Kerstin Schreyer-Stäblein
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Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich dachte, ich gehe nach der Rede des Herrn Ministers Dr. Söder ganz entspannt ans Mikrofon, wünsche frohe Ostern und denke mir, er hat alles gesagt. Aber gerade habe ich eine spannende Rede des Herrn Halbleib gehört, die mit dem, was der Minister gesagt hat, überhaupt nichts zu tun hat. Insofern fand sich sie wirklich spannend.
Herrn Halbleibs Rede hatte insofern nichts mit der Rede von Herrn Minister Dr. Söder zu tun − Herr Halbleib, hören Sie mir doch zu, dann verstehen Sie mich, und es wird vielleicht einfacher -, weil Sie auf der einen Seite dargestellt haben, dass Sie sehr viele Anträge gestellt haben. Diese Anträge seien wichtig, seien aber abgelehnt worden. Diese Anträge sind jetzt alle in dem Gesetz verwirklicht. Auf der anderen Seite sagen Sie: Finanzierbar ist das nicht. Sie müssen sich entscheiden. Entweder sind Sie mit dem Inhalt glücklich und zufrieden; dann sind wir jetzt gemeinsam der Auffassung, dass das Gesetz richtig ist, und werden geschlossen zustimmen; oder Sie sagen: Es geht nicht. Dann haben Sie durchaus das Recht, so zu argumentieren. Sie dürfen dann aber nicht sagen, Sie hätten Ihre Anträge gestellt und wollten deren Inhalte verwirklicht sehen. Sie müssen sich irgendwann entscheiden.
- Ich habe Ihnen gut zugehört; deswegen musste ich auch nicht hineinbrüllen. Sie haben jetzt die Möglichkeit, mir zuzuhören und alle Varianten zu nützen.
Wie Sie wissen, haben wir bewusst entschieden, dass wir nicht nur die Studiengebühren abschaffen, sondern dass wir uns auch um die anderen Fragen kümmern. Denn es geht auch um die Frage, was wir in den Bereichen der beruflichen Bildung und der Pflege unternehmen. Wir haben ein Gesamtpaket geschnürt. Ehrlich gesagt kann ich niemanden verstehen, der dieses Gesamtpaket infrage stellt, weil es wirklich sehr gut ist. Das hat nichts mit Koalitionspoker zu tun, sondern es geht darum, miteinander zu reden und eine Entwicklung voranzubringen. Das braucht nun einmal etwas Zeit. Es nützt nichts, wenn wir uns nur mit den Universitäten beschäftigen, sondern es geht auch darum, für die Meister Nachjustierungen vorzu
nehmen. Deswegen bin ich sehr froh, dass wir hier zu einer sehr guten Lösung gekommen sind.
Das vorliegende Bildungsfinanzierungsgesetz vergrößert die bereits vorhandene Qualität unseres Bildungssystems. Es erhöht den Faktor Gerechtigkeit sowohl bei den Studierenden als auch hinsichtlich des Meister- und Pflegebonus. Sie haben gehört und gelesen, dass dafür sehr viel Geld investiert wird. Dieses Geld wird richtig investiert.
Genauso investieren wir im Bereich der Kindergärten und der frühkindlichen Bildung, sei es beim Übergang vom Kindergarten zur Grundschule, sei es dadurch, dass wir mehr Lehrkräfte in den Grundschulen einsetzen und sie damit beauftragen, den sprachlichen Bereich zu fördern. Darin sind wir uns, denke ich, alle einig: dass der sprachliche Bereich intensiver unterstützt werden muss; denn nur dann haben die Kinder eine Chance.
Wir werden zum 1. September den sogenannten Meisterbonus einführen. Darin besteht eine logische Schlussfolgerung. Denn es gibt viele Menschen, die lebenslanges berufliches Lernen sehr ernst nehmen und sich im Handwerk, im Mittelstand, in der Wirtschaft immer weiterbilden wollen. Dem Wunsch dieser Menschen muss ich Rechnung tragen, indem nicht ausschließlich Studenten, sondern beide Gruppen berücksichtigt werden. Das tun wir hiermit ausgesprochen gut.
Wir stellen uns der Entwicklung, über die wir in allen Ausschüssen diskutiert haben: dass wir auf einen Erziehermangel zusteuern, dass wir im Bereich der Altenpflege mit Fragestellungen zu tun haben werden, die auch eine weite Perspektive aufweisen. Wir werden hinsichtlich des Schulgeldes Unterstützung leisten, wenn eine Schule nicht selbst zusätzlich Geld erhebt. Das ist durchaus logisch. Wir müssen den Schülern die Unterstützung zuführen, und dafür sorgen wir auch.
Daneben gibt es − das wissen Sie genauso gut wie ich − die Qualitätsoffensive für die Volksschule und die Grundschule. Das ist auch richtig. Um eine Zahl zu nennen: Allein 125 Millionen Euro fließen genau in diesen Bereich. Die Sprachförderung habe ich gerade angesprochen. Wir müssen auch immer mehr Grundschullehrkräfte mit Kindergärten vernetzen. Grundschullehrer sollen in Kindergärten die Möglichkeit haben, die Kinder fit zu machen. Hier wird schon sehr viel unternommen. Wir setzen uns jetzt zusätzlich dafür ein.
Ein aus meiner Sicht ganz wichtiger Punkt betrifft die Ganztagsschule. Im Bildungsausschuss haben wir oft darüber diskutiert, wie wir Ganztagsschulen unterstützen sollen. Wir investieren hier Geld, um externe Fachkräfte herbeizuziehen. Eigentlich müsste da Jubel bei allen Fraktionen ausbrechen; denn genau das wollten wir: dass wir für Ganztagsschulen qualitativ hochwertige Maßnahmen ergreifen.
Dieses Gesetz zeigt, dass wir uns weiterentwickeln. Wir haben ein gutes Bildungssystem. Wir optimieren es noch weiter. Bildungspolitik ist nie fertig. Deswegen sind wir immer bereit, hierfür weiter zu investieren. Dieses Bildungsfinanzierungsgesetz ist gerecht, es ist richtungweisend, und ich hoffe darauf, dass jeder bei der Abstimmung in sich geht und wir alle geschlossen zustimmen; denn es stellt ein Rundumpaket dar, durch das wir im Bereich der Bildung sehr viel Gutes bewirken.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute drei Anträge zu behandeln, den Antrag der SPD, den Antrag der FREIEN WÄHLER und den gemeinsamen Antrag von CSU und FDP. Die CSU-Fraktion geht bei der Idee, das Sitzenbleiben abzuschaffen, nicht mit. Wir wollen lieber die individuelle Lernbiografie weiterentwickeln.
Diesen Weg beschreiten wir inzwischen seit mindestens viereinhalb Jahren, eigentlich sogar schon länger, konsequent. Unser Hintergrund ist der: Wir sagen, wir haben unterschiedliche Lerntypen, deshalb wollen wir individuell beschulen. Deswegen ist es wichtig, dass wir unterschiedliche Schulformen haben und − ebenso wichtig - die Durchlässigkeit zwischen diesen Systemen.
