Protocol of the Session on May 8, 2012

Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten

Markus Rinderspacher, Hans-Ulrich Pfaffmann, Christa Steiger u. a. und Fraktion (SPD), Margarete Bause, Dr. Martin Runge, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN), Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. (Univ. Lima) Dr. Peter Bauer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Lage bei der Erstaufnahme und in den Gemeinschaftsunterkünften verbessern (Drs. 16/11146)

Die Aussprache hierzu hat bereits im Plenum am 26. April 2012 stattgefunden. Die Abstimmung in namentlicher Form konnte aus zeitlichen Gründen nicht mehr erfolgen. Deswegen führen wir sie jetzt durch. Der federführende Ausschuss für Soziales, Familie und Arbeit empfiehlt auf Drucksache 16/11146, den Antrag abzulehnen. Die Urnen stehen bereit. Ich eröffne die Abstimmung. Fünf Minuten sind angesetzt.

Namentliche Abstimmung von 15.04 bis 15.09 Uhr

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung. Die Stimmzettel werden draußen ausgezählt. Wir bekommen nachher das Ergebnis.

Ich bitte die Plätze einzunehmen, damit wir in der Tagesordnung fortfahren können. Das gilt auch für die Regierungsbank. Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit wir mit der Sitzung fortfahren können.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Hallo! Die Präsidentin spricht mit Ihnen! - Zuruf von der SPD: Die wollen gar nicht mehr regieren!)

Jetzt darf ich mit großer Freude eine Delegation aus Marokko und Tunesien begrüßen. Es sind Damen und Herren aus der Kommunalpolitik. Sind Sie uns im Bayerischen Landtag herzlich willkommen. Ich wünsche Ihnen gute Gespräche.

(Allgemeiner Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 a auf:

Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes (Drs. 16/12316) - Erste Lesung

Der Gesetzentwurf wird von Seiten der Staatsregierung begründet. Frau Staatsministerin steht schon bereit.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kolle

gen! Der Freistaat Bayern gewährt seit 1989 als eines von vier Ländern das Bayerische Landeserziehungsgeld als eigene Sozialleistung für Familien. Mit dieser wichtigen Einkommensergänzung wollen wir die familiäre Erziehung anerkennen und die Wahlfreiheit unterstützen. Das Landeserziehungsgeld ist nicht nur eine Leistung für wirtschaftlich schwache Familien, sondern auch eine bewährte Familienleistung für die Mitte der Gesellschaft. Vor allem für Alleinerziehende und Mehrkindfamilien senkt es im Anschluss an das Elterngeld entscheidend das Armutsrisiko. Es hat nicht zuletzt, und das höre ich immer wieder bei Gesprächen in den Beratungsstellen, eine besondere Bedeutung für den Schutz des ungeborenen Lebens, denn es geht dabei oft um die materielle Absicherung.

Nach der bisherigen gesetzlichen Regelung hatten Personen Anspruch auf das Landeserziehungsgeld, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der EU sind, die Staatsangehörige eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind oder Staatsangehörige, die aufgrund völkerrechtlicher oder gemeinschaftsrechtlicher Abkommen mit Drittstaaten den EU/EWR-Bürgern insoweit gleichgestellt sind. Das Bundesverfassungsgericht hat nun mit Beschluss vom 7. Februar 2012 den Ausschluss von Personen aus Gründen der Staatsangehörigkeit vom Landeserziehungsgeld nach dem Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz für unvereinbar mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes erklärt und uns aufgegeben, die verfassungswidrige Regelung zum 31. August 2012 durch eine Neuregelung zu ersetzen.

Es handelt sich hierbei durchaus nicht um einen juristisch klaren Fall. Ich möchte schon erwähnen, dass der Bayerische Verfassungsgerichtshof bei einer früheren Prüfung im Jahr 2007 den Ausschluss von Staatsangehörigen aus Drittstaaten vom Landeserziehungsgeld verfassungsrechtlich nicht beanstandet und für mit der Bayerischen Verfassung vereinbar erklärt hat. Mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes, der Ihnen heute vorliegt, soll die bisherige Regelung zur Anspruchsberechtigung durch eine mit § 1 Absatz 7 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes inhaltsgleiche Regelung ersetzt werden. Die Anspruchsberechtigung ausländischer Eltern wird so entsprechend dem Bundesrecht teilweise neu geregelt, ohne dass an das Merkmal der Staatsangehörigkeit angeknüpft wird. So könnte das Landeserziehungsgeld dann künftig an Deutsche und freizügigkeitsberechtigte Ausländer gezahlt werden sowie an Ausländer mit Niederlassungs- und Aufenthaltserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt sind.

Das Bayerische Landeserziehungsgeld ist ein Erfolgsmodell. Seit seiner Einführung 1989 haben wir 2,7 Milliarden Euro an Familien ausgereicht. Wir haben einen aktuellen Haushaltsansatz von etwa 80 Millionen Euro im Jahr. 41,4 % der jungen Familien haben 2011 im Anschluss an das Elterngeld vom Bayerischen Landeserziehungsgeld profitiert.

