Protocol of the Session on November 14, 2012

sitionen zu verabschieden, und keine zwei Stunden später bestätigen Sie mich. Sie haben noch einmal die Beschlüsse der Großen Koalition mit dem Verweis auf die Sozialdemokratie kritisiert. Ich darf Sie noch einmal daran erinnern: Sie waren damals Minister und Bundestagsabgeordneter. Sie haben diese Beschlüsse ebenfalls gefasst. Sie sollten sich davon nicht distanzieren.

(Beifall bei der SPD)

Ein zweiter Punkt. Ich habe beschrieben, in welchen Punkten Sie rasante Wenden vollzogen haben: G 8, G 9, Länderfinanzausgleich, Praxisgebühr, Donauausbau, Wehrpflicht, Atomkraft und und und. Im Ergebnis habe ich dies häufig begrüßt. In diesem Fall, bei den Studiengebühren, müssen wir uns jedoch seit Tagen vergegenwärtigen, dass dies ein regelrechtes Chaos ausgelöst hat, auch an den bayerischen Hochschulen.

(Widerspruch bei der CSU - Alexander König (CSU): Wo soll das sein?)

Die Ludwig-Maximilians-Universität hat die Direktive ausgegeben, aufgrund der unsicheren Situation keine befristeten Verträge mehr zu verlängern. Sie wissen das; denn die Medien haben heute darüber berichtet. Wir haben ganz offensichtlich eine Hängepartie, die von Ihnen, Herr Seehofer, ausgelöst wurde und die offensichtlich noch weitere vier Monate anhalten wird. Denn Sie haben bereits über die Medien deutlich gemacht, wie die CSU abstimmen wird, wenn der Gesetzentwurf des Volksbegehrens in den Bayerischen Landtag kommt. Das wird im Februar oder im März kommenden Jahres der Fall sein. Sie sagten, dass die CSU dann zu ihrer Meinung stehen und die Studiengebühren gemeinsam mit der SPD, den FREIEN WÄHLERN und den GRÜNEN abschaffen würde.

Ich frage mich, warum es dieser Hängepartie eigentlich bedarf. Warum müssen wir die Hochschulen noch weitere vier bis sechs Monate im Unklaren lassen? Wenn Sie Ihr Abstimmungsverhalten ohnehin bereits wissen, warum schaffen wir dann die Studiengebühren nicht schon heute ab? Diese Frage brennt uns auf den Nägeln.

(Beifall bei der SPD)

Bitte schön, Herr Ministerpräsident.

Lieber Herr Rinderspacher, die Praxisgebühr ist unter Ulla Schmidt beschlossen worden. Ich kann mich nicht erinnern, dass sie mir im Kabinett der Großen Koalition gegenübergesessen wäre.

(Maria Noichl (SPD): Ach, da waren Sie nicht dabei?)

- Heute ist es links ein bisschen schrill.

Sie kämpfen derzeit besonders mit der Riester-Rente. Dieses Thema wird uns im nächsten Jahr schön beschäftigen. Die Riester-Rente mit der Absenkung des Demografiefaktors wurde in der rot-grünen Koalition beschlossen. Die Agenda 2010 wurde in der Zeit der rot-grünen Koalition beschlossen und wurde als Markenkern Gerhard Schröders bezeichnet. Anschließend wurde sie pausenlos geändert. Ich sage das nur, damit man die historische Wahrheit sieht.

Herr Rinderspacher, Sie haben einfach immer wieder Pech. Unmittelbar vor dieser Plenarsitzung habe ich mit dem Präsidenten einer sehr großen Universität gesprochen. Ich will ihn jetzt nicht in Schwierigkeiten bringen, aber die Universität ist sehr groß, hier in München.

(Heiterkeit)

Ich hatte nicht den Eindruck, dass mir jemand gegenübersitzt, der chaotisch ist oder der nicht wüsste, was Sache ist. Er wusste, was wir mit dem Personal vorgesehen haben. Deshalb müssen Sie immer wieder unterscheiden zwischen dem, was in der Praxis tatsächlich stattfindet, und dem, was Sie an Chaos herbeireden wollen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Rinderspacher, das Angenehme bei Ihnen ist, dass wir genau vorhersagen können, was in jeder Woche stattfinden wird. Wir haben der Presse bereits am Samstag mitgeteilt, dass Sie in dieser Woche so agieren werden. Deshalb sehen wir dies auch mit großer Gelassenheit. Sie sind ein freundlicher und sympathischer Mensch, aber hier müssen Sie so agieren, wie Sie das tun. Es mag für Sie ein bisschen ärgerlich sein, dass Ihnen dieses Argument in der politischen Auseinandersetzung nicht mehr zur Verfügung steht.

Herr Ministerpräsident.

Ich bin schon fertig.

Nicht dass Sie noch mehr loben. Darf ich die nächste Zwischenbemerkung aufrufen?

Bitte.

Bitte schön, Herr Kollege Aiwanger.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, wir bewundern Ihre Beweglichkeit. Sie kommen mir ein bisschen so vor wie ein geangelter Aal im Eimer. Der dreht sich auch so herum. Aber ich glaube, das muss bei dieser Fraktion so sein: immer mit dem Rücken an der Wand, dann funktioniert das.

Ich habe an Sie zwei Fragen. Sie haben vorher gesagt, die gute Finanzausstattung Bayerns würde es jetzt ermöglichen, dass wir die Studiengebühren abschaffen. Erste Frage: Haben Sie diese Kenntnis über den guten Finanzstand auch schon vor dem Verfassungsgerichtsurteil gehabt oder erst nachher?

