Protocol of the Session on March 29, 2007

Ich bitte, die Plätze einzunehmen, damit ich die Sitzung wieder aufnehmen kann.

Ich darf das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Franz Maget, Dr. Christoph Rabenstein, Klaus Wolfrum und anderer und Fraktion, SPD, betreffend „Massenentlassung bei der Rosenthal AG“, Drucksache 15/7783, bekannt geben. Mit Ja haben 41 gestimmt, mit Nein 82. Stimmenthaltungen gab es zwei. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich komme zum Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum nachgezogenen Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Joachim Herrmann, Markus Sackmann, Franz Josef Pschierer und anderer und Fraktion (CSU) betref

fend „Umstrukturierung bei Rosenthal sozialverträglich gestalten“, Drucksache 15/7795. Mit Ja haben 113 gestimmt, mit Nein 13. Stimmenthaltungen gab es keine. Damit ist der Dringlichkeitsantrag angenommen.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 3)

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abg. Joachim Herrmann, Thomas Kreuzer, Peter Welnhofer u. a. u. Frakt. (CSU) Erhöhung der Mindestverbüßungsdauer bei lebenslanger Freiheitsstrafe (Drs. 15/7785)

Ich eröffne die Aussprache und darf Herrn Kollegen Kreuzer das Wort erteilen. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die vorsätzliche Tötung eines Menschen ist das schwerste Verbrechen, das begangen werden kann. Das deutsche Recht unterscheidet seit jeher zwischen zwei Tatbeständen, dem Totschlag – der gewöhnlichen vorsätzlichen Tötung auch mit indirektem Vorsatz – und dem Mord. Hier müssen Mordmerkmale, die die Tat charakterisieren und als besonders schwer erscheinen lassen, hinzukommen. Ich möchte einige Beispiele nennen. Es handelt sich beispielsweise um das Mordmerkmal der Heimtücke, wenn ein Täter bewusst die Arg- und Wehrlosigkeit des Opfers ausnutzt – wehrloses Opfer ist beispielsweise der Behinderte, der sich nicht wehren kann – oder bewusst die Arg- und Wehrlosigkeit eines Opfers herbeiführt, um die Tat begehen zu können. In Frage kommt auch die grausame Tatbegehung. Das bedeutet, dem Opfer werden zusätzlich unnötige Schmerzen in erheblichem Umfang zugefügt. Es wird gequält, zum Beispiel bei lebendigem Leibe verstümmelt. Zu nennen ist weiter die Tötung zur Verdeckung einer vom Täter selbst begangenen Straftat. Lebenslänglich gibt es auch bei verschiedenen Sondertatbeständen wie dem sexuellen Missbrauch von Kindern, wenn dabei der Tod des Kindes herbeigeführt wird. Allein die Aufzählung der Beispiele zeigt uns: Es handelt sich um bestialische, um schwerste Straftaten, die begangen wurden.

Zunächst war in Deutschland nach dem Strafgesetzbuch „lebenslang“ wirklich lebenslang. Die Freiheitsstrafe konnte nur beendet werden, wenn eine Begnadigungsentscheidung getroffen wurde, und zwar entweder vom Ministerpräsidenten oder vom Bundespräsidenten bei Entscheidungen der Bundesgerichte, sonst nicht. Ohne Begnadigung war lebenslang wirklich lebenslang. Es gibt viele Täter, die 30 und mehr Jahre an Freiheitsstrafe verbüßt haben. Dies hat sich geändert durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das an die Würde des Menschen und die Freiheitsrechte des Menschen nach Artikel 2 des Grundgesetzes angeknüpft hat. Das Gericht hat ausgeführt, dass einer Freiheitsstrafe auf jeden Fall Grenzen gesetzt werden müssen und dass auch Täter, die zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden sind, eine Perspektive haben müssen.

Das ist grundsätzlich nachvollziehbar, führt aber heute in der Praxis aus unserer Sicht teilweise zu unbefriedi

genden und ungerechten Ergebnissen. In Artikel 57 a des Strafgesetzbuchs ist geregelt worden, dass die Mindestverbüßungsdauer einer Strafe 15 Jahre betragen muss. Ich sage hier gleich, dies ist verfassungsrechtlich nicht geboten, sondern eine Festsetzung nach dem Ermessen des damaligen Gesetzgebers. Man könnte diesen Zeitraum genauso anders festsetzen. 15 Jahre sind verfassungsrechtlich nicht zwingend.

