Protocol of the Session on October 17, 2006

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Mit diesem Doppelhaushalt kehren wir zu unserer früheren Verfahrensweise zurück. Wir werden ihn zügig, aber doch gründlich durchberaten und noch in diesem Jahr abschließend im Plenum behandeln. Ich glaube, das trifft auch bei den übrigen Fraktionen dieses Hohen Hauses auf Zustimmung. Vor den Kolleginnen und Kollegen im Haushaltsausschuss liegen anstrengende Wochen. Ich bin aber sicher, dass wir in unserer gewohnten konstruktiven Arbeitsweise diese Herausforderung bewältigen werden. Im Dezember-Plenum vor Weihnachten werden wir alle Einzelpläne und damit den Haushalt verabschieden können.

Lassen Sie mich zum Schluss dem Finanzminister ein Dankeschön sagen.

(Beifall bei der CSU – Jürgen Dupper (SPD): Jetzt wird es pathetisch!)

Er ist zwar mit einem gebrochenen Fuß, aber nicht mit einem gebrochenen Herzen hierher gekommen. Der Finanzminister steht wie kein anderer für diesen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung. Es war bei Gott nicht einfach. Herr Kollege Dupper, nicht nur bei Ihnen oder bei den GRÜNEN, auch bei uns wird sehr heftig diskutiert, wenn es darum geht, Einschränkungen vorzunehmen.

Der Finanzminister hat sich nicht beirren lassen. Wir können jetzt die ersten Früchte dieser harten Arbeit ernten.

Lieber Herr Finanzminister, herzlichen Dank für diese Leistung, die in Deutschland beispielhaft ist und die die anderen Länder animiert hat, diesem Beispiel zu folgen. Vielleicht wird sich dies auch auf den Länderfinanzausgleich auswirken, für den wir sehr hohe Zahlungen zu leisten haben.

In diesem Sinne wünsche ich uns im Haushaltsausschuss gute Beratungen. Herr Kollege Dupper, ich bin sicher, dass wir diese Beratungen relativ unaufgeregt zu Ende bringen werden.

(Beifall bei der CSU)

Ich darf jetzt Herrn Kollegen Mütze das Wort für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erteilen. Herr Kollege Mütze, was bringen Sie da mit?

(Thomas Mütze (GRÜNE): Ich habe nur eine Tasche für meine Rede dabei! – Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Früher waren Jutetaschen notwendig!)

Herr Kollege Mütze, ich hoffe, dass Sie mit der Tasche nicht mehr vorhaben.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Vielleicht muss er sich übergeben!)

Herr Kollege Dr. Spaenle, ich muss doch bitten.

Lieber Herr Kollege Dr. Spaenle, auf diesen Zwischenruf fiele mir etwas sehr Nettes ein, wenn ich in Ihre Richtung sehe. Das werde ich jedoch jetzt nicht sagen.

(Dr. Ludwig Spaenle (CSU): Wenn Sie meine Ästhetik stört, kann ich mich umdrehen!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herrr Kollege Kupka, ich finde es sehr erstaunlich, dass Sie den Herrn Finanzminister in einem Zusammenhang mit Maradona und seiner „Hand Gottes“ nennen. Herr Finanzminister Prof. Dr. Faltlhauser, Respekt. Ich bin einmal gespannt, ob das die Sportpresse auch so weitergeben wird.

(Engelbert Kupka (CSU): Was wollen Sie damit sagen?)

Sie haben doch dem Herrn Finanzminister gedankt, dass er dank Gottes einen so tollen Haushalt vorgelegt hat. Als Fußballpräsident müssten Sie eigentlich über Maradona und die „Hand Gottes“ Bescheid wissen.

Ich möchte einen Zusammenhang herstellen zwischen dieser Tüte und der Haushaltsrede. Ich wollte damit nicht die Präsidentin oder das Parlament missachten. Sie erinnern sich wahrscheinlich daran, als der Finanzminister

seinen Haushalt vor der Presse vorgestellt hat. Damals kam er ganz stolz mit der originalen Tasche des Finanzministers Graf Montgelas. Herr Finanzminister, Sie waren sicher erfreut, dass Sie dieses feine Stück mitnehmen durften.