Wie Sie wissen, haben wir die Bildungswege an jeder Schulart individualisiert, wie beispielsweise künftig am Gymnasium mit dem zusätzlichen Jahr. Wir haben die Möglichkeit der Intensivierungsstunden sowohl am Gymnasium mit Ergänzungs- und Förderstunden als auch an der Realschule mit Förderstunden. Wir haben das Modell der flexiblen Eingangsklasse an der Grundschule, und ich denke, das Modell ist ein solcher Erfolg, dass wir es noch weiter ausbauen werden. Ich möchte zwar jetzt nicht alles herunterbeten, aber wir haben beispielsweise die Einführungsklassen, die Möglichkeit der Vorklassen und vieles mehr. Wir versuchen wirklich an jeder Stelle, wo irgend möglich, Brücken zu bauen, damit jeder seinen Weg gehen kann, beispielsweise mit Modellen wie 9 plus 2.
Wir haben aber nicht nur über Bildung geredet, wir haben auch das dafür notwendige Geld in den Haushalt eingestellt. Bildungspolitik ist in Bayern ein absoluter Schwerpunkt.
Wenn ein Kind in einer schwierigen Lernsituation ist, wenn die Noten nicht mehr passen, dann muss der erste Schritt darin bestehen, dass die Lehrkraft gemeinsam mit den Eltern und dem Schüler hinschaut und überlegt, was jetzt am gescheitesten ist. Manchmal gibt es Phasen, in denen das Kind nicht so viel gelernt hat. Wenn es sich dann relativ schnell besinnt und paukt, dann ist es durchaus möglich, Lücken wie
der zu schließen. Manchmal stellt sich vielleicht auch die Frage nach der Schulart. Bin ich hier an der richtigen Stelle, oder wäre es besser, einen anderen Weg zu gehen? − Manchmal kann es auch sein, dass die Motivation nicht optimal ist, dann braucht es in letzter Konsequenz auch die Möglichkeit, dass ein Schüler sitzenbleiben kann.
Wir alle wollen nicht, dass jemand sitzenbleibt. Deshalb habe ich mir die Mühe gemacht, die vielfältigen Möglichkeiten aufzuzeigen, an welchen Stellen das bayerische Schulsystem unterstützend eingreift. Wir möchten wirklich, dass die Kinder die Möglichkeit haben, viele Wege zu gehen, und dass möglichst wenige sitzenbleiben. Wenn man sich die Zahlen ansieht - sie wurden vorhin von Frau Kollegin Will bereits angedeutet -, so zeigt sich, dass wir kontinuierlich weniger Kinder haben, die sitzenbleiben. Der bayerische Weg ist also offensichtlich an dieser Stelle der richtige.
Ich möchte hierzu nur einige wenige Zahlen als Beleg nennen. Im Jahr 2001 hatten wir an der Volksschule 1,4 % Pflichtwiederholer. 2011/2012 waren es nur 0,5 %. An der Realschule gab es im gleichen Zeitraum einen Rückgang von 4,8 % auf 2,6 %. Am Gymnasium ging die Zahl von 3,1 % auf 2,0 % zurück. Wir können also deutlich sehen, die Maßnahmen greifen, es ist der richtige Weg. Dennoch werden wir auch weiterhin schauen, dass möglichst wenige Kinder sitzenbleiben. Das muss unsere Marschrichtung sein. Dabei wollen wir aber nicht das Sitzenbleiben komplett streichen, sondern wir wollen die Idee der individuellen Förderung und der Durchlässigkeit vorantreiben, um weiterzukommen.
Den Antrag der FREIEN WÄHLER kann ich aufgrund seiner Formulierungen nicht ganz nachvollziehen. Da heißt es einmal "ausreichende Unterrichtsversorgung". Was ist "ausreichend"? Da heißt es "frühzeitig durch schüler- und begabungsgerechte Förderung", doch das machen wir bereits. Da werden außerdem "Beratung und individuelle Fördermaßnahmen" gefordert. Auch das geschieht schon. Natürlich kann es davon nie genug geben, und als Bildungspolitikerin bin ich in dieser Frage unersättlich. In der Begründung des Antrags wiederum steht der Begriff "Lehrertandem", obgleich dieses Wort im Antrag nicht genannt wird. Insofern entsteht hier eine schwierige Situation. Der Antrag ist noch etwas unausgereift, weshalb wir ihn ablehnen werden.
Den SPD-Antrag erachten wir nicht als zielführend, wir lehnen ihn deshalb ebenfalls ab. Das ist im Übrigen ganz spannend: Der Antrag geht ein wenig an der
Bevölkerung vorbei. Sie haben sicherlich die OnlineUmfrage der "BILD" gelesen. Danach sind drei Viertel der Bevölkerung für die Beibehaltung des Pflichtwiederholungsjahres. Die CSU-Fraktion sieht die Wiederholung immer nur als letzte mögliche Androhung. Sie ist aber manchmal nötig.
Wir wollen hierbei bleiben.
Sehr geehrtes Präsidium, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vom ersten Tag an, seit ich im Landtag bin, habe ich gegen die Studiengebühren gestimmt.
Ich habe heute anders abgestimmt, und ich möchte dies kurz begründen. Wir haben in der Fraktion eine sehr klare Positionierung. Wir haben gesagt, dass wir eine Zeit von acht Wochen brauchen, um ein Konzept zur Abschaffung der Studiengebühren zu erarbeiten und auch für die berufliche Bildung eine Lösung zu finden. Die Begründung lautet, dass wir acht Wochen Zeit brauchen. Wir brauchen auch Zeit, um mit der Fraktion der FDP zu verhandeln. Diese Zeit will ich auch einräumen. An meiner Positionierung ändert das nichts. Ich möchte mich aber nicht daran beteiligen, heute einen riesigen Zirkus zu veranstalten, wenn klar ist, dass die Koalition diese acht Wochen braucht. Diese acht Wochen kann sie von mir haben. Deshalb habe ich dieses Mal mit der Fraktion gestimmt.
Sehr geehrtes Präsidium, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die FREIEN WÄHLER fordern die Sicherung der Grundschulstandorte. Danke, FREIE WÄHLER, das ist bereits bayerische Bildungspolitik, denn genau das tun wir.
Wir tun auf der einen Seite Folgendes: Wir schaffen Grundschulstandorte. Wenn 26 Kinder in einer Grundschule sind, ist das bereits eine Grundschule, das heißt also jahrgangskombiniert 1. und 2. Klasse 13 Kinder, 3. und 4. Klasse auch 13 Kinder. Das ist genau das, was mit "kurzen Wegen und kurzen Beinen" gemeint ist und was wir auch alle miteinander schaffen wollen.
