Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es lohnt sich, in der Aktuellen Stunde einen Blick über die Landesgrenze nach Baden-Württemberg zu werfen. Wir können lesen, dass die grün-rote Landesregierung im nächsten Haushalt 2013/14 2.200 Lehrerstellen - ich wiederhole: 2.200 - streicht. Und das unter Grün-Rot, unter einem grünen Ministerpräsidenten!
Die FAG-Mittel werden um sechs Millionen Euro gekürzt, die Beamtenbezüge in bestimmten Bereichen um vier Prozent. Das Landeserziehungsgeld wird abgeschafft. Davon sind besonders sozial Schwache betroffen. Meine Damen und Herren, das ist reale grünrote Politik.
Kollege Eisenreich hat schon recht, das war ein sehr matter Aufschlag. Es gab verschiedene Pressegespräche. Lieber Thomas, du hast einen Schulleiter zur Pressekonferenz hierher geholt. Das Einzige, was er an neuen Erkenntnissen bringen konnte, war die Aussage, dass im Grenzgebiet von Bayern und Hessen auch einmal Lehrer nach Hessen abwandern. In einem Grenzgebiet ist aber ein Austausch von Lehrern und Schülern ganz normal. Das war der Aufschlag der GRÜNEN.
Jetzt komme ich zum Thema G 8. Was ist denn da die Realität? - Trotz des demografischen Wandels haben wir in Bayern drei neue Gymnasien zum Schuljahresbeginn 2012/13 errichtet, nämlich in Diedorf im Landkreis Augsburg, in Lappersdorf im Landkreis Regensburg und in Wendelstein im Landkreis Roth. Ein Plus von drei Gymnasien ist die Realität, Sie aber sprechen von einem G-8-Chaos. Meine Damen und Herren, die GRÜNEN tun das, was sie am besten können: Sie ignorieren die Fakten und schüren die Emotionen. Ihre Aussage, dass Sie dabei das Wohl der Kinder im Auge haben, nehme ich Ihnen nicht ab.
Im letzten Jahr fanden zwei Expertenanhörungen zum G 8 statt. Dabei wurde sehr, sehr deutlich, dass sich das G 8 bewährt hat. Wir sind dabei, dieses Gymnasium weiterzuentwickeln und die bisherigen Erkenntnisse einfließen zu lassen. Deshalb haben wir ein Paket zur Optimierung vorgelegt, das drei wesentliche Punkte enthält. Erstens geht es um den Unterrichtsausfall. Wir stellen ab September 2012 250 Stellen bereit, wofür es Mittel in Höhe von 4,5 Millionen Euro gibt. Bis zum Schuljahr 2014/15 wird die integrierte Lehrerreserve eingerichtet.
Der Unterrichtsstoff wurde gekürzt. Dazu gibt es 15 000 Rückmeldungen aus den Lehrerkollegien. Das ist eine praxisorientierte Maßnahme. Wir wollen eine Förderung zusammen mit einem Frühwarnsystem. Wichtig ist, dass vor Ort entschieden werden kann, welche Förderinstrumente eingesetzt werden. Wir haben die eigenverantwortliche Schule, und jede Schule muss vor Ort entscheiden, was ihre Schüler am meisten benötigen. Dann kann die Förderung zielgenau eingerichtet werden. Das ist eine sehr, sehr wichtige Sache.
Entscheidend ist die Einführung des Flexibilisierungsjahres, das an jedem staatlichen Gymnasium angeboten werden soll. Dieses Jahr verschafft den Schülern auf Wunsch eine zusätzliche Lernzeit von einem Jahr und bietet ihnen dabei eine angemessene Förderung. Das heißt, die Schüler haben bei Bedarf mehr Zeit, ohne dass die Länge der Gymnasialzeit insgesamt verändert wird. Auch diese Maßnahme wird sich in der Praxis bewähren.
