(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Aber in Europa! - Markus Rinderspacher (SPD): Aber im Bund machen Sie die Schulden schon! - Unruhe Glocke der Präsidentin)
- Meine Herren, Sie müssen unwahrscheinlich nervös sein. Machen Sie einfach nur mit nach dem Motto: Wir müssen in Europa sparen und gehen nach dem Beispiel Deutschlands mit. Diesen Fiskalpakt wollen Sie ablehnen, das wiederhole ich jetzt zum dritten Mal. Sie werden sich umschauen! Künftig müssten Sie mit Hollande und denen, die Schulden machen wollen, schauen, wo Sie bleiben.
(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Die Merkel macht es mit dem Sarkozy! Die Merkel macht das, nicht wir! Sie und die Merkel!)
Wenn wir in Europa die Diskussion darüber führen, wie wir den Fiskalpakt durchsetzen, dann laufen die FREIEN WÄHLER herum und sagen: Das geht eh nicht!
Das sind die besten Argumente für diejenigen, die das nicht machen wollen. Dafür sind Sie der Kronzeuge. Das ist das Bemerkenswerte an dieser Situation. Der Stabilitäts- und Wachstumspakt war der Rahmen für eine gemeinsame Fiskal- und Wachstumspolitik. Wir wollen diszipliniert sein. Rot-Grün waren diejenigen, die als erste gemeinsam mit den Franzosen diesen Pakt gebrochen haben.
Herr Dr. Runge, wenn Sie hier Krokodilstränen weinen, dann sage ich Ihnen: Hätten Sie damals dafür gesorgt, dass der Fiskalpakt eingehalten wird, dann hätten wir diese Malaise heute nicht. Wir werden unserem Antrag zustimmen. Die CSU wird dafür kämpfen, dass die Interessen Deutschlands an einer stabi
Herr Radwan, Sie wollten noch etwas hören. Das kann ich Ihnen gerne vortragen. Wir haben gesagt, es gehe darum, die Unwucht zu beseitigen. Die Unwucht kann beispielsweise dadurch beseitigt werden, dass nicht einseitig Schulden abgebaut werden und der Haushalt konsolidiert wird, also nicht durch einseitiges Sparen und die Schwächung der öffentlichen Hand, sondern durch die Erhöhung der Einnahmen. Hierzu haben wir ganz konkrete Vorschläge gemacht, auch im Bundestag, wie beispielsweise die Vermögensabgabe oder einen höheren Spitzensteuersatz. Von Ihnen ist hingegen zu lesen, dass Sie die Erbschaftssteuer in Bayern senken wollen, wenn Sie nur könnten. Hier unterscheiden wir uns diametral. Hier werden wir auch in den Wettbewerb eintreten.
Zur Demokratieverkürzung: Wir wollen die Exekutivlastigkeit abbauen. Ich habe vorhin skizziert, wir haben auf der einen Seite den Eurogipfel, auf der anderen Seite den Gouverneursrat und das Direktorium. Das alles ist nicht in Ordnung, das ist nicht transparent. So kann nicht für ein Europa geworben werden. Wir trommeln selbstverständlich weiterhin. Wir wissen, was unter Rot-Grün passiert ist, das ist keine Frage. Wir trommeln aber weiter, damit die Finanzmärkte endlich reguliert werden. Da hat Europa nach dem Finanzmarktdebakel versagt.
Der entscheidende Punkt ist doch, dass Sie jetzt von Ihrer Großmäuligkeit eingeholt werden. Ich meine damit nicht Sie persönlich, Sie sind bescheiden und kompetent.
Ich meine den Ministerpräsidenten und andere Mitglieder des Kabinetts sowie einige CSU-Spitzen. Ich sage es noch einmal: keine Parallelität, kein Vorziehen, nicht mehr als 211 Milliarden Euro. Das alles wird jetzt klein rasiert. Es gibt sogar den Antrag, von allem abzurücken. Dann sagen Sie doch einmal ehrlich: Wir haben uns geirrt, wir waren zu großmäulig.
Die CSU ist in dieser Koalition der Garant dafür, dass das, was vorgegeben wird, auch eingehalten wird. Wir kämpfen zum Beispiel dafür, dass wir künftig weiterhin den Internationalen Währungsfonds an Bord behalten. Der IWF soll Verantwortung in der Eurozone übernehmen. Noch einmal: Wir wollen Brasilien und andere Länder dafür gewinnen, Maßnahmen zu ergreifen, den Euro zu stützen. Wir können als Deutsche doch dann nicht von den Fahnen gehen. Bestimmte Kernpunkte sind uns so wichtig, dass sie für uns auch Knackpunkte in den Koalitionsgesprächen sind.
Beim Thema Demokratie und Europa sehen Sie hier jemanden vor sich, der schon lange Transparenz und eine entsprechende demokratische Legitimation einfordert. Darum soll der Bundestag künftig bei Maßnahmen, die den Rettungsfonds betreffen, in die Entscheidungen einbezogen werden. Wir müssen die demokratischen Rechte in der Umsetzung der Maßnahmen Stück für Stück gemeinsam verteidigen. In dieser Frage sind wir völlig im Konsens.
Bleiben Sie bitte noch am Redepult, es gibt noch eine weitere Zwischenbemerkung von Herrn Aiwanger. Bitte.
