Protocol of the Session on April 25, 2007

Herr Kollege Dr. Beyer, Sie haben die Haushaltspolitik, die von Nachhaltigkeit ohne Neuverschuldung gekennzeichnet ist, als altväterlich bezeichnet.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Hausväterlich!)

Dies widerspricht allen wirtschaftlichen und staatspolitischen Erkenntnissen. Sie gehen mit Ihren Konzepten in die Zeit der Siebzigerjahre zurück, die bekanntlich nicht erfolgreich gewesen ist.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Wir haben über Henzler gesprochen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wer sich dagegen wehrt, wissenschaftlichen Sachverstand als eine Grundlage für die Gestaltung der Zukunft des Freistaates Bayern zu nutzen, der handelt kurzsichtig und ist nicht zukunftsfähig. Das Gutachten „Zukunft Bayern 2020“ stellt in den Bereichen Kinder, Bildung, Hochschule, Forschung und Arbeit eine notwendige Antwort auf gesellschaftliche Veränderungen dar, mit denen sich alle poli

tisch und gesellschaftlich Verantwortlichen auseinanderzusetzen haben.

(Karin Radermacher (SPD): Das schreibt fest, was wir schon seit zehn Jahren haben!)

Die Voraussetzungen sind, wie Henzler feststellt, günstig. Ich darf nur kurz zitieren:

Bayerns Ausgangsposition zur Bewältigung der künftigen Herausforderungen ist ausgezeichnet. Bildungsqualität, Forschungsleistung, Wirtschaftskraft, Finanzen, Infrastruktur, Umweltqualität sowie landwirtschaftlicher Reiz und Kultur – in all diesen für die Zukunftschancen entscheidenden Feldern belegt Bayern Spitzenplätze.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Und der FC Bayern?)

Dazu kommen eine starke Identifikation der Bürger mit dem Land und seinen Traditionen als Stabilitätsanker nach innen sowie ein positives Image.

Politik muss Innovationsfähigkeit entwickeln, gerade um die demografische Entwicklung, die Bildungsbedürfnisse und die wirtschaftlichen Notwendigkeiten berücksichtigen zu können. Die CSU-Landtagsfraktion wird sich, wie die Bayerische Staatsregierung, auf diesen Feldern intensiv einsetzen und den gesamten Bayerischen Landtag auffordern, sich mit den besten Alternativen auseinanderzusetzen. Die CSU-Landtagsfraktion wird aber auch die im Henzler-Gutachten nicht so intensiv angesprochenen Themen, gerade die bewusst ausgeklammerten innen- und sozialpolitischen Fragestellungen, berücksichtigen und auf der Basis eines nachhaltigen schuldenfreien Haushalts und wirtschaftlicher Prioritäten Schwerpunkte setzen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Thema der Aktuellen Stunde ist falsch, weil Sie gerade in der Kinder- und Familienpolitik sowie der frühkindlichen Förderung auf der Grundlage von bayerischen Spitzenpositionen und nicht von Mängellisten zu diskutieren haben.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Warum dann Henzler?)

Ist Ihnen entgangen, dass der Freistaat Bayern mit 98,5 % die höchste Bedarfsdeckungsquote bei Betreuungsplätzen für Kinder im Alter zwischen drei und fünf Jahren hat, während der bundesweite Schnitt bei knapp 90 % liegt? Ist Ihnen entgangen, dass die Versorgungsquote bei Ganztagesplätzen für Kindergartenkinder die höchste aller westdeutschen Länder ist? – Sie liegt bei uns bei 35 %, während sie in den anderen westdeutschen Ländern bei 21 % liegt. Ist Ihnen entgangen, dass der Ausbau von Plätzen für Kinder unter drei Jahren stark gestiegen ist?

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Der Platzausbau stark gestiegen? – Susann Biedefeld (SPD): Sagen Sie doch auch die Zahlen dazu! – Joachim Wahnschaffe (SPD): Zahlen!)

Ist Ihnen entgangen, dass der Freistaat Bayern auch in Zukunft Betreuungsplätze entsprechend dem Bedarf ohne jegliche Begrenzung fördert?

Meine Damen und Herren, auch in der Stärkung der Familien durch die Realisierung des Grundsatzes der Wahlfreiheit, dass also Familien über ihre Biographien im Freistaat Bayern selbst entscheiden können, sind wir aufgrund unserer eigenständigen finanzpolitischen und landespolitischen Leistungen vorbildlich. Diese Leistungen werden wir auch fortsetzen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Büchergeld!)

Die CSU-Landtagsfraktion und die Bayerische Staatsregierung wollen einen bedarfsgerechten Ausbau der Betreuungsplätze, so wie ihn auch Bayerns Eltern wollen. Wir investieren in die weitere Steigerung der Qualität der Rahmenbedingungen des Bildungs- und Erziehungsplanes und des Schwerpunkts Sprachförderung, und wir erweitern die Diskussion über die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbsleben auf die Wirtschaft, denn es gilt der Grundsatz, Jobs familiengerecht und nicht Familien jobgerecht zu machen.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Dann tun Sie doch etwas! – Karin Radermacher (SPD): Reden Sie nicht nur, sondern machen Sie auch etwas!)