Des Weiteren haben wir gesagt, wir können Schulverbünde bilden. Das bedeutet, dass wir sehr wohl auch mehrhäusig unterrichten können. Derzeit unterrichten 376 Grundschulen in ganz Bayern mehrhäusig, was
offensichtlich bedeutet, dass das dort angenommen wird.
Sie wissen aber auch, dass die Kommune für die Fragestellung zuständig ist, ob sie mehrhäusig unterrichten lassen möchte. Die FREIEN WÄHLER sagen immer so schön, sie interessierten sich für die kommunale Ebene, sie wollten sie hochhalten. Das geht natürlich nicht nur dann, wenn es einem politisch in den Kram passt, sondern es muss schon auch dann ernst genommen werden, wenn sich die Aufgabe stellt.
Und unsere Kommunen machen das auch sehr gut. Sie entscheiden oftmals sehr wohl nicht danach, welche Schulgebäude vorhanden sind, sondern anhand dessen, was gescheit ist, und das bedeutet: Ich brauche auch eine bestimmte Größe von Klassen, damit ich entsprechend arbeiten, wie zum Beispiel auch Kleinstgruppen bilden, kann.
Ich erinnere mich da an einen Antrag, der in dem Zusammenhang sehr schön passt. Damals haben die FREIEN WÄHLER gesagt: Wir wollen die Mindeststärke einer Klasse von 13 auf zehn Kinder reduzieren. Hätten wir das gemacht, wäre später ein Antrag mit neun oder mit acht gekommen. Das ist genau der Punkt: Das kann man als Opposition so machen; ob das dann seriös ist, muss jemand anderer beurteilen.
Das eigentliche Problem im ländlichen Raum lösen wir nicht mit der Frage, ob in einer Klasse 14, 13 oder 12 Kinder sein sollen - das Problem, das wir haben, ist, dass wir an vielen Stellen zu wenig Kinder haben, die geboren werden, und genau da müssen wir überlegen, wie wir damit umgehen.
Wir haben Gemeinden mit echten Durststrecken, und zwar dahingehend, dass die Geburtenzahl über viele Jahre passt, wir aber trotzdem dazwischen einen Jahrgang, zwei Jahrgänge haben, bei denen die Geburtenzahl zu niedrig ist. Da müssen wir natürlich überlegen, was wir tun. Deswegen ist die Entscheidung, einen Demografiezuschlag für Schulamtsbezirke mit überproportional vielen kleinen Schulen zu gewähren, eine richtige und eine gute Entscheidung. Da bin ich, Herr Staatsminister, Herr Staatssekretär, sehr froh, dass wir diesen Weg gehen.
Ich fand es aber schon spannend, dass wir im Bildungsausschuss sofort über die Frage diskutiert haben, ob wir nicht noch ein bisschen mehr Geld da hineingeben hätten sollen. Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, lasst uns das anfangen; wir sind zufrieden, dass wir das tun können, und dann werden wir uns regelmäßig im Bildungsausschuss berichten lassen, ob es reicht oder ob wir mehr dafür brauchen.
Das hat auch etwas mit Ehrlichkeit zu tun, damit, dass man auch weiß, es gibt eine Grenze. Wir werden uns, wenn wir alle miteinander seriöse Politik machen wollen, überlegen müssen, wo denn die Grenze ist. Wann ist die Schule noch eine Schule, wie klein darf eine Schule denn überhaupt sein? Wir haben uns entschieden, zu sagen: Eine Grundschule vor Ort mit 26 Kindern ist eine Grundschule. Das ist, denke ich, ein ganz großer Meilenstein an dieser Stelle.
Herr Felbinger, Sie haben im Ausschuss sehr oft davon gesprochen, Sie möchten gerne gleiche Lebensbedingungen für alle Kinder haben.
Gleiche Lebensbedingungen haben wir schon dann nicht - es steht im Protokoll; ich habe es extra nachgelesen, Sie können nachschauen -, wenn wir auf der einen Seite jahrgangskombinierte Klassen mit 13 Kindern und auf der anderen Seite Klassen mit 28 Kindern haben. Wir haben Klassen mit 25 Kindern, von denen 80 % einen Migrationshintergrund haben, und wir haben auch Klassen, in denen kein einziges Kind mit Migrationshintergrund ist. Das bedeutet: Gleiche Lebensbedingungen, gleiche Politik kann es an der Stelle nicht geben.
Unser Problem ist doch nicht, ob wir die Außenstellen, die Sie hier beantragen, zusätzlich noch berücksichtigen, sondern unser Problem ist eher, was wir mit den Gebieten machen, wo immer weniger Kinder sind. Das ist aus meiner Sicht die große Herausforderung.
Also noch einmal: Wenn Sie den Demografiezuschlag so nehmen, wie wir ihn wollen, und wenn Sie sagen, wir wollen kleine Schulstandorte mit Außenstellen entsprechend bezuschussen, bedeutet das aber auch, dass ich die Lehrer von großen Schulen abziehen muss; das ist der Umkehrschluss. Und das kann nicht das sein, was Sie wollen, weil das mit Gerechtigkeit gar nichts mehr zu tun hat.
Wir stehen - noch einmal zusammengefasst - dafür ein, die Grundschule vor Ort zu halten, solange es geht. 26 Kinder sind eine Grundschule, jahrgangskombiniert 1. und 2. Klasse, 3. und 4. Klasse jeweils mit 13 Kindern. Wir haben einen Demografiezuschlag, den wir uns immer wieder daraufhin anschauen müssen, ob wir ihn ausweiten müssen, und wir haben die Möglichkeit mehrhäusig zu unterrichten, wenn die Kommunen das denn auch wollen. Insofern werden wir der Förderung des ländlichen Raumes sehr gerecht. Wir schaffen es, dass die Grundschulen vor Ort
nach wie vor nicht nur da sind, sondern dass wir sie dort halten können, und das werden wir auch weiterhin tun, damit die Schülerinnen und Schüler in ganz Bayern eine echte Chance haben, vor Ort beschult zu werden.
Die Antworten, Herr Fahn, haben Sie alle im Ausschuss bekommen. Sie waren im gleichen Ausschuss, in der gleichen Sondersitzung anwesend. Die Kollegen Ländner und Rüth haben Ihnen diesen Fall bis ins Detail geschildert. Es gibt dort einen Schulverbund, der sich entschieden hat, den Weg so miteinander zu gehen. Das ist halt wie in einer Ehe, da gibt es Dinge, die schwieriger sind, und es gibt die anderen. So haben sich die Gemeinden dort entschieden - das ist der Teil 1.
Zum Teil 2 Ihrer Frage: Sie wollten die Anzahl der notwendigen Planstellen wissen. Da haben Sie die Antwort vom Ministerium bekommen, dass wir circa 100 neue Lehrerstellen bräuchten, um dem Rechnung zu tragen. Insofern haben Sie die Antwort gehört: Es waren 100 neue Lehrerstellen. Natürlich liegt es in der Logik der Dinge, dass die Bildungspolitiker einschließlich unserer Fraktion gern immer noch mehr haben wollen, und dennoch muss man dann überlegen, was machbar ist. Hier ist es so nicht machbar.
