Antrag der Staatsregierung auf Zustimmung zum Entwurf eines Zusatzprotokolls zum Vertrag zwischen dem Bayerischen Staate und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 15. November 1924 gemäß Art. 72 Abs. 2 der Verfassung des Freistaates Bayern (Drs. 15/7745) – Erste Lesung –
Gemäß der Vereinbarung im Ältestenrat fi ndet hierzu keine Aussprache statt. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Hochschule, Forschung und Kultur als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Ich sehe keinen Widerspruch. Es ist so beschlossen.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Neuordnung des Bayerischen Landeserziehungsgeldes (Bayerisches Landeserziehungsgeldgesetz – BayLErzGG) (Drs. 15/7721) – Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Frau Staatsministerin Stewens.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum 1. Januar 2007 trat das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz in Kraft. Das Bundeselterngeldgesetz beschränkt im Vergleich zum früheren Bundeserziehungsgeldgesetz die Leistungsdauer des Bundeselterngelds grundsätzlich auf das erste Lebensjahr des Kindes. Ausnahmen gibt es natürlich bei Inanspruchnahme von Bonusmonaten, und es gibt gleichzeitig die Verlängerungsoption auf zwei Jahre, was insgesamt einen Auszahlungszeitraum von 28 Monaten ermöglicht. Vor diesem Hintergrund ist eine Anpassung des Landeserziehungsgeldes erforderlich. Ich stelle ganz kurz die Eckpunkte des Gesetzentwurfs vor, den ich heute einbringe.
Es wird eine unmittelbare Anschlussleistung an das Bundeselterngeld geben. Eltern können, je nach Inanspruchnahme des Elterngeldes, einschließlich Verlängerungsoption Bundes- und Landesleistungen bis zum Ende des dritten Lebensjahres des Kindes beziehen. Die Höhe und Dauer des Landeserziehungsgeldes beträgt für das erste Kind bis zu 150 Euro und sechs Monate, für das zweite und dritte Kind jeweils zwölf Monate, für das zweite Kind bis zu 200 Euro und das dritte Kind bis zu 300 Euro. Diese Staffelung bedeutet insbesondere eine Entlastung der Mehrkinderfamilien, die sich gerade beim Sozialhilfebezug vermehrt wiederfi nden.
Die Einkommensgrenzen werden für die Geburten ab 01.01.2009 von derzeit 16 500 Euro für Paare und 13 500 Euro für Alleinerziehende angehoben auf jeweils 25 000 Euro und 22 000 Euro für Alleinerziehende. Unser Ziel ist es, dass wir wieder – wie bei der Einführung des Landeserziehungsgeldes – 63 % aller Eltern erreichen. Das war so im Jahr 1989. Zurzeit erreichen wir – auch darüber gilt es bei diesen niedrigen Einkommensgrenzen nachzudenken – circa 47 % aller Eltern.
Hier wird gleichzeitig eine Neuerung in Kraft treten: Wir werden das Landeserziehungsgeld mit der Durchführung von Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere der U 6 und der U 7, verknüpfen. Ich möchte damit die elterliche Verantwortung bei der Gesundheitsprävention stärken und gleichzeitig die hohe Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchungen von 90 % noch etwas erhöhen, damit alle Kinder in Bayern in den Genuss der Vorsorgeuntersuchungen kommen.
Die fi nanziellen Leistungen des Freistaats betragen dann jeweils zusätzlich 75 Millionen Euro gerade in den Jahren 2008 und 2009, in denen wir Überlappungskosten haben. Insgesamt wird der Freistaat dann circa 114 Millionen für das Landeserziehungsgeld ausgeben. Um die Anschlussleistung zu ermöglichen, nehmen wir noch einmal 75 Millionen Euro zusätzlich für unsere Familien mit Kindern in die Hand.
Für mich sind die Ziele wichtig, die wir mit dem Landeserziehungsgeld verfolgen. Das Landeserziehungsgeld bedeutet erstens eine eigenständige Anerkennung der familiären Erziehungsleistung von Eltern und eine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation von Familien in den besonders wichtigen ersten Lebensjahren der Kinder.