Zweite Frage: Sie wissen, dass es am Ende auf jede Stimme ankommt. Werden Sie das Volksbegehren unterstützen? Werden Sie in Ingolstadt ins Rathaus gehen und sich eintragen? Werden Sie auch die CSU auffordern, dies zu tun, oder lassen Sie die anderen die Arbeit machen und fahren nur die Ernte ein?

Also: Ab wann wussten Sie, dass Bayern so gut dasteht, erst nach dem Verfassungsgerichtsurteil? Werden Sie sich selber eintragen, ja oder nein?

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Der Herr Ministerpräsident wird als Staatsbürger befragt.

Lieber Herr Aiwanger, meine Position wurde auch hier im Parlament schon vor dem Verfassungsgerichtsurteil dokumentiert. Ich möchte niemandem zu nahe treten. Aber dass ich mindestens gegenüber den Studiengebühren sehr skeptisch war, habe ich erst vor wenigen Monaten im Kabinett erklärt. Herr Kollege Dr. Heubisch wird das bestätigen können. Ich möchte, dass in Bayern jeder, der das Zeug dazu hat, studieren kann, unabhängig von den sozialen Verhältnissen. Das haben wir auch so im Kabinett besprochen.

(Bernhard Pohl (FREIE WÄHLER): Wer hat denn den Koalitionsvertrag ausgehandelt?)

Das ist keine neue Position. Das ist auch keine Position, die vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof abhängig wäre. Ich habe seinerzeit nicht die begeisterte Zustimmung dafür erhalten wie heute.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Herr Seehofer, ich kann mich in Sie hineinversetzen!)

- Herr Aiwanger, ich sage das nicht vorwurfsvoll. Sie haben von mir keinen Vorwurf gegenüber Ulla Schmidt gehört, dass sie die Praxisgebühr eingeführt hat. Können Demokraten sich denn nicht gegenseitig zugestehen und respektieren, dass man im Jahr 2003 die Position A hatte und im Jahr 2012 die Position B? Das gehört doch zum gegenseitigen Respekt.

(Beifall bei der CSU - Zuruf des Abgeordneten Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER))

- Das ist bekannt. Faire Zeitungen und Sender verbreiten das auch. Das sind immerhin 99,9 % der Medien in Bayern. Man darf schließlich Medien nicht mehr kritisieren.

Zum Eintragen: Ich rede weiter mit meinem Koalitionspartner FDP. Dann werden wir sehen, wie es weitergeht. Ich bitte Sie um Geduld, Ruhe und Sachlichkeit. Wir machen das schon.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Werden Sie sich voraussichtlich eintragen?)

- Ich habe doch gerade gesagt, dass wir zunächst einmal miteinander reden werden. Dann werden weitere Schritte folgen oder auch nicht.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wir führen noch keine Abstimmung durch, sondern fahren mit der Aussprache fort. Frau Kollegin Bause hat sich noch gemeldet.

Die Ausführungen des Herrn Ministerpräsidenten veranlassen mich doch noch zu einigen Bemerkungen. Ich habe schon mit Schmunzeln zur Kenntnis genommen, Herr Seehofer, dass Sie gesagt haben, wie schädlich es doch ist, auf die Zwischenrufe des Augenblicks zu hören. Ich glaube, Sie sind derjenige, der auf die Zwischenrufe des Augenblicks schon reagiert, bevor diese Zwischenrufe überhaupt ertönt sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Viel interessanter fand ich aber, dass Sie die Folterinstrumente für die FDP schon jetzt ins Schaufenster gestellt haben. Sie haben gesagt, wenn das Volksbegehren erfolgreich ist und der Gesetzentwurf des Volksbegehrens dem Landtag vorgelegt werden muss, gibt es verschiedene Möglichkeiten: nur den Gesetzentwurf des Volksbegehrens oder einen weiteren Gesetzentwurf der Regierung. Dann muss man sich entscheiden. Sie haben gesagt, was Sie nicht akzeptieren, ist, dass sich die Mehrheit des Hauses beziehungsweise die Regierung nicht entscheidet und

die Entscheidung dem Volk vorlegt. − Viel Vergnügen, liebe FDP, mit diesen Folterinstrumenten. Das ist sozusagen eine letzte Galgenfrist für diese Koalition. Das ist wirklich eine Koalition auf Abruf.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Ministerpräsident − jetzt spricht er mit dem Innenminister -, Sie haben gesagt, Bayern sei gut und würde jeden dritten Euro in die Bildung investieren. Sie sollten auch einmal schauen, was andere Bundesländer machen.

(Zurufe von der CSU)

In anderen Bundesländern wird nämlich auch jeder dritte Euro in die Bildung investiert.

(Beifall bei den GRÜNEN - Thomas Hacker (FDP): Deswegen streichen die GRÜNEN 10.000 Lehrerstellen in Baden-Württemberg!)

Sie haben gesagt, es sei so wichtig, zunächst einmal die Haushaltsberatungen zu Ende zu führen; dann könnte man sich den nächsten Herausforderungen zuwenden. Ich sage dazu: Wunderbar; wenden Sie sich den Haushaltsberatungen zu. In diese Haushaltsberatungen sollten Sie die 180 Millionen Euro Kompensationsmittel sofort einbringen; denn nur dann werden Sie in dieser Frage wirklich glaubwürdig sein. Stellen sie im Rahmen der Haushaltsberatungen jetzt diese 180 Millionen Euro ein; dann können wir im Frühjahr nächsten Jahres die Studiengebühren endgültig abschaffen, wenn Sie heute nicht in der Lage sind, unserem Antrag zuzustimmen; denn dann ginge es nämlich noch schneller.

(Beifall bei den GRÜNEN)