Mit der Sonderinitiative werden konkrete Projekte der berufl ichen Weiterbildung für ALG-II-Empfängerinnen und -Empfänger gefördert. Ziel dieser Maßnahmen ist die Verbesserung der Integration in den ersten Arbeitsmarkt.
Dazu werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nach einer berufl ichen Grundbildung in bestimmten Berufsfeldern, die mit der zuständigen ARGE bzw. Optionskommune entsprechend den Erfordernissen des regionalen Arbeitsmarktes abgestimmt sind, qualifi ziert, das heißt, hierbei ist es ganz wichtig, auf die örtlichen Gegebenheiten abzustellen und die Arbeitsgemeinschaft vor Ort und die Optionskommunen vor Ort zu unterstützen. Diese müssen die Maßnahmen auf die Bedürfnisse des regionalen Arbeitsmarktes abstimmen. Wir verwirklichen damit eine wichtige regionale Komponente.
Die Qualifi zierung erfolgt in theoretischer Wissensvermittlung und praktischer Anleitung und schließt ein passendes betriebliches Praktikum ein, das die Aussicht auf Übernahmen in eine dauerhafte Beschäftigung bietet. Den Maßnahmen sind dabei Curricula in Anlehnung an Zertifi katslehrgänge öffentlich-rechtlicher Stellen zugrunde zu legen.
Die Sonderinitiative richtet sich an ALG-II-Empfängerinnen und -Empfänger, die das höchste Arbeitslosigkeitsrisiko haben. Das sind Geringqualifi zierte, Alleinerziehende – diese bilden einen großen Anteil –, Migranten, benachteiligte Jugendliche und ältere Menschen. Insgesamt wurde seit Start der Initiative im Jahr 2005 bereits eine Vielzahl an Projekten gefördert, darunter 17 Projekte, die sich speziell an Ältere wenden.
Bei dem angesprochenen 240 Millionen-Euro-Programm handelt es sich um die Bundesinitiative „Perspektive 50plus – Beschäftigungspakte für Ältere in den Regionen“, die von bayerischer Seite sehr begrüßt wird. Von den insgesamt 62 durch eine unabhängige Jury ausgewählten Modellprojekten befi nden sich 16 bei bayerischen ARGEn bzw. Optionskommunen. Bayern ist damit überdurchschnittlich beteiligt. Die Auswahl der Projekte erfolgte durch eine unabhängige Jury, die vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales – BMAS – eingesetzt wurde. Die Arbeitsagenturen und die Länder sind nicht unmittelbar an der Initiative beteiligt, jedoch bei den stattfi ndenden Treffen der Träger eingebunden. Sie sind auch bei der Jury mit eingebunden. Im Übrigen arbeitet das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen auch in Fragen der Arbeitsmarktsituation Älterer eng mit der Regionaldirektion Bayern in einem regelmäßig tagenden Arbeitskreis zusammen. Wir haben einen regelmäßig tagenden Arbeitskreis eingerichtet.
Zu Ihrer letzten Teilfrage: Die Bayerische Staatsregierung hat am 18.07.2006 – also gestern – im Kabinett einen 9Punkte-Plan zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation älterer Arbeitnehmer beraten, der zusammen mit der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft erarbeitet wurde.
Im Grundsatz umfasst der Neun-Punkte-Plan eine Reihe von Maßnahmen und Rechtsetzungen. Er richtet sich zum einen an die Wirtschaft – gerade hinsichtlich der Fort- und Weiterbildung älterer Arbeitnehmer, der Gesundheitsförderung und der Prävention –, er richtet sich aber auch an die Arbeitnehmer und deren Bereitschaft, Angebote zur Gesundheitsprävention wahrzunehmen. Die Arbeitnehmer sollen bereit sein, ab dem
45. Lebensjahr Weiterbildungsangebote zu nutzen. Wir wissen, dass die Bereitschaft dazu sowohl bei den Arbeitgebern als auch bei den Arbeitnehmern nicht sehr ausgeprägt ist. Der Plan bezieht sich aber auch auf das Arbeitsrecht und damit auf die gesetzgebende Instanz, den Bundestag. Gleichzeitig richtet er sich an die Arbeitgeber, im Wege der Selbstverpfl ichtung Fort- und Weiterbildungsangebote in modularisierter Form für ältere Arbeitnehmer zu machen.
