Wir schlagen Ihnen vor, es nicht bei der derzeitigen Situation der Ausländerbeiräte zu belassen, die ein Schattendasein führen, sondern Integrationsräte einzurichten, die sich intensiv mit den Fragen der Integration in den Gemeinden befassen, Integrationsräte, die in enger Verschränkung mit den gewählten Kommunalpolitikern Lösungen erarbeiten und voranbringen.
Wir wollen auch Jugendliche am politischen Leben in den Gemeinden besser beteiligen. Herr Kollege Weiß, Ihre Ausführungen zum Wahlalter von 16 Jahren bei den Kommunalwahlen haben uns nicht überzeugen können.
Der Grundsatz, auf dem die Vorschrift zum Wahlalter von 18 Jahren bei Landtagswahlen beruht, müsste ein Grundsatz sein, auf dem das Wahlrecht aufgebaut ist, der ihm sein Gepräge gibt und nicht weggedacht werden kann, ohne dass das Wahlrecht eine wesentliche Änderung erfährt. Ein solcher Grundsatz ist aber bei der Altersgrenze von 18 Jahren nicht gegeben. Wir halten es nicht für zulässig, daraus abzuleiten, dass es nicht möglich sein soll, das Wahlalter bei Kommunalwahlen auf 16 Jahre zu senken. Wir wollen die Möglichkeiten, die rechtlich gegeben sind, wahrnehmen. Ich verstehe auch nicht, warum jetzt von dem Ziel, eine aktive Beteiligung von Jugendlichen zu ermöglichen, weiter abgerückt werden soll, obwohl das auch in Kommunalwahlprogrammen anderer Fraktionen und nicht nur der GRÜNEN gefordert worden ist.
Ich komme nun auf den Bürgerentscheid zu sprechen und zitiere, was Staatssekretär Georg Schmid in der Sitzung am 30.03. dieses Jahres in diesem Hause gesagt hat:
Ich darf noch auf ein paar weitere Änderungen im Kommunalrecht hinweisen. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Abstimmungsquoren in Gemeinden mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern von derzeit 20 vom Hundert auf 15 vom Hundert abgesenkt werden. Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass das Abstimmungsquorum in Höhe von 20 % bei Gemeinden mit 20 000 bis 50 000 Einwohnern häufi g nicht erreicht wird. Das hat sich eklatant von der übrigen Situation abgehoben, und deswegen haben wir in diesen Fällen das Quorum von 20 % auf 15 % abgesenkt.
Das wäre zu schön gewesen. Kolleginnen und Kollegen der CSU-Fraktion, Sie sollten die Konsequenz daraus ziehen, dass in Städten dieser Größenordnung mit annähernd 50 % überproportional viele Bürgerentscheide an den derzeit hohen Quoren scheitern. Sie machen damit in diesen Kommunen Bürgerentscheide zu Fragen unmöglich, die vielleicht nur einen Stadtteil oder einen bestimmten Bereich der Stadt betreffen. Sie verhindern Bürgerentscheide, bei denen nur ein Teil der Bevölkerung betroffen ist, beispielsweise durch ein bestimmtes Baugebiet oder eine bestimmte Straße. Sie machen den Bürgern eine aktive Mitwirkung durch ein unzulässiges und unsachgerecht hohes Quorum unmöglich.
Ich bedaure es sehr, dass Sie in Ihrem Gesetzentwurf nicht einmal so bescheidene Änderungen vorsehen wollen, wie sie von der Staatsregierung vorgesehen wären. Wir halten weitere und grundsätzlichere Änderungen an dem Instrument des Bürgerbegehrens und des Bürgerentscheids für erforderlich. Wir halten es nicht für
sachgerecht, wenn es bei Bürgerentscheiden überhaupt Quoren gibt; denn bei Wahlen gibt es diese auch nicht. Damit eine Kommunalwahl gilt, ist kein bestimmtes Beteiligungsquorum erforderlich. Weshalb soll es dann bei einem Bürgerentscheid ein Quorum geben? Das leuchtet uns nicht ein. Es gibt keinen Grund für diese unterschiedliche Bewertung von Wahlen und Bürgerentscheiden.