Deswegen freue ich mich sehr, dass wir den Demografiezuschlag bekommen haben. Das war ein wichtiger Schritt an dieser Stelle. Wir werden uns das immer wieder ansehen. Wir werden auch die Einzelfälle prüfen. Ich sage noch einmal: Wir haben zu diesem Punkt sogar eine Sondersitzung des Ausschus
ses gehabt, und Sie haben alle Informationen bekommen. Die Fragen, die Sie jetzt stellen, haben Sie schon alle im Ausschuss beantwortet bekommen.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben heute das Thema des chancen- und leistungsgerechten Bildungssystems im Freistaat gewählt. Bei aller Emotionalität der Diskussion behaupte ich, dass wir alle daran interessiert sind, für unsere Kinder das Beste hinzubekommen. Wir diskutieren nur über das Wie. Das Ziel, dem ganzheitlichen Bildungsauftrag gerecht zu werden, wollen wir alle miteinander erreichen.
Bildungspolitik ist nie fertig. Wir haben immer gesellschaftliche Entwicklungen, denen wir Rechnung tragen müssen. Wir werden auch immer Weiterentwicklungen vornehmen müssen, um die Bedürfnisse unserer Kinder maximal zu berücksichtigen. Ich habe Frau Kollegin Dr. Strohmayr interessiert zugehört. Sie hat gesagt, dass alle guten bayerischen Mütter nachmittags bei den Hausaufgaben dabei sind. Wir beide sind das schon einmal nicht. Ich weiß nicht, von welchem Land Sie berichtet haben. Die Wahrnehmung meiner Tochter in ihrem Umfeld sowie meine eigene Wahrnehmung decken sich in keiner Weise mit dem, was Sie beschreiben.
Wir geben in Bayern für die Bildung fast 10 Milliarden Euro aus. Hinzu kommt noch der Hochschulbereich. Das ist gut angelegtes Geld. Wir versorgen unsere Kinder mit schulischen Angeboten, so gut das möglich ist.
An dieser Stelle sollten wir es nicht versäumen, den Lehrkräften, den Eltern und den Schülerinnen und Schülern der Grundschule ganz herzlich zu gratulieren. Sie haben sicher die IQB-Studie gelesen, bei der die bayerischen Grundschüler den Platz 1 belegt haben. Natürlich könnte man viele Punkte herausgreifen, bei denen wir Verbesserungen vornehmen müssen. Das werden wir auch miteinander tun. Wir dürfen aber auch einmal innehalten und stolz darauf sein, was unsere Kinder geleistet haben.
Die "Süddeutsche Zeitung" hat unlängst geschrieben, dass Bayerns Grundschüler am besten lesen, rechnen, zuhören und daraus auch die richtigen Schlüsse ziehen könnten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist genau das, was wir wollen. Die Kinder sollen nicht nur lesen und das Gelesene wiedergeben, sondern sie sollen daraus die richtigen Schlüsse ziehen können. Deshalb können wir mehr als zufrieden sein. Herr Kollege Nöth hat den Hamburger Bildungssenator zitiert, der sich hinsichtlich der Familien mit Zuwanderungshintergrund an der bayerischen Politik orientieren will. Offensichtlich ist die bayerische Bildungspolitik ein Erfolgsmodell.
Das bedeutet natürlich nicht, dass wir bei der Politik für Menschen mit Migrationshintergrund nicht besser werden könnten. Wir sind aber schon besser geworden. Wie erklären Sie sich sonst das Ergebnis der IQB-Studie? Logischerweise müssen sich auch die Menschen mit Migrationshintergrund verbessert haben; denn sonst hätten wir den ersten Platz gar nicht erreichen können.
Zu Recht wurde schon angesprochen, dass es in Bayern sehr viele Schüler mit herausragenden Leistungen gibt, mehr als in allen anderen Bundesländern. Das bedeutet, dass die Schere zwischen den leistungsstarken und den leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern entsprechend größer ist. Dieser Herausforderung müssen wir uns stellen; und das tun wir auch. Wir haben eine Differenzierung im Unterricht vorgenommen. Ich nenne nur die Stichworte flexible Grundschule und Flexibilisierung der Mittelstufe. Wir müssen weiterhin gezielt fördern und Lernbiografien so individuell wie nur irgend möglich gestalten. Am Ausbau der Ganztagsschulen müssen wir weiterhin dranbleiben. Ich möchte aber darauf hinweisen, dass wir gemeinsam mit dem Land Rheinland-Pfalz im bundesweiten Vergleich personell und finanziell die meisten Mittel zur Verfügung stellen. Uns geht es nicht nur um die Quantität, sondern auch um die Qualität der Ganztagsschule.
Ich möchte auch darauf hinweisen, dass wir in anderen Wettbewerben, zum Beispiel bei "Jugend forscht" oder im Vergleich der Schülerzeitungen, innerhalb Deutschlands führend sind. Unsere Jugendlichen schaffen es offensichtlich, nicht nur beim Erlernen von Wissen, sondern auch bei kreativen Aufgaben spitze zu sein. Das mag politisch nicht jedem in den Kram passen, aber es ist nun einmal so.
Zusammenfassend lässt sich feststellen: Unsere Grundschüler befinden sich in allen bundesweiten Wettbewerben an der Spitze. Unsere Grundschüler
sind zu einer hohen Leistung fähig. Die Schwächeren müssen genauso gefördert werden wie die Stärkeren. Die Kinder mit Migrationshintergrund brauchen auch weiterhin intensivste Förderung. Der Ausbau der Ganztagsschule muss als ergänzendes Angebot, als Wahlmöglichkeit für die Familien weiterhin forciert werden, aber nicht um den Preis der Qualität. Bei uns steht die Qualität im Vordergrund.
Meine letzte Schlussfolgerung: Solange die CSU in Bayern regiert, bleibt die Bildung in Bayern ein Investitionsschwerpunkt.
Frau Kollegin Schopper, ist Ihnen bewusst, dass die Kommunen ohne die EVS (Anm.: Einkommens- und Verbrauchs- stichprobe) überhaupt nichts machen können, selbst wenn die Frau Ministerin diese Regelung erlässt? Ist Ihnen bekannt, dass der Landkreis München auf Antrag der CSU-Fraktion beschlossen hat, dass wir die EVS so schnell wie möglich durchführen und darüber hinaus über die Härtefallregelung Linderungen schaffen, bis die entsprechenden Ergebnisse vorliegen? Ist Ihnen bekannt, dass eine solche Richtlinie von Bayern überhaupt nicht erlassen werden kann, solange der Bundesrat nicht entschieden hat, weil die Grundlagen dafür fehlen?
