Mit den seit Jahren im Bereich des Denkmalschutzes anhaltenden Kürzungen richten Sie im Kulturstaat Bayern volkswirtschaftlichen und kulturpolitischen Schaden an.
Die leichte Erhöhung der Denkmalschutzmittel kann dies nicht heilen. Wir werden uns auch in Zukunft dafür einsetzen, dass Bayern mehr in den Erhalt und die Pfl ege seiner Kulturgüter investiert, das nicht zuletzt deshalb, weil das eine gute wirtschaftliche Investition mit hoher Rendite ist.
Kolleginnen und Kollegen, weil Sie Ihrem selbstgesetzten Anspruch, Bayerns Zukunft zu gestalten und die Chancen im „Chancenland“ Bayern zu mehren, mit diesem Haushaltsplan nicht gerecht werden, lehnen wir den Einzelplan ab.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Gote, ideologisch motiviertes Keifen macht die Situation und auch die Glaubhaftigkeit Ihrer Ausführungen nicht besser.
Das Schlechtreden des Wissenschaftsstandortes Bayern kann und wird nicht gelingen. Berechtigte Sorgen und Einwände, wie sie durchaus vorgetragen wurden, sind ernst zu nehmen und für eine verantwortliche Wissenschaftspolitik ein wichtiger Hinweis.
Ich kenne den Anfang meiner Rede, ich kann auch zwanzigmal beginnen. Also: Wissenschaftspolitik am Standort Bayern ist einer der wichtigsten Faktoren für die Zukunftschancen und für die erfolgreiche Politik, die im Freistaat Bayern in den letzten Jahrzehnten gestaltet werden konnte. Sie gestatten mir einen letzten kurzen Hinweis auf den Erfolg der bayerischen Universitäten und Fachhochschulen – ich darf das betonen – in der Exzellenzinitiative und bei anderen, vergleichbaren bundesweiten Wettbewerben. Dies ist der signifi kanteste Erfolgsnachweis für Wissenschaftspolitik am Standort Bayern, und zwar nicht nur in den Spitzen, sondern für die hervorragende Qualität der grundständigen akademischen Ausbildung an den bayerischen Hochschulen.
Das ist der entscheidende Moment: Die Spitze wird nur dort erreicht, wo wir eine breite, grundständige, tragfähige, leistungsfähige und leistungsorientierte akademische Ausbildung gestalten können.
Lieber Herr Kollege Vogel, es ist völlig unbestritten, dass wir dauerhaft mehr Geld im akademischen Ausbildungssystem, gleich welcher Hochschulgattung, brauchen. Das ist ganz eindeutig.
Ich habe mich auf die Anmerkung zu deiner physischen Masse, nicht zu deiner psychischen beschränkt, und ich habe das auf mich selbst bezogen. Mit dem Innovationspakt und den drei Offensiven der vergangenen 12 Jahre haben wir ganz hervorragende Grundlagen für die weitere Entwicklung des Wissenschafts- und Forschungsstandorts Bayern geschaffen. Wir haben in den kommenden Jahren drei strategische Kernaufgaben zu bewältigen. Erstens. Aus der Exzellenzinitiative heraus haben wir gelernt, dass die strategische Kooperation der außeruniversitären Forschung mit der universitären Forschung alle Hochschulgattungen einbeziehen muss. Die Fachhochschule München ist die einzige Fachhochschule in der Bundesrepublik, die mit einem erfolgreichen Modell – wie die Ludwig-Maximilians-Universität München und die Technische Universität München – in der Exzellenzinitiative gewinnen konnte. Diese Erfolgsstrategie in der angewandten Forschung und in der Grundlagenforschung müssen wir konsequent weitergehen. Standortübergreifend müssen wir das auch weiterentwickeln.
Zweitens. Wir haben in den kommenden 12 bis 14 Jahren die große Herausforderung hoher Studierendenzahlen als Chance zu bewältigen. Ich sage das sehr bewusst: als Chance zu bewältigen. Dabei ist das schwierigste Element der doppelte Abiturjahrgang im Jahr 2012, gefolgt von den auf hohem Niveau verharrenden Studierendenzahlen bis zum Jahr 2020. Danach folgt gnadenlos der demografi sche Abschwung, der auch für die Folgen der akademischen Ausbildung gilt und für die langfristige Zurverfügungstellung von akademischen Arbeitskräften. Der Bedarf an akademisch vorgebildeten Arbeitskräften absolut und pro Jahrgang wird zunehmen. Das gilt auch für das Flächenland Bayern. Wir müssen deshalb im Wettbewerb der Politiken die Bewältigung der adäquaten akademischen Ausbildung dieser großen Studierendenzahl prioritär sicherstellen.
