Frau Kollegin, nennen Sie mich bitte nicht Gott. Das wäre zuviel. Ich möchte Sie nur an die Redezeit erinnern.
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Man redet sich halt gern in Rage. Ich muss in diesem Zusammenhang drei namentliche Abstimmungen fordern. Die erste namentliche Abstimmung fordere ich zu dem Punkt, dass auch die Forstwirtschaft in diesem Gesetz genannt wird. Die zweite namentliche Abstimmung fordere ich zu dem Punkt, dass auch die LVÖ und AbL in dem Gesetz genannt werden. Die dritte namentliche Abstimmung bezieht sich auf die Forderung, dass bei den Dachorganisationen ebenfalls die LVÖ hineingenommen wird.
Ich stelle diese drei Punkte zur namentlichen Abstimmung. Ich bitte um Ihre Zustimmung, weil wir dann diesem Gesetz mit Freuden zustimmen könnten. Das wäre für alle Betroffenen ein deutliches Signal. Wenn Sie diesen Punkten nicht zustimmen können, werden wir uns der Stimme enthalten. In dem Gesetz sind einige zielführende Ansätze enthalten. Es muss jedoch noch von uns umgearbeitet werden.
Frau Kollegin, Sie haben die Geduld des Präsidenten ein bisschen strapaziert. Ich bitte Sie, sich künftig an die Redezeiten zu halten. Dafür haben wir hier vorne eine Uhr, an der Ihre Restredezeit angezeigt wird.
Frau Kollegin Lück hat gerade angekündigt, dass die SPD-Fraktion drei namentliche Abstimmungen beantragt hat. Meines Erachtens sind es sogar vier namentliche Abstimmungen. Danach wird noch eine fünfte namentliche Abstimmung durchgeführt. Ich bitte darum, dies bekannt zu geben. – Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Sprinkart.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Lück, ich hätte Ihnen gern ein paar Minuten geschenkt. Das wäre kein Thema gewesen.
Ich habe bereits bei der Ersten Lesung des Agrarwirtschaftsgesetzes darauf hingewiesen, dass es, im Gegensatz zu der langen Vorlaufzeit im Landtag, schließlich im Schweinsgalopp durchgezogen wurde. Das Gesetz soll die Antwort auf mehr Wettbewerb in einer globalisierten Welt sein. Das haben wir heute von Herrn Minister Miller gehört. Es soll günstige Rahmenbedingungen für die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern schaffen. In dem Gesetz ist von mehr Unternehmertum und von weniger Bürokratie die Rede.
Nun stellt sich die Frage, wie diese Wettbewerbsfähigkeit bzw. diese Rahmenbedingungen aussehen. Dazu ein Beispiel: Der aktuelle Agrarbericht macht deutlich, dass die Landwirte in Bayern mit einer Fläche bis zu 30 Hektar – das sind immerhin über 70 % der bayerischen Bauern – immer mehr den Anschluss an die durchschnittlichen Einkommen in der Landwirtschaft verlieren. Vom Anschluss an die Entwicklung der außerlandwirtschaftlichen Einkommen will ich gar nicht reden.
Ich kann beim besten Willen nicht erkennen, wie durch das Agrarwirtschaftsgesetz deren Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden soll.
Ganz im Gegenteil, da nach einer Übergangsphase die Produktionsberatung privatisiert und damit kostenpfl ichtig werden soll, kommen auf diese Betriebe höhere Kosten zu.
Zweites Beispiel. Laut Jahresbericht 2005 der Landesanstalt für Landwirtschaft haben die bayerischen Milchviehbetriebe Einnahmen von 44,5 Cent je Kilogramm Milch, aber Vollkosten in Höhe von 51,8 Cent je Kilogramm Milch. Das heißt, diese Betriebe machen pro Liter Milch sieben Cent Miese, fl apsig gesagt. Hier handelt es sich immerhin um Betriebe mit einer Durchschnittsgröße von 50 Kühen auf 68 Hektar Fläche. Ich kann auch hier nicht erkennen, wie durch das neue Agrarwirtschaftsgesetz die Wettbewerbsfähigkeit dieser Betriebe gestützt werden soll. Mit 50 Kühen liegt die Bestandsgröße deutlich über dem bayerischen Durchschnitt. Ganz im Gegenteil, zumindest bei den Grünlandsbetrieben sinkt das Einkommen durch die Kürzungen beim KULAP-Programm, bei Betriebsgrößen von 50 Hektar, zwischen 5000 und 7500 Euro pro Jahr.