(Beifall bei der CSU)

Mit seinen Einkommensgrenzen von 25.000 Euro Jahresnettoeinkommen bei Paaren beziehungsweise 22.000 Euro Jahresnetto bei Alleinerziehenden erreicht die Leistung durchaus die Mitte der Gesellschaft, was man auch an der Prozentzahl sehen kann. Sind weitere Kinder vorhanden, erhöht sich die Einkommensgrenze um 3.140 Euro netto je Kind.

Für uns als Staatsregierung bleibt das Landeserziehungsgeld ein Herzstück bayerischer Familienpolitik. Es ist unverzichtbar für die Wertschätzung der Erziehung und eine wichtige Ergänzung des Einkommens junger Familien. Wir wissen, gerade junge Familien sind darauf im besonderen Maß angewiesen.

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, mit der Verabschiedung des vorliegenden Gesetzentwurfs setzt die Bayerische Staatsregierung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Beschluss vom 7. Februar 2012 sachgerecht um. Ich bitte deshalb um Zustimmung zum Gesetzentwurf.

(Beifall bei der CSU)

Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Im Ältestenrat wurden fünf Minuten pro Fraktion vereinbart. Das Wort hat jetzt Herr Kollege Pfaffmann.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Staatsministerin, Sie haben gesagt, das Bayerische Landeserziehungsgeld sei das Herzstück der bayerischen Familienpolitik. Wir stellen fest: Das Herzstück der bayerischen Familienpolitik ist verfassungswidrig! Das ist die Botschaft, die von diesem Gerichtsurteil ausgeht. Ich finde, das ist auch ein Symbol Ihrer Politik, einer Politik, die Sie genau so wollten. Das Gericht hat dieser Politik jetzt einen Riegel vorgeschoben, denn es handelt sich um eine Politik die ausgrenzt, liebe Kolleginnen und Kollegen, und das seit Jahren. Diese Politik grenzt Familien aus Drittländern aus, sie grenzt Kinder aus Drittländern aus. Diese Politik grenzt Kinder aus, die bei uns leben, denn sie sind vom Landeserziehungsgeld ausgeschlossen. Insofern kann man überhaupt nicht von einem Erfolg des Bayerischen Landeserziehungsgeldes sprechen. Wie ge

sagt, es ist verfassungswidrig. Das ist die Botschaft, die auch das Gericht bestätigt hat.

Das Landeserziehungsgeld muss eine Leistung sein, die Kindern zugutekommt, und zwar allen Kindern, die hier leben.

(Beifall der Abgeordneten Renate Ackermann (GRÜNE))

Sie wollten das in der Vergangenheit nicht. Es ist nichts Neues, dass die Unterscheidung zwischen deutschen Kindern und Kindern aus Drittländern beim Bezug des Landeserziehungsgeldes nicht in Ordnung ist. Das wussten Sie seit Langem, trotzdem haben Sie aus eigener Kraft nichts getan. Das Bundesverfassungsgericht musste Sie zwingen, diese Ungerechtigkeit zu beenden. Das tun Sie jetzt mit dem vorliegenden Gesetzentwurf. Wir werden diesem Gesetzentwurf zustimmen, denn unsere Position ist schon seit Langem, dass es keinen Unterschied beim Bezug von Leistungen geben darf, wenn es um Kinder aus Drittländern geht.

(Beifall der Abgeordneten Johanna Werner-Mug- gendorfer (SPD))

Es geht um das Wohl der Kinder. Das haben Sie jahrelang negiert, sonst hätten Sie eine Gesetzesänderung aus eigener Kraft vorgeschlagen.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort hat Herr Kollege Unterländer.

Liebe Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn Sie, Herr Kollege Pfaffmann, es nicht wahrnehmen wollen: Das Bayerische Landeserziehungsgeld ist ein ausgesprochenes Erfolgsmodell bayerischer Politik, weil es Familien fördert, weil es Kinder in Familien fördert. Das ist auch in Zukunft so. Deshalb wurde das Gesetz auch nicht insgesamt als verfassungswidrig angesehen; vielmehr wurde dieser Weg ausdrücklich bestätigt.

(Beifall bei der CSU)

Der Weg, Familien zu fördern, wurde ausdrücklich bestätigt, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU)

Die Zahlen sprechen für sich. Frau Staatsministerin Haderthauer hat bereits darauf hingewiesen: Seit 1989 wurden mehr als 2,5 Milliarden Euro investiert, um die Familien zu fördern, um Alleinerziehende mit ihren Kindern zu unterstützen. Das Bundesverfas

sungsgericht hat nun erklärt, dass der verfassungsrechtliche Schutz der Familie nicht auf deutsche Staatsbürger zu beschränken ist. Aus dieser Rechtsprechung sind die Konsequenzen zu ziehen. Das wird in diesem Gesetzentwurf getan. Frau Staatsministerin Haderthauer hat bereits dargestellt, dass die bundesrechtliche Regelung übernommen wird und, dass in Artikel 1 Absatz 5 des Bayerischen Landeserziehungsgeldgesetzes eine neue Regelung aufgenommen wird. Die Anknüpfungspunkte der Staatsangehörigkeit fallen damit weg.

