Protocol of the Session on April 25, 2007

Und auch für Sie, Herr Kollege Wörner, habe ich ein Zitat dabei, nämlich eines von Gerhard Schröder. Ich zitierte die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Energieversorgungsunternehmen vom 14. Juni 2000, auch „Atomkonsens“ genannt. In diesem Konsens wird die Sicherheit der Anlagen ausdrücklich festgestellt. Ich zitiere noch einmal: „Auf einem international gesehen hohen Sicherheitsniveau – –.

(Zurufe von Abgeordneten der SPD und der GRÜNEN)

Herr Staatsminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Paulig?

Im Anschluss gerne, aber jetzt möchte ich gerne den Kontext vortragen.

Wann im Anschluss?

Ich möchte den Zwischenruf jetzt nicht gestatten, weil ich nämlich auch noch etwas zu Herrn Wörner sagen möchte. Ich habe ein Pressezitat extra für Sie, Herr Wörner, mitgebracht. Dort heißt es, und ich zitiere wörtlich:

Die Vielfalt der Energieversorgung kann fortschrittliche Technologien einschließen, wie etwa erneuerbare Energie, Atomkraft und saubere Kohle.

Wissen Sie, wer das mitgetragen hat? – Das war Ihr Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Thomas Mirow. Ihr Bundesfinanzminister war nämlich bei einer Safari in Südafrika und hat deshalb ihn auf das G-7Treffen in die USA geschickt. Dort hat man sich einmütig so geäußert. Wissen Sie, was der französische Minister Thierry Breton gesagt hat? Der französische Finanzminister Thierry Breton wertete das Treffen als

Erfolg seiner Bemühungen, dass sich die G-7Finanzminister zum Abschluss ihrer Beratungen in Washington zu einer gemeinsamen Erklärung für Nuklearenergie als einer möglichen Alternative für Öl, Gas und Kohle aussprachen. Bei den vorangegangenen G-7-Ministertreffen war eine solche Empfehlung immer am Widerstand Deutschlands gescheitert.

Sie müssen sich bei Rot-Grün schon einmal klar werden, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe das Gefühl, dass die Bundes-SPD und der Bundesumweltminister weiter sind als die bayerische Opposition.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Bestimmt nicht! – Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD) – weitere Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN)

Lassen Sie mich eine ganz einfache Rechnung anstellen. Ich denke, auch die Oppositionsfraktionen im Bayerischen Landtag sollten darüber noch einmal heftig nachdenken, wenn wir in Bayern auch in Zukunft zu den klimafreundlichsten Regionen dieser Welt gehören wollen, so wie wir das bisher tun. Wir haben im Moment als hoch entwickeltes Industrieland einen CO2-Ausstoß von 6,8 Tonnen pro Kopf und Jahr. Deutschland liegt bei über 10 Tonnen pro Kopf und Jahr und die USA liegen bei rund 20 Tonnen pro Kopf und Jahr. Wir liegen also an der Spitze im europa- und im weltweiten Vergleich. Wir haben bei der Kabinettssitzung zum Klimaschutz, an der Herr Kollege Kaul teilgenommen hat, beschlossen, dass der Freistaat Bayern auch künftig bereit ist, seinen Beitrag zur Erreichung der von der EU gesetzten Klimaschutzziele zu leisten. Dabei soll der Vorsprung Bayerns beim reduzierten Pro-Kopf-CO2-Ausstoß im Freistaat gegenüber dem Bundesdurchschnitt auch in Zukunft gehalten werden. Wir wollen also den Vorsprung um ein Drittel, den wir im Moment haben, auch künftig halten. Wir prüfen eine weitere, noch stärkere Entkoppelung von innovativem Wirtschaftswachstum und den CO2-Emissionen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir das ehrgeizige Ziel haben, trotz der Reduktionen, die international gesehen erforderlich sind, weiter an der Spitze bleiben zu wollen, wenn wir also unseren Vorsprung halten wollen, dann erfordert das, wirklich alle Möglichkeiten zu nutzen, um den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das betrifft deshalb die Privathaushalte ebenso wie die Industrie, das Gewerbe und den Verkehr.