Die jetzige Regelung gibt jenen, die gegen ein Ziel eines Bürgerentscheids sind, die Möglichkeit, bestimmte Begehren geheim zu halten, eine Werbung zu unterbinden, ungünstige Termine festzusetzen. Dergleichen ist in den Kommunen schon passiert. Eine kleine Verbesserung ist es daher, dass Bürgerentscheide in Zukunft nur noch am Sonntag durchgeführt werden können, damit die Teilnahme der Bürger erleichtert wird. In der Vergangenheit wurden immer wieder Bürgerentscheide dadurch ad absurdum geführt, dass sie an einem Werktag oder einem sonstigen ungünstigen Termin abgehalten wurden.
Ich möchte noch etwas zur freien Unterschriftensammlung sagen. Sie haben angeführt, dass es nicht sachgerecht sei, wenn Unterschriften auch abends oder spät abends geleistet würden. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, dass nach konfl iktreichen Debatten im Vermittlungsausschuss sehr viele Beschlüsse nach Mitternacht gefallen sind, auch die jüngsten Entscheidungen zur Gesundheitsreform; das nur nebenbei bemerkt.
Das Instrument der Amtseintragung von Unterschriften für Begehren in Deutschland ist wirklich einmalig. Das gibt es in keinem anderen Land der Welt. Diese deutsche Besonderheit könnten wir guten Gewissens dem notwendigen Bürokratieabbau überantworten.
Auch dieser Reformbedarf wird von Ihnen nicht aufgegriffen. Zum Ersten wollen wir Kreistage und Gemeinderäte nach dem Hare-Niemeyer-Verfahren besetzen lassen. Sie werden derzeit nach dem d‘Hondtschen Verfahren besetzt. Dieses d‘Hondtsche Verfahren führt zu einer Überrepräsentanz großer Fraktionen und zu einer unverhältnismäßigen Benachteiligung kleiner Fraktionen.
In die Gemeindewahlordnung aufgenommen haben wollen wir weiterhin, dass bei Ausschussbesetzungen das Gebot der Spiegelbildlichkeit erfüllt wird, sodass nicht das Interesse der Mehrheitsfraktion in den Vordergrund gestellt wird. Wir wollen erreichen, dass der Gemeinderat Ausschussgröße und Besetzungsverfahren so auswählt, dass dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen möglichst weitgehend Rechnung getragen wird.
Wie Sie wollen auch wir Wahltermine zusammenführen, allerdings haben wir dafür eine einfachere Lösung: Wir meinen, dass es einem gewählten Bürgermeister durchaus zuzumuten ist, sich dann, wenn es darum geht, Wahltermine zusammenzuführen, nach vier oder fünf
Jahren wieder zur Wahl zu stellen, um eine solche Zusammenführung zu erreichen. Wir halten Ihre Lösung, bei der Sie Bürgermeistern eine Amtszeit von acht Jahren zugestehen wollen, für nicht adäquat.
Ganz heimlich haben Sie in Ihren Kommunalwahlgesetzentwurf noch etwas eingeführt, nämlich neue Regelungen zum Ehrensold. Diese fi nden sich seltsamerweise nicht vorn in den Spiegelstrichen zur Begründung des Gesetzes, sondern nur an einer Stelle im Gesetzestext. Mit diesen Ehrensoldregelungen wollen Sie die umstrittenen Regelungen zur Honorierung von Bezirkstagspräsidenten auf eine Reihe weiterer kommunaler Mandatsträger ausweiten, und dies mit relativ schwammigen und unklaren Formulierungen.
Zu diesem Vorschlag muss zunächst angemerkt werden, dass Ihre bayerische Ehrensoldregelung eine Besonderheit ist. Sie ermöglicht es, dass einige Personen und deren Hinterbliebene unter bestimmten Umständen zusätzliche Versorgungsleistungen erhalten. Der Ehrensold ist so, wie Sie es vorschlagen, eine Entschädigung mit Pensionsanspruch für ehrenamtliche stellvertretende kommunale Wahlbeamte. Wir halten es für sinnvoller, ganz klare Regelungen zu schaffen, welche Funktionen auf kommunaler Ebene hauptamtlich und welche ehrenamtlich auszuüben sind. Wir wollen nicht über diffuse Ehrensoldregelungen Entschädigungsregelungen mit Pensionsanspruch einführen.
