Protocol of the Session on June 26, 2007

Die zentrale Aufgabe der Metropolregion für München und Südbayern muss zum Ersten die Vernetzung sein. Die Initiative „MAI“ von Anfang der Neunzigerjahre ist ein Beispiel dafür, wie man es nicht machen sollte. Man hat die Kollegen aus München, Augsburg und Ingolstadt eingeladen. Herausgekommen ist dabei außer einem dünnen Lüftchen gar nichts.

Wir brauchen die Vernetzung der Verkehrspolitik. Das bedeutet, dass die großen Achsen gestärkt werden müssen, wie das Prof. Dr. Gantzer soeben angesprochen hat. Notwendig ist die Entwicklung eines hochleistungsfähigen ÖPNV-Systems, an dessen Spitze der Transrapid als der zentrale Carrier zum Anschluss an den Flughafen, damit als Entlastung für das hoch belastete Autobahnsystem in diesem Bereich wirklich sinnvoll ist.

(Lachen bei den GRÜNEN)

Die Metropolregion ist zum Zweiten die Wissensregion. Sie bedeutet Vernetzung von Forschung, Technologie und Hochschule. Von denen, die bisher gesprochen haben, war davon wenig zu hören. Die Zusammenarbeit der beiden Exzellenz-Universitäten in München und der anderen Hochschulen im Raum München, der Fachhochschulen in Landshut, Rosenheim, Ingolstadt, Augsburg und der Universität Augsburg und der außeruniversitären Forschungseinrichtungen ist das, was man einen Cluster nennt. Nicht ohne guten Grund haben sich die Hochschulen in diesem Raum bis hin zur Fachhochschule Landshut darauf verständigt, sich Greater Munich Area zu nennen. Das ist der Weg, auf dem wir Vernetzung und Clusterbildung im Sinne einer abgestimmten Wissenschafts- und Forschungspolitik in diesem Raum erleben.

Die Anbindung Ingolstadt auf der neuen ICE-Strecke an den Großraum München ist ein wesentliches Moment der Verknüpfung in diesem Bereich. Die Dynamik, die wir in Forschung und Technologie entfalten können, steht erst am Anfang. Das Konzept sieht die Vernetzung des Wissenschaftsstandorts München in vielfältigen Kooperationen etwa zwischen der Universität Augsburg und den beiden Münchner Hochschulen vor. Entscheidend ist die Fortentwicklung der Zusammenarbeit zwischen außeruniversitären Forschungseinrichtungen, insbesondere den Max-Planck- und Fraunhofer-Instituten mit den großen Universitäten am Standort München, die intensive Vernetzung der katholischen Universität Eichstätt und der Fachhochschule Ingolstadt, der Fachhochschule Landshut und der Fachhochschule Rosenheim gemeinsam mit der Fachhochschule Augsburg und der Fachhochschule München zu einem umgreifenden Wissens- und Bildungstransfernetz. Das ist einer der Leistungskerne der Metropolregion München.

Ich möchte mich bewusst auf diesen Aspekt beschränken. Wir haben hier eine der größten wissenschaftsdynamischen Regionen in Europa. Sie leistet bereits das, was Kollege Dr. Gantzer anmahnt, nämlich eine entsprechende Arbeitsmarktdynamik im oberen Hochleistungssegment auf Dauer sicherzustellen. Ein ganz zentrales Moment ist dabei der Forschungsreaktor München II. Die Ansiedlung von General Electric sei nur stichwortartig erwähnt. Bei diesem Zusammenwirken hat der Ausbau des Flughafens München II strategische Bedeutung, wenn man die Metropolregion München ernsthaft betreiben will. Das betrifft auch die Schnellbahnachsen von Stuttgart kommend nach München und weiter nach Osten, nach Wien.

Die Vernetzung auf gleicher Augenhöhe ist das Stichwort. Nicht gefragt ist die Gutsherrenart eines Bürgermeisters, der sich ab und zu mit den Kollegen aus der Region trifft.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Staatsminister Huber, bitte schön.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte nur kurz aus der Sicht der Staatsregierung Stellung nehmen. Die Idee der Metropolregion ist so neu und aktuell nicht, wie das auf den ersten Blick scheint. Sie wird seit Beginn der Neunzigerjahre in der Raumordnungsministerkonferenz in Deutschland diskutiert. Mitte der Neunzigerjahre wurden die ersten Metropolregionen in Deutschland anerkannt, darunter auch die Metropolregion München.

Vor wenigen Jahren wurde im Nürnberger Raum diese Idee aufgegriffen.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Von der SPD!)

Die Metropolregion Nürnberg wurde im Jahr 2004 oder 2005 von der Raumordnungsministerkonferenz anerkannt. In Bayern sind diese Projekte im Landesentwicklungspro

gramm niedergelegt. Insgesamt kann man sagen, dass das eine interessante Idee ist, die wir selbstverständlich fördern und unterstützen.

