Protocol of the Session on June 14, 2012

(Zuruf von der SPD: Zur Abstimmung kommen sie dann schon wieder!)

Das müssen wir auch überlegen. Ich denke, wir sollten Kritik anbringen, wenn sie berechtigt ist. Dies gilt gerade für den Ministerpräsidenten, der, wenn irgend möglich, hier im Hause ist.

Herr Kollege Mütze, Sie haben das Wort. Bitte sehr.

Hauptsache, wir sind da, sage ich einmal.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ein wahres Wort gelassen ausgesprochen!)

Genau. Obwohl wir auch nicht immer da sind, Herr Kollege.

Das ist auch richtig, Frau Präsidentin. - Ich weiß jetzt nicht, wen Sie angeschaut haben; Sie sitzen hinter mir.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wofür ein neues Landesplanungsgesetz? Diese Frage kann man sich stellen, wenn man konstatieren muss, dass ein vorhandenes Landesplanungsgesetz nicht verhindert hat, dass Bayern mit 20 Hektar pro Tag - pro Tag, liebe Kolleginnen und Kollegen! - deutscher Meister im Flächenverbrauch ist. Diese Fläche wird versiegelt und ist unwiederbringlich für andere Nutzungen verloren. Warum ein neues Landesplanungsgesetz, wenn ein bisheriges Landesplanungsgesetz nicht verhindert hat, dass trotz der Prämisse der Gleichwertigkeit in allen bayerischen Gebietsteilen die Schere zwischen dem ländlichen Raum und - ich sage einmal: - einem Raum wie Oberbayern immer weiter aufgeht, und wenn das bisherige Landesplanungsgesetz nicht verhindert hat, dass die Menschen, die in den Nordostregionen Bayerns leben und dort eben keine gleichwertigen Lebensverhältnisse vorfinden, mit den Füßen abstimmen und dorthin gehen, wo - möglicherweise auch nur vermeintlich - Milch und Honig fließen, nämlich in den Süden Bayerns? Wofür also Landesplanung?

Landesplanung ist notwendig. Dazu stehen wir. Sie ist notwendig, um Fehlentwicklungen nicht entstehen zu lassen. Das ist, wie ich eben gesagt habe, nicht immer gelungen. Deswegen war es wichtig zu sehen, was in dem neuen Landesplanungsgesetz enthalten ist. Ich bin froh, dass durch einen kalten Putsch im Wirtschaftsausschuss - so möchte ich es einmal nennen - von Herrn Dr. Bernhard und dem Ausschussvorsitzenden Huber das Schlimmste verhindert wurde; denn wenn wir von Gleichwertigkeit in Bayern reden und die Kultur, die Schule, Soziales und Gesundheit außen vor lassen, dann reden wir im Grunde nicht mehr von Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse, sondern vom Abhängen von Regionen. Das ist im letzten Augenblick verhindert worden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Wirtschaftsminister, der sich mit dem ersten Entwurf zum Erfüllungsgehilfen der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft - vbw - machen wollte, und auch die FDP, die diesen Wirtschaftsminister trägt, sind ausgebremst worden. Darüber sind wir sehr froh. Wir können uns nicht vorstellen, dass wir angesichts des demografischen Wandels, durch den die Regionen

unter Druck sind, nicht darüber reden, wie wir Schule in einem Raum organisieren wollen, in dem die Menschen und damit natürlich auch die Kinder immer weniger werden. Das muss eine Landesplanung organisieren. Wie wollen wir die Ärzteversorgung, die Klinikversorgung in der Region sicherstellen? Auch das ist Aufgabe der Landesplanung.

Mir ist natürlich klar, dass die Wirtschaft, wenn überhaupt, nur ihren Bereich organisiert sehen will. Alles andere ist der Wirtschaft egal; nur das muss funktionieren. Dies kann aber nicht unsere Prämisse sein. Zum Glück ist das auch im letzten Augenblick geändert worden.

