2006 war ein supergutes Jahr, das wissen Sie. Allein 20 000 Megawatt sind inzwischen in Deutschland installiert, von weltweit 75 000. Wir sind mit Weltmarktführer und haben gegenüber 2005 einen Leistungszuwachs im Umfang von 12 % gehabt. Es wurden knapp drei Milliarden Euro investiert.
Den größten Zuwachs – hören Sie gut zu – hatten die Bundesländer Brandenburg, Niedersachsen, SachsenAnhalt und Rheinland-Pfalz zu verzeichnen. Das heißt, die Binnenländer Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz – also kleinere Bundesländer mit einem Mittelgebirgsanteil, wie wir ihn in Bayern locker haben. Diese Länder haben ihren Anteil enorm ausgebaut.
Machen Sie keine Vorgaben, sondern überlassen Sie es den Investoren, ob sie bei den gegebenen Bedingungen eine Anlage bauen oder nicht. Das ist doch der Punkt. Sie machen doch sonst auch keine Vorgaben, wer in ein Gewerbegebiet geht oder da oder dort investieren darf.
Lassen Sie die Investoren entscheiden, ob Sie bei diesen Windverhältnissen investieren oder nicht. Das ist privates Geld, Sie sollen die Standortvoraussetzungen schaffen.
Schauen Sie sich einmal an, was das weltweit bedeutet: Wir sind Exportmarktführer. USA, China, Indien – alle versuchen, entsprechend dem deutschen Markt nachzuziehen. Was ist in Bayern los? – Bayern ist Schlusslicht; Bayern streitet sich gerade noch um den letzten Platz mit Baden-Württemberg. Nettostromverbrauch: 0,6 % mit 315 Anlagen in Bayern. Knapp 400 Megawatt machen 1,5 % der bundesdeutschen Windkraftleistung aus. Beim Flächenanteil liegt Bayern sogar auf dem letzten Platz, schlechter sind allerdings noch Hamburg und Berlin. Das fl ächenstärkste Bundesland im Ver
gleich aller Bundesländer auf dem schlechtesten Platz! Wir haben 2000 Arbeitsplätze in Bayern, die an diesem Windkraftsektor hängen.
Wir haben hier Firmen als Dienstleister, die andernorts ihre Windparks planen müssen, beispielsweise die Firma Ostwind aus Regensburg. Diese Firma verwirklicht in Nordfrankreich riesige Projekte, baut in der Tschechischen Republik und in anderen europäischen Ländern. Nur in Bayern haben sie nicht die Möglichkeit, Investitionen zu tätigen.
Lesen Sie bitte unseren Antrag nach. Wir sehen die verschärfte Klimaproblematik und das hohe technische Potenzial sowie die Windhäufi gkeit in Bayern. Wir fordern in Abwägung der zu erwartenden Belastungen und Schäden durch Klimaveränderungen für die Landschaft, für die Natur, für Umwelt und Menschen eine Neubewertung der Windkraft in Bayern.
Wir fordern Sie auf, konkrete Ausbauziele festzulegen sowie administrative und planerische Hemmnisse zu beseitigen. Das Landesentwicklungsprogramm und die Regionalpläne sollen daran angepasst werden. Es ist höchste Zeit, von den Sonntagsreden zum Klimaschutz zum Handeln überzugehen.
(Beifall bei den GRÜNEN – Alexander König (CSU): Wie schaut es mit dem Tierschutz aus, Frau Kollegin?)
Hören Sie doch auf! All diese Argumente, beispielsweise zum Vogelschutz, sind längst widerlegt; es gibt entsprechende Gutachten. Auch die Off-shore-Situation hat man untersucht und ist zu vernünftigen Lösungen gekommen. Lassen Sie doch einmal die Naturschützer über die Standorte entscheiden. Dann wären wir schon wesentlich weiter. Bayern wäre gut beraten, von Konzeptionen auszugehen – –
Die CSU produziert heiße Luft wie immer, aber das reicht nicht aus, um die Windkraft effektiv zu nutzen.
Bayern liegt weit hinten, ich habe es schon gesagt. Es wäre an der Zeit, wie der Vorsitzende des Bundesverbandes Windenergie sagt, Klimaschutzfl ächen auszuweisen.
Auch die Arbeitsplätze in den Betrieben, die in diesem Sektor arbeiten, sind zu sichern. 150 bayerische Firmen sind Zulieferer von technischen Bestandteilen in diesem
Sektor. Technisch sind die Anlagen mittlerweile weiterentwickelt. Wenn Bayern beispielsweise seine Windstromproduktion verzehnfachen wollte, dann wäre die Zahl der Anlagen gerade einmal zu verdreifachen. Das wäre eine vernünftige Option für Bayern. Das ließe sich weiterentwickeln.
Wir haben in unseren Antrag explizit keine Zielvorstellung aufgenommen; denn es geht darum, die Investitionsbereitschaft für Windenergieanlagen in Bayern zu stärken und den Investitionen den notwendigen Rahmen zu geben.
