Wir nutzen die möglichen Gestaltungsspielräume aus. Sie wissen, dass die Europäische Union viel vorgibt, insbesondere mit der Verordnung des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes, der ELER-Verordnung. Auch der Bund mit der Gemeinschaftsaufgabe zur Förderung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes macht uns Vorgaben. Dies ist uns zu wenig. Wir wollen zusätzliche bayerische Handlungsspielräume. Hier nutzen wir den Rahmen, der uns zur Verfügung steht, voll aus.
Ein wichtiges Zeichen bayerischer Agrarpolitik sind die bäuerlichen Selbsthilfeeinrichtungen. Wir wollen die Bauern in die Lage versetzen, ihre Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und die Herausforderungen zu bewältigen. Gerade die kleinstrukturierte bayerische Landwirtschaft ist auf die partnerschaftliche, überbetriebliche Zusammenarbeit über die Selbsthilfeeinrichtungen angewiesen. Sie leisten bei der Erzeugung qualitativ hochwertiger Produkte trotz der Wettbewerbsverzerrung, in der unsere Betriebe stehen, eine hervorragende Arbeit. Das muss in Zukunft nicht nur so bleiben, sondern muss weiter ausgebaut werden.
Wir schaffen mit dem Agrarwirtschaftsgesetz neue unternehmerische Freiräume für die Selbsthilfeeinrichtungen,
und zwar durch den Wegfall der Aufgabenbeschränkung. Wir werden die staatliche Aufsicht nur noch bei übertragenen Hoheitsaufgaben anwenden. Damit eröffnen wir den Selbsthilfeeinrichtungen neue und vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten. Wir ermöglichen ihnen eine selbstständige, am Markt ausgerichtete Unternehmenspolitik. Wir brauchen Sicherheit für die Selbsthilfeeinrichtungen und damit mittelfristige und längerfristige Fördermittelzusagen. Das ist im Gesetzentwurf vorgesehen und kann durch die Bereitstellung von ausreichenden Verpfl ichtungsermächtigungen über den Nachtragshaushalt erreicht werden.
Bildung ist die wichtigste Zukunftsinvestition in unsere Landwirtschaft, aber auch in den ländlichen Raum. Dank der Unterstützung des Bayerischen Landtages haben wir ein modernes, vielfältiges, bedarfsorientiertes Bildungssystem für unsere Bäuerinnen und Bauern. Darum werden wir bundesweit beneidet. Auch die Förderung der Bildungseinrichtungen wie der Bildungszentren ländlicher Raum und Landjugendorganisationen ist mir ein großes Anliegen. Diese Organisationen vermitteln den jungen Menschen nicht nur Bildungsinhalte, sondern auch Lebensinhalte und Freizeitbeschäftigungen. Sie tragen dazu bei, dass die Jugendlichen das gesellschaftliche Leben im ländlichen Raum mitgestalten und nicht wegziehen.
Gerade die heutige Zeit zeigt, wie wichtig Werte für die Jugend sind. Wir wollen, dass sie auf der Grundlage der vorgelegten Jahresprogramme nicht nur bei agrarfachlichen Themen, sondern auch im ethischen und persönlichkeitsbildenden Bereich sowie in den Zukunftsfragen des ländlichen Raumes unterstützt wird. Ich halte das für eine wichtige Aufgabe.
Das neue Gesetz stellt auch die Beratung auf eine neue Grundlage. Die staatliche Beratung konzentriert sich auf die gemeinwohlorientierte Beratung und auf die Beratung betreffend den Verwaltungsvollzug. Das gilt sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Forstwirtschaft. Für die Forstwirtschaft haben wir das im Waldgesetz neu defi niert. Hier fi ndet die betriebliche Beratung durch die Forstbetriebsgemeinschaften statt.
Kernkompetenzen für die betriebliche Beratung in der Landwirtschaft behält der Staat. Das Bayerische Agrarwirtschaftsgesetz schafft die Voraussetzungen für leistungsfähige Kooperationen in der Beratung, ganz im Sinne von Public-Private-Partnership. Wir wollen in Zukunft auch ein fl ächendeckendes und bedarfsgerechtes Beratungssystem als Beratungsangebot für den ländlichen Raum erhalten.
