Protocol of the Session on January 27, 2004

Der Ministerpräsident seinerseits war überhaupt nicht – anders, als Sie sagen – genauestens in Kenntnis gesetzt. Er hat darauf vertrauen können, dass sein Finanzminister, der dafür zuständig ist, diese Sache in die Hand nimmt. Ich habe sie in die Hand genommen. Ich gebe zu, nicht nachgefasst zu haben; das muss ich wirklich hinzufügen.

Dementsprechend will ich es zu diesem in jeder Hinsicht schädlichen Vorgang in aller Deutlichkeit auch hier sagen: Die Finanzverwaltung und der vor Ihnen stehende Finanzminister können sich in drei Punkten einen Vorwurf machen.

Erstens. Die Finanzverwaltung hätte von Anfang an auch nach außen deutlich machen müssen, dass eine Vollstreckung in das Grabgrundstück zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt war, und dass nach rechtlichen Lösungen gesucht wurde, um das Grabgrundstück aus der Erbmasse herauszulösen. Das war vor allem gegenüber den Betroffenen zu wenig deutlich gemacht worden.

Zweitens. Das Schreiben des Zentralfinanzamts war – ich wiederhole es – hoch missverständlich formuliert. Das war nicht nur mangelnde Präzision, sondern angesichts dieser Angelegenheit auch mangelnde Sensibilität.

Drittens. Die Klärung der Angelegenheit vom Zeitpunkt der Pfändung Ende November 2003 bis zum 5. Januar 2004 hat zu lange gedauert. Das war mangelnde Geschwindigkeit. Es gibt viele Gründe hierfür – Urlaub und Sonstiges -, ich will sie hier nicht vortragen. Insgesamt hat das wesentlich zu lange gedauert.

Nicht vorwerfen kann man uns aber, dass wir auf unsachgemäße Weise gewissermaßen von oben herab in eine Sache hineinregiert hätten. Die erste Weisung war sehr präzise nur auf das Grabgrundstück gerichtet. Den Ministerpräsidenten öffentlich aufzufordern, er hätte doch als mächtiger Mann Bayerns eine Änderung herbeiführen müssen, ist geradezu unglaublich. Das kann, darf und wird der Ministerpräsident nicht machen.

(Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Er wusste aber davon!)

Lassen Sie mich abschließend feststellen: Die Kritik von Teilen der Opposition an meinem Verhalten und am Verhalten der Verwaltung ist an Widersprüchlichkeit nicht zu überbieten.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Ihre Erklärungen auch nicht!)

Einerseits werfen Sie uns vor, nicht ausreichend dafür gesorgt zu haben, dass das Grabgrundstück schnell und eindeutig von Sicherungsmaßnahmen der Steuerverwaltung ausgenommen wurde. Im gleichen Atemzug werfen Sie uns vor, wir hätten gewissermaßen in unrechtmäßiger Weise in das Handeln der Steuerverwaltung eingegriffen.

(Joachim Wahnschaffe (SPD): Sie verstricken sich in immer mehr Widersprüche!)

Die Herauslösung dieses Grabgrundstückes ist auf dem Weg. Es gibt eine einvernehmliche Lösung, es gibt eine gute Lösung. Sie hätte schneller kommen können. Ich glaube, es ist Zeit, dass wir – auch in diesem Haus – die Verstorbenen ruhen lassen.

(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (Grüne): Ziehen Sie jetzt Ihre Beamten zur Rechenschaft?)

Nächste Wortmeldung: Frau Kollegin Werner-Muggendorfer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Professor Faltlhauser, wir haben uns alle gewisse Hoffnungen gemacht, dass Sie uns heute eine Aufklärung geben. Ich muss Ihnen aber sagen,

(Manfred Christ (CSU): Ihr könnt ja gar nicht zuhören!)

dass Sie mit Ihrer Erklärung von eben eine neue Unwahrheit den anderen hinzugefügt haben. Sie haben hier behauptet, Sie hätten bei der Pressekonferenz am Freitag das Steuergeheimnis nicht lüften dürfen. Wie uns bekannt ist, haben Sie vom Anwalt von Herrn Strauß die Befreiung vom Steuergeheimnis gehabt. Jetzt fügen Sie zu den Unwahrheiten, die Sie schon von sich gegeben haben, eine neue hinzu.

(Beifall bei der SPD – Franz Maget (SPD): Stimmt das?)

So wurde es uns berichtet. Es gibt in dieser aktuellen Stunde leider nicht die Möglichkeit der Zwischenfrage, Herr Prof. Faltlhauser.

(Dr. Otmar Bernhard (CSU): Um so fieser ist es, so etwas zu behaupten!)

