Dazu möchte ich noch ein paar Worte sagen. Sie haben vorhin viel von Wahlfreiheit gesprochen. Schauen Sie sich das doch einmal an: Wenn eine Mutter zu Hause bleibt und ihr Kind zu Hause erzieht, hat sie keinen Betreuungsbedarf. Dafür kann sie sich entscheiden. Wenn sie das aus irgendeinem Grund nicht kann, wenn sie auf Betreuungsmöglichkeiten angewiesen ist, hat sie plötzlich die Wahlfreiheit nicht mehr, weil es die Betreuungsmöglichkeiten nicht gibt. Insofern ist die Wahlfreiheit in Bayern nicht gegeben. So viel zur Wahlfreiheit in Bayern.
Die Gastkinderregelung muss dringend nachgebessert werden. Dem Wunsch- und Wahlrecht der Eltern muss Folge geleistet werden. Die Eltern, das haben wir vorhin vonseiten der CSU gehört, wissen immer am besten, was für ihr Kind gut ist. Wenn sich Eltern für eine Einrichtung entscheiden, werden sie dafür einen Grund haben. Das kann nicht der Bürgermeister entscheiden, sondern die Eltern entscheiden, wohin ihr Kind kommt. Diese Einrichtung muss die Zuschüsse bekommen.
Wir können uns auch die Gewichtungsfaktoren ansehen. Der Gewichtungsfaktor 4,5 plus x für geistig und körperlich behinderte Kinder ist viel zu gering, um qualifi ziertes Personal einstellen zu können. Den Kindern nützt es nichts, wenn sich der Kindergarten vorübergehend fi nanziell etwas besserstellt. Wir brauchen gerade für diese Kinder speziell ausgebildetes Personal, das auf die Schwächen und Besonderheiten der Behinderung eingehen kann. Das kann nicht eingestellt werden, weil der Faktor 4,5 zu gering ist. Der Faktor 2,0 für Kinder unter drei Jahren ist auch zu gering, um ein Kind in einer großen Gruppe, die 22 Kinder umfassen kann, adäquat zu betreuen. Ein zweijähriges Kind, das noch gewickelt werden muss, das noch im Sprachlernprozess ist, kann nicht adäquat betreut werden mit dem Faktor von 2,0. Das ist völlig unmöglich. Auch hier besteht Nachbesserungsbedarf.
Meine Damen und Herren von der CSU, die Sie so großzügig in den Sparstrumpf gegriffen haben, Sie können das wieder einmal tun. Heben Sie die Gewichtungsfaktoren an. Die Kinder werden es Ihnen danken.
Dass Sie die Kinder mit dem Aufmerksamkeitsdefi zitsyndrom – ADHS – komplett vergessen haben, haben wir Ihnen schon öfter erzählt. Passiert ist bis jetzt noch nichts.
Gehen Sie in eine solche Gruppe, in der ein solches Kind ist. Sie werden feststellen, dass ein einziges Kind mit ADHS eine Gruppe so aufmischen kann, dass man gerne noch eine weitere Kraft einstellt, weil sonst die Betreuung überhaupt nicht möglich ist. Sie ignorieren diese Kinder. Sie gibt es für Sie anscheinend überhaupt nicht. Die Erzieherinnen werden alleine gelassen. Sie müssen mit den Problemen fertig werden. Das ist nicht Ihr Problem, dafür braucht man kein Geld in die Hand zu nehmen.
Wir haben die externe Qualitätssicherung gefordert. Dabei geht es darum, dass Kindergärten und Krippen von außen betreut und beraten, auf neue Möglichkeiten und Ziele aufmerksam gemacht und begleitet werden. Auch das ist ein wichtiger Punkt, auch das wollen Sie nicht. Sie behindern damit die Qualität der Erziehung. Sie behindern die Qualität der frühkindlichen Bildung. Allen Ihren Sonntagsreden zum Trotz sind Sie nicht bereit, Geld einzusetzen.
Dass das BayKiBiG großer Pfusch ist, sieht man daran, dass bereits der 53. Newsletter herausgekommen ist. Wenn ein Gesetz verständlich abgefasst ist, müssten nicht ununterbrochen Newsletter hinterhergeschoben werden, die erklären, wie das Gesetz eigentlich zu verstehen ist. Sie suchen im 53. Newsletter nach Best-practice-Beispielen. Ich bin gespannt, wie viele Sie bekommen. Die Rückmeldungen interessieren uns sehr.
Die aktuelle Debatte um die Kinder sollten Sie heute zum Anlass nehmen, endlich das BayKiBiG zu ändern, endlich Schritte zu unternehmen, aus dem Spargesetz ein frühkindliches Bildungsgesetz zu machen und um Ihren wohlformulierten Forderungen endlich gerecht zu werden, dass Kinder unser höchstes Gut seien, in Kinder investiert werden müsse und sich frühkindliche Bildung später lohne.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind großzuziehen – das ist ein afrikanisches Sprichwort. Das ist für uns entscheidend. Deshalb haben wir einen Kinderkongress mit über 500 Teilnehmern und Teilnehmerinnen organisiert. Wir müssen nicht, wie Frau Kollegin Ackermann angeführt hat, die Kinder jetzt in den Mittelpunkt rücken; denn die Kinder sind bei uns schon immer Mittelpunkt.
