In Bayern gibt es natürlich Ansätze zur Problemlösung. Wir haben die flexible Grundschule. Sie wird viel gelobt. Ihre Zahl beträgt 20. Es werden sich 80 Schulen am Modellversuch beteiligen.
In Bayern haben wir 2.280 Grundschulen. Wenn wir das Modell der flexiblen Grundschule in dem bisherigen Tempo vorantreiben, dann wird das Ziel, sie flächendeckend einzuführen, erst erreicht, wenn die heutigen Grundschüler in Rente sind.
Bei der flexiblen Grundschule wird von einem individuellen Lerntempo gesprochen. Aber mit "individuell" und "flexibel" ist nach Klasse zwei Schluss. In den Klassen drei und vier gibt es keine flexible Grundschule mehr. Vielmehr gibt es das Rennen und den Druck zum Übertritt in eine weiterführende Schule. Aber dieser Druck macht die Arbeit in den Grundschulen unmöglich.
Wenn Sie es mit den Grundschulen in Bayern und dem Erfolgsmodell des gemeinsamen Lernens wirklich gut meinen, dann müssen Sie erstens den Druck reduzieren, der durch das Bemühen um den Übertritt entsteht. Zweitens muss gefragt werden, warum man, wenn die Grundschule in Bayern als Schule des gemeinsamen Lernens schon so gut ist, nicht das erfolgreiche Modell fortsetzen, sondern es nach der vierten Klasse abbrechen will, um es mit einem Schulmodell der leistungshomogenen Gruppen fortzuführen. Aus den Pisa-Studien wissen wir, dass die Probleme, die sich in der Sekundarstufe I einstellen, aus einem Leistungsabfall beim Übertritt von der Primarstufe resultieren.
Bei den Grundschulen gibt es viel zu tun. Wie wir wissen, passiert aber leider nichts. Die gebundenen Ganztagsgrundschulen sind unzureichend ausgestattet. Für die Mittagsbetreuung reichen die Mittel nicht; da müssen die Kommunen einspringen. Dann gibt es Probleme für die Schulleiter und die Verwaltungssekretärinnen. Wir alle wissen davon, wir alle reden davon. Aber es passiert nichts. Auch im Haushalt tut sich nichts.
Dennoch muss ich sagen: In den bayerischen Grundschulen wird gute Arbeit geleistet. Aber die bayerische Bildungspolitik ist leider nicht spitze.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst bedanke ich mich bei Kollegin Frau Will, die diese Aktuelle Stunde auf den Weg gebracht hat.
Ich finde es bemerkenswert, dass Sie, Frau Kollegin Strohmayr, als Faktum anerkannt haben, dass wir in Bayern in diesem Test hervorragend abgeschnitten haben. Ich finde es gut, dass Sie lobend erwähnt haben, dass unsere Schüler gute Leistungen erbringen, dass daran auch die Eltern und die Großeltern, die sich mit einbringen, einen Anteil haben; dies ist keine Frage. Aber Sie machen es sich zu einfach, wenn Sie dann so tun, als wären die guten Ergebnisse trotz der politischen Strömungen und der bestehenden Rahmenbedingungen in Bayern möglich geworden.
Hiermit machen Sie es sich wirklich etwas zu einfach. Dass Bayern beim Vergleich der Bildungssysteme Deutschlands so gut abschneidet, liegt an den Schülern und Lehrern, aber auch an der in Bayern gegebenen Struktur.
Ich bin sehr dankbar für das, was in der Studie steht. Wer die Vorgänge in den letzten Wochen und Monaten verfolgt hat, musste bei einigen Äußerungen der Opposition, aber auch einiger Verbände den Eindruck bekommen, wir in Bayern lebten in einem bildungspolitischen Entwicklungsland. Die Studie hat aber ausgesagt, dass es nicht so ist. Wir haben die Nase vorn. Die Schülerinnen und Schüler haben die Nase vorn. Für sie ist es besonders wichtig, dass wir die Strukturen schaffen, mit denen die Schüler erfolgreich sein können.
Aus meiner Sicht bestätigt sich das auch im Haushalt; denn mit über 10 Milliarden Euro, die im Bildungsund Kultusbereich des Haushalts eingestellt sind, mit der Steigerung um über 2 Milliarden Euro seit 2008 und unter Berücksichtigung der Tatsache, dass wir ein Drittel unserer Gesamtausgaben hierfür aufwenden - wenn wir den Länderfinanzausgleich und den kommunalen Finanzausgleich einbeziehen, kommen wir sogar auf 50 % unserer verfügbaren Mittel -, haben wir eine Schwerpunktsetzung, die nicht nur richtig und wichtig ist, sondern sich auch durch das vorliegende Ergebnis bestätigt.