Wozu führt dies heute in der Praxis im deutschen Rechtssystem? – Aufgrund der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts ist nach 15 Jahren Mindestverbüßungszeit eine Prüfung, ob der Täter in Freiheit entlassen werden kann, vorzunehmen.

In vielen Bundesländern in Deutschland führt dies dazu, dass die Regelverbüßungszeit der lebenslänglichen Freiheitsstrafe fast schon die Durchschnittsverbüßungszeit, nämlich 15 Jahre, beträgt, weil auch verfassungsrechtlich enorme Anforderungen an die Prüfung zu stellen sind. Der Täter muss nämlich, wenn er diese Zeit verbüßt hat und keine besondere Schwere der Schuld vorliegt, nach einer Prognoseentscheidung entlassen werden, wenn von ihm nicht die Gefahr weiterer Straftaten ausgeht. Die Verfassungsrechtsprechung hierzu lautet wie folgt – ich zitiere aus einer Entscheidung des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 22.03.1998 –:

Umgekehrt schließt die Klausel von der Verantwortlichkeit der Vollstreckungsaussetzung ebenso, wie schon vorher die Klausel von der Verantwortbarkeit der Erprobung, es mit ein, dass ein vertretbares Restrisiko eingegangen wird.

Das Bundesverfassungsgericht sagt also explizit, auch bei lebenslänglich verurteilten Tätern ist bei den Prognoseentscheidungen ein Restrisiko einzugehen.

Meine liebe Kolleginnen und Kollegen, des Weiteren ist zu bedenken, dass, wenn ich nach 15 Jahren eine Entscheidung herbeiführen will, dies zwangsläufi g voraussetzt, dass vorher Erprobungsmaßnahmen stattzufi nden haben, also bereits vor dem Ablauf von 15 Jahren. Erprobungsmaßnahmen, das bedeutet Ausgang bis hin zum Urlaub. Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das bedeutet, dass es den Hinterbliebenen eines Opfers passieren kann, dass sie dem Täter weit vor Ablauf von 15 Jahren wieder auf der Straße begegnen. Das ist die Realität, vor der wir heute stehen.

Wir sind der Auffassung, dass diese Mindestverbüßungsdauer zu gering ist. Eine Strafhaft von lediglich 15 Jahren unterscheidet sich unseres Erachtens zu deutlich vom Gesetzeswortlaut „lebenslang“. Eine solche Strafhaft wird insbesondere auch den Gefühlen und Interessen der Hinterbliebenen von Opfern von Gewaltstraftaten nicht gerecht. Wir müssen sehen, dass das Leiden der Opfer lebenslang dauert. Das Leiden währt für die Opfer während ihres ganzen weiteren Lebens, es ist nicht auf einen gewissen Zeitraum begrenzt. Eine Verbüßung von lediglich 15 Jahren, wie das in der Regel der Fall ist, ist auch keine ausreichende Sühne für eine solche Tat, für eine bestialische Tat. Ich sage noch einmal: Hier geht es um heimtückische, grausame Taten, um die schlimmsten,

die man sich in der Rechtsordnung überhaupt vorstellen kann.

Die Mindestverbüßungsdauer von 15 Jahren hebt sich darüber hinaus nach unserer Meinung nicht deutlich genug von der zeitigen Freiheitsstrafe mit der Höchstdauer von 15 Jahren ab. Hier sind dann nur noch relativ geringe Unterschiede, obwohl die Taten in ihrem Gewicht ganz unterschiedlich zu werten sind. Darüber hinaus glauben wir, dass diese Auslegung des Begriffs „lebenslänglich“ nicht genügend generalpräventive Abschreckungswirkung für potenzielle Täter hat. Wir sind auch der Auffassung, dass das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts Strafen gebietet, die erheblich über diese 15 Jahre der zeitlichen Freiheitsstrafe hinausgehen.