Meine Damen und Herren, wie unglaubhaft Ihre Position ist, zeigt sich daran, dass Sie ein Gutachten ablehnen, während Sie ständig den Sozialbericht anmahnen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das Gutachten haben wir nicht abgelehnt!)

Das, meine Damen und Herren, nenne ich mangelnde Glaubwürdigkeit. Das sollten Sie bei Ihren eigenen Aktivitäten berücksichtigen.

(Beifall bei der CSU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Dürr.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die heutige Aktuelle Stunde ist wieder ein schönes Beispiel dafür, wie stark sich CSU und Staatsregierung bemühen, die Wirklichkeit auszublenden, das aber zeigt, wie schwer sie es dabei haben. Das wird immer schwieriger.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben uns schon daran gewöhnt, dass sich die Minister ihre eigenen Fragen stellen, wenn die CSU-Fraktion nicht nachkommt. Sie lassen entweder die Fragen aufschreiben, oder sagen gleich direkt, diese Frage würden sie gerne beantworten. Ich finde es aber interessant, dass die CSU jetzt sagt, das Thema der SPD für die Aktuelle Stunde sei falsch. Wenn ihr nur noch darüber diskutieren wollt, worauf ihr Antworten habt, sind wir in diesem Hohen Hause schnell am Ende, dann können wir heimgehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Es gibt merkwürdige Redewendungen.

(Joachim Herrmann (CSU): Kollege Dr. Beyer sprach vorhin davon, dass wir nichts Neues hätten!)

Sie dürfen gleich reden. Bei uns ist Zukunft Sache der Fraktionsvorsitzenden. Wenn Sie auch etwas zur Zukunft Bayerns zu sagen haben, dürfen Sie gleich ans Pult kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es gibt merkwürdige Redewendungen, von denen man glaubt, dass sie zu nichts nutze wären. Ein Satz ist mir gestern wieder eingefallen. Er heißt: Der Berg kreißte und gebar eine Maus. Ich hätte nie gedacht, dass ich einen solchen Satz einmal verwenden muss. Es kommt aber auch die Stunde für die dümmste Redewendung. Gestern war diese Stunde. Gestern hat das Kabinett auf der Zugspitze, dem höchsten Berg Bayerns, getagt. So hoch wie der Berg waren auch die Erwartungen, aber das Ergebnis war winzig. Es war total winzig.

(Eduard Nöth (CSU): Sie waren doch auch droben!)

Es ist gekommen, wie man es befürchten musste. Die Staatsregierung, so schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ gestern schon vorausschauend, brauche nicht noch eine Kommission, sie brauche auch keine Zugspitzshows und Minister in Versuchsfahrzeugen. Es würde reichen, wenn sie den Eindruck vermittelt, dass sie den Klimaschutz ernst nimmt.

(Joachim Herrmann (CSU): Warum sind Sie dann auf die Zugspitze gegangen?)

Seit gestern ist klar, dass man das von diesem Kabinett nicht mehr erwarten kann.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In Sachen Klimaschutz hat sich dieses Kabinett bereits verabschiedet. Handeln ist auf den Oktober vertagt. Dann gibt es dieses Kabinett nicht mehr.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Oder auf den November!)

Alle wichtigen Fragen, auf die die Menschen in Bayern eine Antwort haben wollen, die ihnen auf den Nägeln brennen, vertagt die Staatsregierung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der endlose Abschied des scheidenden Ministerpräsidenten oder des amtierenden, wie Sie, Kollege Herrmann, ihn nennen, kostet Bayern Zeit und Zukunft. Auch in diesem Falle, Kolleginnen und Kollegen von der CSU, wäre es besser gewesen, wenn Sie schon früher einmal der Opposition zugestimmt hätten. Es wäre besser ge

wesen, wenn Sie mit uns im Januar für einen Neuanfang gestimmt hätten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Für Bayern ist es unerträglich und den Menschen in Bayern ist es auch nicht zuzumuten, dass sie von einem Kabinett regiert werden, das die Lösung der dringenden Probleme um ein halbes Jahr verschieben will.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Beim Klimaschutz, bei der Kinderbetreuung, beim Chaos in den Schulen und bei der fehlenden Chancengerechtigkeit, überall muss sofort gehandelt werden. Wir können und wollen nicht warten, bis die CSU ihre internen Probleme endlich gelöst hat. Dass Sie darauf noch hoffen, verstehe ich. Die Zeit haben wir aber nicht mehr. Unser Land hat das nicht verdient.

(Beifall bei den GRÜNEN)