Protocol of the Session on April 26, 2012

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Herr Kollege Hallitzky, bitte.

Der Antrag ist nun einmal richtig schlecht, und die Tatsache, dass Sie darauf verweisen, dass man sich an die Verfassung zu halten hat, kann auch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das ein reiner Schaufensterantrag ist. Wenn dies kein Schaufensterantrag ist, dann weiß ich nicht, welche Anträge in diese Kategorie denn überhaupt noch fallen könnten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich weiß, dass Wählerinnen und Wähler für die Wahlentscheidung verantwortlich sind und dafür, wer im Parlament sitzt. Wenn Sie das bewusst betonen, so überrascht mich das, denn ich dachte, Sie würden davon ausgehen, dass ich das weiß.

(Thomas Hacker (FDP): Wenn man nur die Träume hört, glaubt man sie manchmal!)

Mit Ihren Inhalten werden Sie die Wählerinnen und Wähler aber nicht gewinnen,

(Zuruf des Abgeordneten Karsten Klein (FDP))

weil, das habe ich bereits inhaltlich skizziert, das Schaufenster sehr schlecht ist.

Sie als Regierungsfraktion sollten nicht irgendwelche Laberforderungen stellen, um es einmal drastisch zu formulieren. Sie sollten stattdessen ein konkretes Konzept vorlegen, und zwar am besten eines, das mehrere Länder umfasst. Am besten wäre es, ein Konzept vorzulegen, in dem auch die Nehmerländer, Länder, die von Ihnen mitregiert werden, wie beispielsweise Niedersachsen, enthalten sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das bekommen Sie aber nicht geregelt. Nun sind wir gekommen und haben gemeinsam mit NordrheinWestfalen, Hessen, Sachsen und Baden-Württemberg ein Konzept erstellt, das wir demnächst vorstellen werden. Nun wollen Sie mir eine Lehre erteilen, wer weiter ist und ein besseres Konzept auf den Weg bringt, wer eher in der Lage ist, den Bundesfinanzausgleich so zu organisieren, dass wir alle zusammenkommen und darüber verhandeln? Das wollen ausge

rechnet Sie, die Sie nichts weiter tun als Schaufensteranträge einzubringen oder Verfassungsklagen in den Raum zu stellen? Sie wissen doch genau, dass Sie damit nicht durchkommen. Sie sind doch diejenigen, die die Arbeit verweigern, nicht wir.

(Beifall bei den GRÜNEN - Thomas Hacker (FDP): Wann wird das Konzept vorgestellt?)

Am Freitag nächster Woche.

(Thomas Hacker (FDP): Wir halten fest: Es ist noch nicht vorgestellt.)

Herr Kollege Hallitzky, einen Moment noch. Es gibt noch eine weitere Zwischenbemerkung. Herr Kollege Halbleib, bitte schön.

Geschätzter Herr Kollege Hallitzky, würden Sie meiner Aussage zustimmen, dass es schon eine große Chuzpe ist, wenn Herr Kollege Klein hier im Plenum des Bayerischen Landtags die Regierungspolitik anderer Bundesländer bewertet? Dies gilt vor allem vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das seit längerer Zeit schwarz-gelb regierte Niedersachsen pro Kopf der Bevölkerung doppelt so viel aus dem Länderfinanzausgleich bekommen hat wie das rot-grün regierte NordrheinWestfalen. Würden Sie meiner Aussage zustimmen, dass es ein komischer Sachverhalt ist, wenn sich Herr Kollege Klein dann an dieser Stelle derart echauffiert? Das gleiche gilt für die generelle Haltung der FDP. Würden Sie mir zustimmen, dass die Erklärungen von Herrn Kollegen Klein ziemlich erstaunlich sind im Hinblick darauf, dass die FDP auf Bundesebene, als Mitglied der Bundesregierung, nach dem Bundeshaushalt 2011 mit 17 Milliarden Euro Neuverschuldung im Nachtragshaushalt 2012 eine Nettoneuverschuldung in Höhe von 34 Milliarden Euro zu verantworten hat? Würden Sie mir zustimmen, dass zwischen dem Auftreten hier und dem Verhalten auf Bundesebene - die Steuersenkungspläne, die zu weiteren Löchern in den Länderhaushalten führen werden, will ich gar nicht erwähnen - schon ein komischer Zwiespalt besteht, den Herr Kollege Klein hier vorführt?