Ursprünglich vorgesehen hatten Sie weiterhin, dass Wahlvorstände und Wahlausschüsse nicht von Kandidaten für ein kommunales Ehrenamt besetzt werden sollen. Sie haben hier im Nachgang eine praktikablere Regelung gefunden. Sie wollten ursprünglich auch – das ist Gott sei Dank mittlerweile vom Tisch – die Stichwahlregelung abschaffen. Auch hier sind Sie von einer sehr unguten Vorstellung, die letztlich zum Nachteil der Demokratie in Bayerns Kommunen gegangen wäre, abgewichen. Gegenüber den ursprünglichen Vorstellungen wurden Verbesserungen erreicht. Eine Verschlechterung gegenüber Ihren ursprünglichen Vorstellungen haben Sie dagegen beim Bürgerentscheid erreicht.
Insgesamt haben Sie uns einen Entwurf vorgelegt, mit dem Sie dem Reformbedarf im Kommunalwahlrecht nicht gerecht werden und bei dem Sie viele Fragen offen lassen. Daher lehnen wir Ihren Gesetzentwurf zum Gemeinde- und Landkreiswahlgesetz ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wir bringen heute einen Gesetzentwurf der Staatsregierung zum Abschluss. Das geringe Interesse hier zeigt, dass es sich nicht um das prickelndste Vorhaben dieses Hauses handelt. Dieser Gesetzentwurf verspricht wie so manch anderer wieder einmal mehr, als er einlöst, und er ver
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Anspruch der Staatsregierung ist es, unter anderem zu Kostenersparnissen und zu einer Verwaltungsvereinfachung beizutragen, Unklarheiten zu beseitigen, Konsequenzen aus den Erfahrungen der Kommunalwahlen zu ziehen – vor allem aus den Unregelmäßigkeiten bei den Kommunalwahlen in Dachau – und Wahlfälschungen vorzubeugen. Diese Vorgaben sind ausdrücklich zu begrüßen; die vorgeschlagenen Änderungen werden diesem Anspruch jedoch in keiner Weise gerecht.
Schauen wir uns nur einmal an, welche Konsequenzen aus den Unregelmäßigkeiten bei den Dachauer Kommunalwahlen 2002 gezogen werden und wie erneuten Wahlfälschungen vorgebeugt werden soll. Zukünftig wird eine eventuell notwendige Nachwahl auch auf die Briefwahl allein beschränkt werden können. So weit, so gut. Eine weitere Konsequenz ist, die Befugnisse der Rechtsaufsichtbehörde zu stärken. Wie soll das geschehen? – Werden Wahlvorschriften verletzt wie in Dachau und würde sich dabei keine andere Sitzverteilung ergeben – so steht es im Gesetzentwurf –, steht es nun im Ermessen der Behörde, das Wahlergebnis zu berichtigen oder auch nicht. Abgesehen davon, dass im Sinne einer korrekten Abbildung des Wählerwillens sehr wohl der Anspruch auf ein bis zur letzten Stimme sauber ausgezähltes Ergebnis zu erheben ist, fragt man sich schon, woher die Rechtsaufsichtsbehörde ohne Nachzählung wissen soll, dass eine andere Sitzverteilung nicht zu erwarten ist. Von daher hat meine Fraktion gegen diese Regelung erhebliche Bedenken.
Insgesamt erscheint es nicht recht ersichtlich, in welcher Weise Manipulationen abseits der Unvereinbarkeit von Wahlorganstätigkeit und eigener Bewerbung vorgebeugt wird oder gar die Handlungsmöglichkeiten der Rechtsaufsicht nach Rechtsverstößen verbessert werden. Wir sehen die neue Regelung eher als eine Aufweichung denn als eine Verbesserung und lehnen sie deshalb ab.
Kolleginnen und Kollegen, im Mittelpunkt der Gesetzesreform steht – das wurde immer wieder erklärt; auch Sie, Herr Dr. Weiß, haben es gesagt – die Harmonisierung von Wahlterminen. Mit dem Ziel, weniger Wahltermine zu haben, Gemeinderats- und Kreistagswahlen sowie Bürgermeister- und Landratswahlen gemeinsam durchführen zu können, soll nun die Amtszeit eines Bürgermeisters oder Landrats auf bis zu acht Jahre ausgedehnt werden können, aber zumindest vier Jahre betragen. Diese Regelung halten wir von SPD-Fraktion für geradezu demokratiefeindlich.