Das heißt, Sie müssen endlich eine Neubewertung der Windenergie vornehmen, die planerischen und administrativen Hemmnisse beseitigen und das Investitionspotenzial der bayerischen Bürgerinnen und Bürger sich entfalten lassen. Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden, ob ihnen die Windkraft in Bayern passt oder nicht.
Deutschland ist bei der Windkraft Weltspitze. In Stuttgart gibt es jetzt einen neuen Lehrstuhl dazu – da muss ich lachen –, obwohl Baden-Württemberg auch nicht viel besser als Bayern dasteht. Was nützt uns der beste Landschaftsschutz, wenn die Landschaft demnächst dem veränderten Klima zum Opfer fällt? Was nützt uns der Landschaftsschutz, wenn wir nicht endlich Prioritäten setzen? Die Priorität und der Handlungsauftrag derzeit für die Politik ist die Umsetzung des Klimaschutzes. Nutzen wir endlich die bayerischen Potenziale und geben wir heute aus dem Bayerischen Landtag der Windkraft neue Impulse. Sie haben in namentlicher Abstimmung die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen.
Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Bayern will nach den Worten des Herrn Noch-Ministerpräsidenten vor allem seine Spitzenposition beim Einsatz klimafreundlicher regenerativer Energien ausbauen und so die gute Klimabilanz des Freistaates weiter verbessern. So haben wir es in einer Pressemitteilung aus der Kabinettssitzung von dieser Woche gelesen. Das klingt sehr schön; diesen Worten folgen aber keine Taten. Wir fordern immer wieder: Diesen Worten müssen endlich konkrete Taten folgen.
Ich schließe mich Frau Kollegin Paulig an: Die CSU-Fraktion hat heute die Möglichkeit, die Worte des Ministerpräsidenten Stoiber zu unterstützen und zu sagen: Wir geben ein klares Bekenntnis zu einer klimafreundlichen regenerativen Energiepolitik ab. Dazu gehört auch die
Windkraft in Bayern, die sträfl ich vernachlässigt worden ist. Ich meine, dass es heute angebracht wäre, diesen beiden Anträgen zuzustimmen. Ich bitte Sie darum, das ist längst überfällig. Es ist längst notwendig,
weil wir hier in Bayern ein Windkraft-Entwicklungsland sind. Auch ich habe hier die von Kollegin Paulig angeführten Zahlen, die das klar bestätigen.
Die Diskussion um den Klimaschutz hat in den letzten Monaten und vor allem in den letzten Wochen enorm an Dynamik gewonnen. Selbst konservative Politikerinnen und Politiker setzen sich plötzlich vehement für den Erhalt unserer Lebensgrundlagen ein, für CO2-Reduzierung, für mehr Klimaschutz, zumindest in Worten. Zu begrüßen ist, dass sogar Frau Bundeskanzlerin einen EU-Klimagipfel mit einheitlichen europäischen Richtlinien für einen gemeinsamen Klimaschutz erreichen will. Das ist positiv. Der Sinneswandel ist erkennbar.
Sie tun so, als sei dieses Thema vom Himmel gefallen. Die Anträge der Oppositionsfraktionen und die Protokolle der Beratungen dazu aus den letzten 20 Jahren füllen mehrere Aktenordner. Diese Anträge wurden fast durchweg abgelehnt. Wenn Sie zwischendurch einem unserer Anträge doch zugestimmt haben, dann wurden die Beschlüsse des Bayerischen Landtags nicht vollzogen. Aber es hat jetzt wohl ein enormer Sinneswandel bei Ihnen stattgefunden. Ich hoffe, dass Sie diesen Sinneswandel beibehalten, auch dann, wenn in den nächsten Wochen das Thema „Klimawandel“ nicht mehr tagtäglich in den Medien präsent ist oder in den Tageszeitungen nachzulesen sein wird.
Bei der Windenergie wollen wir eine vernünftige Vorgehensweise, und zwar mit klaren und konkreten Maßnahmen. Wir haben dazu einen eigenen Antrag vorgelegt. In der Diskussion um den Klimaschutz darf es keine Tabus geben. Auch bei der Windkraft darf es keine Tabus in der Debatte geben, wenn man sich den neuen Herausforderungen stellen, eine andere Klimapolitik einschlagen und die Windenergie forcieren will. Wenn Sie nicht bereit sind, Ihre Scheuklappen abzulegen und Ihre Blockadepolitik aufzugeben, ist diese Debatte verlogen und konkrete Maßnahmen sind von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Auf dem Tisch liegen unterschiedliche Aussagen zum Klimaschutz. Ich erinnere an Aussagen des Kollegen Dr. Söder. Manchmal ist mir dabei nicht mehr zum Lachen zumute. Er war stellvertretender Vorsitzender einer Enquetekommission des Bayerischen Landtags. Er hat mit Mitgliedern der CSU-Fraktion – wir werden einen Antrag dazu einbringen, der sich auf diese Enquetekommission und die Vorschläge von Herrn Söder beziehen wird – gefordert, dass beispielsweise ein Rabatt auf die Erbschaftsteuer eingeräumt wird, wenn Gebäude energiesparend saniert werden. Das waren unsere Vorschläge und Forderungen in der Enquetekommission. Das wurde von der CSU inklusive Kollegen Dr. Söder abgelehnt. Jetzt schlagen Sie es wieder vor. Das fi nde
Wir wollen ein klares und verbindliches Ausbauziel zur Windkraft. Das ist eine Forderung in unserem Antrag. Wir fordern bis zum Jahr 2012 eine Gesamtleistung von 3000 Megawatt bei der Windkraft. Dieses Ausbauziel wollen wir anvisieren, und wir fordern Sie auf, dies zu unterstützen. Wir brauchen ebenso einen aktualisierten Windkraftatlas. Wir haben zwar schon einen Windkraftatlas, aber der ist schon einige Jahre alt und entspricht nicht mehr den neuen Herausforderungen.