Wenn wir die Kernkraft gemäß dem Atomkonsens vorzeitig abschalten, obwohl die Anlagen intakt sind und Sicherheit bieten, dann kann sie zu einem beachtlichen Teil nur durch fossile Energien ersetzt werden. In dieser Frage besteht eine breite Einigkeit in der Bundespolitik, angefangen bei Sigmar Gabriel bis hin zum Bundesfinanzministerium. Das heißt, ein vorzeitiges Abschalten der Kernkraft führt zum Neubau von Kohle- und Gaskraftwerken in Deutschland. Das ist die Wahrheit. Die erneuerbaren Energien, von denen wir so schnell als möglich so viel als möglich haben wollen, wie wir auch gestern im Kabinett beschlossen haben, werden nie reichen, egal wie viel Prozent wir dann haben, um die Lücke bis zum Jahr 2020 zu schließen.

Frau Kollegin Paulig, ich darf Ihre Kollegen aus Nordrhein-Westfalen aus dem „Spiegel“ vom 19. März 2007 zitieren:

In Nordrhein-Westfalen sind insgesamt zwölf Anlagen

Kohlekraftwerke –

geplant. Sollten sie alle ans Netz gehen, kämen sie pro Jahr nach Berechnungen der NRWGRÜNEN auf geschätzte 68 Millionen Tonnen zusätzlicher Klimagase.

Meine Damen und Herren, wir müssen die Diskussion deshalb redlich führen. Jeder, der die Kernenergie vorzeitig abschaltet, muss den Bürgern offen sagen, dass er damit weiterhin schmutzige CO2-Emissionen in die Atmosphäre sendet und weiter zur Erhitzung des Klimas beiträgt.

(Beifall bei der CSU)

Man muss den Bürgern auch offen und ehrlich sagen: Wer die Kernkraft vorzeitig abschaltet, wird den Druck auf die Bürger weiter erhöhen; denn es werden zusätzliche Lasten auf die Haushalte, auf den Verkehr und andere Sektoren zukommen, weil die internationalen Zwänge, Kohlendioxid zu mindern, vorhanden sind. Sie tun gerade so, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, als ob es hier einfach eine alte Schlachtenordnung fortzuführen gäbe. Sie negieren völlig, dass uns die Wissenschaft seit wenigen Monaten sagt, dass es so nicht weitergehen kann, letzten Endes die weltweite Atmosphäre zu einer Müllkippe für CO2-Emissionen zu machen. Sie führen die Schlachten der Vergangenheit, ohne Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft zu geben. Deshalb sollten diese Anträge so, wie es Kollege Meißner gesagt hat, geschlossen von der Mehrheit des Parlaments abgelehnt werden. Sie bewegen sich damit vergangenheitsorientiert und geben überhaupt keine Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft.

(Beifall bei der CSU)

Für eine Zwischenbemerkung hat Frau Kollegin Paulig das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Angesichts dieser heißen Luft des Herrn Ministers möchte ich ein paar Anmerkungen machen. Herr Minister Schnappauf, haben Sie nicht zur Kenntnis genommen, dass ich von neuen Studien aus dem März 2007 gesprochen habe, in denen nachgewiesen wird, dass 40 % Reduktion an Klimagasen bis zum Jahre 2020 erreicht werden können, selbst wenn wir gleichzeitig bis zum Jahre 2015 aus der Kernenergie aussteigen, keine neuen Kohlekraftwerke bauen, Stromeinsparungen von über 20 % umsetzen und die erneuerbaren Energien ausbauen? – Das bitte ich zur Kenntnis zu nehmen.

Ich habe Ihrer Rede entnehmen können, dass Sie keinen Kommentar zu der Kabinettsentscheidung von gestern abgeben wollten.

(Zuruf des Staatsministers Dr. Werner Schnap- pauf)

Das ist besser so, denn das heißt, auch Sie können trotz Ihrer großen Sprüche nicht zufrieden sein mit dem, was dort beschlossen wurde. Eine Entscheidung und politisches Handeln wurden dort nur auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt.