Ich erachte die Qualifi zierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen als die wichtigsten Maßnahmen überhaupt; denn die wissenschaftlichen Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, des IAB, zeigen, dass die Weiterbildungsangebote der Arbeitgeber für Arbeitnehmer ab dem 45. Lebensjahr abnehmen und die Arbeitnehmer häufi g nicht mehr bereit sind, diese Angebote anzunehmen. Die genannten neun Punkte sind jeweils dem Bulletin der Staatsregierung zu entnehmen.
Frau Staatsministerin, Sie haben soeben dargestellt, dass sich die Sonderinitiative zur Unterstützung von ALG-II-Empfängern nicht nach dem Alter richtet, sondern die besondere Unterstützungsbedürftigkeit das Kriterium ist. Meine konkrete Nachfrage lautet: Wird diese Initiative auch aus Mitteln des bayerischen Staatshaushalts fi nanziert, oder ausschließlich aus ESF-Mitteln, also aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds?
Grundsätzlich wird diese Initiative ausschließlich aus ESF-Mitteln fi nanziert. Es gibt noch andere Modellprojekte, die aus dem Arbeitsmarktfonds fi nanziert werden. Mit den ESF-Mitteln werden die Arbeitsgemeinschaften und die Optionskommunen für innovative Projekte unterstützt, die sich speziell an die langzeitarbeitslosen ALGII-Empfänger richten, die spezifi sche Vermittlungshemmnisse haben.
Meine nächste Nachfrage bezieht sich auf den Neun-Punkte-Plan, den Sie angesprochen haben. Im Pressekommuniqué von gestern wurden die Punkte dieses Plans nicht einzeln benannt. Meine Frage: Werden Sie als Staatsregierung diese Projekte über das hinaus, was bereits passiert, fi nanzieren und fördern? Eine Anmerkung: Bekommt der Landtag diesen Neun-Punkte-Plan zur Verfügung gestellt?
Ich sehe überhaupt kein Problem darin, dem Landtag den Neun-Punkte-Plan zur Verfügung zu stellen. Darin sind global die Maßnahmen zur Schaffung von mehr Wachstum und Beschäftigung genannt und außerdem zur Beseitigung von Frühverrentungsanreizen, Stichwort 58er-Regelung, zur Schaffung von Anreizen für eine rasche Eingliederung Älterer, zur Verlängerung der Lebensarbeitszeit, die rentenpolitischen Weichenstellungen, die Bundesarbeitsminister Müntefering eingebracht hat, Stichwort Arbeit bis 67, und zur Beseitigung der Einstellungshemmnisse gegenüber Älteren im Arbeitsrecht.
Wir hatten ursprünglich die sachgrundlosen Befristungen für Arbeitnehmer ab dem 52. Lebensjahr. Diese Regelung ist vor dem EuGH gescheitert, weil sie nur auf das Lebensalter bezogen war. Wir müssen deshalb diese sachgrundlosen Befristungen an eine drohende Arbeitslosigkeit oder eine bestehende Arbeitslosigkeit knüpfen, damit ein anderer Grund als das Alter besteht. Andernfalls läge eine Diskriminierung der älteren Menschen vor, so die Rechtsprechung des EuGH. Die entsprechenden Regelungen müssen möglichst rasch vom Bundesgesetzgeber auf den Weg gebracht werden.
Weiter sind in dem Plan die Verstärkung der Qualifi zierungs- und Weiterbildungsmaßnahmen der Unternehmen, der Abbau tarifvertraglicher Hindernisse durch die Tarifpartner, die Unterstützung nachhaltiger betrieblicher Personalpolitik, die präventive Gesundheitsförderung für den Erhalt der Arbeitsfähigkeit sowie die Unterstützung des Bewusstseinswandels durch eine öffentlichkeitswirksame Veranstaltung genannt. Das bedeutet, das Sozialministerium und die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft – vbw – haben sich verpfl ichtet, sich in einer Öffentlichkeitsveranstaltung an kleinere und mittlere Unternehmen zu wenden. In Deutschland besteht immer noch das Vorurteil, dass „jung“ gleichzeitig „dynamisch“ bedeute. Das Wort „alt“ wird hingegen mit dem Wort „unfl exibel“ verbunden. Vor diesem Hintergrund gilt es, die Vorurteile, die in der Bevölkerung gegenüber älteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herrschen, von der Defi zitsicht hin zur Kompetenzsicht zu erweitern.