Meine Damen und Herren, es ist schade, dass Sie bei Ihrer Kritik vergessen, dass am Zustandekommen des Optimierungspakets auch Vertreter des Landesschülerrats, der Bayerischen Direktorenvereinigung, des Deutschen und Bayerischen Philologenverbandes sowie die Landeselternvereinigung beteiligt waren. Ich will den Beteiligten für ihr Engagement und ihren Einsatz danken. Wenn Sie das alles bei Ihrer Kritik wegwischen, ignorieren Sie auch diese Leistung, und Sie ignorieren auch die Expertenanhörung. Alle Bildungsvergleiche zeigen, dass das bayerische Bildungssystem nach wie vor das beste in Deutschland und eines der besten in der Welt ist. Zu Ihren Debatten um eine andere Schulstruktur sage ich nur: Es gibt ein schönes Gutachten des Wirtschaftswissenschaftlers Christian Dustmann, der Professor an der renommierten University of London ist. Er sagt, dass grundlegende Reformen des deutschen Schulsystems zwar Schwächen beseitigen sollen, tatsächlich aber die Gefahr bergen, dass Stärken abgeschafft werden. Wir lassen nicht zu, dass unsere Stärken abgeschafft werden. Der wirtschaftliche Erfolg Bayerns kommt daher, dass wir ein tolles Bildungswesen haben, dass wir engagierte Lehrer und engagierte Eltern haben. Das lassen wir uns von Ihnen nicht kaputt machen!
Vielen Dank. Jetzt darf ich Herrn Kollegen Nöth für die CSU-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wer bisher der Opposition aufmerksam zugehört hat, könnte meinen, wir würden uns in Bayern in einem bildungspolitischen Entwicklungsland befinden. Sie vermitteln hier den Eindruck, als wäre unsere Schullandschaft ein Tal der Tränen und des Leides, als würden Schulen nur Druck erzeugen und krank machen, Herr Güll.
So waren Ihre Ausführungen bisher. Die Bevölkerung in Bayern hat eine ganz andere Sicht der Dinge als Sie. Schon das Thema der Aktuellen Stunde "Zurückstellungen, Lehrermangel, Übertrittsdruck, G-8-Chaos - Zeit für den Wechsel in der bayerischen Schulpolitik" zeigt, dass es Ihnen heute mit Sicherheit nicht um eine sachliche Auseinandersetzung geht, sondern dass Sie heute in der ersten Sitzung nach der Sommerpause den Wahlkampf eröffnen wollen. Das ist Ihnen aber bisher, wie ich meine, sehr schlecht gelungen.
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie ignorieren bewusst die Ergebnisse und Erfolge der bayerischen Bildungspolitik. Sie stellen permanent infrage, dass das in Bayern praktizierte differenzierte Schulsystem bundesweit am besten abschneidet. Schlechtreden und Dauerkritik - das ist Ihre Devise. Wir spüren jedoch bei unseren Veranstaltungen im Lande, dass es die Bürger, dass es Eltern und Schüler satt haben, dass die bayerischen Schulen ständig bezüglich ihrer Leistungsfähigkeit kritisiert werden.
Unsere Lehrkräfte und unsere Schulen arbeiten engagiert und erfolgreich und haben Ihre Dauerschelte nicht verdient.
Bayern ist spitze. Die Vielfalt durch das differenzierte Schulsystem eröffnet unseren Schülern größte Chancen. Grund für den schulischen Spitzenplatz bei uns sind die Rahmenbedingungen für das Lernen in Bayern. Kern des Erfolgs ist dabei die Mehrgliedrigkeit und die Durchlässigkeit des Systems.
In Bayern wird jedem Schüler, je nach seinen Begabungen, Neigungen und seiner Lernbereitschaft, eine Schule angeboten, in der er sich erfolgreich zu einem selbstbewussten Schüler und zu einem verantwortungsbewussten Staatsbürger entwickeln kann.
Was spricht für den bayerischen Weg, den Sie so gerne abschaffen wollen? - Ich meine, zunächst einmal die Vielfalt. Würden wir Ihren Vorschlägen folgen, dann hätten wir Einheits-, Gesamt- und Sekundarschulen. All das, was an Buntheit und Vielfalt im bayerischen Schulwesen vorhanden ist, wäre verschwunden.
Meine Damen und Herren, freuen wir uns doch darüber! Es ist ein Riesenerfolg, dass in Bayern 43 % aller Hochschulzugangsberechtigungen nicht mehr über das Gymnasium, sondern über andere Bildungsgänge erreicht werden.