Wenn Sie aus der Atomausstiegsvereinbarung zitieren, die Herr Trittin in der Tat mit unterschrieben hat, dann ist das richtig so. Wir brauchen den höchsten technischen Standard für die vereinbarten Restlaufzeiten von über 30 Jahren. Das ist hart genug für uns GRÜNE. Wir haben da gestritten, aber die Sicherheit geht vor. Wir wollen allerdings keine weiteren Laufzeiten; denn diese würden das Sicherheitsrisiko deutlich erhöhen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nehmen Sie bitte als Letztes zur Kenntnis, dass gerade Ihr Wirtschaftsminister Glos – Sie wissen, dass an dieser Bundesregierung auch die CSU beteiligt ist und nicht wir GRÜNEN –

(Christian Meißner (CSU): Gut so!)

Widerstand gegen die Minderung der Emissionen angekündigt hat, die die deutsche Wirtschaft ab 2008 umsetzen muss. Die EU hat diese Minderungen durchgesetzt, obwohl sich der Bundeswirtschaftsminister gegen diese Emissionsminderung gewehrt und ein viel zu hohes Emissionskontingent festgesetzt hat. Das ist Ihre Rolle in dieser Bundesregierung. Tönen Sie also hier nicht so scheinheilig.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD – Christian Meißner (CSU): Wo sind Ihre Anträge?)

Herr Staatsminister, bitte.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was Sie, Frau Paulig, gerade gesagt haben, ist eine Milchmädchenrechnung. Es ist eine absolute Volksverdummung, den Bürgern sagen zu wollen, dass wir von heute an auf einen Schlag mehr tun könnten. Bayern hat einen doppelt so hohen Anteil an erneuerbaren Energien, als ihn der Bundesdurchschnitt ausweist. Der Bundesdurchschnitt liegt zwischen 4 % und 5 %, wir haben 8 %. Es ist doch eine Verdummung der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, wenn Sie hier sagen, bis zum Jahre 2020 könnten wir 100 % unserer Energieversorgung und der Stromversorgung aus erneuerbaren Energien schaffen. Das ist wünschenswert, aber irreal.

(Beifall bei der CSU – Ruth Paulig (GRÜNE): Das habe ich doch gar nicht gesagt! Hören Sie doch einmal richtig zu!)

Sie haben eine Zwischenfrage gestellt und jetzt beantworte ich sie. Als Sie gestern auf der Zugspitze ein Transparent entrollten, war das das typisch grüne Trara und der Klamauk, den wir von Ihnen gewöhnt sind.

(Beifall bei der CSU – anhaltende Zurufe von den GRÜNEN)

In der Sache selbst – ich empfehle Ihnen, sich damit einmal etwas näher zu beschäftigen – , hat der Freistaat Bayern, hat die Bayerische Staatsregierung gestern als erstes Land in Deutschland einen ganzheitlichen „Klimaschutzaktionsplan Bayern 2020“ aufgelegt und einen Kabinettsausschuss eingesetzt, in dem alle beteiligten Ressorts den Auftrag haben, bis zum Oktober 2007 ein ganzheitliches Klimaschutzaktionsprogramm zu konkretisieren.

(Zurufe von den GRÜNEN – Henning Kaul (CSU): Hören Sie doch endlich einmal zu!)

Dabei lassen wir uns wissenschaftlich beraten von Prof. Graßl und einem eingesetzten Klimarat.

(Anhaltende Zurufe der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Und was machen Sie mit Ihren Klein-klein-Aktivitäten, Frau Paulig? – Ihre Kollegin Künast empfiehlt den Deutschen, japanische Autos zu kaufen, und andere empfehlen, die Glühbirnen zu verbieten: Das alles ist eine Klein-kleinSymbolpolitik der GRÜNEN, die nicht zum Ziel führt.

(Beifall bei der CSU – Christian Meißner (CSU): Die können das halt nicht anders!)

Wir haben gesagt, wir gehen das ganzheitlich an, und zwar alle Ressorts.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich nenne die Stichworte Energieeffizienz, Steigerung der Effektivität erneuerbarer Energien, Fortführung der Wasserstoffinitiative und ähnliches mehr beim Kollegen Huber. Bei Kollegen Beckstein nenne ich die energetische Sanierung der Gebäude.

(Zuruf der Abgeordneten Ruth Paulig (GRÜNE))

Kollege Beckstein hat gestern die Zahlen genannt. Wir haben in Bayern in den letzten Jahren eine ganze Menge getan.