Spricht man landauf und landab mit den Kommunen, den Trägern und den Eltern, zeigt sich, dass sich viel bewegt hat. Man muss dem neuen Gesetz Zeit zur Umsetzung geben. Dazu bitte ich auch die Kolleginnen und Kollegen der Opposition um Unterstützung. Wir haben in den
letzten Jahren von 2002 bis 2008 die fi nanziellen Weichen gestellt. 2002 waren noch 457 Millionen Euro im Haushalt veranschlagt, 2008 werden es 585 Millionen Euro sein. Das ist eine Steigerung von 130 Millionen Euro. Ich denke, das ist eine großartige Leistung der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag.
Wir werden das Gesetz und die Auswirkungen des Gesetzes sehr sorgfältig begleiten, verfolgen, was die Zukunft bringen wird, um eventuell mit einem Begleitprozess und mit Evaluation dabei zu sein und gegebenenfalls Verbesserungen vorzunehmen.
Ich komme zur zusammengefassten Bewertung der Anträge: Die SPD-Berichtsanträge der Tagesordnungspunkte 5, 7 und 9 sind allesamt abzulehnen, weil sie Daten anfordern, die nicht oder nur mit großem zeitlichem Aufwand der Träger von Kindertageseinrichtungen zu erlangen sind, Faktoren außerhalb der Gesetzeslage unterschlagen werden, insbesondere der tief greifende demografi sche Wandel ignoriert wird und sich die Kindertageseinrichtungen seit Inkrafttreten des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes in einem sehr dynamischen Wandlungsprozess zu einer stärkeren Altersöffnung bis hin zu Häusern für Kinder befi nden.
Beim Vergleich des bisherigen Status quo mit der Situation nach der Einführung des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes werden Äpfel mit Birnen verglichen. Vieles öffnet sich, gerade im Hinblick auf die pädagogische Betreuung: Über 786 Einrichtungen haben jetzt ein Betreuungskonzept auf den Weg gebracht. Wir wollen die Betreuung der Familien weiter öffnen und Familien, Frauen und Männer bei der Erziehungsarbeit und der Berufstätigkeit verstärkt unterstützen.
Zum Antrag unter Tagesordnungspunkt 8: Meine Kolleginnen und Kollegen der Opposition, diesem Berichtsantrag der SPD werden wir zustimmen. Wir setzen uns also sehr wohl mit Ihren Anträgen sachlich auseinander. In diesem Antrag geht es um die Rahmenbedingungen für die Integration von Kindern mit Behinderung. Diese wollen wir – genau wie Sie – verbessern. Wir wollen die zusätzliche Förderung durch die Bezirke, die völlig unabhängig vom Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz nach dem Sozialgesetzbuch XII erfolgt. Ich weiß aus vielen Gesprächen, dass dies bei den Betroffenen draußen viele Probleme aufwirft. Hier stehen wir an Ihrer Seite. Wir wollen gemeinsam auf die Bezirke einwirken und unterstützen deshalb diesen Antrag.
Zu den Anträgen unter Tagesordnungspunkt 10 bis einschließlich Tagesordnungspunkt 15, die vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eingereicht wurden, ist Folgendes zu sagen: Diese Anträge sind allesamt abzulehnen, weil sie ein bloßer Neuaufguss altbekannter Forderungen sind, die durch eine bloße Wiederholung auch nicht zustimmungsfähiger werden.
Mit Ihrem Drei-Säulen-Modell würden Sie einen riesigen bürokratischen Aufwand für die Träger und die Gemeinden produzieren in einer Zeit, in der wir alle Bürokratieabbau fordern. Sie stellen Forderungen auf, die durch das Bayerische Kinderbildungs- und -betreuungsgesetz schon längst erfüllt sind. Ich möchte nur die fi nanzielle Ermöglichung von Verfügungszeiten, die Sicherung der Fachkraftquote, das Vorschreiben eines höheren Personaleinsatzes für Kinder mit Gewichtungsfaktoren, das Wunsch- und Wahlrecht sowie das Herzstück des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes, die Bedarfsplanung, nennen. Durch diese neue Grundlage ermitteln viele Kommunen zum ersten Mal ihren eigenen Bedarf.
Das war bislang bei den Kommunen in dieser Weise nicht möglich. Im Landkreis Regensburg zum Beispiel stand in der Zeitung, dass die Gemeinde Pfakofen die Betreuungswünsche der Eltern erfülle. Eine Umfrage habe ergeben, dass die Eltern weitgehend zufrieden mit der qualifi zierten Tagespfl ege seien. In der Gemeinde Sinzing, das ist heute zu lesen, wurde eine Kinderkrippe errichtet. Das Netz für Kinder sei hier zum ersten Mal auf fi nanzielle Grundlagen gestellt worden, was bisher nicht der Fall gewesen sei.