Sie haben recht, wenn Sie sagen, wir müssten noch besser werden. Wir haben unter Beweis gestellt auch mit dem Engagement der Kollegin Will -, dass wir in dieser Legislaturperiode besser werden wollen. Deshalb haben wir einen entsprechenden Schwerpunkt gesetzt. Unser erklärtes Ziel heißt: Stillstand kann nicht unsere Zukunft sein. Wir werden auf dem Weg nach vorn gehen.
Wichtig ist auch das Thema: Wie sind die Chancen von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund? Die Studie belegt, dass wir im Gegensatz zu dem, was hier immer wieder behauptet wird, in dieser Hinsicht auf einem guten Weg sind.
Das gilt auch für die frühkindliche Bildungsförderung. Deshalb haben wir nicht nur in der Grundschule, sondern schon im Kindergarten für Sprachtests und individuelle Förderung gesorgt. In den Kindergärten findet solches statt. Dazu kann ich Ihnen aus eigener Anschauung einiges sagen. Durch die frühe Förderung vor Schuleintritt erreichen wir eine Chancengleichheit beim Schulstart, besonders bezüglich der Sprachkompetenz.
Herr Kollege Felbinger, Sie haben die jahrgangsübergreifenden Klassen kritisiert. Da möchte ich Ihnen auch als Unterfranke einmal sagen: Man muss an die Regionen denken. Sie kommen aus der Region MainSpessart. In der Schule, in der es dort ursprünglich großen Widerstand gegen eine jahrgangsübergreifende Beschulung gab, sind mittlerweile alle von ihr begeistert. In Bayern gibt es Problemregionen, zum Beispiel die Rhön. Wenn wir dort eine wohnortnahe Beschulung garantieren wollen, müssen wir flexibel sein und gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern und den Eltern Möglichkeiten schaffen. Diesen Weg werden wir auch weiter gehen. Herr Kollege Felbinger, von daher finde ich es interessant, dass Sie solche flexiblen Methoden zur Gewährleistung einer wohnortnahen Beschulung kritisieren.
Sie haben das Thema der beruflichen Ausbildung mit einem Seitenhieb angesprochen. Dazu muss ich Ihnen sagen: Wirtschaftsminister Martin Zeil wurde in der Sommerpause für das duale System und für sein Engagement für die berufliche Bildung in Bayern ausgezeichnet. Bayern liegt deutschlandweit auf Platz 1. Das sollten Sie berücksichtigen, bevor Sie Kritik äußern.
Ich möchte festhalten: Im Bildungsbereich gibt es in Bayern noch viel zu tun. Wir sind noch nicht angekommen. Wir sind aber auf einem sehr guten Weg. Das bestätigen die Studien. Dies lassen wir von Ihnen nicht in ein falsches Licht rücken.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute das Thema des chancen- und leistungsgerechten Bildungssystems im Freistaat gewählt. Bei aller Emotionalität der Diskussion behaupte ich, dass wir alle daran interessiert sind, für unsere Kinder das Beste hinzubekommen. Wir diskutieren nur über das Wie. Das Ziel, dem ganzheitlichen Bildungsauftrag gerecht zu werden, wollen wir alle miteinander erreichen.
Bildungspolitik ist nie fertig. Wir haben immer gesellschaftliche Entwicklungen, denen wir Rechnung tragen müssen. Wir werden auch immer Weiterentwicklungen vornehmen müssen, um die Bedürfnisse unserer Kinder maximal zu berücksichtigen. Ich habe Frau Kollegin Dr. Strohmayr interessiert zugehört. Sie hat gesagt, dass alle guten bayerischen Mütter nachmittags bei den Hausaufgaben dabei sind. Wir beide sind das schon einmal nicht. Ich weiß nicht, von welchem Land Sie berichtet haben. Die Wahrnehmung meiner Tochter in ihrem Umfeld sowie meine eigene Wahrnehmung decken sich in keiner Weise mit dem, was Sie beschreiben.
Wir geben in Bayern für die Bildung fast 10 Milliarden Euro aus. Hinzu kommt noch der Hochschulbereich. Das ist gut angelegtes Geld. Wir versorgen unsere Kinder mit schulischen Angeboten, so gut das möglich ist.
An dieser Stelle sollten wir es nicht versäumen, den Lehrkräften, den Eltern und den Schülerinnen und Schülern der Grundschule ganz herzlich zu gratulieren. Sie haben sicher die IQB-Studie gelesen, bei der die bayerischen Grundschüler den Platz 1 belegt haben. Natürlich könnte man viele Punkte herausgreifen, bei denen wir Verbesserungen vornehmen müssen. Das werden wir auch miteinander tun. Wir dürfen aber auch einmal innehalten und stolz darauf sein, was unsere Kinder geleistet haben.
