Ich möchte ein wenig darstellen, worum es in dem ganzen Fall Mollath geht. Am 12. August 2001 sollen die Straftaten gegen seine Frau verübt worden sein, am 31. Mai 2002 die Freiheitsentziehung bei seiner Frau sowie die Beraubung. Aber erst am 3. Juni 2002 ließ seine Frau ein Attest über die Verletzungen vom 12. August 2001 anfertigen. Das war also schon etwas lange her.
Eine andere Auffälligkeit war, dass die Hypo-Vereinsbank, HVB, am 15.01.2003 Ermittlungen aufgenommen hat, um den Schwarzgeldverdacht, den Herr Mollath in seinen Briefen geäußert hat, zu untersuchen. Genau an diesem Tag, auch am 15. Januar 2003, erstattet Frau Mollath Anzeige gegen ihren Mann. Das zeigt schon, dass hier einiges seltsam lief. Dann haben wir die Anzeige von Herrn Mollath vom 9. Dezember 2003, wo er sechs Seiten vorlegt, die nach unserer Ansicht einen Anfangsverdacht rechtfertigen.
Herrn Mollath wird immer wieder eine Psychose attestiert, psychiatrische Zustände, ein paranoides Wahnsystem und organisch wahnhafte Störungen. Im Bericht der HVB, der am 19. März 2003 freigegeben wurde, heißt es:
Die Prüfungen erfolgen aufgrund der Briefe von Herrn Mollath, und die Prüfungen erfolgen wegen Vermögenstransfers in die Schweiz, wegen Provisionszahlungen und wegen Verstoßes gegen das Geldwäschegesetz.
Mollath besitzt Insiderwissen. Alle nachprüfbaren Behauptungen haben sich als zutreffend herausgestellt.
Hier sei der Angeklagte der unkorrigierbaren Überzeugung, dass eine Reihe von Personen aus dem Geschäftsfeld seiner früheren Ehefrau in ein komplexes System der Schwarzgeldverschiebung verwickelt ist.
Meine Damen und Herren, gestern hat die Staatsanwaltschaft bei der HVB eine Razzia durchgeführt, genau wegen des Verdachts von Schwarzgeldverschiebung. Man muss sagen: Alles das, was jetzt auf dem Tisch liegt, zeigt, dass das eben kein paranoides Gedankensystem ist, sondern dass ein wahres Erleben im Hintergrund steht. Diesem wahren Erleben muss nachgegangen werden, und dieses wahre Erleben muss auch justiziabel gemacht werden. Dem hätte man schon viel früher nachgehen müssen.
Somit ist im Grunde ein Mosaikstein aus der Argumentationskette herausgefallen. Deswegen muss man das genau nachprüfen. Wir meinen, es ist wünschenswert, dass möglichst rasch ein neues Gutachten von einem Fachmann erstellt wird, der alles weiß, auch was die HVB in ihrem Bericht geschrieben hat.
Die Nürnberger Staatsanwaltschaft hat am 6. Dezember eine Pressemeldung herausgegeben, dass das letzte Gutachten über Herrn Mollath ein Jahr zurückliegt und deswegen dort der HVB-Bericht nicht berücksichtigt werden konnte. Aber unseres Wissens hat Herr Dr. Leipziger noch am 16. April dieses Jahres ein Gutachten abgegeben; dabei hatte er die Stellungnahme der HVB eben nicht. Diese hätte man ihm aber geben müssen, denn er kann nur das begutachten, was er weiß. Damals hat man ihm genauso Informationen vorenthalten, wie man sie uns im Haus vorenthalten hat.
Wir fordern weiterhin Aufklärung, und zwar eine offene, transparente Aufklärung. Nach unserer Meinung kann das letztlich nur in einem Untersuchungsausschuss gehen.
Des Weiteren wurde uns vorenthalten, dass es 2007 auf Veranlassung des Amtsgerichts Straubing eine Begutachtung von Herrn Mollath bezüglich eines Be
treuungsverfahrens gab. Dieses Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass eine Betreuung nicht gerechtfertigt ist, dass die Voraussetzungen dafür also nicht vorliegen. Sie kam damit zu einem genau anderen Ergebnis. Auch muss man sagen, dass Herr Mollath in den vergangenen sechs Jahren, in denen er in Unterbringung ist, nie irgendwo auffällig geworden ist. Deswegen muss man schauen: Wie geht es weiter? Wenn jemand krank ist und in Unterbringung kommt, ist es Aufgabe der Anstalt, ihn sozusagen zu heilen und wieder einer Entlassung zuzuführen, nicht das Gegenteil. Diesem Auftrag der Gesellschaft muss man auch gerecht werden. Von daher bricht also meines Erachtens die Position zusammen, dass es sich um ein paranoides Gedankensystem handelt.
Die Frage, ob Herr Mollath gesund oder krank ist, ist gesondert von der Frage, ob Schwarzgeldverschiebungen im Hintergrund stehen, zu klären. Das muss auch gesondert verfolgt werden. Wir fordern weiterhin Aufklärung. Wir haben den dringenden Verdacht, dass Sachverhalte einfach irgendwohin verschoben worden sind, und fordern auch dazu eine klare, offene Untersuchung. Auch wenn Herr Mollath jetzt untersucht wird, muss das in möglichst großer Transparenz erfolgen. Eine vertrauensvolle Untersuchung muss stattfinden können. Auch deswegen stellen wir unseren Antrag.
