Protocol of the Session on November 14, 2012

Danke schön, Herr Kollege Piazolo. Als Nächster hat Frau Kollegin Margarete Bause von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Kolleginnen und Kollegen von der FDP und der CSU, wir geben Ihnen heute mit diesem gemeinsamen Oppositions-Dringlichkeitsantrag die Gelegenheit, das zu tun, was die übergroße Mehrheit dieses Hauses erklärtermaßen will, nämlich die schnellstmögliche Abschaffung der Studiengebühren. Also, nutzen Sie diese Chance!

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den FREIEN WÄHLERN - Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Populismus! - Heiterkeit − Unruhe − Glocke des Präsidenten)

- Herr Gumppenberg, zur FDP komme ich gleich noch.

Zur Abschaffung der Studiengebühren: Die Opposition wollte die Studiengebühren noch nie. Seit ihrer Einführung, seit fünf Jahren stehen wir vor den Universitäten, stehen wir auf der Straße, stellen wir unzählige Anträge hier im Parlament, damit diese sozial ungerechte Maßnahme so schnell wie möglich wieder abgeschafft wird.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Die CSU und ihr Ministerpräsident können sich nach dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichts nicht schnell genug von den Sünden ihrer Vergangenheit distanzieren, und sie möchten die Fehlentscheidungen aus der Zeit ihrer Zweidrittelmehrheit am liebsten allesamt so schnell wie möglich vergessen machen. Mit all dem, was Sie heute sagen, bestätigen Sie unsere vielen Anträge und Argumente in der Vergangenheit, auf die Sie damals nicht hören wollten. Offenbar haben Sie seit dem Urteil gelernt. Herzliche Gratulation zu diesem schnellen Lernen!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur FDP schließlich.

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Was heißt "schließlich"? - Ulrike Gote (GRÜNE): Abschließend!)

- Das ist sozusagen abschließend das letzte Aufbäumen vor dem Untergang, Herr Gumppenberg. - Sie

haben ja nicht immer so vehement für Studiengebühren gekämpft.

(Renate Will (FDP): Doch, immer!)

- Sie vielleicht, Frau Will. − Aber in Ihrem Landtagswahlprogramm steht, dass Sie für nachgelagerte Studiengebühren sind, also dass man sie nicht sofort erhebt, sondern im Nachhinein, wenn die Studierenden ihr Studium beendet haben.

(Thomas Hacker (FDP): Das haben wir durch das Beitragsdarlehen auch umgesetzt! Das ist der Unterschied, Frau Bause: Wir handeln!)

Ihre Generalsekretärin, Frau Gruß, hat erst im letzten Sommer gesagt:

Mein Ziel ist es, langfristig in Bayern die Bildung kostenfrei anzubieten, und zwar von der frühkindlichen bis zur Hochschulausbildung.

(Thomas Hacker (FDP): Deswegen fangen wir beim Kindergarten an! Das ist sozial und gerechtfertigt!)

Wünschenswert wäre es, in einem ersten Schritt noch in dieser Legislaturperiode in Bayern die Studiengebühren abzuschaffen.

So Ihre Generalsekretärin, Frau Gruß, am 14. Juli 2011. Offenbar gilt das nicht. Aber tun Sie ihr doch den Gefallen, die Studiengebühren noch in dieser Legislaturperiode abzuschaffen.

Heute sind die Studiengebühren ganz offensichtlich der letzte Strohhalm im Überlebenskampf der FDP. Ich finde es schon interessant, dass Sie gerade den Studierenden − Studiengebühren sind ja eine zusätzliche Belastung für die Eltern und die Studierenden das Heilsversprechen geben: Wenn ihr uns wählt, dann dürft ihr in Zukunft jährlich 1.000 Euro für eure Bildung zahlen. − Mit diesem Versprechen werden Sie ganz offensichtlich in den nächsten Wahlkampf gehen. Viel Vergnügen damit!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ausgerechnet die FDP brüstet sich damit, dass sie die Studierenden zur Kasse bittet. Ansonsten können Sie nicht schnell genug sein, die Hoteliers zu entlasten oder Steuerflüchtlingen Beihilfe zu geben.

(Beifall bei den GRÜNEN und des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Das ist die FDP, die heute vor die bayerische Bevölkerung hintritt.

(Tobias Thalhammer (FDP): Auch Sie waren in Ihrem Wahlprogramm für die Steuerentlastung der Hotels!)