(Philipp Graf von und zu Lerchenfeld (CSU): Das ist wunderbar, dass Sie das zugeben! Sie fordern einen neuen Windatlas!)
Nein, lesen Sie die Begründung. Das ist das Kleingedruckte wie bei einem Vertrag, Herr Kollege Graf von und zu Lerchenfeld.
Das steht in der Begründung. Deshalb sage ich: Wir wollen einen aktualisierten Windkraftatlas. In diesem überarbeiteten Windkraftatlas müssen die Ausbaupotenziale klar und deutlich für mögliche Investoren erkennbar sein. Wir wollen auch die planerischen Hemmnisse beim Landesentwicklungsplan und bei den Regionalplänen abbauen. Weg damit! Sie sprechen doch immer von Entbürokratisierung und Bürokratieabbau, aber nur wenn es in Ihre Politik und in Ihre Zielrichtung passt. Wenn es darum geht, etwas zu verhindern – in diesem Fall die Windenergie – sind Hürden da und werden von Ihrer Seite planerische Hemmnisse vorgegeben.
Das ist nichts anderes als eine reine Verhinderungspolitik. Wir wollen die bürokratischen und administrativen Hemmnisse bei den Genehmigungsverfahren vom Tisch haben. Wir fordern dies gerade im Hinblick auf die Abstandsfl ächen, die Kompensationsmaßnahmen und vor allem im Hinblick auf das Erfordernis von Raumordnungsverfahren durch landeseinheitliche Regelungen. Das ist unsere Forderung. Ein Beispiel zu den Kompensationsmaßnahmen: Dieses Thema wird von Behörde zu Behörde völlig willkürlich gehandhabt. Die einen Behörden fordern eine Kompensationsabgabe in Form von Anpfl anzung einer entsprechenden Anzahl von Obstbäumen, andere Behörden fordern Kompensationsabgaben von weit über 50 000 Euro. Hier müssen wir ansetzen. Wir brauchen landeseinheitliche Regelungen. Die Kompensationsabgabe darf nicht als Verhinderungsinstrument benutzt werden. Diese Forderung ist klar in unserem Antrag enthalten.
Diese Forderungen sind nicht neu. Wir haben ein Antragspaket, in dem die Forderungen unseres heutigen Antrags formuliert sind, bereits im Jahr 2001 eingebracht. Dieser Tage kam ein Bericht über den Vollzug dieser Beschlüsse. Sie haben einem Antrag zugestimmt, in dem es um die Kompensationsabgabe ging. Dieser Antrag wurde im Jahr 2001 beschlossen. Am 31. Oktober 2005,
also vier Jahre später, kam ein Zwischenbericht, in dem es heißt, man solle eine behördeninterne Arbeitsgruppe einrichten, die entsprechende Regelungen zur Kompensationsabgabe erarbeiten sollte.
Am 15. Februar 2007 kam ein abschließender Bericht zum Vollzug dieses Antrags. Ich möchte daraus wörtlich zitieren, da man sich diese Ausführungen auf der Zunge zergehen lassen muss:
Aufgrund des Beschlusses des Ministerrats vom 4. Oktober 2006 – Vorrang für Flexibilisierung bei Verwaltungsvorschriften – sollen größere Handlungsspielräume für nachgeordnete Behörden geschaffen und damit der Eigenverantwortung vor Ort gegenüber der Einheitlichkeit der Verwaltung grundsätzlich Vorrang eingeräumt werden. Soweit Raum für Flexibilisierung besteht, sind geplante Verwaltungsvorschriften daraufhin zu untersuchen, ob sie überhaupt notwendig sind. Vor diesem Hintergrund werden aufgrund der gegenwärtigen Vollzugspraxis Vollzugshinweise für die Festsetzung und Verwendung von Ersatzzahlungen nicht für erforderlich gehalten. Wir sehen daher diesbezüglich auch für den Bereich der Windenergienutzung vom Erlass von Vollzugshinweisen ab.
Jetzt kommt wieder dieser große Deckmantel „Entbürokratisierung“. Das ist nichts anderes als Blockadepolitik und Verhinderungspolitik. Sie haben kein Interesse daran, den klimafreundlichen Energien, den erneuerbaren Energien und damit der Windkraft Vorrang zu geben. Ich bitte Sie, es sich noch einmal zu überlegen, die Worte des Herrn Ministerpräsidenten zu unterstützen und dem Antrag der SPD zuzustimmen. Wir werden auch dem Antrag des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN zustimmen.