Lassen Sie mich auf zwei grundsätzliche Dinge eingehen, die in diesem Gesetz unserer Meinung nach fehlen.
Erstens, die Verankerung des Ökologischen Landbaus, sprich der LVÖ als landesweiter Dachorganisation mit ihren vielfältigen Aufgaben von der Mitwirkung bei der Umsetzung der EU- und Bundesgesetzgebung bis zur Beratung und Schulung. Die Ökoverbände bzw. die LVÖ kommen im Agrarwirtschaftsgesetz nicht vor. Das drückt die geringe Wertschätzung des Ökologischen Landbaus aus und passt zur Einstellung des Landwirtschaftsministers.
Ich darf ein Beispiel nennen. Anfang August dieses Jahres feierte die Firma Feneberg mit ihrem „Von hier“-Rindfl eischprogramm zehnjähriges Jubiläum. Dieses „Von hier“-Programm ist mit das größte, was Umsatz und Wertschöpfung der Bauern anbelangt, und mit das erfolgreichste regionale Bioprogramm in Deutschland. In der Pressemitteilung des Ministeriums kam nicht einmal der Hinweis, dass es sich hier um ein Bioprogramm handelt. Aber anders wäre dieser Erfolg gar nicht möglich gewesen.
Diese Geringschätzung spiegelt sich auch bei der Neugestaltung des KULAP wider, wo die Förderung für Bio
betriebe über Gebühr gekürzt wird. Die Folge davon: Die Biobranche boomt im zweistelligen Wachstumsbereich, aber leider ohne Bayerns Bauern.
Zweite grundsätzliche Anmerkung. Da es sich, wie Sie, Herr Minister Miller, bereits ausgeführt haben, beim Agrarwirtschaftsgesetz um ein Rahmengesetz handelt, das durch Verordnungen und Richtlinien konkretisiert wird, müsste es eigentlich das Selbstverständnis von uns Parlamentariern verlangen, dass wir zeitnah über die Verordnungen und Richtlinien und deren Änderungen informiert werden. Es ehrt Sie ja, dass Sie uns das zusagen, Herr Miller, aber die Zusage allein wird nicht ausreichen. Wir wollen das im Gesetz festgeschrieben haben. Das würde auch der Bedeutung des Agrarwirtschaftsgesetzes gerecht. Dieses Anliegen wurde vom Ministerium und von den CSU-Kollegen im Ausschuss mit fadenscheinigen Gründen wie, das sei nicht systemkonform und das habe es noch nie bei einem Gesetz gegeben, abgelehnt.
Dabei, liebe Kolleginnen und Kollegen, beschließen wir heute oder vielleicht auch morgen bei den Änderungen des Bayerischen Beamtengesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften genau diese Pfl icht zur Information des Bayerischen Landtags. Das zeigt, es geht, wenn das Parlament – in diesem Fall die CSU – nur will. In diesem Fall wollten die Ausschusskolleginnen und -kollegen nicht nach dem Motto handeln: Es reicht, wenn der Bayerische Bauernverband und der AK Landwirtschaft der CSU rechtzeitig informiert wird. Dieses willfährige und wenig selbstbewusste Verhalten zeigt sich auch darin, dass die Änderungsanträge der CSU nur mündlich eingebracht wurden und erst, nachdem sie während der Sitzung von dem oder den Ministerien abgesegnet wurden.
Meine Damen und Herren, das Argarwirtschaftsgesetz beschreibt die Neuausrichtung der bayerischen Agrarpolitik, eine Neuausrichtung, die auf Wachsen und Intensivierung ausgerichtet ist. Es hat insofern nichts, aber auch gar nichts mehr mit dem alten Landwirtschaftsfördergesetz zu tun.
Das wird nicht nur im Gesetz selbst deutlich, sondern zeigt sich – erstes Beispiel – vor allem bei der künftigen Mittelverteilung der zweiten Säule. Das KULAP-Programm wird gekürzt, gleichzeitig werden die Investitionsförderungen erhöht und auf Wachstumsbetriebe in der Schweinemast ausgedehnt. Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben diesen Bereich ausdrücklich ausgenommen.