Dafür sind die Weichen gestellt. Das entscheidende Instrument hierfür war der Innovationspakt mit einer auf mittlere Frist gesicherten fi nanziellen unteren Linie für die Hochschulen mit einer leistungsbezogenen Zuwachsoption. Eine solche Konfi guration für die Hochschulen gibt es in keinem anderen Land der Bundesrepublik Deutschland. Es ist ein erstes wichtiges Zeichen durch die Zurverfügungstellung eines deutlich erkennbaren Stellenzuwachses gesetzt, der – entsprechend der strategischen Zielsetzung eines Zuwachses der Fachhochschulen für 40 % eines akademischen Jahrgangs – zu gleichen Teilen an Universitäten und Fachhochschulen geht.
An dieser Stelle sage ich auch sehr deutlich – und hier ist der Hochschulpakt ein erstes wichtiges Signal des neuen Zusammenspiels von Bund und Ländern in der Hochschulpolitik –: Wir müssen größte Kraftanstrengungen unternehmen, um die hohen Studierendenzahlen bewältigen zu können. Das muss zum Teil im System geschehen, beispielsweise durch Synergien, es wird aber auch, und das sage ich ebenfalls sehr deutlich, in einer Prioritätensetzung zwischen den verschiedenen Politik
feldern geschehen, wenn zusätzliche Stellen und Mittel in erheblichem Maße erforderlich werden. Wir können das mit der Nachhaltigkeit einer verantwortungsvollen Haushaltspolitik in Einklang bringen, wenn wir von einem erweiterten Nachhaltigkeitsbegriff für eine gewisse Zeit – wir haben einen Zeithorizont bis zum Jahr 2020 – ausgehen. Wir haben das Instrumentarium der sogenannten KW-Stellen, die durch eine Selbstbindung des Gesetzgebers befristet sind. So können wir zusätzliche Mittel zur Verfügung stellen, um die Ressource Humankapital der letzten geburtenstarken Jahrgänge hervorragend akademisch auszubilden. Diese Priorität wird die größte Herausforderung für die kommenden Jahre in der Hochschulpolitik darstellen, und sie wird mit diesem Doppelhaushalt eingeleitet.
Drittens. Eine Frage, die in der Tat hohe gesellschaftspolitische Sensibilität erfordert und einen gesellschaftspolitischen Paradigmenwechsel darstellt, ist die materiell wirksame Einführung von Studienbeiträgen ab dem kommenden Sommersemester. Angesichts der Zahlen, die Herr Kollege Kupka genannt hat – an dieser Stelle darf ich unserem Herrn Staatsminister für die sensible Einbindung der Frage danken, wie auch für sein Engagement in dieser Frage –,
halten wir es für wissenschaftspolitisch geboten und für gesellschaftspolitisch verantwortbar, unter den gegebenen Bedingungen Studiengebühren in Bayern zu erheben. Ich darf die Zahlen noch einmal ins Gedächtnis rufen: Die für Forschung und Lehre zur Verfügung stehenden Mittel, die nicht stellengebunden sind, belaufen sich auf etwa 100 Millionen Euro im Staatshaushalt. Wir werden durch die Studienbeiträge netto den Studierenden und der Lehre etwa die Summe von 150 Millionen Euro zur Verfügung stellen können. Das bedeutet, dass wir in der wichtigsten Frage, der Ressourcenbildung am Standort Bayern, durch die Regelungen des Innovationspaktes die Mittel aus den Studiengebühren ausschließlich den Hochschulen und ausschließlich zum Zwecke der Lehre zur Verfügung stellen, und zwar unter Mitwirkung der Studierenden bei der Entwicklung der Parameter. Und nun kommt etwas ganz Entscheidendes: Die Hochschulen haben hierüber öffentlich und nachvollziehbar Rechnung zu legen. Das sind die Voraussetzungen, die wir selbst defi niert haben, die bei der Erhebung von Studiengebühren erfüllt werden müssen. Die wissenschaftspolitische Gebotenheit bei der Einführung von Studienbeiträgen kann so glaubhaft nachvollzogen werden.