Wir glauben deshalb, dass wir dem Anliegen gerecht werden müssen, indem wir die Mindestverbüßungszeit anheben, und zwar auf 20 Jahre, sodass es in Zukunft nicht mehr passieren kann, dass Schwerststraftäter in vielen Ländern im Durchschnitt bereits nach 15 Jahren wieder entlassen werden. Wir haben das erst in letzter Zeit erlebt: die Entlassung einer Terroristin. Auch wenn das nicht genau den Fall trifft, so hat es doch damit zu tun; denn diese Terroristin wurde wegen neunfachen Mordes und wegen bestialischer Taten verurteilt und bereits nach 24 Jahren entlassen. Das ist absolut nicht sachgerecht und kann von den Opfern nicht als gerecht empfunden werden. Das gilt zumal deshalb, weil die Täter bis zum Schluss an der Aufklärung der Verbrechen nicht mitwirkten, weshalb für die Opfer bis heute unklar ist, wer neben den Verurteilten für die Taten mit verantwortlich war.

Wir glauben daher, dass die Gesetzesänderung sachgerecht ist. Wir unterstützen die Bemühungen der Staatsregierung, die bereits im Jahr 2006 einen diesbezüglichen Antrag im Bundesrat eingebracht hat. Wir fordern die Staatsregierung auf, diese Zielsetzung weiter zu verfolgen.

An dieser Stelle möchte ich sagen, dass die Frau Justizministerin heute an der Sitzung nicht teilnehmen kann, weil sie in Berlin beim Richterwahlausschuss ist. Dort kann sie sich nicht vertreten lassen, und bekanntlich kommt es dort auf die Stimmabgabe an. Ich fordere die Justizministerin aber an dieser Stelle auf, diese Initiativen weiter zu verfolgen. Es geht um Sicherheit, es geht um Gerechtigkeit gegenüber den Opfern, und es geht um eine gerechte, angemessene und adäquate Bestrafung der Täter.

(Beifall bei der CSU)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Schindler.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie so oft, stellt sich auch bei diesem Dringlichkeitsantrag heraus, dass er eigentlich überfl üssig ist. Dem Anliegen des Dringlichkeitsantrags ist die Staatsregierung nämlich schon längst nachgekommen. Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, dass die Staatsregierung nicht zum ersten Mal, son

dern bereits zum dritten Mal hintereinander, letztmals am 16. Dezember 2006, das Anliegen, welches in Ihrem Dringlichkeitsantrag steht, erfüllt hat.

(Joachim Herrmann (CSU): Leider hat das die Bundesregierung aber noch nicht getan!)

Die Staatsregierung hat nämlich einen entsprechenden Gesetzentwurf im Bundesrat eingebracht.

(Zurufe von der SPD: Da schau her!)

Es ist also mitnichten erforderlich, die Staatsregierung aufzufordern, sich hierfür auf Bundesebene einzusetzen, wie Sie das darzustellen versucht haben. Wenn Sie schreiben würden, „wir unterstützen“, dann hätte der Dringlichkeitsantrag einen gewissen Sinn. Es macht aber keinen Sinn, die Staatsregierung zu etwas aufzufordern, was sie schon längst erledigt hat.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sauber! – Ludwig Wörner (SPD): Da schau her!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist, wie gesagt, nicht der erste Versuch. Die Initiativen der Staatsregierung sind bislang ohne Erfolg geblieben. Uns wird heute ein alter Ladenhüter neu aufgetischt.