Sie selbst haben das bestimmt als guten Scherz aufgefasst, denn Sie sehen sich in der Tradition des Grafen Montgelas; von daher passt das auch. Wir nicht, wir sind in dieser Frage etwas humorlos. Für uns steht diese Tasche nämlich für eine Finanzpolitik nach Gutsherrenart, bei der der Finanzminister entscheidet und das Volk – der Landtag – abnickt.

Ich habe nur aus diesem Grunde diese Tüte mitgebracht. Diese Tüte steht nämlich für die Realität in Bayern, eine Realität, vor der Sie, Herr Finanzminister, anscheinend gern die Augen verschließen, wenn Sie von „Ihren“ Gymnasiasten reden und von den tollen Entscheidungen, die für die Universitäten getroffen wurden. Im Freistaat wächst nämlich die Armut, trotz – oder vielleicht sollte man besser sagen: wegen – Ihrer angeblich so guten Politik für Bayern. Ein Anhaltspunkt dafür ist die inzwischen auch in Bayern angekommene Armut. 8,2 % aller bayerischen Kinder – Herr Finanzminister, ich kann verstehen, dass Sie das nicht interessiert –, das sind mehr als 157 000, leben in Bayern in Armut. Lassen Sie sich diese Zahl im Munde zergehen.

(Maria Scharfenberg (GRÜNE): Prekariat!)

Prekariat nennt man das heutzutage, ein neuer Begriff wurde dafür geprägt. Es breitet sich ein recht bitterer Geschmack aus, doch Sie haben nichts Besseres zu tun, als mit einer elitären Geste auf sich aufmerksam zu machen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auf die verfehlte Sozialpolitik, die sich in diesem Haushalt manifestiert, komme ich später noch zu sprechen.

Wie sehen die allgemeinen Zahlen aus? – Sie haben gesagt: Erstens, wir führen den ausgeglichenen Haushalt fort; zweitens, wir investieren gezielt in Bayerns Zukunft, mit den genannten Schwerpunkten; drittens, wir stärken unsere Kommunen. Zu allen drei Punkten möchte ich Ihnen etwas sagen. Erstens, wir führen den ausgeglichenen Haushalt fort. Wie gesagt, das ist eine Punktlandung, vielleicht nicht 2006, aber ganz sicher 2008. Außerdem haben Sie selbst, Herr Finanzminister, darauf hingewiesen, dass wir, so wie es aussieht, danach Schulden werden machen müssen. Zumindest haben Sie diese Möglichkeit offengelassen. Wiederum setzen Sie Privatisierungserlöse ein, um den laufenden Haushalt zu finanzieren. Das haben Sie selbst angesprochen. Sie sagen, das sei normal. Vor nicht allzu langer Zeit haben Sie das noch als falsche Finanzpolitik kritisiert.

Was aber machen wir, wenn die Privatisierungserlöse ausgegeben sind? Das scheint bald der Fall zu sein, nämlich nach dem Jahr 2008. Das ist dann aber nicht mehr Ihre Sache, sondern die Sache Ihres Nachfolgers oder

Ihrer Nachfolgerin, aber es ist interessant, darüber nachzudenken.

Ein Weiteres: Ihr Haushalt steigt. Das sind die steigenden Steuereinnahmen, und es ist die Konjunktur, die Ihnen unter die Arme greift. Und da ist die höchste Steuererhöhung, die es jemals in Deutschland gegeben hat. Dabei muss ich diese ganze Seite des Landtags mit der SPD und der CSU ansehen; denn es waren Ihre Schwestern und Brüder im Bundestag, die sie beschlossen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN – Maria Scharfenberg (GRÜNE): Pfui! – Zuruf von der SPD: Gott sei Dank!)

Es gibt ein gutes bayerisches Sprichwort, das heißt: Mit vollen Hosen ist gut stinken. Genau so kann ich mir den Stolz auf Ihren Haushalt vorstellen.

(Unruhe bei der CSU)

Welche Auswirkungen die Mehrwertsteuererhöhung wirklich hat, werden wir spätestens bei der Haushaltsaufstellung im Oktober 2008 wissen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn ich mir den hier vorgelegten Haushaltsentwurf ansehe, dann fällt mir ein Film ein, der den Titel trägt: „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Vielleicht kennen Sie diesen Film. Es ist ein Hollywood-Streifen, und ich weiß nicht, ob Sie sich auf dieses Niveau herablassen, Herr Finanzminister.

(Peter Welnhofer (CSU): Normalerweise nicht!)