Drittens spricht für unseren bayerischen Weg die Qualität der Abschlüsse. Mit den bayerischen Schulabschlüssen beginnt die Teilhabegerechtigkeit in unserer Gesellschaft. Unseren Absolventen wird durch den bayerischen Schulabschluss im Grunde genom
Ich bitte auch zu bedenken, dass das bayerische Schulsystem unter anderem daran zu messen ist, wie es gelingt, junge Menschen nach der Schule in die Berufs- und Arbeitswelt zu bringen. Die Jugendarbeitslosigkeit von nur 2,4 % in Bayern ist ein wunderbarer Erfolg, der auch für das Schulsystem spricht, weil es damit gelingt, den Übergang in die Berufs- und Arbeitswelt zu vermitteln. Bundesweit beträgt die Jugendarbeitslosigkeit fast 8 %, in Spanien 50 %, in Italien 36 %. Deshalb dürfen wir Bayern sehr wohl als Land der hervorragenden Chancen für unsere Kinder und Jugendlichen bezeichnen. Die Erfolge zeigen, dass der bayerische Weg goldrichtig ist. Wir wären doch auf den Kopf gefallen und würden unserer Verantwortung nicht gerecht, wenn wir diesen bayerischen Bildungsweg verließen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe darauf hingewiesen, dass unsere Kinder und Jugendlichen alle in ihren Anlagen unterschiedlich sind. Auf all diese Unterschiedlichkeit kann im Bildungssystem nicht mit einem Einheitsbrei geantwortet werden, sondern es muss differenzierte Angebote geben.
Abschließend darf ich Professor Prenzel, den PisaBeauftragten, zitieren, der gesagt hat: Bayerns Schulen schaffen es in Deutschland am besten, Kinder aus allen sozialen Schichten gemäß ihren Begabungen zu fördern.
Dieses Lob gebe ich gerne an den Kultusminister, an die bayerische Staatsregierung und auch an alle unsere Lehrkräfte weiter. Wir sind auf einem guten Weg und werden auf diesem Weg auch die Auseinandersetzung mit den Bürgerinnen und Bürgern im kommenden Jahr suchen.
Vielen Dank. Für die Staatsregierung hat Herr Staatsminister Dr. Spaenle um das Wort gebeten. Bitte sehr, Herr Staatsminister.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! In der Tat: Man hört die Windmaschinen des Frühwahlkampfes laufen.
Aber heiße Luft allein wird die Bildungspolitik nicht in den Bereich bringen, in dem die Menschen Bildungs
Tatsache ist, dass die Bevölkerung in Bayern auf die Bildungsangebote in diesem Land in ganz besonderer Weise achtet, dass die Bildungsqualität und die Herausforderungen, die damit verbunden sind, unseren jungen Menschen eine gute Chance eröffnen, um die Zukunft zu bestehen. Und das findet eine ganz besondere Beachtung im politischen Feld. Wir stellen uns diesen täglichen Herausforderungen mit großem Engagement. Ich weiß, was es bedeutet, wenn 1,7 Millionen junge Menschen an rund 6.000 Schulen in diesem Land von 140.000 Lehrkräften erzogen und gebildet werden. Wir stellen uns dieser großen Herausforderung, dem Anspruch der Menschen in diesem Lande gerecht zu werden, eine Schule auf bestmöglichem Niveau anzubieten und zu organisieren.
Tatsache in Bayern ist, dass wir zur Absenkung der Klassenteiler an den Grundschulen in Zukunft auf 28 Schüler kommen wollen. Das heißt, wenn eine Klasse 28 Schüler erreicht, wird sie geteilt in zwei Klassen mit je 14 Schülern. Tatsache ist dabei aber auch, dass wir allein in diesem Bereich künftig über 700 Lehrkräfte zur Verfügung stellen müssen.
Tatsache ist, dass wir bei den Förderstunden die vierten Klassen der Grundschulen bei mehr als 25 Schülern teilen, und Tatsache ist, dass wir zur Beibehaltung möglichst vieler wohnortnaher kleiner Grundschulstandorte entsprechende Investitionen über den Demografiezuschlag tätigen.