Die erbärmlichste Figur in diesem Tollhaus macht allerdings die CSU. Das kann ich Ihnen nicht ersparen. Herr Seehofer, Herr Schmid, noch vor drei Wochen konnten Sie bei Ihrem Parteitag vor Kraft kaum laufen. Und jetzt? − Jetzt können Sie vor Angst nicht schnell genug davonlaufen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aus Angst vor dem Volk läuft die Volkspartei vor sich selbst davon. Was für ein Erscheinungsbild: orientierungslos, kopflos, planlos, mutlos und wertelos. Den letzten Rest Ihrer Glaubwürdigkeit verhökern Sie aus Angst vor Machtverlust. Das ist Ihre Situation. Gerade weil Sie so viel Angst vor dem Machtverlust haben, könnte genau dieser Fall umso eher eintreten. Es könnte nämlich sein, dass Ihr nächster Purzelbaum Ihr letzter Purzelbaum und genau derjenige ist, der in den Abgrund führt.

(Beifall des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Sie geben gern die Kraftmeier, aber in Wahrheit sind Sie nur mehr die Angstmeier.

Das Ganze wäre vielleicht noch recht unterhaltsam. Das Problem ist nur, dass die Studierenden und die Angestellten, die Professoren und die Dozenten an den Hochschulen die Folgen Ihrer Unfähigkeit ausbaden müssen. Was lesen wir? − Unsicherheit, mangelnde Planungssicherheit, keine Planungssicherheit, Unklarheit. Wie geht es weiter?

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Wer löst denn das aus?)

Die ersten Hochschulen fangen schon an, die Verträge zu befristen und die Mitarbeiter nicht mehr länger anzustellen. Hierfür haben Sie die Verantwortung zu tragen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Seit der Zulassung des Volksbegehrens sorgt sich unser Ministerpräsident tatsächlich um die soziale Balance in unserem schönen Bayern. Seit der Zulassung des Volksbegehrens fällt Ihnen auf: Das mit den Studiengebühren ist sehr kritisch. Die bringen die soziale Balance in Gefahr.

Ich sage Ihnen: Die Studiengebühren sind Gift für die soziale Balance, und zwar nicht erst seit der Verkün

dung des Urteils des Verfassungsgerichts, sondern seit vielen Jahren ist das so.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Studiengebühren verschärfen die sich immer weiter öffnende soziale Schere in unserer Gesellschaft.

Ich will Ihnen einmal, weil wir diese Debatte auch in der letzten Sitzung geführt haben, die Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks in Erinnerung rufen. Wie ist es denn da? Wer studiert aus welcher gesellschaftlichen Schicht? − Die letzte Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks macht deutlich: In den letzten 20 Jahren hat sich die Situation im unteren Bereich nicht verbessert. Das ist seit 1991.

(Renate Will (FDP): Aber da müssen wir doch Geld hineintun!)

- Sie können gleich noch reden, Frau Will. − Seit 1991 können sich aus der unteren sozialen Schicht nur 15 % ein Hochschulstudium leisten. Das hat sich nicht verändert; das hat sich nicht verbessert.

(Thomas Hacker (FDP): Die kommen doch nicht einmal bis zum Abitur! Dahin müssen wir sie erst einmal bringen! - Unruhe − Glocke des Präsidenten)

Das sind heute noch immer nur 15 %. In der obersten sozialen Schicht hingegen hat sich die Situation verändert. Da waren es bis vor 20 Jahren 26 %, und jetzt sind es 35 %. Jetzt sagen Sie mir nicht, dass das kein Beleg für die absolute Ungerechtigkeit unseres Bildungssystems ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Bause, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu.

Dann gibt es noch den sogenannten Bildungstrichter. Der sagt uns, dass von 100 Kindern aus Akademikerfamilien im Jahr 2007 71 Kinder den Hochschulzugang erreicht haben. Er sagt uns weiterhin, dass von 100 Kindern aus Nichtakademikerfamilien nur 24 Kinder den Hochschulzugang erreicht haben. Deswegen sind die Studiengebühren sozial ungerecht. Deswegen müssen sie schnellstmöglich abgeschafft werden.

(Beifall bei den GRÜNEN - Thomas Hacker (FDP): Die Zahlen sind richtig! Aber Ihre Analyse ist falsch! Sie stellen die verkehrten Weichen!)

Mit Ihren peinlichen Pirouetten, Kolleginnen und Kollegen von Schwarz-Gelb, haben Sie sich so in Ihren eigenen Fallstricken verheddert, dass Sie sich selber völlig gelähmt haben. Sie nennen sich zwar noch Regierung, aber Sie sind nicht mehr fähig zu regieren. In Ihrer Not rufen Sie jetzt das Volk zu Hilfe: Liebes Volk, wir können es nicht mehr. Holt uns aus der Staatskanzlei heraus! − Liebe Bayerinnen und Bayern, ich sage: Tut Schwarz-Gelb diesen Gefallen! Dieser Notruf sollte wirklich erhört werden.