Vergleicht man München und Nürnberg, so stellt man fest, dass die Metropolregion in Nürnberg zu einem ungeheuren Aufbruch geführt hat. Ich möchte das ausdrücklich anerkennen. Das ist nicht nur Sache des Nürnberger Oberbürgermeisters, sondern des gesamten fränkischen Raums. Man hat zusammengefunden. Eine kommunale Gebietskörperschaft endet zwar an den Verwaltungsgrenzen, aber das Leben ist anders. Das kulturelle, wirtschaftliche, politische und soziale Leben nimmt auf die Verwaltungsgrenzen keine Rücksicht. Die Chance der Metropolregion ist es, die Stärken zu stärken, die Schwächen gemeinsam zu reduzieren und in der Vernetzung Synergieeffekte zu erreichen. Für einen weiten ländlichen Umgriff kann das Geben und Nehmen deutlich gemacht werden. Nicht nur die Städte geben und der ländliche Raum nimmt, sondern ein weiter ländlicher Umgriff ist für die Städte von Vorteil. Ein Ausgleich der Wirtschaftskraft ist ein sozialer und kultureller Impuls. Diese Vernetzung noch stärker zu machen, eventuell zu bündeln und zur Blüte zu bringen, ist Sinn und Inhalt der Metropolregionen. Ich kann das nur begrüßen.

Was München angeht, wundert mich, Herr Kollege Maget, dass Sie den Mut haben, das hier zu präsentieren.

(Franz Maget (SPD): Ja freilich!)

Eigentlich hat München diese Entwicklung zehn Jahre lang verschlafen und ist erst aufgewacht, nachdem Nürnberg glanzvoll aufgekommen ist. Dann hat man in München gesagt: Wir wurden Mitte der Neunzigerjahre anerkannt, aber getan hat sich eigentlich wenig. Dann hat man MAI gemacht, dann hat man Greater Munich Area gemacht. Es ist eher ein Herumstochern ohne Koordination, ohne Bündelung, ohne Organisation, eigentlich auch ohne Ziel gewesen.

Als besonderer Freund Frankens, der ich bin und immer bleiben werde, kann ich sagen:

(Zurufe: Oh! – Zuruf der Abgeordneten Christine Stahl (GRÜNE))

In diesem Fall hat Nürnberg ein glänzendes Vorbild für ganz Bayern abgegeben.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Der Nürnberger Erfolg hat die Münchner wachgerüttelt. Jetzt sagt man in München: Da gibt es doch etwas, daraus könnten wir etwas machen. – Ich wünsche auch dem Münchner Projekt ein gutes Gelingen.

(Franz Maget (SPD): Dazu können Sie etwas tun!)

Aber die Forderung – wohl an die Staatsregierung, denn wenn Sie „Sie“ sagen, dann nehme ich an, dass Sie die Staatsregierung meinen –,

(Franz Maget (SPD): So ist es!)

wir sollten Konzepte vorlegen, belegt ein Missverstehen dieses Projektes.

(Reinhold Bocklet (CSU): Sehr richtig!)

Mit Genehmigung des Herrn Präsidenten darf ich mit den eingeführten Begriffen arbeiten, die leider keine bayrischen sind: Das ist kein „Top-down-“ sondern ein „Bottom-up-Konzept“. Das heißt, es muss von unten wachsen, oder es hat keinen Sinn.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Ein Radieschen-Projekt!)

Wir sollten vermeiden, von oben herab Vorgaben zu machen. Das Leben muss von unten her wachsen. Wenn es nicht wächst, dann gibt es das nicht.

(Franz Maget (SPD): Ein Verkehrskonzept wäre nicht schlecht!)

Im Einzelnen schon. Aber Sie haben mit der Beantragung des Themas für diese Aktuelle Stunde, lieber Herr Kollege Maget, einen Riesenbock geschossen, weil Sie die Blöße der Landeshauptstadt München offengelegt haben.

(Beifall bei der CSU)

Es hat natürlich einen motivierenden Effekt. Was das Land bei Verkehr, Hochschule und dergleichen tun kann, werden wir selbstverständlich einbringen; aber die Vernetzung über kommunale Grenzen hinaus, dieses Miteinander, dieses Koordinieren, dieses gemeinsame Anpacken kann nur stattfi nden, wenn es von unten wächst.

Ich kann nur hoffen, dass sich der Raum München vielleicht ein Beispiel an Nürnberg nimmt und vorankommt.