Die "Süddeutsche Zeitung" hat unlängst geschrieben, dass Bayerns Grundschüler am besten lesen, rechnen, zuhören und daraus auch die richtigen Schlüsse ziehen könnten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau das, was wir wollen. Die Kinder sollen nicht nur lesen und das Gelesene wiedergeben, sondern sie sollen daraus die richtigen Schlüsse ziehen können. Deshalb können wir mehr als zufrieden sein. Herr Kollege Nöth hat den Hamburger Bildungssenator zitiert, der sich hinsichtlich der Familien mit Zuwanderungshintergrund an der bayerischen Politik orientieren will. Offensichtlich ist die bayerische Bildungspolitik ein Erfolgsmodell.
Das bedeutet natürlich nicht, dass wir bei der Politik für Menschen mit Migrationshintergrund nicht besser werden könnten. Wir sind aber schon besser geworden. Wie erklären Sie sich sonst das Ergebnis der IQB-Studie? Logischerweise müssen sich auch die Menschen mit Migrationshintergrund verbessert haben; denn sonst hätten wir den ersten Platz gar nicht erreichen können.
Zu Recht wurde schon angesprochen, dass es in Bayern sehr viele Schüler mit herausragenden Leistungen gibt, mehr als in allen anderen Bundesländern. Das bedeutet, dass die Schere zwischen den leistungsstarken und den leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern entsprechend größer ist. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen; und das tun wir auch. Wir haben eine Differenzierung im Unterricht vorgenommen. Ich nenne nur die Stichworte flexible Grundschule und Flexibilisierung der Mittelstufe. Wir müssen weiterhin gezielt fördern und Lernbiografien so individuell wie nur irgend möglich gestalten. Am Ausbau der Ganztagsschulen müssen wir weiterhin dranbleiben. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz im bundesweiten Vergleich personell und finanziell die meisten Mittel zur Verfügung stellen. Uns geht es nicht nur um die Quantität, sondern auch um die Qualität der Ganztagsschule.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir in anderen Wettbewerben, zum Beispiel bei "Jugend forscht" oder im Vergleich der Schülerzeitungen, innerhalb Deutschlands führend sind. Unsere Jugendlichen schaffen es offensichtlich, nicht nur beim Erlernen von Wissen, sondern auch bei kreativen Aufgaben spitze zu sein. Das mag politisch nicht jedem in den Kram passen, aber es ist nun einmal so.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Unsere Grundschüler befinden sich in allen bundesweiten Wettbewerben an der Spitze. Unsere Grundschüler
sind zu einer hohen Leistung fähig. Die Schwächeren müssen genauso gefördert werden wie die Stärkeren. Die Kinder mit Migrationshintergrund brauchen auch weiterhin intensivste Förderung. Der Ausbau der Ganztagsschule muss als ergänzendes Angebot, als Wahlmöglichkeit für die Familien weiterhin forciert werden, aber nicht um den Preis der Qualität. Bei uns steht die Qualität im Vordergrund.
Meine letzte Schlussfolgerung: Solange die CSU in Bayern regiert, bleibt die Bildung in Bayern ein Investitionsschwerpunkt.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Was unterscheidet die bayerischen Schülerinnen und Schüler von der Bayerischen Staatsregierung und der CSU/FDP-Koalition? - Die einen können zuhören und die richtigen Schlüsse ziehen. Die CSU/FDP-Koalition und die Staatsregierung können dies offensichtlich nicht.
Andernfalls würden sie die Unruhe im Land, die sich wegen der Bildungspolitik ausbreitet, hören und nach Lösungen suchen. Was aber tun die Bayerische Staatsregierung und die Koalition? - Sie loben sich selbst und stellen sich dar. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der rechten Seite, glauben Sie, wir hätten ein Problem damit, die guten Leistungen, die die bayerischen Schulen erzielt haben, anzuerkennen? Damit haben wir kein Problem. Das Problem besteht darin, dass Sie sich immer wieder selbst rechtfertigen und Studien hervorziehen, um nicht nach den notwendigen Lösungen suchen zu müssen. Das ist keine Bildungspolitik.
Auch ich habe gut zugehört. Sie loben den bayerischen Weg, halten Veränderungen für unnötig und behaupten, Sie hätten ein unverkrampftes Verhältnis zu Qualität und Leistung. Frau Kollegin Will, Sie loben die Bildungsleitlinien, ohne das für die Umsetzung nötige Personal bereitzustellen. Sie loben die flexiblen Grundschulen und schaffen es nicht, dieses Modell für alle 2.300 Grundschulen flächendeckend umzusetzen. Sie loben die wunderbaren Rahmenbedingungen, schaffen es aber nicht, die Ankündigungen in Ihrem Koalitionsvertrag zu erfüllen. Dort haben Sie
nämlich versprochen, dass es bis zum Ende der Koalitionsregierung keine Grundschulklassen mit mehr als 25 Kindern geben würde. Das alles steht offensichtlich nur auf dem Papier, ist aber keine reale Politik.