Frau Schopper, der Teil eins Ihrer Ausführungen hat mir sehr gut gefallen. Ich denke, wir sollten uns jetzt alle miteinander
entspannen und schauen, dass wir für die Menschen in Bayern etwas erreichen.
Wenn wir etwas erreichen wollen, wäre der erste Schritt, die Prüfung zu machen. Der zweite Schritt ist dann die Zusicherung der Ministerin, dass sie einen entsprechenden Erlass herausgibt. Schauen wir doch, dass wir miteinander die Angelegenheit auf den Weg bringen.
Das würde uns heute so kurz vor Weihnachten gut anstehen.
Sehr geehrte Frau Tausendfreund, wir haben inhaltlich vollkommen deckungsgleiche Ansichten, nachdem wir im selben Stimmkreis kandidieren und dort im Stimmkreis dafür eintreten, dass der Südring nicht kommen soll.
Ich würde von Ihnen gerne wissen: Sind Sie meiner Auffassung, dass wir sehr froh sind, dass Herr Ministerpräsident Seehofer erklärt hat, dass in den nächsten zehn Jahren der Südring nicht kommen soll? Denn Sie hatten das ein bisschen mit einer Frage verbunden. Ich denke, wir sind hoffentlich gemeinsam froh, dass der Südring in den nächsten zehn Jahren nicht kommen soll. Sie haben gesagt, Sie möchten den Südring ein für alle Mal erledigt sehen. Da sind wir inhaltlich völlig deckungsgleich. Halten Sie es denn für realistisch, dass, wenn wir heute den Beschluss fassen, es keine Generation mehr geben wird, die dieses Thema wieder auf die Tagesordnung bringt?
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Überschrift der heutigen Aktuellen Stunde hätte auch "The same procedure as every year" heißen können.
Jedes Jahr und jedes halbe Jahr diskutieren wir das gleiche Thema. Wir diskutieren über die Strukturdebatte.
- Wissen Sie, ich habe dem Kollegen eben auch zugehört. Ich habe nicht hereingeschrien. Es wäre sehr freundlich, wenn Sie mich ausreden lassen würden. Im Anschluss können Sie gerne weitere Fragen stellen.
Wie bereits gesagt, diskutieren wir jedes halbe Jahr hier im Plenum. Wir diskutieren regelmäßig im Bildungsausschuss. Wir führen die Strukturdebatte. Leider diskutieren wir nicht darüber, was wir den Kindern mitgeben wollen.
Außerdem diskutieren wir nicht über die Lerninhalte. Sicherlich kennen Sie den Aufsatz "Bildungsgang und Schulstruktur" von Professor Jürgen Baumert und Cordula Artelt. Aus diesem Aufsatz darf ich kurz zitieren: "In Deutschland wird die Frage der pädagogischen Gestaltung der Schule immer neu überlagert von der Diskussion über die Organisationsstruktur des allgemeinbildenden Schulwesens." Ich bitte Sie noch einmal: Lassen Sie uns die Strukturdebatten beenden und miteinander darüber diskutieren, was unsere Kinder lernen sollen. Entscheidend ist nicht, wo man etwas gelernt hat, sondern was man gelernt hat. Hervorzuheben ist, dass, obwohl wir ständig das Gleiche diskutieren, unser Staatsminister Dr. Spaenle und unser Staatssekretär Dr. Huber in der Lage sind, ihre Arbeit weiterhin so gut zu machen, dass unsere Schulen unter unseren Debatten nicht leiden, sondern weiterhin hervorragend funktionieren.
Wir müssen darüber beraten, wie es weitergehen soll. Laut Studie des Allensbacher Instituts können wir offensichtlich in der Bildungspolitik nicht alle zufriedenstellen. Alle haben ungefähr die Note drei. Bayern schneidet mit einer Drei minus am besten ab. Sie könnten jetzt zu Recht einwerfen, dass eine Drei minus nicht besonders gut sei. Jedoch ist eine Drei minus in der Studie immer noch die beste Note. Dies bedeutet, dass wir offensichtlich nicht in der Lage sind, die gesamte Schulfamilie glücklich zu machen.
Liebe Opposition, ich verstehe natürlich, dass Sie versuchen, gerade den unzufriedenen Teil zu mobilisieren und anzusprechen. Das gibt eine schöne Schlagzeile. Solange die Koalition in der Form besteht, bleibt auch das Bildungssystem. Das Bildungssystem ist ein gutes Bildungssystem.
Ich könnte es mir leicht machen und die gesamten Übertrittsreden, die ich in den letzten eineinhalb Jahren gehalten habe, erneut herausholen. Offen gestanden habe ich jedoch keine Lust mehr, das Übertrittsverfahren ein weiteres Mal zu erklären. Wir alle erhalten unsere Diäten, damit wir uns darüber informieren, wie das
Kultusministerium arbeitet. Dort kann man sich darüber informieren, aus welchen Gründen an dem Übertrittsverfahren festgehalten wird.
In meinem Stimmkreis besuche ich derzeit 26 Grundschulen, um zu erfahren, ob die Diskussionen, die wir im Landtag führen, auch in den Schulen von Bedeutung sind. Diskutieren wir nicht ein Stück weit an der Sache vorbei? In den Grundschulen, die ich bis jetzt besucht habe - das ist die Hälfte der Grundschulen in meinem Stimmkreis -, hat keine einzige das Thema Einheitsoder Gesamtschule benannt. Wichtig waren stattdessen folgende Fragen: Wie ist die Unterrichtsversorgung? Sind die Lehrer gut ausgebildet? Haben die Lehrer Freude an dem, was sie tun? Wie sieht es mit kleinen Klassen aus?
Ein Ziel des Koalitionsvertrags ist es, die Größe der Klassen am Ende der Legislaturperiode auf maximal 25 Kinder in Grundschulen zu reduzieren. Ihnen ist wahrscheinlich bekannt, dass wir derzeit einen Schnitt von 22,7 Kinder pro Grundschulklasse haben. Dies bedeutet, dass bei einer Reduzierung der Höchstgrenze auf 25 Kinder pro Grundschulklasse der Schnitt ebenfalls sinkt. Es wundert mich jedoch besonders, dass die Mehrheit in Deutschland, die kein anderes Schulsystem fordert, ignoriert wird. Erst kürzlich haben wir die ForsaUmfrage gelesen. Sie werden sie alle gelesen haben. Daraus wissen wir, dass nur 31 % der Befragten die Abschaffung des bisherigen Bildungssystems wünschen. Das bedeutet, 69 % sind durchaus zufrieden.
Ich gebe zu, ich hätte gerne eine Wahlzustimmung von 69 %. Nun denn, wir wissen aus derselben Studie, dass 29 % der Meinung sind, dass die Einheitsschule eine Verbesserung des Systems bedeutet. - Manche mögen mit 29 % Wahlergebnis auch zufrieden sein.