Wenn wir die Auskunft von dem Anwalt haben, müssen wir es hier auch sagen.

Jetzt vielleicht zu den Interessen. Es gibt ein fiskalisches Interesse, und wir müssen alle daran interessiert sein, dass der Freistaat die Steuerschulden eintreibt. Auf der anderen Seite müssen wir uns auch schützend vor die Finanzbeamten, die dies tun, stellen. Genau dieses hätte ich von Ihnen als oberster Dienstvorgesetzter der Finanzbeamten erwartet. Ich hätte von Ihnen erwartet, dass Sie sich vor Ihre Beamten stellen, wenn Sie ihre Arbeit korrekt verrichten. Das hätte ich erwartet. Die Finanzbeamten haben korrekt und legitim gehandelt. Ich darf daran erinnern, dass eine Sicherungspfändung vorzunehmen war. Bei einem Steuerschuldner, von dem zu erwarten ist, dass noch weitere Steuerschulden hinzukommen, müssen Steuern eingetrieben bzw. gesichert werden. Wenn eben nicht freiwillig gezahlt wird, ist die Pfändung eine Möglichkeit der Sicherung. Es ist doch unser aller Anliegen, dass Steuern bezahlt werden, denn wir wollen mit den Steuereinnahmen unsere politische Arbeit bewältigen.

Unabhängig davon ob die Gruft gepfändet worden wäre oder nicht, hat dieser Finanzbeamte richtig gehandelt. Er hat seine Aufgabe ernst genommen und hat ein Grundstück, von dem er die Flurnummer kannte und von dem er wusste, dass ein Gebäude darauf stand – immerhin sind es 4 000 qm – in diese Sicherungspfändung mit aufgenommen. Interessant ist, dass er zugleich angeboten hat, die Gruft, die auf diesem Grundstück steht, herauszulösen. Anstatt hier deutlich zu machen, dass der Finanzbeamte korrekt gehandelt hat – wir stehen dazu, dass er korrekt und legitim gehandelt hat -, haben Sie sich jetzt darauf zurückgezogen, dass die Ausführungen des Beamten Steuer-Chinesisch gewesen seien. Sie als Steuerminister verstehen ihre eigene Sprache nicht. So habe ich es verstanden. Herr Huber musste Ihnen als ehemaliger Finanzbeamter zu Hilfe kommen und sagen, der Finanzminister habe das Steuer-Chinesisch nicht verstanden.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Man muss sich hier schon fragen, ob sich der Steuerminister richtig verhalten hat, ob er etwas nicht richtig verstanden hat oder ob der Finanzbeamte richtig gehandelt hat. Eigentlich wusste der Finanzminister schon im November letzten Jahres Bescheid, und die Angelegenheit hätte sich sicher regeln lassen.

Überhaupt nicht verstehe ich die familiären Belange. Die Familie Strauß spielt bei der Angelegenheit auch eine Rolle. Die Familie Strauß kann ich persönlich überhaupt nicht verstehen. Wenn es sich bei der Grabstelle um das Grab meiner Eltern handeln würde und ich keine Schuld daran hätte, dass das Grab gepfändet wird, würde ich alles tun, um das Grab meiner Eltern in diese Angelegenheit nicht mit hineinzuziehen. Wenn ich noch dazu eine innige Beziehung zu meinen Eltern hatte, ist es doch nur nachzuvollziehen, dass man alles tut - -

(Zurufe von der CSU: Scheinheilig!)

Nein, das ist nicht scheinheilig.

(Sebastian Freiherr von Rotenhan (CSU): Perfide ist das!)

Ich habe gerade gesagt, wenn die Grabstelle das Grab meiner Eltern wäre, würde ich alles tun und würde es nicht an finanziellen Bedingungen scheitern lassen, dass dieses Grab nicht gepfändet wird, oder dass eine Pfändung droht.

(Zurufe von der CSU: Scheinheiligkeit! – Markus Sackmann (CSU): Jetzt reichts! – Zuruf des Abgeordneten Jürgen W. Heike (CSU))

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist zu Ende.

(Beifall bei der CSU – Thomas Kreuzer (CSU): Gott sei Dank! – Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Nicht einmal meinen Satz haben Sie mich zu Ende sagen lassen!)

Entschuldigen Sie, ich habe Sie nicht daran gehindert, Ihren Satz zu Ende zu führen. Ich wollte Sie nur an das Ende der Redezeit erinnern.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Sie haben mir nicht einmal ein Zeichen gegeben, dass die Redezeit zu Ende ist!)

Das nächste Mal gebe ich Ihnen ein Zeichen. Ich bitte um Nachsicht. Ich wollte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass Ihre Redezeit zu Ende ist.