Zweitens stehen das Landeserziehungsgeld einerseits und der Ausbau der Kinderbetreuung andererseits, gerade für die unter drei Jahre alten Kinder, durch das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz für die Wahlfreiheit der Familien.
Drittens: Mit den unterschiedlichen Angeboten und Leistungen des Freistaats werden wir den unterschiedlichen Lebensentwürfen unserer jungen Eltern gerecht.
Das vierte Ziel ist ein ganz wichtiges: Das Landeserziehungsgeld dient verstärkt dem Schutz des ungeborenen Lebens, was sich an den Zahlen ablesen lässt. Bayern hatte im Jahr 2005 bundesweit die niedrigste Quote von Schwangerschaftsabbrüchen – je 56 pro 10 000 Frauen im gebärfähigen Alter. Der Bundesdurchschnitt war 74 Schwangerschaftsabbrüche bei jeweils 10 000 Frauen.
Mit diesen Leistungen stärken wir unsere Familien und garantieren die Wahlfreiheit zwischen Beruf und Familie. Wir stärken damit auch die Erziehungsleistungen unserer Familien. Bayern ist übrigens eines der nur vier Bundesländer, die ein Landeserziehungsgeld leisten, weil uns unsere Familien und deren Kinder am Herzen liegen.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Stewens hat den Gesetzentwurf zur Neuordnung des Landeserziehungsgeldes mit den Worten angepriesen: Wir geben Eltern die Sicherheit, dass in Bayern beide Lebensentwürfe gleichwertig nebeneinander stehen. Es geht also um die Sicherung der echten Wahlfreiheit. Gibt es denn in Bayern überhaupt eine echte Wahlfreiheit? Kann denn eine Mutter oder ein Vater eines Kleinkinds wirklich wählen, ob sie oder er berufstätig sein oder zu Hause bleiben will? Was passiert denn, wenn beide Eltern die Berufstätigkeit wählen oder wählen müssen, wenn keine Oma oder kein Opa für das Kind da ist?
Nur sieben Prozent aller Kinder unter drei Jahren fi nden in Bayern einen Betreuungsplatz, ob nun bei einer Tagesmutter, in einem Kindergarten oder in einer Kinderkrippe. Die Hälfte davon wird in München betreut. In ländlichen Gegenden sind kaum Angebote zu fi nden. In Schwaben können zum Beispiel nur 3,6 % der Kinder unter drei Jahren betreut werden. Ich nenne diese Zahlen immer wieder, weil sie für sich sprechen. Aus Bedarfserhebungen, die in den Landkreisen bei mir gemacht wurden, weiß ich, dass über 30 % der Eltern einen Betreuungsbedarf haben. 30 % ist das Ausmaß an Versorgung, das die Bundesministerin anvisiert hat und das sie bis zum Jahr 2013 erreichen will. Bis dahin möchte sie die Kinderbetreuung auf ein Maß von 30 bis 35 % ausbauen.
Kann man also von einer echten Wahlfreiheit sprechen, wenn die meisten Eltern in Bayern kein Betreuungsangebot für ihre Kinder fi nden können? Die Wahl ist dann doch äußerst eingeschränkt. Eine Berufstätigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn es Großeltern gibt.
Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf bringt des Weiteren den Familien keine Hilfe. Gerade einmal sechs Monate lang erhält eine Familie 150 Euro für das erste Kind.
150 Euro für das erste Kind – gerade vor dem Hintergrund, dass das erste Kind am teuersten ist, weil alles angeschafft werden muss, Kleider, Kinderwagen usw. 150 Euro helfen da nicht wirklich weiter. Nach dem alten Gesetz waren es immerhin 200 Euro für das erste Kind. Jetzt wurde das nochmals gekürzt.
Vor allen Dingen handelt es sich um keine nachhaltige Hilfe. Gerade einmal sechs Monate beträgt der Förderzeitraum. Was ist danach? Sollen danach die Mütter oder Väter arbeiten, und wohin soll dann ihr Kind? Wie steht es dann mit der Wahlfreiheit? Ich erinnere daran: Gerade einmal sieben Prozent der Kinder unter drei Jahren können in Bayern betreut werden. Viele Eltern fi nden also für ihre Kinder keine Betreuungsmöglichkeit.