Zwei Dinge stelle ich noch klar: Wir schaffen keine neue Förderkulisse für die Metropolregionen. Es hat keinen Sinn, bei der Förderung eine neue Ebene einzuziehen. Wir werden auch keine neue Verwaltungsebene schaffen. Wir sind mit Verwaltungsebenen gut ausgestattet und organisiert. Das ist eine Managementfrage. Die Metropolregionen fi nden sicherlich weltweite Aufmerksamkeit und verbessern die kommunale Zusammenarbeit. Dazu wünsche ich sowohl Nürnberg als auch München einschließlich Augsburg viel Erfolg.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Minister. Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Leichtle, Augsburg.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Gantzer, ich möchte aus der Sicht der zweitgrößten Stadt in dieser Metropolregion

(Reinhold Bocklet (CSU): Herr Präsident!)

einige Gesichtspunkte einbringen, ohne natürlich die Größe des Landkreises München zu schmälern. Ich verstehe gar nicht, dass sich dieses Thema für parteipolitische Auseinandersetzungen eignet und Kollege Maget dafür kritisiert wird, dass er dieses Thema eingebracht hat. Dieses Thema ist es wert, hier diskutiert zu werden. Kollege Pschierer hat darstellt, dass auch die CSU die Metropolregion München bezuschusst. Das war natürlich ein Versprecher, das ist mir klar. Aber man sieht daran: Nach 50 Jahren an der Regierung ist es schwer, Partei und Staat noch auseinanderzuhalten. Die CSU bezuschusst mit Sicherheit nicht die Region München. Das war ein Versprecher.

(Dr. Hildegard Kronawitter (SPD): Steuergelder!)

„Steuergelder“ hat er gesagt.

Obwohl ich als Augsburger keine Veranlassung dazu sehe, muss ich München in Schutz nehmen; denn der Unterschied zwischen München und Nürnberg ist der: München war schon immer eine Metropole, Nürnberg wollte eine solche werden. Deshalb ist es ganz natürlich, dass in Nürnberg Aktivitäten entwickelt worden sind, die in München in dieser Art und Weise nicht entwickelt worden sind, weil es dieser Aktivitäten gar nicht bedurft hatte. Trotzdem ist es erfreulich, dass jetzt ein Zusammenschluss zu einer Metropolregion in Südbayern stattfi ndet.

Es war aus Sicht der Stadt Augsburg, einer sehr geschichtsträchtigen Stadt, gar nicht so selbstverständlich, ihren Namen aufzugeben; denn wir wissen alle, vor 300, 400 oder 500 Jahren wäre das umgekehrt gewesen: Damals hat man von Südamerika bis Indien den Namen Augsburg gekannt, kein Mensch hat den Namen München gekannt. Heute ist das umgekehrt. Es ist durchaus sinnvoll, diesen Veränderungen Rechnung zu tragen. Deshalb hat es Sinn, dass sich auch eine geschichtsbewusste Stadt an eine Stadt hängt, die weltweit einen positiv besetzten Namen hat. Es zweifelt niemand daran – man braucht nur in die Welt hinauszugehen –, dass der Name „München“ positiv besetzt ist. Es ist sinnvoll, dass man sich an einen so positiv besetzten Namen anhängt. Das kann nur zum Vorteil der gesamten Region sein. Davon konnte man letztlich auch die geschichtsbewussten Augsburger überzeugen.

Wenn man von der Stadt Augsburg spricht, muss man auch sehen, dass die Eingemeindungen in Augsburg etwas hinterlassen haben, was in dieser Form nicht alltäglich ist, nämlich einen Kranz von sechs Kleinstädten um Augsburg herum, alle mit 20 000 bis 30 000 Einwohnern, die insgesamt 130 000 Einwohner haben. Bei den 270 000 Einwohnern von Augsburg muss man von einem baulichen Verdichtungsraum mit rund einer halben Million Einwohnern ausgehen. Für diese halbe Million Einwohner muss auch die Infrastruktur bereitgehalten werden. Inso

fern sagt die Einwohnerzahl einer Stadt relativ wenig über den gesamten Raum aus.

Die Metropolregion München – wir haben das kürzlich bei einer Veranstaltung der SPD-Fraktion mit „Kraftzentren München/Augsburg“ untertitelt – hat eine wesentliche Aufgabe – das ist schon angesprochen worden –, nämlich die Mobilität sicherzustellen und die Verkehrsinfrastruktur, und zwar sowohl die regionalen als auch die überregionalen Verkehrsverbindungen. Es ist durchaus sinnvoll, in einer großen Region regional für solche überregionalen Verkehrsverbindungen zu kämpfen.

Es ist kein Geheimnis, dass Augsburg in den letzten Jahren einen geschichtlichen Schock erleiden musste, weil die Schnellbahnstrecke an Augsburg und Schwaben vorbei gelegt worden ist. 150 Jahre lang war es obligatorisch, dass der Weg von München nach Norddeutschland über Augsburg und Nürnberg führte. Diese Weisheit hat der damalige bayerische König vor 150 Jahren besessen, als er das bayerische Eisenbahnnetz gegründet hat. Leider ist diese Weisheit den später Regierenden abhanden gekommen; sie haben wegen eines Zeitgewinns von neun Minuten – darum geht es nämlich letztlich nur, wenn man in Augsburg den gleichen Ausbauzustand wie in Nürnberg zugrunde legt – –

Lieber Herr Kollege, schauen Sie bitte auf die Uhr. Vor Ihnen ist eine Metropoluhr.