Zweites Beispiel: Bei der zweiten Säule, wo es um konkrete Leistungen der Landwirte geht, die honoriert werden, wird gedeckelt. Bei der ersten Säule, wo man das Geld im Extremfall für einmal jährliches Mulchen bekommt und zumindest in diesem Fall die landeskulturelle Leistung höchst fragwürdig ist, wehren sich CSU und Staatsregierung mit Händen und Füßen gegen jedwede Deckelung.
Drittes Beispiel: Erhöhung der Mindestinvestitionssumme bei der Investitionsförderung auf 30 000 Euro. Auch hier werden viele kleine und mittlere Betriebe von der Förderung ausgeschlossen. Im Bildungsbereich wurde eine Regelung gefunden, die – so würde ich vorsichtig formulieren – nicht unbedingt belastbar ist. Auch hier wäre deutlich mehr möglich gewesen.
Zusammenfassend, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man sagen: Das Agrarwirtschaftsgesetz weist eine neue Richtung. Es ist aber mitnichten zukunftsweisend oder zukunftsorientiert. Wir werden deshalb entgegen unserer Abstimmung in den Ausschüssen, vor allem auch wegen der fehlenden Pfl icht zur Information des Parlaments dieses Gesetz ablehnen und beantragen für den Punkt 8 unseres Änderungsantrages eine namentliche Abstimmung.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich mich ganz herzlich dafür bedanken, dass im Ausschuss in aller Regel konstruktiv und fair um ein gutes Gesetz beraten und gerungen wurde. Wir haben eine Anhörung auf Wunsch der Opposition durchgeführt. Unser Arbeitskreis hat vielfältige Fachgespräche geführt über einen längeren Zeitraum. So bin ich zuversichtlich, dass die vielen Übereinstimmungen, die sowohl mit den einzelnen Selbsthilfeorganisationen als auch mit den einzelnen Parteien erzielt werden konnten, doch eine gute Grundlage für ein zukunftsträchtiges Gesetz sind.
Ich wünschte, wir hätten heute eine genauso verantwortungsvolle und weitsichtige Opposition wie 1974,
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Kollege Sprinkart, während Ihrer Ausführungen hatte ich manchmal den Eindruck, Sie verwechseln die Beratung des Gesetzes mit der Aussprache zum Agrarhaushalt. Diese ist erst in 14 Tagen. Ich erinnere daran: Das Gesetz ist keine exakte Betriebsanleitung für eine detaillierte Agrarpolitik mit Details der einzelnen Förderprogramme, sondern eben ein Rahmengesetz.
Frau Kollegin Lück, Ihre Fürsorge für die bayerische Landwirtschaft wirkt aufgrund der bauernfeindlichen Bundespolitik Ihrer Partei äußerst scheinheilig.
Ich betone es noch einmal, wie ich es im Ausschuss des Öfteren getan habe und auch hier von diesem Platz aus: Entgegen Ihrer Behauptungen ist das neue Gesetz kein Spargesetz,
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, der Präsident des bayerischen und deutschen Bauernverbandes weist in verschiedenen Presseveröffentlichungen auf eine Kehrtwende in der Landwirtschaft und in der Landwirtschaftspolitik hin. Er hat den Eindruck, dass der Landwirtschaft eine hoffnungsvolle und gute Zukunft bevorsteht. In Bayern wurde unlängst ein Landesentwicklungsprogramm verabschiedet, in dem explizit und erstmalig von einem Vorrangprinzip der ländlichen Räume gesprochen wird. Damit verbunden sind natürlich vorteilhafte Auswirkungen auf die Landwirtschaft.
Die Investitionsbereitschaft in der Landwirtschaft ist nach BSE und Künast deutlich gestiegen. Jeder dritte Bauernhof in Deutschland steht in Bayern, jeder zweite Landwirtschaftsmeister kommt aus Bayern. Das ist ein Beweis für den hohen Standard unserer Bildung und Ausbildung in der Landwirtschaft; es ist aber auch eine Bestätigung für den sogenannten bayerischen Weg mit einem eigenen Landwirtschaftsfördergesetz aus dem Jahr 1974 als Antwort auf die radikalen Vorstellungen des damaligen EUAgrarkommissars Sicco Mansholt.
Mit diesem Gesetzentwurf zur nachhaltigen Entwicklung der Agrarwirtschaft und des ländlichen Raumes geben wir die passende Antwort auf Veränderungen, neue Entwicklungen und die Globalisierung.