Nun zu den Ausführungsbestimmungen. Das neue Gesetz ist bewusst als eine Art Rahmengesetz konzipiert, um auf die unterschiedlichen Herausforderungen der Zukunft fl exibel reagieren zu können. Die konkreten Details werden in Programmen, Richtlinien und Förderbescheiden festgelegt, die gemäß der Bayerischen Haushaltsordnung und den ausdrücklichen Regelungen im Bayerischen Agrarwirtschaftsgesetz mit dem Finanzministerium abzustimmen sind. Den Kollegen von der Opposition, die
das eingefordert haben, sage ich: Aufgrund der politischen Bedeutung werde ich den Landtag unaufgefordert und zeitnah über wichtige Förder- und Ausführungsbestimmungen informieren. Wie gesagt, hier ist der Rahmen für künftige Förderungen vorgegeben.
Was ist neu am Bayerischen Agrarwirtschaftsgesetz? – Erstens. Es erstreckt sich auf den gesamten ländlichen Raum und macht die enge Verfl echtung zwischen Agrarwirtschaft und ländlichem Raum sowie den gegenseitigen Nutzen deutlich. Davon profi tieren alle Bürgerinnen und Bürger.
Zweitens. Das Agrarwirtschaftsgesetz unterstützt die Erschließung neuer, moderner Tätigkeitsfelder wie zum Beispiel die nachwachsenden Rohstoffe, die ländlichen Dienstleistungen und den ökologischen Landbau, der im alten Gesetz nicht vorkam.
Drittens. Das Bayerische Agrarwirtschaftsgesetz ist ein modernes, ein zukunftsorientiertes Gesetz. Es schafft mehr Transparenz durch die Förderung nach konkretem Leistungsbezug, lässt den Selbsthilfeeinrichtungen mehr Spielraum für die Marktausrichtung, führt die Aufgaben des Staates zurück und bietet Möglichkeiten zur Fördervereinfachung. Mit dem Bayerischen Agrarwirtschaftsgesetz schaffen wir geeignete Rahmenbedingungen zur optimalen Umsetzung unserer Bildungs- und Beratungsoffensive, der Programmplanung von 2007 bis 2013 sowie unserer speziellen Landesmaßnahmen. Auf diese Landesmaßnahmen gibt es häufi g einen Rechtsanspruch auf Förderung.
Fazit: Das Bayerische Agrarwirtschaftsgesetz ist eine schlagkräftige Antwort auf die geänderten nationalen und internationalen Rahmenbedingungen für die Agrarwirtschaft. Es ist eine hervorragende Grundlage für die Stärkung des Agrarstandortes Bayern und die Erhaltung vitaler Räume. Wir erwarten uns von diesem Gesetz eine deutliche Signalwirkung.
Dieses Gesetz muss ausgefüllt werden gerade im Hinblick auf die weltweit zunehmende Nachfrage nach Nahrungsmitteln – hier gibt es dramatische Veränderungen, die in der Bevölkerung noch kaum wahrgenommen werden – und im Hinblick auf den Einsatz von Biomasse als Konkurrenz zur Nahrungsmittelerzeugung. Ich bin davon überzeugt, dass von dem Gesetz im Zusammenhang mit den geänderten Rahmenbedingungen eine Offensive ausgeht, eine Aufbruchstimmung für unsere Landwirtschaft.
Das Gesetz ist ein modernes, zukunftsfähiges und unverwechselbares Markenzeichen für unsere eigenständige Agrarpolitik. Darauf legen wir Wert. Mit dem Gesetz setzen wir in Bayern unseren bundesweit einmaligen Weg fort. Es steht fest, kein anderes Bundesland hat etwas Vergleichbares für seine Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft und für seinen ländlichen Raum vorzuweisen. Dieses Gesetz dient nicht nur den Land- und Forstwirten sowie der Ernährungswirtschaft; dieses Gesetz dient dem gesamten ländlichen Raum und letztendlich allen Bürgerinnen und Bürgern. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Gesetz.
Sehr geehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Staatsminister, dass Sie hier heute als Erster das Wort ergreifen, verwundert mich, und es ist auch nicht üblich.