In der Tat ist es so, dass „lebenslang“ nach unserem Rechtssystem nicht „lebenslänglich“ und nicht „bis zum Tod“ bedeutet. Das Strafgesetzbuch unterscheidet zwischen der zeitigen Freiheitsstrafe mit dem Höchstmaß von 15 Jahren und der lebenslangen Freiheitsstrafe. Die lebenslange Freiheitsstrafe ist nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts verfassungsgemäß; allerdings muss eine gesetzliche Regelung gefunden werden, so sagt das Bundesverfassungsgericht, dass auch den zu lebenslänglicher Haft Verurteilten eine konkrete und grundsätzlich realisierbare Chance gegeben wird, die Freiheit wiederzugewinnen. Dem entspricht § 57a des Strafgesetzbuches. Demnach kann das Gericht die Vollstreckung des Rests einer lebenslangen Strafe zur Bewährung aussetzen, wenn erstens 15 Jahre der Strafe verbüßt sind, wenn zweitens nicht die besondere Schwere der Schuld die weitere Vollstreckung gebietet, und wenn drittens auch die weiteren Voraussetzungen für die Strafaussetzung gegeben sind.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gibt keinen Entlassungsmechanismus nach 15 Jahren. Entgegen dem Eindruck, den der CSU-Antrag in seiner Begründung erweckt, ist es nicht so, dass alle oder die meisten der zu lebenslanger Strafe verurteilten Täter grundsätzlich nach 15 Jahren entlassen werden. Es stimmt auch nicht, dass dies in einzelnen Bundesländern der Regelfall wäre. Vielmehr bedeutet „lebenslang“ im Bundesdurchschnitt – nach den vorliegenden Erhebungen, ich habe keine anderen – 19,9 Jahre. Das sind fast 20 Jahre, also fast genau das, was Sie fordern. In Bayern erfolgt die Entlassung sogar durchschnittlich erst nach 21,84 Jahren. Die längste Haftdauer, die ein Gefangener in Bayern ableisten musste, betrug 37 Jahre. Dieser Fall ist bekannt, nehme ich an. Es gibt auch den einen oder anderen Fall, wo ein Gefangener, der zu lebenslanger Haft verurteilt worden ist, im Gefängnis verstorben ist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die verschiedenen Initiativen der Staatsregierung und der CSU müssen natürlich im Zusammenhang mit den weiteren Initiativen zur Anhebung der Höchstdauer der Jugendstrafe, zur Ausweitung der Sicherungsverwahrung oder zur Erschwerung der Aussetzung auf Bewährung gesehen werden und haben seit Jahren, jedenfalls solange ich hier bin, immer die gleiche Tendenz, nämlich Strafen zu verschärfen, um so die Stärke des Staates darzustellen. Unabhängig davon, was der vorliegende Antrag konkret bezwecken soll, stellt sich doch die Frage nach der grundsätzlichen Linie, nach dem Zweck des Strafens und nach den Grenzen des Strafens. Zum Teil haben Sie es angesprochen, Herr Kollege Kreuzer.

Sicherlich besteht Einigkeit darüber, dass staatliche Strafen dazu dienen, general- und spezialpräventiv zu wirken, dass sie schuldangemessen sein müssen und dass mit den Strafen auch die Rechtsordnung verteidigt werden muss. Unter der Geltung des Grundgesetzes bedeutet staatliches Strafen aber nicht die Lizenz zu staatlichem Rächen. Noch so schwere Strafandrohungen führen bekanntlich auch nicht dazu, dass keine schweren Straftaten mehr begangen werden. Im Gegenteil, in den USA, in China, in Russland und in leider noch mehr Ländern gibt es die Todesstrafe und lebenslänglich, das tatsächlich lebenslänglich bedeutet. Trotzdem sind dort schwere Straftaten keineswegs zurückgegangen.

Sicher besteht auch Einigkeit darüber, dass das Maß der Strafe auch aus der Opferperspektive betrachtet werden muss. Ich gebe Ihnen Recht, dass es eine Verhöhnung der Opfer wäre, wenn die Schwere der Schuld bei der Festlegung der Strafe nicht berücksichtigt würde. Genau daran haben sich die Gerichte auch zu halten, und das tun sie auch, wie ich meine.

Zum Fall Mohnhaupt, auf den Sie konkret abstellen, muss Folgendes gesagt werden. Es ist eine rechtszivilisatorische Leistung, dass es keine Sonderjustiz für Terroristen gibt. Die Verurteilte Mohnhaupt muss also genauso behandelt werden wie andere Straftäter auch. Folglich muss sie dann entlassen werden, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorliegen. Dass sie vorliegen, hat vor Kurzem das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden. Damit wurde auch das Phantom einer Sonderjustiz gegenüber RAF-Tätern vertrieben. Es zeichnet diesen Rechtsstaat geradezu aus, dass er auch denjenigen, die schwerste Straftaten begangen haben, das Recht auf eine zweite Chance einräumt. Das ist kein Ausdruck von falschverstandener Liberalität und hat auch nichts mit Laschheit zu tun, sondern es ist letztlich ein Gebot der Gerechtigkeit, wie das Bundesverfassungsgericht sagt, und es ist auch ein Gebot der Vernunft, das auch im Strafrecht Geltung beanspruchen muss.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Leid der Opfer und ihrer Angehörigen kann durch Strafe nie ausgeglichen werden. Wer kann schon festlegen, dass 20 Jahre Haft dem Leid der Opfer mehr entsprechen als 15 Jahre, oder 30 Jahre mehr als 24 oder 27 Jahre? – Das sollten wir uns nicht anmaßen. Wichtig ist, dass die Entlassung eines Verurteilten, auch wenn er wegen einer schwersten Straftat verurteilt worden ist, gerade nicht bedeutet, dass das Urteil und die darin getroffene Feststellung von Schuld

aufgehoben oder widerrufen wird. Ganz im Gegenteil, das bleibt. Wer eine Sonderbehandlung für RAF-Täter fordert und auch noch verlangt, dass Reue festgestellt werden muss, der spricht sich gerade für eine Sonderjustiz aus. Das wäre gegenüber der RAF genauso falsch, wie es im Übrigen gegenüber Häftlingen in Guantanamo oder sonst irgendwo falsch ist.