Die aktuelle Stunde verlängert sich sowieso, denn der Herr Staatsminister der Finanzen hat sich erneut zu Wort gemeldet.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Redebeitrag war gerade das klassische Beispiel dafür, wie man beim Versuch, im Plenum eine Polemik zu entfachen, an allen Fakten vorbeigeht. Bevor man in einer solchen Angelegenheit, die weiß Gott komplex ist, derartige Behauptungen aufstellt, sollte man sich zunächst fachkundig und sachkundig machen.

(Franz Schindler (SPD): Das gilt auch für Minister!)

Zum Thema Steuergeheimnis im Zusammenhang mit dem hier im Zentrum stehenden Brief stelle ich fest: Der Vorsteher des Finanzamtes München, Herr Greiner, hat am Mittwoch versucht, die generelle Entbindung vom Steuergeheimnis vom Anwalt von Max Strauß zu erhalten. Dies ist ohne Ergebnis geblieben, aus welchen Gründen auch immer. Daraufhin wurde

die Pressemitteilung, die mir vorliegt, mit der mitgeteilt wurde, dass eine Einigung zwischen Herrn Wenzel und dem Zentralfinanzamt erzielt wurde, am Mittwochabend an Rechtsanwalt Wenzel übersandt.

Dann kam die Rückmeldung: Diese Presseerklärung – das Ergebnis des gemeinsamen Handelns, also die Herausnahme – können Sie veröffentlichen. Das heißt, es war eine punktuelle Befreiung vom Steuergeheimnis. Mehr nicht. Deshalb stelle ich fest: Für die Staatsregierung und für den Finanzminister war es nicht möglich, dieses im Zentrum stehende Schreiben vorher herauszugeben und erläuternd zu interpretieren.

(Beifall bei der CSU – Franz Maget (SPD): Das ist doch scheinheilig!)

Erste Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Dr. Bernhard.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, dass wir uns alle einig sind, dass dieses Verfahren bei der Steuerverwaltung besser hätte laufen können. Darüber sind wir uns alle einig. Was diesen Brief vom 15. Januar anbelangt, sollten wir Folgendes zur Kenntnis nehmen: Die beteiligten Beamten haben eine Erklärung abgegeben, was sie wollten und wie dieser Brief zu verstehen gewesen istsei. Ich räume ein, dass dieser Brief missverständlich formuliert war. Wir sollten aber diese Erklärung zur Kenntnis nehmen. Der Finanzminister hat dies am Freitag der Öffentlichkeit mitgeteilt. Insofern kann ich überhaupt nicht verstehen, warum Sie von „Lügen“ sprechen. Der Finanzminister hat das, was die Finanzbeamten in authentischer Interpretation Ihres Schreibens dienstlich erklärt haben, der Öffentlichkeit mitgeteilt. Deshalb ist es absurd, ständig zu behaupten, der Finanzminister hätte gelogen. Das stimmt schlicht und einfach nicht.

Frau Kollegin Bause, Sie haben gerade wieder gelacht. Sie sollten einmal in sich gehen und in Ihren Reden nicht ständig mit Diffamierungen arbeiten. Das ist nicht der Stil dieses Hauses.

(Beifall bei der CSU)

Uns allen tut es nicht gut, wenn Sie ständig von „Leichen im Keller“ sprechen. Solche Aussagen bringen Ihnen nichts; sie schädigen nur den Stil in diesem Hause. Was hat der Finanzminister getan? – Er hat gesagt, dass er eine Lösung erreichen wollte, nachdem er von dieser Sache erfahren hat. Das war völlig korrekt. Zuständig dafür ist die Finanzverwaltung, die mit dieser Sache befasst ist.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Ihnen einmal etwas sagen: Wir leben in einem Rechtsstaat. Sie verfolgen ständig eine Doppelstrategie. Ich möchte zur Verdeutlichung zwei Äußerungen von Herr Kollegen

Maget noch einmal zum Besten geben: Sobald sich jemand aus der Staatsregierung um eine Sache kümmert, sprechen Sie von „Eingriffen“ und der „Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes“ usw. Wenn nichts geschieht, fragen Sie: Warum tut die Staatsregierung nichts. Das ist der Stimmungswandel des Franz Maget. Am 8. Januar haben Sie gesagt: „Gleiches Recht für alle.“ Sie forderten eine rechtsstaatliche Behandlung, wie das vom Ministerpräsidenten und vom Finanzminister gemacht wurde. Am 23. Januar und auch heute haben Sie gesagt, man hätte diese pietätlose Pfändung sofort geräuschlos verhindern können. Was gilt eigentlich bei Ihnen?

(Franz Maget (SPD): Keine Grabstättenpfändung für niemanden!)