Eben, deshalb erkläre ich den Film. Ich kann ihn nur empfehlen. Der Inhalt dieses Films, mit Bill Murray, passt auf Ihre Finanzpolitik wie die Faust aufs Auge. Es wiederholt sich alles, alles kommt immer wieder. Im Film wird aber irgendwann alles besser, bei Ihnen hingegen nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie kennen den Film? – Ja. Sehen wir uns die Schwankungen im Haushalt der letzten Jahre genauer an. Es fällt eines auf: In den Wahljahren wird der Geldbeutel immer weit geöffnet. Es werden Programme aus dem Boden gestampft, es werden Gelder verteilt.

(Maria Scharfenberg (GRÜNEN): Immer dasselbe!)

So war das bisher, bei der Bundestagswahl 2002, bei der Landtagswahl 2003. Die 5-Milliarden-Offensive aus den Privatisierungserlösen ist inzwischen fast weg. Wir dachten nach den Sparhaushalten der letzten Jahre, dass es damit vorbei sei. Aber Sie probieren es schon wieder. Ein neues Programm muss her, um die Wahl 2008 propagandistisch vorzubereiten. Von Reformen ist nicht die Rede – Entschuldigung, dass ich dieses Wort überhaupt in den Mund nehme; denn „Reformer“ ist in Bayern inzwischen zu einem Schimpfwort geworden. „Reformer“ ist inzwischen fast so schlimm wie „Depp“.

Es geht darum, die gebeutelten Menschen wieder aufzurichten, ihnen wieder den Glauben an diese Staatsregierung zurückzugeben. Das neue Programm heißt: „Investieren in Bayerns Zukunft“. Dabei fällt als Erstes auf, dass es nicht mehr so hoch dotiert ist wie die, die wir schon kennen. „Zusätzliche Haushaltsmittel“ sollen „gezielt“ eingesetzt werden, und zwar in Höhe von 758 Millionen Euro. Herr Finanzminister, das mit den zusätzlichen Haushaltsmitteln müssen Sie uns noch einmal erklären. Entweder diese Mittel stehen im Haushalt, oder sie stehen nicht im Haushalt. Zusätzliche Mittel, die wären aber neu. Ich hoffe außerdem, dass die restlichen 35 Milliarden Euro, die auch im Haushalt stehen, nicht ungezielt ausgegeben werden, was man aus Ihren Worten fast schließen könnte.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Nun zu den einzelnen Schwerpunkten. Die Hochschule, in Ordnung. Aber waren Sie es nicht selbst, die das G8 einführten und den Studentenberg damit selbst produzierten, der im Jahr 2011 auf uns zukommen wird? Haben Sie diesen Berg nicht selbst verursacht? – Jetzt müssen wir eben dafür sorgen, dass genügend Personal da ist und die Hochschulen gut ausgestattet sind, damit sie die Unterrichtsbedingungen erfüllen können. Selbst schuld, könnte man da sagen. Bei einem Mittelbedarf von zwei Milliarden sind 140 Millionen Euro für Investitionen ein Anfang, mehr aber auch nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN)

„Hochwasser-Aktionsprogramm“: Sie haben den Hochwasserschutz unter „Ländlicher Raum“ zusammengefasst. Herr Minister, dieses Programm haben Sie in den letzten Jahren durch den Landtag gepeitscht. Nach jedem Hochwasser war es wieder soweit, Sie haben sich mit Ihrem Hochwasserprogramm gebrüstet. Jetzt wird dieses Programm schon wieder durchs Dorf gejagt. Da frage ich mich schon: Was ist daran neu?

(Staatsminister Prof. Dr. Kurt Faltlhauser: Was toll ist, ist toll!)

150 Millionen Euro stehen im Doppelhaushalt für den Digitalfunk. Herr Finanzminister, diese Digitalfunk-Entscheidung ist doch über lange Jahre hinweg diskutiert worden. Wir verfolgen das im Finanzausschuss. Dort geben Sie uns jedes Jahr einen Bericht. Was ist daran neu? Was ist daran innovativ? – Neu ist daran nur, dass Sie das auf Ihre Fahnen schreiben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist eine Entscheidung, die bundesweit gefallen ist und die alle Länder und der Bund gemeinsam tragen. Das ist schön, und es ist eine Investition, natürlich, aber muss man sich deshalb damit brüsten?

(Margarete Bause (GRÜNE): Er muss sich mit allem brüsten, er hat ja sonst nichts!)