(Beifall bei der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, abschließend will ich darauf hinweisen, dass die Initiative der Staatsregierung zu ganz erheblichen Mehrkosten für den Strafvollzug führen würde. Im Gesetzentwurf der Staatsregierung wird ausgeführt, dass das ein erhebliches Mehr an Personaleinsatz bedeuten würde. Man muss dann auch bereit sein, das zur Verfügung zu stellen. Dann kann es nicht so bleiben wie in der Vergangenheit, dass in Bayern 800 Mitarbeiter im Strafvollzug fehlen. Besser wäre es eigentlich, mehr Geld in einen modernen Strafvollzug zu investieren, in dessen Mittelpunkt weiterhin das Bemühen um Resozialisierung stehen muss, und nicht nur die sichere Unterbringung von Gefangenen, wie es bedauerlicherweise in den Gesetzentwurf der Staatsregierung für ein Strafvollzugsgesetz hineingeschrieben worden ist.

In der Begründung Ihres Gesetzentwurfs, Herr Kreuzer, heißt es, die Mindeststrafe müsse erhöht werden, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Unverbrüchlichkeit des Rechts und dessen Durchsetzung zu sichern. Das ist grundsätzlich nicht falsch, es muss aber Folgendes angefügt werden: Das Vertrauen der Bevölkerung in das Recht muss insbesondere dort gestärkt werden, wo wir zurzeit beobachten, dass Strafverfahren durch Absprachen beendet werden. Dadurch gewinnen viele den Eindruck, es gäbe eine Zweiklassenjustiz. Bei angeblich komplizierten Verfahren reichen die Kapazitäten der Justiz nicht aus, um zum Beispiel komplizierte Wirtschaftsstrafverfahren abzuwickeln. Es wird dann versucht, mit dem Angeklagten bzw. seinen Verteidigern einen Deal abzuschließen. Dadurch wird das Vertrauen der Bevölkerung in die Durchsetzung des Rechts viel mehr beschädigt als dann, wenn ein zu lebenslang Verurteilter so, wie es in Bayern üblich ist, im Schnitt nach 21,84 Jahren entlassen wird. Viel besser wäre es, eine Initiative in diese Richtung zu starten. Da machen wir auch mit. – Bei dieser Initiative hier werden wir nicht mitmachen.

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Stahl.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren von der CSU, für welche rechtspolitischen Grundsätze stehen Sie eigentlich? Stehen Sie für eine Rechtspolitik, die sich wirklich für die Anliegen der Opfer und ihrer Angehörigen einsetzt? Wollen Sie deren Rechte fortentwickeln, Sühne erreichen und tatsächlich auch weitere rechtspolitische Instrumente verfolgen? Ich kenne dazu keine Anträge von Ihnen. Oder instrumentalisieren Sie mit diesem Antrag die Opfer für etwas, von dem ich nicht weiß, was Sie damit eigentlich bezwecken wollen? – Wenn Sie für eine Erhöhung der Mindestverbüßungsdauer bei lebenslanger Frei

heitsstrafe sind, müssen wir auch über die Opferrechte und deren Fortentwicklung diskutieren. Wir dürfen uns aber nicht ausschließlich auf diesen sehr punktuell ausgerichteten Antrag alleine stützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es fällt mir schwer, über Ihren Antrag zu diskutieren, weil er ein sehr diffuses Bild entwirft und weder zu mehr Recht noch zu mehr Gerechtigkeit führt. Wirklich begründet haben Sie nicht, warum er zu mehr Gerechtigkeit führen soll. Worin liegt denn das Mehr an Sühne begründet, wenn ein Straftäter nunmehr statt 15 Jahre 20 Jahre einsitzt? Wird der Schmerz von Hinterbliebenen und Opfern gemindert, wenn ein Täter fünf Jahre später aus der Haft entlassen wird?