Lassen Sie mich an dieser Stelle noch einige wenige Sätze zum Bayerischen Landeserziehungsgeld insgesamt sagen: Insbesondere die Umstellung des Landeserziehungsgeldes zu einer Anschlussleistung an das Bundeselterngeld war ein großer Erfolg, der in diesem Parlament realisiert worden ist. Diese Leistung wird übrigens auch bei einer Erwerbstätigkeit von bis zu 30 Stunden gewährt. In diesem Zusammenhang möchte ich daran erinnern, dass es in diesem Hause immer wieder Oppositionsfraktionen gegeben hat, die sich gegen das Bayerische Landeserziehungsgeld und für seine Abschaffung ausgesprochen haben. Das muss man wissen, wenn man hier über eine der bedeutendsten familienpolitischen Landesleistungen spricht.

Ich darf auf ein für mich wirklich beeindruckendes Erlebnis im Zusammenhang mit der Diskussion über die Zukunft des Landeserziehungsgeldes verweisen. Wir sind von den unterschiedlichsten Trägern von Schwangerenkonfliktberatungsstellen darauf hingewiesen worden, dass das Bayerische Landeserziehungsgeld für Frauen und Familien bei der Familienplanung zu einer gewissen Planungssicherheit geführt hat. Diese Planungssicherheit muss unbedingt aufrecht erhalten, stabilisiert und weiterentwickelt werden.

Die Bayerische Staatsregierung hat bei der Universität Bamberg eine Umfrage über die Zufriedenheit der Eltern mit dem Landeserziehungsgeld in Auftrag gegeben. Diese Umfrage hat ergeben, dass über 41 % aller Familien das Landeserziehungsgeld in Anspruch nehmen und sich dieser Anteil durch die Neuregelung erhöhen wird. Die Eltern sind mit diesem Modell hoch zufrieden. Wir sollten es deshalb nicht schlechtreden lassen. Dieses Modell wird aufgrund der Rechtsprechung weiterentwickelt. Deshalb unterstützen wir den Gesetzentwurf. Das Bayerische Landeserziehungsgeld ist ein Erfolgsmodell, das die bayerische Familienpolitik krönt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Frau Kollegin Gottstein steht schon bereit.

Sehr verehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kinder sind ein Segen Gottes. Das sollte uns immer bewusst sein.

(Alexander König (CSU): Das stimmt!)

Gott sei Dank entschließen sich nach wie vor noch immer junge Menschen zur Mutter- und zur Vaterschaft, wenn auch nicht mehr so viele. Leider bedeutet diese Entscheidung in der heutigen Zeit aber auch mehr als früher tiefgreifende Veränderungen im Leben der werdenden und der seienden Eltern, besonders aber der Frau, der Mutter. In einer Zeit, in der man sich ohne große Probleme, relativ locker vom Hocker, für oder gegen ein Kind entscheiden kann, ist deswegen die Politik in besonderer Verantwortung.

(Alexander König (CSU): Das stimmt auch!)

Die Politik ist nicht für die persönliche Veränderung, die eine solche Entscheidung mit sich bringt, verantwortlich. Speziell als Frau würde ich mir manchmal wünschen, dass sich die Herren in diesen Diskussionen zurückhielten. Sie haben nicht den dicken Bauch. Sie ruinieren nicht Ihre Figur - jedenfalls nicht durchs Kinderkriegen. Ich sehe das positiv: Ich habe selbst vier Kinder und weiß, wovon ich rede. Ich habe mich dafür entschieden.

(Tobias Thalhammer (FDP): Ich kenne hochattraktive Mütter!)

- Herr Thalhammer, viele persönliche Veränderungen müssen Sie nicht tragen, sondern Ihre Partnerin. Die Mütter müssen dem Kind zur Verfügung stehen und haben oft Zweifel an der Richtigkeit ihrer Entscheidung für die Mutterschaft. Diese Verantwortung können Sie den Frauen nicht abnehmen, auch wenn Sie der beste Ehemann oder Vater sind.

Die Politik ist aber heute ganz klar mitverantwortlich für die beruflichen Veränderungen, die sich durch die Entscheidung für ein Kind für eine Frau ergeben und für die finanziellen Veränderungen, die sich dadurch für eine Familie ergeben. In diesem Kontext sehen wir das Landeserziehungsgeld. Ich möchte zu dieser Gesetzesänderung drei Bemerkungen machen: