorbild genommen und gesagt, Anfang der sechziger Jahre sei es nach all den Trümmerfeldern, all der Armut und allen öffentlichen Defiziten im Sozialwesen notwendig gewesen, Wohlstand für alle zu schaffen. Das

ist auch heute eine nach wie vor wichtige Devise. Er hat diese Devise aber erweitert und von Teilhabe und Chancengerechtigkeit, unabhängig von aller sozialer Herkunft und unabhängig von Hautfarbe und Rasse, gesprochen.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Da passiert aber nichts!)

Das ist die Prämisse, die wir Sozialpolitiker uns für die nächsten Jahre auferlegen müssen. Wir müssen auf allen Feldern Teilhabe und Chancengerechtigkeit ermöglichen. Frau Ackermann, Sie haben vorhin die Schule als Beispiel herausgegriffen. Darauf muss ich Sie fragen, ob Sie das letzte Statement von Ludwig Spaenle gelesen haben.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Muss man das?)

- Das ist sehr wichtig, denn die Forderung, dass soziale Gerechtigkeit und Qualität miteinander in Einklang gebracht werden müssen, hat er auf alle Felder bezogen, die Sie, Herr Aiwanger, vorhin auch genannt haben. Bei der Frage nach Teilhabe im Sinn von echter Integration und Durchlässigkeit ist das dreigliedrige Schulsystem kein Handicap, Frau Ackermann. Das meinen Sie zwar immer wieder. Es geht darum, die Durchlässigkeit noch weiter zu verbessern. Die individuelle Förderung zu erhöhen und gleichzeitig die Migranten zu betreuen, ist für uns alle im Parlament eine immense Herausforderung. Für uns stellt sich die Frage, wie wir mit jungen, aber auch mit den älteren Migranten bis hin zum Altenheim oder in adäquaten Betreuungsformen umgehen. Diese Probleme werden wir nur dann lösen können, meine Damen und Herren, wenn wir auch adäquate Konzepte entwickeln.

(Renate Ackermann (GRÜNE): Genau!)

Für mich heißt das aber auch ganz konkret, Geld in die Hand zu nehmen. Das richtet sich an die Adresse der Frau Ministerin genauso wie an meine Fraktion und an Ihre Fraktionen. Sozialarbeit, die die Menschen aufsucht, muss verstärkt werden. Nur dann, meine Damen und Herren, werden wir eine bestimmte Personengruppe erreichen. Es wäre eine Diskriminierung, die Menschen draußen vor verschlossenen Türen stehen zu lassen. Die Nürnberger kennen, was ich meine: Kindertagesstätten für Familien. - Herr Präsident, bin ich schon am Ende meiner Redezeit?

Lieber Herr Kollege, Sie wissen, dass ich Ihnen gerne zuhöre. Mehr als eine Minute möchte ich Sie aber nicht gerne überziehen lassen.