Lieber Kollege, wir sind hier im Plenum, und im Plenum haben insbesondere bei Gesetzesberatungen eigentlich wir das erste Wort; denn wir bestimmen über das Gesetz. Natürlich kann sich die Staatsregierung rein formal immer melden, aber ein Vorgehen wie am heutigen Tag ist durchaus unüblich. Ich erlaube mir, das anzumerken; denn es schleichen sich immer mehr solcher Unarten bei uns im Bayerischen Landtag ein.
Herr Minister, es stimmt, Sie haben das alles schon ausführlich dargestellt. Im Ausschuss war genügend Gelegenheit, über das Thema zu debattieren. Herr Minister, ich frage mich: Fühlen Sie sich nicht verstanden, obgleich Ihre Kollegen von der CSU doch bisher alles ganz linientreu abgenickt haben und zu allem Ja und Amen gesagt haben? Zu meinem Leidwesen wurden die Anmerkungen der Kollegen nicht einmal in Anträgen formuliert, sondern nur als Protokollnotizen zum Gesetz festgehalten. Auch heute haben Sie wieder große und schöne Worte gebraucht. Sie haben alles ausführlich dargestellt, aber ich muss Ihnen sagen, Herr Minister, die Worte höre ich wohl, allein mir fehlt der Glaube; denn auch in der Vergangenheit hat sich das, was mit großen Worten und sehr viel Pomp ausgeführt wurde, oft als Seifenblase erwiesen.
Ich denke, auch in diesem Fall wird es so sein. Sie sagen, Sie wollen die Selbsthilfeeinrichtungen stärken. Aber was machen Sie? – Sie ziehen ihnen die Hosen aus und sagen, nun können sie leichter rennen. Die staatliche Aufsicht nehmen Sie zurück. Das heißt, die Betroffenen müssen sich woanders beraten lassen. Was kommt dabei heraus? – Es kostet die Betroffenen Geld.
Natürlich haben sich seit dem Jahr 1974, als das Landwirtschaftsförderungsgesetz geschrieben wurde, die Rahmenbedingungen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene geändert, aber der jetzt vorliegende Entwurf des Agrarwirtschaftsgesetzes wird den daraus folgenden Herausforderungen und Notwendigkeiten nach meiner Auffassung nicht gerecht und ist den Betroffenen gegenüber in weiten Teilen pure Heuchelei. Wie bei den Potemkinschen Dörfern wird den Betroffenen eine stabile Fassade und ein solider Untergrund vorgegaukelt. Aber wenn man dahinter schaut, was befi ndet sich da? – Fast nichts. Sie versprechen ein Gesetz zur nachhaltigen Entwicklung der Agrarwirtschaft und des ländlichen Raumes, aber tatsächlich wird der Inhalt des Gesetzes diesem Anspruch nicht gerecht und ist nichts weiter als eine gleißende Fassade.
Mit schönen Worten versprechen Sie mehr Selbstständigkeit und mehr Unternehmertum sowie weniger Bürokratie, aber Sie meinen nichts weiter als Einsparungen auf dem Rücken derer, die derzeit sowieso hart zu kämpfen haben und bis heute und im neuen Doppelhaushalt wieder überproportional zur Kasse gebeten werden.
Und natürlich wird dies zu einem weiteren Einsparmodell werden, obwohl Sie immer wieder das Gegenteil behaupten.
Die Kollegen haben im Rahmen einer Protokollnotiz angemerkt, dass es keine weiteren Einsparungen geben darf. Ich fi nde es sehr „putzig“, dies in einer Protokollnotiz zu vermerken, aber es nirgendwo zu realisieren.
Wie ist denn die Aussage im Entwurf, Einsparungen zu realisieren, unter D anders zu verstehen, als dass tatsächlich Einsparungen vorgenommen werden sollen? Einsparungen sind dadurch programmiert, dass die Beratungen auf wen auch immer verlagert werden. Wahrscheinlich werden sie auf eine bestimmte Organisation verlagert. Das ist nicht kostenneutral.