- Gemach, gemach, Herr Kollege! Sie haben vielleicht nicht den gleichen Antrag gestellt, aber Sie sind auf die Idee gekommen, den Rücktritt zu fordern. Das ist schön und gut, und wir werden Ihren Antrag mittragen. Auch wir sagen: Eine genaue Aufklärung ist in der bisherigen Konstellation nicht möglich.
Wir waren so fair und wollten der Ministerin die Chance zu geben, auch vor der Öffentlichkeit erhobenen Hauptes tätig zu werden. Jetzt ist sie eine Getriebene des Landtags.
Danke schön, Kollege Streibl. − Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Stahl für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Bitte schön, Sie haben das Wort.
gen gab es tatsächlich schon mehrere. Es wäre für Frau Merk vielleicht besser gewesen, wenn sie diesen schon im Vorfeld gefolgt wäre.
Jetzt müssen wir den Ministerpräsidenten auffordern, seine Justizministerin zu entlassen. Denn eines ist sicher: Diesem Spuk muss ein Ende bereitet werden.
(Beifall bei den GRÜNEN und den FREIEN WÄH- LERN − Zuruf von der CSU: Wo bleibt die sachli- che Begründung, Frau Kollegin?)
Die neuesten Entwicklungen in dem Fall, der hier zur Debatte steht, zeigen, dass Sie das Heft des Handelns schon lange nicht mehr in den Händen halten. Von anderen werden Forderungen aufgestellt und auch Entscheidungen getroffen, die Sie hätten treffen müssen.
Wir waren bereit, Ihnen im Ausschuss Gelegenheit zu geben, zusammen mit der Opposition den Fall aufzuarbeiten. Wir waren bereit, mit Ihnen über Konsequenzen zu diskutieren und darüber zu sprechen, welche Möglichkeiten wir haben; denn tatsächlich ist dieses Verfahren weitgehend eines der Justiz.
Aber wie soll eine offene und ehrliche Debatte erfolgen, wenn Sie ein paar Tage nach der schwierigen Plenardebatte vom 14. November zu unserem Dringlichkeitsantrag nichts Besseres zu tun haben, als eine Pressemitteilung, der eine Tabelle angehängt ist, herauszuschicken, in der Sie sich wieder an der Strafbarkeit des Handelns einer Person abarbeiten, die aber in einem anderen Kontext gesehen werden muss, als Sie das bisher zu tun bereit sind?
Sie haben zum wiederholten Male den Bericht vom 8. März versandt, von dem wir mittlerweile wissen, dass der nur einen Teil dessen enthält, was wir heute wissen. Sie bestreiten nach wie vor das, was bereits als Faktum auf dem Tisch liegt, nämlich dass in diesem Verfahren wohl nicht alles ordentlich gelaufen sein kann. Sie haben selbst im Plenum gesagt, Sie hätten uns nur erzählt, was Sie für relevant gehalten haben. Das ist etwas anderes als das, was wir mit Aufarbeitung meinen.
Sie fahren trotz Plenardebatte im ZDF-Morgenmagazin die alte Verteidigungsstrategie. Ihre Erwiderungen auf die weitere Presseberichterstattung erfolgen nach dem Motto "Augen zu und durch!" Die Bevölkerung hat aufgrund dieser Blockadehaltung schon lange das Vertrauen verloren.
In den vergangenen zwei Wochen haben Sie die letzte Chance vertan, für eine neue Weichenstellung zu sorgen. Wir können jedenfalls nicht erkennen, dass sich in dieser Zeit irgendetwas zum Besseren geändert hätte.
Der Antrag, über den wir noch im Rechtsausschuss beraten müssen, ist dadurch nicht obsolet geworden. Er enthält eine ganze Reihe von Fragestellungen, die, sollten Sie das nicht mehr selbst tun können, ein Ministerialer zu beantworten hat. Das war Punkt eins.
Punkt zwei: Die Einmischung des Ministerpräsidenten zu Beginn dieser Woche war − darin werden Sie mir zustimmen − ein Balanceakt. Sie haben das auch eingestanden. Es geht nämlich um die Unabhängigkeit der Entscheidungen von Gerichten und Staatsanwaltschaften. Die Einmischung zeigt überdeutlich, dass Ihnen, Frau Merk, die Lösung des Problems, über das wir diskutieren, in keiner Weise mehr zugetraut wird.
Deutlich wird auch, dass Sie nicht mehr darauf vertrauen, die Justiz allein könne zu einer Lösung beitragen bzw. sie habe entsprechend ihrem Auftrag gearbeitet. Die Einmischung des Ministerpräsidenten, vermutlich als Befreiungsschlag gedacht, fällt auf Sie, Frau Justizministerin, als Bumerang zurück.
Zitat Ministerpräsident Seehofer − wenn denn die Zitate in der "Süddeutschen Zeitung" vom 27. November richtig sind; ich habe keine Richtigstellung gehört -: "Ich möchte in diesem Fall, dass man sich auf die Frage konzentriert, ob alles in Ordnung ist."
Herr Ministerpräsident, Sie meinten weiter, die Justiz sei "gut beraten, den Fall noch einmal zu bewerten." Das ist aber genau das Gegenteil dessen, was die Frau Justizministerin in den letzten Monaten monstranzartig vor sich hergetragen hat.
Wer Überprüfung fordert, zweifelt. Damit befinden Sie sich in einer Reihe mit uns, Herr Ministerpräsident.