Hier muss die Frage erlaubt sein, ob eine Amtszeit von acht Jahren noch mit dem demokratischen Grundsatz der Legitimation von Herrschaft auf Zeit zu vereinbaren ist. Die von der Staatsregierung vorgeschlagene Regelung ist darüber hinaus keine echte Harmonisierung; denn es wird weiterhin Wahlen außerhalb der regulären Wahltermine geben. Das ist meiner Meinung nach nichts Halbes und nichts Ganzes.
Ein Blick über die Landesgrenzen nach Baden-Württemberg zeigt uns zum Beispiel, dass auch ganz andere Regelungen möglich sind. Die Bedeutung der Bürgermeister und Landräte dort hat zur Folge, dass diese Wahltermine immer außerhalb der regulären Gemeinderats-, Stadtrats- oder Kreistagswahlen stattfi nden. Auch diesen Ansatz kann man wählen, und deswegen muss eine Harmonisierung nicht unbedingt das Ziel aller Bemühungen sein, schon gleich nicht, wenn es dennoch immer wieder Wahltermine zwischen den regulären Terminen geben wird.
Kritisch zu betrachten sind meiner Meinung nach auch folgende Regelungen: erstens der Losentscheid bei Stimmengleichheit, zweitens das Rücktrittsrecht vor einer Stichwahl und drittens die Lockerung der Unvereinbarkeitsregelung zwischen Ausübung des Bürgermeisteramtes und einer im Vertretungsfall notwendigen Landratstätigkeit.
Bisher war bei Stimmengleichheit der jeweilige Listenplatz entscheidend dafür, wer in das jeweilige Gremium einzog. Jetzt soll das Los entscheiden. Begründet wird dieses Vorhaben interessanterweise nicht. Die SPD-Fraktion hält diese Regelung nicht für sinnvoll. Es besteht überhaupt kein Handlungsbedarf und deshalb lehnen wir diese Regelung ebenso ab.
Ebenso wenig besteht ein Bedarf dafür, ein Rücktrittsrecht bei Stichwahlen einzuführen. Hierfür gibt es eine Begründung und diese sollte man sich einmal anhören. Ich zitiere:
Die Regelung soll der Kostenersparnis dienen, indem erfolglose Stichwahlen dadurch vermieden werden, dass Stichwahlteilnehmer nicht gegen ihren Willen in die Stichwahl gedrängt werden. Anderenfalls bestünde … die Gefahr,
Mir ist kein Fall bekannt, dass ein Gewählter nach der Stichwahl die Wahl nicht angenommen hat. Das ist eine sehr merkwürdige Regelung. Mir scheint, dass diese Neuregelung sehr an den Haaren herbeigezogen ist. Dar
über hinaus – das muss deutlich gesagt und refl ektiert werden – wird das Ziel, Kosten zu vermeiden, weitgehend verfehlt. Übt nämlich einer der zur Stichwahl berufenen Kandidaten sein Rücktrittsrecht aus, führt das gemäß Artikel 46 Absatz 2 Satz 1 Nummer 3 und Satz 3 zwingend zur Wiederholung der Wahl und ein neuer Wahlgang fi ndet somit auf jeden Fall statt. Die vorgeschlagene Norm ist somit weder erforderlich noch zur Erreichung des genannten Ziels geeignet, eventuell sogar handwerklich fehlerhaft. Schon deshalb ist ein Rücktrittsrecht vor der Stichwahl abzulehnen.
Im Übrigen ist zu vermuten – zumindest könnte es in diese Richtung gehen –, dass es sich um einen erneuten Schritt in Richtung der Abschaffung der Stichwahl handeln könnte. Wir haben noch alle den Vorstoß des Herrn Innenminister Dr. Beckstein, die Stichwahlen abzuschaffen, im Hinterkopf. Schon in der Wortwahl der Begründung drückt sich eher eine Geringschätzung der Stichwahl aus. Eine Stichwahl kann per se nicht erfolglos sein, denn sie birgt mitunter ein sehr unerwartetes Wahlergebnis in sich und vermittelt einem Bewerber immer die demokratische Legitimation des Souveräns.
Hier von Erfolglosigkeit zu sprechen, bedeutet, der Entscheidung des Souveräns in unangemessener Weise vorzugreifen. Im Ergebnis ist das Rücktrittsrecht in Bezug auf die Stichwahl daher abzulehnen.