Die Frage der sozialpolitischen Verträglichkeit oder der sozialen Verdrängungswirkung ist in der Hochschulpolitik eine ganz ernst zu nehmende Frage. Wir sind mit den gebotenen Möglichkeiten, insbesondere durch das gefundene Kreditmodell, das unabhängig vom jeweiligen persönlichen und elterlichen Einkommen angewendet werden kann und Rückzahlungsmöglichkeiten eröffnet, die auf bis zu 25 Jahre gestaffelt werden können, abhängig von der persönlichen Einkommenssituation, sehr gut aufgestellt. Ich brauche das nicht näher zu erläutern.
Damit treffen die Bedenken, die Frau Kollegin Gote hier insbesondere im Hinblick auf die weiblichen Studierenden vorgetragen hat, nicht zu. Wir können auch die Frage nach der sozialpolitisch gebotenen Sensibilität mit Ja beantworten. Wir können also diesen wichtigen Schritt einer gesellschaftspolitischen Veränderung großen Ausmaßes gehen.
Die Frage des weiblichen akademischen Nachwuchses ist in der Tat eine drängende. Wir haben hier im Hochschulrecht wesentliche Neugestaltungen vorgenommen. Wir stehen vor der Tatsache, dass die Mittel des BundLänder-Programms in Höhe von vier Millionen Euro zum Jahresende auslaufen. Die Mittel stehen derzeit noch zur Verfügung, um die laufenden Stipendien und andere Fördermaßnahmen abzufi nanzieren. Im Moment sind wir nicht in der Lage, den Ausfall der Bundesmittel in vollem Umfang oder auch nur annähernd zu kompensieren. Die vorliegenden Änderungsanträge sind deshalb eine Möglichkeit, um hier ein wichtiges Zeichen zu setzen. Wir stehen im intensiven Dialog mit den Vertretern der Frauenbeauftragten, um positive Lösungsansätze zu fi nden. Uns ist ganz wichtig, dass wir, gemeinsam mit dem Herrn Staatsminister, die Möglichkeiten des Hochschulpaktes in Bayern aufgreifen werden und sie mit der Frage der Priorisierung des weiblichen akademischen Nachwuchses verknüpfen. Das ist ein wichtiger strategischer Ansatz, bei dem wir dem Herrn Staatsminister unsere volle Unterstützung zusagen wollen.
Lassen Sie mich einige Worte zur Kulturpolitik sagen. Kulturpolitik im Freistaat Bayern ist Standortpolitik. Das gilt für die großen Zentren und in der Region. Einige Projekte sind angesprochen worden, etwa das Museum Brandhorst oder das Textilmuseum in Augsburg. Dies ist eine der letzten großen Investitionsmaßnahmen des Freistaates Bayern mit einer entsprechenden staatlichen Trägerschaft.
Ich sage noch etwas zum Denkmalschutz. Was Frau Kollegin Gote so abtut, ist ein sehr wichtiges Moment. Wir wissen um die besondere ökonomische Wirksamkeit und die Dimension, die die Denkmalpfl ege hat. Es handelt sich um ein unmittelbar mittelstandswirksames Instrument, bei dem eine Investitionskette im Verhältnis bis zu 1 zu 15 pro eingesetztem staatlichen Euro gegeben ist.
Wir sind sehr froh – den Kollegen in der Landtagsfraktion und den Kollegen im Haushaltsausschuss bin ich persönlich dankbar –, dass wir die Ansätze für die Baudenkmalpfl ege deutlich nach oben fahren konnten. Ich darf schon jetzt sehr nachdrücklich unterstreichen, dass wir die Zusage, die mit der Zuerkennung des Titels „UNESCO-Weltkulturerbe Limes“ durch die Bayerische Staatsregierung und die CSU-Fraktion an verschiedenen Stellen gemacht wurde, mit deutlichen investiven Möglichkeiten begleiten und an die Entwicklung des Limes als Weltkulturerbe in Bayern herangehen. Wir wollen da mit einer Bruttoinvestitionssumme von 1,2 Millionen Euro im Staatshaushalt Wort halten, wobei die Möglichkeiten von Landesstiftungen nicht eingerechnet sind.
Wir dürfen für das kommende Jahr einen starken Akzent auf die Präsenz der staatlichen Kulturpolitik in der Region
setzen. Ich weise auf die positiven Beispiele der Überarbeitung von regionalen Zweigmuseen des Freistaates Bayern hin, ob das Neuburg an der Donau oder das Neue Schloss in Bayreuth oder andere Initiativen sind. Wir wollen hier einen starken Akzent setzen, die kulturpolitische Verantwortung von Kommunen und Freistaat im gesamten Land präsent zu machen.