Herr Radwan, sie haben in Ihrem Antrag stehen, die maximale Ausleihkapazität beträgt 500 Milliarden Euro. Herr Kollege Runge hat Ihnen vorhin gesagt, dass Sie vor kurzem noch 211 Milliarden Euro als maximale Obergrenze gesehen haben. Was passiert, wenn die 500 Milliarden Euro nicht reichen? Stehen Sie dazu, dass die 500 Milliarden Euro das Ende der Fahnenstange sind?
Frau Präsidentin, meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen! Ich habe ein gewisses Verständnis dafür, wenn es hier im Hohen Hause verschiedene Meinungen gibt, denn die Wirtschaftswissenschaft ist nicht eindeutig. Es gibt Schulen, die sagen, es ist so, und andere sagen hingegen, so ist es richtig. Weil das so ist, sollte hier auch keiner so tun, als hätte er die einzig richtige Lösung. Der Unterschied besteht doch darin, dass es Leute gibt, die an der Regierung sind, und die müssen handeln. Andere hingegen, wie die FREIEN WÄHLER, sind nicht an der Regierung, die können sagen: Wir stehen auf diesem Standpunkt. Das ist ein himmelweiter Unterschied.
Ich möchte etwas zu dem sagen, was hier zu Herrn Kollegen Radwan gesagt wurde. Ich teile die Meinung von Herrn Kollegen Radwan voll und ganz. Wir müssen das Ganze auch als Prozess sehen. Als sich das Ganze entwickelt hat, hat man nicht gewusst, wie es weitergeht.
- Nein, wenn der Prozess weitergeht, dann muss man neu handeln. Wenn Herr Kollege Radwan ehrlich sagt, er weiß nicht, ob die 500 Milliarden das Ende sind, dann ist er einfach ehrlich und sagt das Richtige. Wir werden das sehen.
Bis jetzt habe ich noch von keinem Redner gehört, wie hoch die Ausstiegskosten wären, wenn wir es nicht so machen würden, wie wir es jetzt gemacht haben. Das sollte aber bitte auch einmal einer sagen.
Die Sozialdemokraten, die immer dafür sind, wenn es um unser Land geht, national zu handeln - das zeichnet sie auch aus -, haben im Bundestag auch mitgestimmt.
Warum haben sie mitgestimmt? - Weil sie gesagt haben, in der jetzigen Situation ist es das Einzige, was wir tun können.
- Wir müssen den Bürgerinnen und Bürgern Folgendes klarmachen. Wir waren unglaublich zersplittert, bevor sich damals das Deutsche Reich konstituiert hat. Dann wurde begonnen, die Einheit des Deutschen Reiches zu gestalten. Heute Morgen haben wir über den Länderfinanzausgleich geredet. Man kann weiter extrapolieren und sagen, es wird jetzt nur eines geben: Entweder Europa zerbröselt jetzt wieder, oder wir bekommen noch mehr Europa. Ich sage, wir brauchen noch mehr Europa: Wir müssen aufeinander zugehen.
Viele, die hier sitzen, können sagen: Mein Großvater war im Krieg, mein Vater war im Krieg. Wir, die wir hier sitzen, waren noch nie im Krieg. Hat nicht auch das etwas mit Europa zu tun? - Da pfeife ich doch auf eine Transferunion. Was glauben Sie denn, was ein Tag Krieg kosten würde? Vom Elend der Menschen will ich gar nicht sprechen, nur von der materiellen Seite. Wenn man das alles gegeneinander abwägt, dann kann man doch gar nicht anders. Die 27 Länder müssen überlegen, wie hoch die Brandmauer gezogen werden soll, damit die internationalen Kapitalmärkte mit Vertrauen reagieren. Ich bitte auch einmal zu sehen, dass es eine Meisterleistung unserer europäischen Staatenlenker ist, wenn von 27 Ländern 25 Länder den Fiskalpakt unterschreiben, was es heißt, wenn in diese Länder eine Kultur der Stabilität einzieht.
Ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen: Man kann nicht nur sparen. Damit würde das Bruttoinlandsprodukt in jedem Land kaputtgehen. Das bringt nichts.
Wir müssen jetzt schauen, und klug überlegen, ob es nicht auch auf europäischer Ebene eine Art Marshallplan geben soll. - Der könnte auch Runge-Plan heißen. Das meine ich ganz freundschaftlich. Wir müssen tatsächlich auch Investitionen tätigen. Denn wenn wir die Menschen nicht mitnehmen und nur sparen, erreichen wir das Ziel nicht.
Ich möchte einmal laut sagen, was mich ärgert: Das Handelsblatt hat geschrieben, dass die griechische Oberschicht 520 Milliarden Euro aus dem Land geschafft hat. Wenn die griechische Kirche in Berlin Grundstücke kauft, kann ich den einfachen griechi
schen Fischhändler oder Hafenarbeiter verstehen, der sagt: Was soll ich noch an Opfern auf mich nehmen, wenn die Oberschicht so mit ihrem Geld umgeht? So geht es nicht. Das muss man einmal laut sagen.
Das kleine Griechenland hat 770.000 Beamte. Das muss man sich einmal vorstellen. Da muss sich etwas ändern. Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Fiskalpakt ist richtig angelegt. Er darf jedoch nicht zum Kaputtsparen führen, sondern muss Investitionen begünstigen.
Sie haben sich zur Souveränität der Parlamente geäußert. Ich habe mich auch darüber geärgert, dass dies über Nacht veranlasst worden ist. Herr Kollege Dr. Runge, nehmen wir einmal an, wir hätten verhandelt. So wie Sie und ich veranlagt sind, hätten wir das auch sehr exekutiv gestaltet und erst hinterher das Parlament gefragt, ob das geht.