Ich fasse zusammen: Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf ist Teil des bayerischen Flickwerks in der Familienpolitik. Es wird der Mangel verteilt, statt wirklich nachhaltige Familienpolitik zu betreiben.
Anstatt jetzt nachzuholen, was jahrelang verschlafen wurde, nämlich die Betreuungsmöglichkeiten für unter Dreijährige bedarfsgerecht auszubauen, werden jetzt Gelder in den Ausbau von Transferleistungen gesteckt, die Familien nicht wirklich helfen. Hier wird Familien zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben angeboten. Es wird keine nachhaltige Familienpolitik betrieben.
Letztendlich bewirkt diese Leistung nur einen Aufschub der Probleme, denn die Kinder werden nicht billiger, wenn sie älter werden.
Der dem Kabinett zunächst vorgelegte Gesetzentwurf hat zumindest noch den Betreuungszuschuss vorgesehen. Ich glaube, das wäre ein innovativer Ansatz gewesen. Damit wäre Eltern geholfen worden, die teuren Krippenplätze zu fi nanzieren. Das hätte ich als positiven Ansatzpunkt empfunden. Dieser Absatz 3 ist im jetzt vorgelegten Entwurf leider ersatzlos gestrichen.
Die Festlegung der Abhängigkeit der Leistung von der Gesundheitsfürsorge ist aus meiner Sicht eine reine Alibipolitik. Das Problem wird nicht am Schopfe gepackt. Es fi ndet keine wirkliche Abhilfe statt, sondern es wird nur Alibipolitik betrieben, und zwar so ungefähr nach dem Motto: Wir tun auch auf diesem Felde etwas.
Wir sind nicht gegen eine Familienförderung, aber die Familienförderung muss effektiv und nachhaltig sein. Gerade das gewährleistet der hier vorgelegte Gesetzentwurf nicht. Wir wollen, dass es in Bayern eine echte Wahlfreiheit gibt. Dieser Gesetzentwurf trägt jedoch nicht zur echten Wahlfreiheit in Bayern bei.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Kolleginnen und Kollegen! Mit der jetzt beschlossenen Reform des Landeserziehungsgeldes gibt Bayern ein klares Signal für die Unterstützung unserer Eltern und Kinder. Ziel der Neugestaltung ist auch, dass künftig wieder mehr Familien in Bayern Landeserziehungsgeld bekommen. Frau Strohmayr, wenn Sie sagen, dass in Bayern geschlafen worden sei, dann frage ich Sie, wer geschlafen hat. Wir haben in den letzten Jahren die Mittel für die Kinderbetreuung deutlich erhöht, von 2002 mit 4,8 Millionen bis zum Jahre 2008 auf 46,4 Millionen. Das bedeutet: Die Mittel sind verzehnfacht worden.
Zur Betreuungssituation: Seit 2001 haben wir 12 750 Plätze für unter Dreijährige und seit 2006 23 000 Plätze für unter Dreijährige geschaffen. Besonders wichtig ist es uns, dass das neue Landeserziehungsgeld die Wahlfreiheit für die Eltern gewährleistet und dass wir verlässliche Rahmenbedingungen für Eltern schaffen, die sich bewusst in den ersten Lebensjahren dem Kind widmen und sich für die Betreuung ihres Kindes entscheiden.
Mit Bayern gewähren nur noch vier Länder ein Landeserziehungsgeld. Bayern investiert nicht einseitig nur in die Kinderbetreuung. Die Anhebung der Einkommensgrenzen im Rahmen des Erziehungsgeldes war ein richtiger Schritt in die richtige Richtung. Die bisherigen Einkommensgrenzen von 16 500 Euro für Paare und 13 500 Euro für Alleinerziehende konnten auf 25 000 Euro für Paare und 22 000 Euro für Alleinerziehende aufgestockt werden. Der wichtigste Punkt ist aber, dass sich der Kreis der Anspruchsberechtigten deutlich von bisher 47 % auf künftig etwa 63 % ausweitet.