Die Bürgerinnen und Bürger zeigen aus meiner Sicht eine große Weitsicht; denn die Gleichheit von Menschen gibt es nicht. Wir sind nicht alle gleich. Wir sind begabungsmäßig unterschiedlich, und deswegen brauchen wir auch ein begabungs- und leistungsorientiertes Schulwesen mit unterschiedlichen Schulabschlüssen.
Ich kann feststellen, dass jeder Schulabschluss etwas wert ist. Würden wir das Niveau des Abiturs so weit senken, dass jeder mitkommt, wäre das Abitur nicht mehr das Gleiche wert, was es heute wert ist. Davon hat dann weder der Starke noch der Schwache etwas.
Josef Kraus, immerhin Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, schreibt in seinem Buch "Ist die Bildung noch zu retten?" - im Übrigen auch für die Opposition eine ausgezeichnete Lektüre:
Auch in der Schule soll es sein wie beim HundertMeter-Lauf. Am Start stehen alle auf einer Linie, und alle sollen optimal trainiert sein. Am Zieleinlauf mag es aber den Langsameren und den Schnelleren geben. Den Menschen geht es nämlich nicht besser, wenn alle gleichzeitig am Ziel sind.
So Josef Kraus.
Sie kennen die entsprechenden Aussagen des Bayerischen Philologenverbandes, der sich deutlich hinter den Übertritt nach der vierten Klasse stellt. Der Bayerische Realschullehrerverband - brlv - macht es im Übrigen ebenso. Das wissen Sie.
Das wissen Sie, und Sie wissen auch, dass darauf hingewiesen wird, dass wir uns an den Entwicklungspsychologen und den Begabungsforschern orientieren müssen. Es macht also wenig Sinn, dass jeder aus dem Bauch heraus sagt, dass das für alle gilt, was man selbst an einer Schule erlebt hat.
Ich darf Ihnen Prof. Dr. Marcus Hasselhorn in Erinnerung rufen. Er sagt, entwicklungspsychologisch sei die Verlängerung der Grundschulzeiten nicht sinnvoll und selbst eine sechsjährige gemeinsame Primarschule habe für die meisten Kinder mehr Entwicklungsnachteile als -vorteile. Herr Hasselhorn war immerhin bis 2008 Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychologie.
Sie kennen auch die Studie der Gehirnforscher, die klar sagen, mit zehn Jahren könne man die Begabungsstruktur von Kindern gut erkennen und die Verschiebung des Übertritts insbesondere in die Pubertät wäre durchaus schwierig, weil man dann bei der Prognose sehr unsicher wäre. Sie kennen sicherlich auch Prof. Roeder, der in seinen Arbeiten herausfinden konnte, dass viele Kinder, die in der vierten Klasse eine Gymnasialeignung zeigen, diese später in der Form nicht mehr zeigen und wieder verloren haben, wenn sie eine längere gemeinsame Schulzeit hatten.
Zum Titel der heutigen Aktuellen Stunde sind wir uns, liebe Kolleginnen und Kollegen, zumindest in einem einig: Wir wollen die individuelle Förderung in den Mittelpunkt der Bildungspolitik stellen. Umso weniger kann
ich verstehen, warum wir eine Einheitsschule schaffen sollen, weil genau dort nicht individuell gefördert wird.
Mich macht das auch ärgerlich, wenn in den Überschriften von "Auslese" geredet wird, denn wir lesen nicht aus, sondern wir fördern individuell.
Man wird den Kindern nur gerecht, wenn man nicht alle in einen Topf wirft.
Sie wissen auch: Die Übertrittsempfehlungen von Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern stimmen zu einem sehr hohen Prozentsatz. Trotzdem haben wir sehr viele Eltern, die ihre Kinder entgegen der ausdrücklichen Empfehlung auf das Gymnasium schicken. Man kann es dem bayerischen Schulsystem nicht anlasten, wenn diese Kinder später das Abitur nicht schaffen.
Wir werden überlegen müssen, wie wir Eltern in die Lage versetzen können, die Fähigkeiten ihrer Kinder richtig zu bemessen und sie an die Schulart zu schicken, wo sie richtig aufgehoben sind und wo es weniger um den Wunsch geht, was das eigene Kind schaffen soll. Kollege Rüth wird später etwas über die Durchlässigkeit des Systems sagen. Deshalb erspare ich mir das an dieser Stelle.
Kollege Gehring hat vorhin die Pisa-Studie 2000 zitiert und gesagt, dass es ein Arbeiterkind sechsmal schwerer habe, auf das Gymnasium gehen zu können. Kollege Gehring hat anscheinend die Fortschreibung der Pisa-Studie von 2006 verpasst. Danach ist es nur noch dreimal so schwer, was im Übrigen im deutschen Durchschnitt liegt. Das heißt nicht zwingend, dass ich damit zufrieden wäre. Wir werden miteinander daran arbeiten müssen, dass die Chancengerechtigkeit weiter verbessert wird. Das tun wir im frühkindlichen Bereich mit der Sprachförderung, und wir müssen Weiteres tun, wenngleich jeder, der ehrlich ist, zugeben muss, dass es eine Gleichheit nicht geben wird. Die gleichen Chancen haben wir aufgrund unserer Herkunft und unserer Vielfalt nicht. Dennoch muss das Ziel sein, die Chancen maximal anzugleichen.
Anhand der LifE-Studie von Fend wurde bereits 2007 festgestellt, dass die Arbeiterkinder über das gegliederte Schulwesen eine größere Chance auf den Hochschulabschluss haben als in den Gesamtschulen. Warum also sollen wir das Schulsystem verändern?
Ich kann nicht ganz nachvollziehen, dass immer wieder die Angst der Schüler vor dem Übertritt angeführt wird. Sie kennen alle die Umfragewerte der Universität Dortmund, wonach der weit überwiegende Teil der Schüler sich darauf freut, ins Gymnasium übertreten zu dürfen, und nur 7,7 % Sorge haben. Wir müssen uns um jeden Einzelnen dieser 7,7 % kümmern. Das ist keine Frage. Dennoch sollten wir nicht außer Acht lassen, dass sich die Mehrheit offensichtlich freut.
Die flexible Grundschule - das wissen Sie - ist der richtige Weg, um flexibel und individuell zu fördern. Sie wissen auch, dass Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen im Schulvergleich innerhalb Deutschlands beim differenzierten System sehr gute Schulleistungen aufzuweisen. Sie kennen sicher auch die Aussage, mit der ich schließen möchte: "Nicht das Bewährte muss sich vor dem Neuen, sondern das Neue vor dem Bewährten beweisen und seine Sinnhaftigkeit bzw. Notwendigkeit beweisen."