Ich darf an die aus meiner Sicht sehr positive Entscheidung der Bayerischen Staatsregierung von gestern bzw. an die Ankündigung des Ministerpräsidenten erinnern, dass die konservatorisch sensiblen Objekte aus dem Bamberger Dom für das entsprechende Jubiläum zur Verfügung gestellt werden. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Auf diesem Weg sollten wir konsequent weitergehen, ohne – das sage ich sehr deutlich – die Bedeutung der großen Sammlungen des überregional und weltweit ausstrahlenden Standorts München und anderer Standorte zu schwächen.
Insgesamt werden die Hochschulpolitik und die Kulturpolitik im Freistaat Bayern den großen Herausforderungen – ich sage es noch einmal: erstens Fortentwicklung der Forschungs- und Entwicklungskapazitäten im weltweiten Wettbewerb, zweitens Bewältigung der großen Studierendenzahlen in den kommenden 15 Jahren, drittens eine dem Standort und dem Ruf des Kulturstaats Bayern entsprechende Kulturpolitik – durch nachhaltige Investitionsentscheidungen und Haushaltsschwerpunkte gerecht.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir bleiben fünf Minuten für die Kultur. Angesichts der Tatsache, dass der Transrapid vom Hauptbahnhof bis zum Flughafen zehn Minuten braucht, sind fünf Minuten nicht besonders viel. Ich will es einmal unterteilen: Bis Fröttmaning werde ich Kritik üben, und auf dem Rest der Strecke – vielleicht bis Garching – werde ich Anregungen zu geben versuchen.
Der Ministerpräsident hat eine kulturlose Haushaltsrede gehalten. Ich habe in seiner Rede kein Wort zur Kultur vernommen; ich habe es nachgelesen. Auch in der Clusterpolitik der Staatsregierung ist nirgends ein Kulturcluster zu erkennen. Wir haben 19 Cluster, aber in der praktischen Politik gibt es kein Kulturcluster. Wir haben wohl Mediencluster. Die Kulturpolitik der Staatsregierung erschöpft sich darin, dass sie jetzt ein neues Museum Brandhorst baut. Das ist wunderbar. Die Stiftung ist dem Freistaat Bayern geschenkt worden. Aber wir geben eine Menge Steuergelder dafür aus, auch für die Betriebskosten. Dieses Geld kriegen wir nicht von anderswoher. Wir müssen es aus unserem Etat aufbringen. Es hilft uns nicht weiter, dass in allen anderen Bereichen der Kulturpolitik gekürzt wird.
Wir müssen in der lebendigen Kulturpolitik mehr unternehmen. Die Sing- und Musikschulen darben. Jetzt wird
ihnen ein Trostpfl aster gegeben. Aber 170 000 Euro sind weit weg von dem, was wir uns alle einmal vorgenommen hatten: mindestens 25 % der Lehrerpersonalkosten zu tragen. Wir sind erst in der Größenordnung zwischen 8 und 9 %.
Ich sehe keinerlei Konzepte, gerade im Bereich der kulturellen Nachwuchsförderung Akzente zu setzen. Ältere Menschen müssten in die kulturelle Wertevermittlung einbezogen werden. Und wo sind die Konzepte, bildungsferne Schichten an die Kultur, an Theater und Museen heranzuführen? All das ist nicht erkennbar. Wir spielen in der Champions League. Wir stecken in die Münchener Staatsoper gemäß letztem Rechnungshofbericht pro Aufführung 157 000 Euro, aber wir vernachlässigen die Regionalliga.
Kultur ist aber Grundlage unserer politischen Ordnung. Wir haben hier einmal eine Debatte über „Popetown“ geführt. Ich weiß nicht, wer sich daran noch erinnern kann. Es war eine Debatte mit dem Kollegen Herrmann. Da haben wir über Wertevermittlung gesprochen. Kultur ist die Grundlage jeden politischen Handelns und jeder politischen Gesellschaft. Das ist in diesem Haushalt aber nicht erkennbar. Ich würde mich freuen, wenn wir die Haushaltsdebatte – der Herr Staatsminister kommt noch dran – zum Anlass nehmen, uns über den gemeinschaftsstiftenden Sinn der Kultur auszutauschen und einig zu werden.