(Beifall bei der SPD - Thomas Hacker (FDP): Da können wir dem Steuerabkommen mit der Schweiz zustimmen!)

Herr Kollege Hallitzky, bitte.

Ich weiß nicht, ob Herr Hacker das noch kommentieren will, weil er wirklich gerne Zwischenrufe macht, auch wenn sie oft nicht

zum Thema passen. Aber gut, das mag sein Problem sein.

(Thomas Hacker (FDP): Ich lerne von Ihnen!)

Herr Kollege Halbleib, wenn ich genau wüsste, was Chuzpe ist, dann würde ich sagen, ja, ich kann ihnen zustimmen. Ich habe aber ein anderes generelles Problem, eines mit den Debatten, die hier immer wieder hochgezogen werden; das betrifft auch die Beispiele, die Sie hier genannt haben. Wir haben das Problem, dass wir nicht wahrnehmen, dass wir als Föderalisten - hic Rhodus, hic salta! - hier unsere Aufgabe haben. Ich akzeptiere deshalb weder Herrn Kollegen Klein, der - das Beispiel ist jetzt fiktional - auf Bottrop verweist, wo die FDP seit 100 Jahren nicht in der Stadtregierung ist, und sagt: Schaut euch Bottrop an, da regieren die GRÜNEN mit absoluter Mehrheit,

(Zuruf des Abgeordneten Karsten Klein (FDP))

noch halte ich es für angesagt, es umgekehrt zu machen und zu sagen: Ihr macht es im Bund oder in Niedersachsen doch genauso. Es ist unsere Verantwortung, unsere Probleme hier zu regeln. Wenn Herr Kollege Klein das Thema jetzt in den Wahlkampf von Nordrhein-Westfalen hineinprojizieren will - vielleicht hat er auch irgendeine Kamera dabei, die das aufnimmt -, statt etwas vorzutragen, was hier für uns relevant ist, dann muss ich sagen: Diese Art von Ablenkungsdiskussion halte ich von Grund auf für falsch.

Hinsichtlich der Chuzpe, die Sie angesprochen haben, würde ich Ihnen zustimmen. Herr Kollege Klein, schade, dass Sie keine Zwischenbemerkung mehr machen können, ich hätte Ihnen nämlich gerne nochmals geantwortet.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Nächster Redner ist Herr Staatssekretär Pschierer. Ich gehe davon aus, dass wir im Anschluss die namentliche Abstimmung über den FDP-Dringlichkeitsantrag durchführen werden. Bitte schön, Herr Staatssekretär.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mit einer Grundsatzbemerkung beginnen: Der Freistaat Bayern war in den letzten fünf Jahrzehnten ein sehr solidarischer Partner im Länderfinanzausgleich. Ich will, weil das von der anderen Seite des Hauses immer gern behauptet wird, nicht verhehlen, dass auch die Staatsregierung vom Länderfinanzausgleich durchaus profitiert hat. Wir haben im Jahr 1950 erstmals Leistungen erhalten und zum letzten Mal im Jahr 1992. Meine Damen und Herren, ein System kann aber nicht richtig sein, wenn man in

vier Jahrzehnten 3,4 Milliarden Euro erhält und später über das Zehnfache bezahlt. Wir haben in den letzten 18 Jahren 38 Milliarden Euro in den Länderfinanzausgleich einbezahlt. Wir sind niemandem etwas schuldig geblieben. Das gehört auch zur Wahrheit, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU - Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Herr Kollege Halbleib, Sie sollten merken, dass es langsam einsam um Sie wird, was den Länderfinanzausgleich angeht. Der benachbarte Ministerpräsident Kretschmann hat dieses System als "bescheuert" bezeichnet.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Ich stimme nicht jeder Äußerung von Herrn Kretschmann zu, in dieser Frage hat er aber meine volle Unterstützung.