(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Genau, weil es bisher nicht der Fall war! Das haben Sie richtig erkannt!)
Frau Kollegin, entschuldigen Sie, wenn ich Sie für einen Augenblick unterbreche. Ich wollte nur einmal ganz leise anfragen, ob überhaupt noch jemand der Rednerin zuhört.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der CSU-Fraktion ist bewusst, dass gerade Kinder mit sprachlichen Defi ziten verstärkt gefördert werden müssen. Dafür werden wir uns einsetzen. Ich nenne weitere Schwerpunkte, die in den letzten Jahren umgesetzt worden sind: In der Tagespfl ege konnten über 1200 neue Plätze geschaffen werden. Über 850 qualifi zierte Tagespfl egepersonen konnten gewonnen werden. 68 Einrichtungen haben erstmals eine pädagogische Konzeption entwickelt. 424 Kindertageseinrichtungen öffneten sich erstmals für Kinder mit Behinderungen. 8879 Plätze für Kinder unter drei Jahren – das ist eine Versorgungsquote von circa 9 % – konnten geschaffen werden, sodass insgesamt zum 1. Januar 2006 bereits über 23 000 Plätze zur Verfügung standen.
Wir werden die Versorgungsquote noch weiter ausbauen. Es bewegt sich viel und es entsteht viel, vor allem bei den Betreuungen vor Ort. Wir brauchen ein Netzwerk der Betreuung für unsere Familien.
Lassen Sie mich zum Schluss ein Sprichwort nennen: Wenn der Wind des Wandels weht, bauen die einen Schutzmauern und die anderen Windmühlen. Deshalb meine Bitte an Sie: Lassen Sie uns gemeinsam Windmühlen für die Zukunft unserer Kinder bauen.
Frau Kollegin Stierstorfer! Ihre Rede vernahm ich sehr wohl. Sie kommen wie ich aus dem Landkreis Regensburg. Ich frage Sie: Wo sehen Sie eigentlich die von Ihnen gelobte Öffnung durch das BayKiBiG in den 41 Gemeinden des Landkreises Regensburg?
Wie viele neue Kinderkrippen gibt es denn in den Gemeinden? Mir als Kreisrätin ist keine einzige neue Kinderkrippe bekannt. Zu mir kommen viele Eltern, die vor Ort eine Krippe suchen und sie nicht fi nden. Frau Kollegin Stierstorfer, Sie haben sie scheinbar gefunden. Deshalb sagen Sie mir bitte, in welcher Gemeinde im Landkreis Regensburg gibt es eine neue Kinderkrippe nach dem BayKiBiG?
Eine weitere Frage: Was sagen Sie zu dem Beschluss des Landkreises Regensburg zur Gastkinderregelung? Der Landkreis Regensburg hat die Gastkinderregelung dahingehend ausgelegt, dass Eltern ihre Kinder neuerdings nicht mehr in den Waldorfkindergarten nach Burgweinting bringen können. Dies geschah mit der Zustimmung des Kreistages. Frau Stierstorfer ist auch Kreisrätin. Ich möchte einmal wissen, was das BayKiBiG hier revolutionär Neues gebracht hat.
Frau Kollegin Stierstorfer, Sie haben die Möglichkeit, darauf zu antworten. Sie dürfen dazu auch ans Rednerpult kommen.
Frau Kollegin Scharfenberg, im Landkreis Regensburg bewegt sich wahnsinnig viel hinsichtlich der Öffnung in den Kindergärten. Ich habe Sie hier hinten ganz schlecht verstanden. Ich hoffe, dass ich mit meiner Antwort auf Ihre Frage eingehe.
Schlagen Sie die Zeitung auf. Heute lese ich: „Sinzing“, gestern habe ich „Pfakofen“ und „Schierling“ gelesen. Ich weiß nicht, wie die Situation in Ihrer Gemeinde ist. Ich hoffe, dass sich auch dort die Kinderbetreuung positiv weiterentwickelt. Sie können im Übrigen auch in Ihrer Gemeinde etwas anstoßen. Wir sind im Landkreis Regensburg auf einem guten Weg. Der Landkreis hat die notwendige Bedarfsermittlung entwickelt, diese fl ächendeckend an alle Gemeinden weitergegeben und damit ein Vorzeigeprojekt entwickelt. Sie wissen sehr wohl, dass der
Passus im Gesetz, der die Gastkinderregelung betrifft, auf ausdrücklichen Wunsch der kommunalen Spitzenverbände bzw. des Gemeindetages so vereinbart wurde, und dass dabei das Konnexitätsprinzip zu beachten ist. Dies war eine Kompromisslösung.
Jetzt hat Frau Staatsministerin Stewens das Wort. Ich bitte Sie, sich in diesem Plenarsaal etwas ruhiger zu verhalten. Wer unbedingt etwas zu besprechen hat, möge nach draußen gehen. Frau Staatsministerin, bitte warten Sie noch einen Moment. –