Ein schlankes Landesplanungsgesetz wäre nicht schlecht, aber Schlankheit ist ja kein Wert an sich, außer man ist vielleicht Topmodel.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das sage ich auch immer!)

- Genau, lieber Kollege. Wir haben leider - - Ich werde das jetzt nicht kommentieren.

(Heiterkeit bei der SPD)

Es gibt dazu ein schönes Lied der Couplet-AG. Lieber Kollege, vielleicht hören Sie es sich einmal an.

Zum Glück hat man also im Hinblick darauf, dass eben auch Soziales, Kultur und Bildung für alle Landesteile wichtig sind, in letzter Minute auf die Bitten aller Verbände und all jener, die mit diesem Landesplanungsgesetz beschäftigt waren, reagiert.

Was hat sich unserer Meinung nach in der Debatte im Wirtschaftsausschuss oder danach noch zum Besseren verändert? - Zielerreichungsverfahren müssen zumindest im Einvernehmen mit dem Regionalen Planungsverband durchgeführt werden, und im Raumordnungsverfahren müssen Alternativen eingeführt und geprüft werden. Das betrifft von der Qualität her zwei kleinere Änderungen, die mit der zuvor genannten nicht mithalten können.

Ich komme zu den Defiziten des geltenden Landesplanungsgesetzes. Es ist Ihnen trotz des Anspruchs der Verschlankung nicht gelungen, die Zahl der Grundsätze der Raumordnung zu verringern. Dabei sind doch die Grundsätze nach der Erfahrung, die man als Kommunalpolitiker vor Ort macht, vor allen Dingen als grüner Kommunalpolitiker, das Erste, was hinten herunterfällt. Wenn eine Abwägung zwischen einer Straße, wie auch immer sie heißen mag, und einer Grünfläche stattfindet, dann wissen wir alle, wie sie ausfällt.

(Dietrich Freiherr von Gumppenberg (FDP): Das ist Ihr subjektives Empfinden!)

- Nein, das ist eine alltäglich erlebte Erfahrung, lieber Kollege von Gumppenberg. Insofern entspricht es der Realität. Umsonst gibt es in Bayern ja nicht die 20 Hektar Landverbrauch, und zwar trotz des Landesplanungsgesetzes.

Statt auf schwache Grundsätze zu setzen, wäre es wichtiger gewesen, im Landesplanungsgesetz Ziele zu konkretisieren, wie wir sie zum Beispiel aus dem Landesplanungsgesetz von Rheinland-Pfalz kennen. Wir haben zwölf konkrete Ziele vorgeschlagen. Über die Zahl oder die Inhalte dieser Ziele kann man natürlich noch streiten, meine Kollegen von der SPD. Aber jedenfalls haben wir konkrete Ziele angeboten, zum Beispiel die Ziele der Gleichwertigkeit der Räume, des Klimaschutzes, des Flächensparens, der Berücksichtigung des demografischen Wandels, der Geschlechtergerechtigkeit, natürlich auch der Inklusion und des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen. Damit habe ich nur einige der Ziele genannt.

Wenn man den Regionalen Planungsverband hätte stärken wollen, dann hätte man - Kollege Bernhard hat es vorhin gesagt - auch die regionalen Flächennutzungspläne zulassen sollen. Das hätte den Regionalen Planungsverband gestärkt. Man hätte vor allem die Überprüfbarkeit der Landesplanung einführen müssen. Was nützt eine Landesplanung, die auf ihre Zielerreichung nicht überprüft werden kann!

Das sind einige Argumente, die uns dazu bringen, das neue Landesplanungsgesetz abzulehnen.