Wenn Institutionen künftig auf Projektförderungen verwiesen werden, führt dies zu erheblich mehr Bürokratie, obwohl Sie immer und überall Bürokratieabbau predigen. Sie starten eine Initiative nach der anderen und schaffen, wenn es zum Schwur kommt, hier im Landtag immer mehr bürokratische Monster.
Dies kostet mehr Zeit, und dies kostet mehr Geld. Abgesehen davon entstehen massive Unsicherheiten darüber, ob und, wenn ja, wie viel Geld für Projekte bewilligt wird. Das Geld, das reinkommt, hat natürlich auch Auswirkungen auf das Personal, das nur projektbezogen eingestellt werden kann oder eben nicht.
Herr Kollege Ranner, Ihre Einlassungen, wonach alles von Brüssel vorgegeben sei, sind schlicht Unsinn. Das ist einfach nicht wahr.
Wir haben uns darüber im Ausschuss ausführlich unterhalten. Sie haben das hier durchgesetzt, obwohl es von Brüssel so nicht vorgeschrieben und gewünscht war. Nach meiner Auffassung steht dies einer nachhaltigen Entwicklung diametral entgegen.
Ihre ganze Doppelzüngigkeit zeigt sich daran, dass Sie den Vorschlag, wenigstens eine gewisse Grundförderung der Schulen und der Bildungseinrichtungen zu gewähren,
nicht mitgetragen haben. Würden Sie Ihre Beteuerungen ernst nehmen, wären Sie mit uns diesen Weg gegangen. Sie weichen wider besseres Wissen – wie die Debatte im Ausschuss gezeigt hat –, keinen Millimeter von der Ihnen von oben vorgeschriebenen Linie ab. Herr Minister Miller, ich bin davon überzeugt, dass Sie mit uns diese Linie verfolgt hätten. Ich frage mich deshalb, wer bei Ihnen die Linie vorschreibt. Wahrscheinlich ist das der Herr Finanzminister.
Nein. Ich muss meine Zeit einhalten. Herr Kollege Ranner kann mit mir im Ausschuss über dieses Thema diskutieren. Ich kenne seine Fragen, und er kennt meine Antworten.
Ich halte es für keinen selbstständigen Parlamentarismus, wenn wir uns so gängeln lassen, obwohl wir gemeinsam die Notwendigkeiten sehen.
Wenn ich mir Ihre Signale zur weiteren Stärkung des ländlichen Raums ansehe, schwant mir nichts Gutes. Bei Ihnen bedeuten solche Signale immer, dass der Geldhahn zugedreht wird. Die massiven Einsparungen werden durch nichts als durch schöne Reden kompensiert. Sie loben immer mehr Wettbewerbe aus. Das ist eine wunderschöne Fassade. Das macht auch Spaß. Effektiv bringt es jedoch nichts.
Mich ärgern in diesem Zusammenhang vor allem Ihre dauernden Hinweise, mit diesem Entwurf ein schönes schlankes Rahmengesetz geschaffen zu haben. Ein Rahmengesetz auf Landesebene, für wen denn? Wer hat denn die Ausgestaltungsmöglichkeiten? Diese werden dann durch meterhohe Ausführungsbestimmungen erreicht. Das ist dann Ihr Bürokratieabbau. Meine Herren und Damen von der CSU, ich fi nde das nachgerade – – Sie wissen es selber.
Auf diese Weise entstehen bürokratische Monster. Sie als Regierungspartei sind so arrogant, uns zu erklären, wir könnten uns die Regelungen, die in den Ausführungsbestimmungen stünden, besorgen. Die Opposition bekommt diese Informationen nicht automatisch, wie dies bei der Regierungspartei der Fall ist. Sie haben noch nicht einmal zugestimmt, dass uns diese Rahmenrichtlinien zugeschickt werden, wenn sie die Betroffenen erhalten. Das ist keine unlautere Forderung. Zu einem demokratischen Parlamentarismus gehört es, dass auch die Opposition die Unterlagen bekommt, um zu sehen, was aus einem Gesetz geworden ist, das wir hier beschlossen haben. Wir wollen wissen, was bei den Menschen draußen ankommt, die uns für den Bürokratismus schimpfen, den Sie oder wir überhaupt nicht zu verantworten haben.