Tatsache ist, dass mehr als 40 % der Befragten - zum dritten Mal hintereinander! - mit der Elternbeteiligung im neuen Übertrittsverfahren einverstanden sind. Und Tatsache ist, dass über 70 % mit Angeboten wie der zusätzlichen Beratung bereits ab der dritten Jahrgangsstufe und entsprechenden Hinweisen einverstanden sind. Tatsache ist auch, dass an Bayerns Grundschulen 50 % der Viertklasskinder eine gymnasiale Übertrittsempfehlung erhalten, und Tatsache ist, dass sich die bayerischen Mittelschulen zunehmenden Zuspruchs erfreuen. Das ist nach Jahrzehnten nun zum zweiten Mal die Umkehrung der Entwicklung. In den letzten eineinhalb Jahrzehnten waren am ersten Schultag immer nochmals deutlich weniger Kinder an den bayerischen Hauptschulen eingeschrieben, als die Prognosen vorhergesagt hatten. Nun können wir zum zweiten Mal hintereinander eine Trendwende feststellen. Und alles, was zum zweiten Mal in Bayern geschieht - so der Ministerpräsident -, ist bereits Tradition, nämlich dass sich mehr Kinder, als die Prognosen vorhergesagt hatten, an den Mittelschulen eingeschrieben haben. Wir haben darauf mit über 310 zusätzlichen Arbeitsverträgen für Lehrkräfte im Zwei
drittelangebot reagiert, was 220 Vollzeitäquivalente bedeutet und somit eine ordentliche Beschulung sicherstellt.
Tatsache ist, dass wir das Hauptschul-/Mittelschulsterben in Bayern de facto zum Stehen gebracht haben. Wurden im Schuljahr 2007/2008 noch 45 Hauptschulen geschlossen, sind es im laufenden Schuljahr noch drei Schulstandorte, die endgültig geschlossen werden müssen.
Tatsache ist, dass der Anteil der jungen Menschen, die an den Mittelschulen einen mittleren Abschluss erzielen, auf mittlerweile 26 % angehoben werden konnte. Tatsache ist auch, dass die Zahl der jungen Menschen, die einen mittleren Abschluss erwerben und dies nicht über die Realschulen tun, stetig im Steigen begriffen ist.
Tatsache ist, dass die Realschule mit ihrem Angebot einer beispielsweise bundesweit einmaligen Begabtenförderung, mit der neuen Form einer Talentklasse, mit der Form der besonderen MINT-Förderung, mit bilingualen Angeboten, mit einem Rekordstand an Realschulstandorten die Bildung zu den Menschen bringt. Wir gehen diesen Weg konsequent, dass wir Bildungsstandorte dort sichern oder zusätzlich anbieten, wo die Menschen leben, nämlich gerade in den Räumen, die von Demografie und Abwanderung in besonderem Maße gekennzeichnet sind. So konnten wir im Lauf dieser Legislaturperiode 15 neue Realschulen und 10 neue Gymnasien gründen, und zwar nicht nur in den Großstädten, sondern auch in den ländlichen Regionen. Das wurde insbesondere durch die neue Kooperation möglich, die jetzt im Gesetz als Regelangebotsform vorhanden ist.
Tatsache ist, dass wir uns dem Thema der Unterrichtsversorgung in besonderer Weise widmen. Wir geben zu Beginn dieses Schuljahres zusätzlich 400 Lehrkräfte an die Schulen, um die Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Tatsache ist, dass damit der nicht erteilte Unterricht an Bayerns Schulen im abgelaufenen Schuljahr schulartübergreifend von 1,9 % auf 1,6 % abgesenkt werden konnte. Das gilt besonders an den Gymnasien mit einem Rückgang von 3,9 % auf 2,9 %. Ich danke in diesem Zusammenhang allen Lehrkräften und Schulleitungen, die sich an Bayerns Schulen engagieren.
Tatsache ist, dass wir mit 250 zusätzlichen Lehrkräften die mobile Reserve an den bayerischen Gymnasien weiter ausbauen und die Mittel für entsprechende zusätzliche Arbeitsverträge und Mehrarbeit erhöhen. Tatsache ist, dass wir die entsprechende Lehrerreserve für die Realschulen und die Fachoberschulen neu schaffen. Tatsache ist, dass mit Kabinettsbeschluss
vom 31. Juli im Rahmen des Optimierungskonzeptes für das bayerische Gymnasium der Grundsatzbeschluss gefasst wurde, in die Einführung der integrierten Lehrerreserve einzusteigen. Das geschieht bereits an 25 Gymnasien und das bedeutet, dass die einzelne Schule deutlich mehr Lehrerwochenstunden oder auch Lehrkräfte zugewiesen bekommt, um auf einen entsprechenden Unterrichtsausfall reagieren zu können.