Das Landesentwicklungsprogramm liegt als Entwurf vor. Ich habe es leider erst zur Hälfte gelesen. Ich bin gespannt, wie sich die neuen Grundsätze, nämlich der Grundsatz zur demografischen Entwicklung und der Grundsatz zum Klimaschutz, im Landesentwicklungsprogramm darstellen. Ich gehe davon aus, dass wir als GRÜNEN-Fraktion dann Verbesserungsanträge stellen werden und müssen. Das wird nach dem von Ihnen vorgelegten Landesplanungsgesetz dringend notwendig sein. Wir werden das Landesplanungsgesetz trotz der Änderungen, die zum Glück noch vorgenommen worden sind, ablehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege von Gumppenberg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Mütze, ich versichere Ihnen, dass wir nicht putschen. Ich glaube auch nicht, dass Herr

Huber in irgendeiner Form einen Putsch, welcher Art auch immer, durchgeführt hat. Was geschehen ist, ist eben Parlamentarismus. Wir praktizieren damit eine lebendige Demokratie. Wir sind Einsichten auch der Opposition mitunter durchaus gewogen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Seit wann das?)

- Das gibt es eben.

Ich glaube, der Gesetzentwurf, der jetzt vorliegt, ist sehr gut. Er kann sicherlich nicht alle Wünsche, Anträge und Bedürfnisse in gleicher Weise erfüllen. Aber was Sie, Herr Mütze, fordern, erinnert an die zehn Gebote der Bibel. Gerade da gibt es einen großen Unterschied; denn wir füllen ein Gesetz nicht mit Inhalten, die alle Wunschvorstellungen berücksichtigen. Wir können in einem Gesetz nicht alle Vorstellungen der Interessengruppen gleichermaßen verwirklichen. Es können nicht alle Wünsche der Einzelnen in gleicher Form befriedigt werden.

(Zuruf von den GRÜNEN: Darum geht es gar nicht!)

- Doch, darum geht es. Liebe Kollegin, wenn Sie die Ausführungen des Herrn Mütze aufmerksam verfolgt haben, dann werden Sie erkannt haben, dass es um die Kernfrage geht, ob diese oder jene Gruppe, in welcher Form auch immer, in dem Gesetz dem Inhalt nach erwähnt wird.

Mit dem Landesplanungsgesetz stellen wir die Weichen für eine gleichwertige Entwicklung der Lebensund Arbeitsbedingungen in Bayern. Das bayerische Landesplanungsgesetz ist damit die Grundlage einer ganzheitlichen Entwicklung Bayerns und einer nachhaltigen Weichenstellung für die Zukunft Bayerns und all seiner Regionen.

Es ist erstaunlich, wenn man feststellt, dass mit Ausnahme der Redner der CSU alle sonstigen Kolleginnen und Kollegen, die hier gesprochen haben - ausgenommen Herr Mütze -, nicht dargelegt haben, welche Differenzierung es in unserem Land gibt. Es gibt nämlich Land und Stadt. Dieses Gesetz bemüht sich, zwischen beidem auszugleichen, eine Gleichwertigkeit herzustellen.

Das Landesplanungsgesetz löst, wie Sie wissen, das bundesweit geltende Raumordnungsgesetz ab. Die Föderalismusreform hat es ermöglicht, dass Bayern ein eigenes Vollgesetz schafft. Durch den Gesetzentwurf wird Klarheit unter Berücksichtigung der speziellen Interessen Bayerns geschaffen.

Dabei betone ich ausdrücklich, dass es nicht um Gleichmacherei geht, sondern um Gleichwertigkeit.

Es geht nicht darum, Stadt gegen Land oder Land gegen Stadt zu setzen, sondern um ein ausgewogenes Verhältnis beider zueinander. Dass Städte andere Bedürfnisse haben als das Land, steht außer jeder Frage.