(Beifall bei der CSU - Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Herr Kollege Halbleib, Sie behaupten immer gerne, der frühere Ministerpräsident habe diesen Kompromiss im Jahr 2001 ausgehandelt.

(Volkmar Halbleib (SPD): Das hat Stoiber ausgehandelt!)

Meine Damen und Herren, wenn Sie in die Akten blicken, dann werden Sie feststellen: Alle 16 Bundesländer wollten 2001 Verbesserungen erreichen.

(Volkmar Halbleib (SPD): Ihr habt es bejubelt! Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Viele vergessen dabei aber: Wir haben die Verbesserungen 2001 deshalb nicht erreicht, nicht weil man am System grundsätzlich etwas verändert hat, sondern weil der Bund zunächst bereit war, im Fonds Deutsche Einheit mehr zu übernehmen und mehr zu finanzieren.

(Markus Rinderspacher (SPD): Ich sage nur: Edmund Stoiber!)

Im Jahr 2005 hatte Bayern insgesamt 280 Millionen Euro weniger gezahlt als nach früherem Recht. Auch alle anderen Länder haben anteilig profitiert. Das heißt, die CSU-geführte Staatsregierung hat schon damals darauf geachtet, dass wir Solidarität mit den anderen Bundesländern üben, dass es für alle Bundesländer Entlastungen gibt. Die Entlastung hat aber zu einem großen Teil der Bund getragen.

Wir wehren uns nicht gegen den Länderfinanzausgleich, damit das hier wirklich klar ist. Der Länderfinanzausgleich gehört zur bundesstaatlichen Ordnung. Ich möchte hier aber im Namen beider Koalitionspartner einmal deutlich sagen, dass dieses System so nicht mehr funktionieren kann. Es ist nicht gerecht, und es hat auch keine Leistungsanreize. Ein System kann nicht gerecht sein, wenn Sie dann, wenn Sie zehn Euro mehr erwirtschaften, acht oder neun Euro in den Gemeinschaftstopf geben müssen.

(Beifall bei der CSU - Volkmar Halbleib (SPD): Sie machen doch nichts! Sie reden nur seit Jahren!)

Dieses System ist pervers.

(Beifall bei der CSU - Volkmar Halbleib (SPD): Das ist doch euer System!)

Nun will ich Ihnen von der Opposition noch etwas mit auf dem Weg geben. Wissen Sie, wo wir uns unterscheiden? - Der große Unterschied zwischen dieser Seite des Hauses und der anderen Seite besteht in einem ganz elementaren Punkt: Der Freistaat Bayern hat in den 38 Jahren, in denen wir Leistungen erhalten haben, das Geld genutzt, um aus dem Freistaat einen modernen, leistungsfähigen Wirtschaftsstandort zu machen. Was haben Ihre Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen getan? - Die haben eine Politik betrieben als ob die Zukunft der Bundesrepublik Deutschland 1.000 Meter unter dem Ruhrgebiet liegen würde. Es wurde nichts in neue Technologien investiert, es wurden keine Universitäten gebaut und vieles andere versäumt.

(Zuruf des Abgeordneten Volkmar Halbleib (SPD))

Wir haben das Geld, das uns die anderen bezahlt haben, nicht in den Konsum gesteckt, sondern wir haben es investiert und damit den Freistaat Bayern dazu gemacht, was er heute ist, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU - Zuruf des Abgeordneten Hans-Joachim Werner (SPD) - Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)