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Titel, den die Fraktion der GRÜNEN für die Aktuelle Stunde gewählt hat, ist schon allein höchst fragwürdig: "Pädagogische Förderung statt Grundschulabitur". Ich kann mir nicht vorstellen, dass die GRÜNEN wirklich davon ausgehen, dass in unseren Grundschulen keine oder eine nicht ausreichende pädagogische Förderung stattfindet. Ich darf sagen: Auch wir als CSU-Fraktion sind sehr stolz auf unsere fachlich gut ausgebildeten Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer.
- Hören Sie noch zu, bis ich fertig bin; dann gebe ich Ihnen die Antworten.
Hier wird trotz all dieser Schlechtmacherei eine ausgesprochen gute und engagierte Arbeit geleistet. Unsere bayerischen Schüler fühlen sich wohl in der Grundschule, wenngleich jede Schulart immer besser werden kann. Daran arbeiten die Schüler, die Eltern, die Lehrer und die Politik.
Es geistert auch immer wieder das Argument herum, die Kinder hätten Angst vor dem Übertritt, und sie erlitten psychische Schäden. Ich darf dazu die Studie der Universität Dortmund in Erinnerung rufen, in der deutlich herausgearbeitet wurde, dass sich der überwiegende Teil der Schüler auf eine neue Schulart freut. Lediglich 7,7 % sind wegen des Übertritts in Sorge.
Damit ich nicht falsch verstanden werde: Wir müssen uns natürlich um diese 7,7 % der Schüler kümmern, und wir müssen Wege suchen, wie wir ihnen helfen können, einen entsprechenden guten Schulweg beschreiten zu können. Die 4. Klasse entscheidet sicherlich auf den ersten Blick, wohin die Schüler gehen, sie entscheidet aber nicht über die gesamte berufliche Laufbahn.
Was sollen wir nun unter "Grundschulabitur" verstehen? Das ist ein merkwürdiges Wort, vor allem dann, wenn man sich solide mit den Gegebenheiten der Grundschule auseinandersetzen möchte. Ich wünsche mir, dass wir auch in dieser Plenarsitzung dazu beitragen, die Kinder in den Mittelpunkt zu stellen. Wir sollten nicht durch markige Sprüche und eine entsprechende Wortgewandtheit für tolle Presseartikel sorgen, sondern überlegen, wo wir wirklich mit den Kindern vorwärtskommen wollen.
Entgegen aller Schlechtmacherei genießt die Grundschule in Bayern ein sehr hohes Ansehen. Gerade durch das neue Übertrittsverfahren wurde Druck aus der Grundschule herausgenommen. Wir haben jetzt eine Übertrittsphase von der 3. bis zur 5. Klasse, damit die Kinder und die Eltern innerhalb eines längeren Zeitraums sehen können, welcher Schulweg für sie der richtige ist. Damit wird der Übertritt wesentlich kindgerechter gehandhabt. Bereits in der 3. Klasse gibt es Elternberatung und Elternbegleitung. In den Sprechstunden und an den Elternsprechtagen ist die Individualberatung ebenso vorgesehen. Hier fließen auch die Orientierungsarbeiten ein.
Während der 4. Jahrgangsstufe wird von den Schülern wesentlich der Druck genommen, indem eine Richtzahl von Leistungsnachweisen eingeführt wird. Die Termine für die Leistungsnachweise werden angesagt, und die Lernphasen werden stärker ausgeweitet. Das war im Übrigen der Wunsch vieler, vieler Eltern, die gesagt haben, dass sie das bewusst ausprobieren wollen. Auch hier merken wir, dass oftmals jetzt schon gemeckert wird, statt dass man das probiert und schaut, welche Bedeutung das für die Kinder hat.
Im Januar der 4. Klasse erhalten die Eltern eine schriftliche Zwischeninformation zum Leistungsstand. Im Mai kommt das Übertrittszeugnis mit einer entsprechenden Schullaufbahnempfehlung.
In der 5. Jahrgangsstufe lassen wir unsere Schülerinnen und Schüler ebenfalls nicht allein. Wir geben ihnen und ihren Eltern Beratung, damit sie bewusst für sich entscheiden können, wohin die Reise geht. Hierfür haben wir die Intensivierungskurse an der Haupt- und Realschule ebenso wie die Intensivierungsstunden am Gymnasium.
Die Zielsetzung hierbei ist natürlich, die leistungsstarken Schüler entsprechend zu einem aufsteigenden Übertritt fördern zu können und die leistungsschwächeren entsprechend zu fördern, dass sie ihre maximalen Kompetenzen entwickeln können. Deswegen gilt eben auch die 5. Klasse als Gelenkklasse. Sie gibt die Möglichkeit festzustellen, in welcher Schule das Kind am besten aufgehoben ist.
Bei Note Vier galt der Probeunterricht bisher als nicht bestanden. Jetzt haben wir die Möglichkeit, dass die Eltern entscheiden können, welche Schulart die Kinder wählen. Neben der intensiveren Beratung der Übertrittsempfehlung und des Probeunterrichts sollen bei den Eltern mehr Möglichkeiten der Entscheidung ankommen. Damit die Eltern diesen Entscheidungsraum auch verantwortlich nutzen können, wird die Beratung der Erziehungsberechtigten intensiviert. Zusätzlich zu bisherigen Informationsveranstaltungen in der Jahrgangsstufe 4 findet auch in der Jahrgangsstufe 3 etwas statt. Die Erziehungsberechtigten erhalten hier einen umfassenden Überblick über das differenzierte bayerische Schulwesen mit seiner Bandbreite, mit der Hochwertigkeit und der Möglichkeit, begabungsgerecht entsprechende schulische Bildungswege auszuwählen.
Die Tatsache, dass sich in allen weiterführenden Schularten in Bayern Anschlussmöglichkeiten eröffnen, wird bei den Informationsveranstaltungen stärker ins Bewusstsein gerückt. Nicht jedes Kind ist zu jedem Zeitpunkt geeignet, eine gymnasiale Laufbahn einzuschlagen, und das muss es auch nicht. Jedes Kind muss individuell anhand seiner Fähigkeiten gefördert wer
den, um seine Kompetenzen maximal entwickeln zu können.
Bereits jetzt begleiten Grundschullehrer Kinder je nach Erfordernis ihrer Entwicklung bis zu sechs Jahre. Diese Begleitung startet bereits vor dem Schulbesuch durch eine intensive Kooperation mit dem Kindergarten und erfolgt während der in der Regel vier Schuljahre an der Grundschule sowie in der 5. Jahrgangsstufe durch das Angebot der sogenannten Lotsen an weiterführende Schulen. Dass Kinder entsprechend ihrem Leistungsstand und dem Leistungsvermögen die Grundschulzeit innerhalb einer Zeitspanne von mehr oder weniger vier Jahren absolvieren können, ist geplant. Im Modellprojekt werden das Kultusministerium und die Stiftung Bildungspakt Bayern die optimale Gestaltung der Eingangsstufe der Grundschule erproben. Deswegen ist auch daran gedacht, die Verweildauer in den ersten zwei Jahren so weit zu flexibilisieren, dass man auf den Einzelfall wesentlich mehr achten kann.
Ein weiterer Meilenstein für eine individualisierte und kindgerechte Einschulung wurde von unserem Staatsminister und von unserem Staatssekretär Dr. Marcel Huber in der Sommerpause gesetzt. Ab 2010/2011 werden wieder alle Kinder mit sechs Jahren eingeschult. Persönlich mag ich dafür ein herzliches Dankeschön sagen.
Sie sehen, meine Damen und Herren, die CSU geht weg von standardisierten Schulwegen. Es geht um Flexibilität, um Individualität. Entscheidend ist, dass jedes Kind aufgrund seiner Stärken individuell betrachtet und dementsprechend auch gefördert wird. Deshalb kann aus meiner Sicht Bildungspolitik für die nächsten Jahre nur heißen: Flexibilität, Individualität, durchlässige Schulsysteme und eine positive Herangehensweise an den Schuleintritt.
Derzeit werden aber oft Eltern durch politische Meinungsbildung stark verunsichert, wenn ihnen eingeredet wird, das Leben würde so wahnsinnig schwer, wenn die Kinder in die Schule kommen. Ich bitte Sie alle zusammen, sich der Verantwortung bewusst zu sein, was wir tun, wenn wir Eltern verunsichern, gerade auch durch solche Worte wie "Grundschulabitur". Es wird ihnen Angst eingejagt. Ich bitte Sie herzlich, lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass es unseren Kindern in den Grundschulen auch weiterhin gut geht.
Sehr geehrtes Präsidium, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich unserem Staatsminister, Herrn Dr. Ludwig Spaenle, ganz herzlich für seine Ausführungen danken, zeugen diese doch davon, mit welchem Engagement und fachlicher Fundiertheit er sich der diversen politischen Themen im Bildungsbereich annimmt.
- Der Staatssekretär wird es dann schon weiterreichen
- Ah ja, er steht direkt vor mir. Ich bin mir ganz sicher: Der Ludwig Spaenle hört das; er ist multitasking-fähig, er hat das Lob verstanden.
Sie haben das Thema Koalitionsarbeit angesprochen. Wir wissen alle: Wir haben miteinander in harten, zähen Verhandlungen versucht, die besten Möglichkeiten zu erringen. Mit den Ergebnissen können wir zufrieden sein. In Bayern ist die Übertrittsphase verlängert und weiterentwickelt worden. Der vielfach angeprangerte Druck, der auf den Kindern lastet, wurde erheblich entschärft.
Immer wieder geistert die Behauptung herum, viele Kinder seien aufgrund der frühen Übertrittssituation psychisch beeinträchtigt. Die Studie der Universität Dortmund gibt an, dass lediglich 7,7 % der Schüler Sorge um den Übertritt haben. Die weit überwiegende Mehrheit der Schüler freut sich auf die neue Schulform.
Die verlängerte Grundschulzeit ist aufgrund der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse derzeit keine Alternative. Solange wir nicht sicherstellen können, dass die Verlängerung der Grundschulzeit für unsere Kinder wissenschaftlich fundiert einen Vorteil bedeutet, sollten wir davon absehen und entsprechende Studien kritisch begleiten. Mir ist bewusst, dass es für beide Modelle jeweils Studien gibt. Dennoch sollten wir die Bedenken der Wissenschaftler nicht hinwegwischen, sondern uns kritisch damit auseinandersetzen. Wissenschaftler wie beispielsweise Professor Lehmann in seiner Elementstudie sprechen sogar davon, dass eine Verlängerung der Grundschulzeit allen schadet, unabhängig von ihrer sozialen Herkunft. Selbst soziale Disparitäten werden durch längeres gemeinsames Lernen nicht abgebaut.
Professor Hasselhorn, der Entwicklungspsychologe, empfiehlt den Übertritt dringend vor dem elften Lebensjahr, weil, wie er sagt, die Entwicklung des Selbstkonzepts mit dem elften Lebensjahr beginnt.
Ich wünsche uns, dass wir so wie in der letzten Sitzung des Bildungsausschusses, wo wir uns herrlich unaufgeregt mit den Argumenten inhaltlich auseinandergesetzt haben, fortfahren können. Wir müssen Anwälte der Kinder sein, nicht der Eltern; denn hier geht es um das Wohl unserer Kinder. Deshalb ist es wichtig, dass wir alle dazu beitragen und bekannt machen, dass es 15 Wege gibt, um die Hochschulreife zu erreichen. Ebenso muss den Eltern klargemacht werden, dass das Gymnasium nicht das Alleinseligmachende ist, sondern dass man auf den Entwicklungsstand des Kindes schauen muss, um zu beurteilen, welche Leistungen es derzeit erbringen kann und wie man es fördern kann, damit es an seine maximalen Möglichkeiten herankommt. Unsere Stoßrichtung in der Bildungspolitik muss es sein, die Durchlässigkeit der Schularten, die individuelle Förderung jedes einzelnen Schülers sowie die Elternberatung sicherzustellen, damit für jedes einzelne Kind sein individueller Lebensweg gestaltet werden kann.
Sehr geehrter Herr Kollege Gehring, ich denke, unser Weg muss sein, alle Wissenschaftler ernst zu nehmen. Deshalb habe ich vorhin ausgeführt, dass wir verschiedene Studien haben. Wir müssen versuchen, gute Lösungen zu entwickeln und alle Themenfelder berücksichtigen.
Berlin und Brandenburg ist für mich jetzt kein Vorzeigefall im Bereich Pisa; daran würde ich mich jetzt weniger orientieren als vielmehr an dem Vorsatz, die wissenschaftlichen Studien gründlich durchzugehen.
Herr Minister, Sie haben bereits einige Punkte des Übertrittsverfahrens genannt. Ich halte es für wichtig, dass Sie in der Frage nach vier oder sechs Jahren nicht emotionsgeladen entscheiden. Hier muss man auch die Wissenschaft der
Psychologie heranziehen, denn die Entwicklungspsychologie bietet uns sehr gute Grundlagen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen. Wir wissen sehr wohl, dass jedes Kind einzigartig ist. Dennoch sind viele Kinder mit zehn Jahren bereits reif, um den Übertritt zu schaffen.
Wir wissen aber auch alle, dass die Kinder sehr unter Druck stehen. Wir wissen auch, dass es verschiedene Faktoren gibt. Sie haben teilweise ausgeführt, was Sie machen möchten, um das Übertrittsverfahren zu erleichtern. Des Weiteren sollten Sie aber auch noch darstellen, wie Sie die Durchlässigkeit der Schularten betrachten und was Sie dabei verändern wollen. Wie wollen Sie den Eltern bewusst machen, wie viele Möglichkeiten es gibt, höherwertige Abschlüsse zu erreichen? Diese Möglichkeiten sind oftmals gar nicht bekannt.