Was heißt eigentlich "Gleichwertigkeit"? - Gleichwertigkeit bedeutet für mich nicht Gleichberechtigung aller Regionen Bayerns, sondern bedeutet den Abbau von Nachteilen. Niederbayern, die Oberpfalz, Oberbayern und alle anderen Regionen Bayerns fördern wir gleichberechtigt. Jede Region Bayerns hat ihre eigenen Vorzüge, aber auch ihre eigenen Probleme. Dies gilt für den ländlichen Raum und die Monopolregionen. Wenn die Städte in der Regel bessergestellt sind und mehr bekommen, zum Teil auch berechtigte Ansprüche haben, darf der ländliche Raum hierunter nicht leiden. Vielmehr geht es darum, den ländlichen Raum gleichermaßen zu berücksichtigen.

Mit dem Bayerischen Landesplanungsgesetz treten wir den Beweis an, dass es uns mit der Gleichwertigkeit ernst ist. Als Vollgesetz behandelt es alle wichtigen Bereiche: wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte. Der ländliche Raum wird bei uns mit Vorrang behandelt.

Ich kann Ihnen als überzeugter Mensch vom Lande das habe ich bereits im Ausschuss gesagt - durchaus die Vorteile nennen, die für das Land gelten. Die Städte werden zukünftig nicht mehr in dem bisherigen Maße aufnahmefähig und aufnahmebereit sein. Daher wird das Land künftig eine entsprechend wichtige Rolle spielen. Ich kann Ihnen versichern: Jeder, der auf das Land zieht, tut sich selbst einen Gefallen.

(Maria Noichl (SPD): Außer er braucht Internet!)

- Liebe Kollegin, in dieser Hinsicht sind wir durchaus fortschrittlich. Ich weiß ja nicht, wo Sie daheim sind. Man kann natürlich anfangen, alles und jedes hier in Bayern schlechtzureden. Aber Bayern ist ein Vorzeigeland. Bayern ist in einer perfekten Situation.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Bayern ist ein hervorragendes Land. Auch wenn Sie es noch so lange schlechtreden, bedeutet das nicht, dass es schlecht ist. Ich würde als Opposition ähnlich wie Sie agieren und sagen: Ihr macht alles falsch; man könnte es besser machen. Aber der Christkindlkatalog, den die FREIEN WÄHLER hier ständig propagieren, hat keine Gültigkeit. Man kann den Menschen nicht alles versprechen und sagen, sie hätten recht. Generationen sollen noch eine echte Wahlfreiheit zwischen Stadt und Land haben. Das ist der Grundsatz dieses Gesetzes. Daher gilt es, eine individuelle Förderung für alle Regionen in Bayern zu er

möglichen. Im Landesplanungsgesetz haben wir dafür den nötigen Spielraum geschaffen. Die Menschen vor Ort, vertreten durch die Landkreise und Gemeinden, können sich in die Regionalentwicklung einbringen. Für eine gezielte Förderung brauchen wir das Wissen aus den Landkreisen und aus den Gemeinden. Nur sie selbst wissen, wo sie der Schuh drückt.

Neben der Kommunalisierung der Landesplanung haben wir diese dereguliert. In Zukunft wird die Landesplanung über zwei Hierarchieebenen statt wie vorher über drei durchgeführt werden. Das bedeutet weniger Aufwand, weniger Bürokratie und mehr Einfluss für die Kommunen. Diese Zusammenarbeit brauchen wir, damit der ländliche Raum die Förderung bekommt, die er benötigt. Damit zeigen wir, dass alle Regionen Bayerns als gleich wertvoll empfunden werden. Das verstehe ich unter Gleichwertigkeit für das Land und für Bayern. Das spiegelt sich im Bayerischen Landesplanungsgesetz wider.

Meine Damen und Herren, ich möchte Folgendes wiederholen: Das Landesplanungsgesetz ist ein sehr gutes Gesetz. Sicherlich gibt es immer wieder Menschen, die sagen, man könne dieses oder jenes besser machen. Die Intention des Wirtschaftsministers, das Gesetz zu verschlanken und kurz zu halten, ist eine richtige Entwicklung. Wir haben schon hinreichend Bürokratie in diesem Lande.