Prävention ist ein weiterer Gesichtspunkt, den wir mittels vieler Anträge in den Landtag eingebracht haben. Deshalb wird das Landeserziehungsgeld an die Durchführung der Früherkennungsuntersuchung geknüpft. Eltern, die diese Früherkennungsuntersuchung ihrer Kinder nachweisen, haben einen Anspruch auf die Leistung. Das heißt, die Eltern werden an die Untersuchung erinnert und sie erhalten dadurch auch einen fi nanziellen Anreiz. Das bedeutet, die Eigenverantwortung der Eltern wird gestärkt.
Bayern nimmt bis 2011 zusätzlich 75 Millionen Euro in die Hand, um diese Anschlussleistung zu garantieren. In den kommenden vier Jahren investiert Bayern insgesamt 493 Millionen für das Landeserziehungsgeld. Interessant ist auch: Seit der Einführung im Januar 1989 hat der Freistaat insgesamt über zwei Milliarden Euro an die Familien in Bayern ausbezahlt, davon allein 112 Millionen im Jahr 2006.
Wir müssen unsere Eltern fi t machen. Deshalb ist es wichtig, funktionierende und verantwortungsvolle Partnerschaften zu unterstützen und ihnen insbesondere auch den Stellenwert in der Politik und in der Gesellschaft einräumen. Wir dürfen uns nicht in die Lebensplanung junger Familien und Eltern einmischen. Die Rahmenbedingungen vorzugeben, ist das Ziel unserer Politik. Deshalb bitte ich Sie ganz herzlich um die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf, der die richtigen Weichen für die Wahlfreiheit unserer Familien in Bayern stellt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der vorgelegte Gesetzentwurf wurde durch die Einführung des Elterngeldes nötig. Er bringt bestimmte Veränderungen mit sich, zum Beispiel eine Senkung des Betrages. Im Grunde aber hat sich nichts geändert. Es hat sich nichts daran geändert, dass das Landeserziehungsgeld ein vollkommen veraltetes Instrument ist, Eltern zu unterstützen. Es greift nicht mehr, und Sie müssen das endlich einmal zur Kenntnis nehmen. Im Grunde ist das Landeserziehungsgeld ein Zuckerle für Eltern, das bewirken soll, dass Mütter zu Hause bleiben. Es ist aber keinerlei Existenzsicherung, es ist keinerlei Entscheidungshilfe für ein Kind. Was nützt es einer Mutter, einem Elternpaar, wenn sie ein halbes Jahr für ein Neugeborenes 150 Euro bekommen? Wie ist den Menschen damit geholfen? Können sie sich dafür ein Kind „leisten“? Kann eine Frau dafür auf den Beruf verzichten? – Nein! Auch die 200 Euro für das zweite Kind greifen überhaupt nicht.
Es ist ein vollkommen stumpfes Instrument, aber Sie halten es hoch, weil Sie damit an Ihrem veralteten Familienmodell festhalten wollen, welches lautet: Frauen gehören an den Herd, und Frauen, die ihre Kinder in Kinderkrippen bringen, sind Rabenmütter. Dieses Familienbild stützt das Landeserziehungsgeld, und Sie halten daran fest, obwohl Sie längst erkannt haben müssten, dass die Gesellschaft sich verändert hat.
Die Gesellschaft hat sich massiv verändert. Frauen wollen berufstätig sein. Frauen wollen sich in die Gesellschaft einbringen, und Frauen müssen teilweise auch berufstätig sein. Ihr Landeserziehungsgeld hilft den Familien, die sich mit den Herausforderungen einer Gesellschaft auseinandersetzen müssen, die ihnen unglaublich viel abverlangt, überhaupt nicht.
Auf die Koppelung des Landeserziehungsgeldes mit der U 6 und der U 7 komme ich noch zu sprechen. Zunächst möchte ich Ihnen einen Vorschlag machen, wie Sie den Familien besser helfen könnten: Es wäre wesentlich effektiver – wir werden im Laufe des Tages zu diesem Thema noch über unseren Gesetzentwurf beraten –, Kinderkrippenplätze und Kinderbetreuungsplätze zu schaffen statt das Landeserziehungsgeld mit der Gießkanne zu verteilen. Wir müssen den Familien – wenn die Eltern berufstätig sind – eine Perspektive zur Betreuung und zur Förderung der Kinder bieten. In Bayern werden nur 7 % des Bedarfs abgedeckt. Das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, aber keine Perspektive für die Eltern.