Frau Staatsministerin, meine letzte Nachfrage: Sie haben soeben den Europäischen Sozialfonds angesprochen und das Neun-PunkteProgramm erläutert. Dies betrifft vor allem den Bund. Haben Sie im Rahmen dieses Programms auch vorgesehen, die Einstellungspraxis innerhalb der Staatsverwaltung bezogen auf die ältere Arbeitnehmerschaft zu ändern?
Frau Kollegin Dr. Kronawitter, wenn wir ein Neun-PunkteProgramm verabschieden, bedeutet das natürlich eine gewisse Selbstbindung der Staatsregierung.
Bevor ich die nächste Frage aufrufe, möchte ich noch unseren Geburtstagskindern gratulieren: Herrn Kollegen Ettengruber sehe ich im Moment nicht. Frau Kollegin Götz hat gerade den Saal verlassen. Herr Kollege Weidenbusch, herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Ich wünsche Ihnen Gesundheit und nicht zuviel Arbeit.
Herr Präsident! Frau Staatsministerin, welche Fördergrundlagen hat das Staatsministerium für Arbeit und Soziales für Projekte mit der Zielgruppe sozial benachteiligter Jugendlicher für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 geplant, um eine Planungssicherheit für die Projektträger von Beschäftigungsbetrieben zu erhalten?
Herr Kollege Dupper, im derzeitigen Förderzeitraum 2000 bis 2006 fördert das Arbeitsministerium eine Vielzahl von Projekten für besonders benachteiligte Jugendliche aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und Landesmitteln. In diesem Förderzeitraum können Projekte mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2007 gefördert werden.
Bayern wird auch im neuen Strukturfondsförderzeitraum ESF-Mittel im Ziel „Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung“ für arbeitsmarktpolitische Maßnahmen erhalten. Die Vergabe der ESF-Mittel wird nach den Möglichkeiten eines künftigen Operationellen Programms und den Prioritäten der bayerischen Arbeitsmarktpolitik erfolgen. Das Operationelle Programm 2007 bis 2013 wird eine zielgerichtete Strategie verfolgen und sich an den Vorgaben der Europäischen Kommission orientieren. Dazu gehören die Europäische Beschäftigungsstrategie, die Lissabon-Strategie, die Beschäftigungspolitischen Leitlinien, die entsprechenden EU-Verordnungen und der Nationale Strategische Rahmenplan.
Erst wenn das künftige Operationelle Programm durch die Europäische Kommission genehmigt wurde, sind die Voraussetzungen für eine Förderung von Projekten gegeben. Wir brauchen zunächst einmal die Grundlagen. Die Zusage der Weiterförderung bestimmter Träger und damit eine Planungssicherheit für die Projektträger ist nicht möglich. Zunächst ist das Operationelle Programm zu gestalten und mit der Europäischen Kommission abzustimmen. Erst ab 2007 kann über die Förderung von Projekten entschieden werden. Die Belange bestimmter Zielgruppen, zum Beispiel sozial benachteiligter Jugendlicher, sollen im Operationellen Programm 2007 bis 2013 berücksichtigt werden.
Frau Staatsministerin, ich hätte eine Nachfrage: Wenn wir davon ausgehen, dass das operationelle Programm halbwegs passt, mit welchen Maßnahmen möchten Sie Befürchtungen der Maßnahmenträger entgegentreten, die auf mangelnden Kofi nanzierungsmöglichkeiten bei der Arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit – AJS - oder bei Ein-Euro-Jobs beruhen?
Grundsätzlich sollen bei benachteiligten Jugendlichen im Sinne von § 13 des Sozialgesetzbuches, Buch VIII drei Schwerpunkte unter besonderer Berücksichtigung der strukturschwachen Regionen nach bisherigen Kofi nanzierungsvoraussetzungen gesetzt werden; denn gerade die Maßnahmenträger aus den strukturschwachen Regionen fragen immer wieder nach. Ein Schwerpunkt ist die Förderung der Jugendsozialarbeit an Berufschulen und Förderberufsschulen; insbesondere sollen Schüler in Jungarbeiterklassen, also junge Menschen ohne Ausbildungsplatz, und Schüler im Berufsvorbereitungsjahr gefördert werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Weiterfi nanzierung erfolgreicher und bewährter Qualifi zierungs- und Beschäftigungsprojekte der arbeitsweltbezogenen Jugendsozialarbeit. Gegebenenfalls sollen auch noch Jugendhilfeprojekte für Schulverweigerer und Schulschwänzer gefördert werden.
Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes (Drs. 15/6053) – Erste Lesung –
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. Das Wort hat Herr Staatsminister Dr. Schnappauf.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Staatsregierung legt heute den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes zur parlamentarischen Behandlung vor. Der Entwurf verfolgt zwei Ziele. Zum einen sollen die Genehmigungsverfahren für Hochwasserschutzmaßnahmen beschleunigt werden. Ich erwähne nur das Stichwort Verwaltungsvereinfachung. Zum anderen soll mit diesem Gesetzentwurf die Richtlinie der Europäischen Union über die strategische Umweltprüfung von Plänen und Programmen, die so genannte SUP-Richtlinie, umgesetzt werden. Sie wird mit diesem Entwurf eins zu eins in bayerisches Landesrecht umgesetzt.
Einige kurze Anmerkungen zu den beiden Aspekten; zunächst zur Beschleunigung beim Hochwasserschutz. Wir hatten im Sommer – im August – vergangenen Jahres wiederum gravierende Hochwässer in Bayern. Die Staatsregierung hat sich daraufhin entschlossen, unser bewährtes Aktionsprogramm 2020 fortzuschreiben und zu forcieren. Forciert werden soll das Programm in seiner Struktur als integraler Ansatz mit technischem Hochwasserschutz, natürlichem Hochwasserschutz und mit einer verbesserten Vorhersage von Hochwässern. Die Anstrengungen zur Reaktivierung früherer Rückhalteräume, zum Bau von Rückhalteräumen und Poldern und zur Deichsanierung sollen nochmals intensiviert werden, sodass wir dafür neben den erforderlichen Mitteln in Höhe von 150 Millionen Euro jährlich für die drei kommenden Jahre zusätzliche rechtliche Instrumente benötigen, um in kürzestmöglicher Zeit den Hochwasserschutz in Bayern weiter zu verbessern. Insgesamt werden wir in einem Zeitraum von drei Jahren 450 Millionen Euro oder fast eine halbe Milliarde Euro in den Ausbau des Hochwasserschutzes in Bayern investieren.
Wenn wir mit mehr Geld den Hochwasserschutz schneller verbessern wollen, müssen auch die erforderlichen Genehmigungsverfahren zügiger durchgeführt werden. Die Staatsregierung hat deshalb Anfang des Jahres ein Maßnahmenpaket zur Änderung des Bayerischen Wassergesetzes beschlossen. Im Februar dieses Jahres
konnte ich bereits bei einer gemeinsamen Sitzung des Umweltausschusses und des Kommunal- und Innenausschusses die Grundzüge dieses Pakets vorstellen. Wir haben dafür von den Ausschüssen viel Zustimmung erhalten. Nun wollen wir heute mit dem Gesetzentwurf unsere Vorstellungen in eine rechtliche Form gießen, um schnellstmöglich einen forcierten Hochwasserschutz betreiben zu können.
Wir wollen das Gewicht des Hochwasserschutzes bei den Zulassungsverfahren für Deichneubauten, Deichrückverlegungen und Polderbauten stärken. Wir nehmen deshalb zum ersten Mal einen Programmsatz für die Schaffung von Retentionsfl ächen in das bayerische Wasserrecht auf. Das, was wir als Grundsatz bereits ins vorletzte Landesentwicklungsprogramm erstmals aufgenommen haben, wird nun im Fachrecht, im Wasserrecht, aufgegriffen und konkretisiert und in seiner Stringenz intensiviert. Dieser Programmsatz erfasst alle Flächen für die Hochwasserrückhaltung und Hochwasserentlastung. Flächen, die sich dazu eignen, Wasser in der Fläche zurückzuhalten, sollen für diesen Zweck auch vorrangig verwendet werden. Von diesem Programmsatz profi tieren sowohl technische Varianten des Hochwasserschutzes als auch ökologische Vorhaben, wie zum Beispiel die Neuschaffung von Retentionsräumen durch die Zurückverlegung von Deichen.
Weiterhin wollen wir mit der Gesetzesnovelle die Verfahren zeitlich beschleunigen. Im Rahmen der notwendigen Planfeststellungsverfahren sollen Erörterungstermine nur mehr dann durchgeführt werden, wenn von ihnen neue Erkenntnisse zu erwarten sind oder wenn die reelle Aussicht besteht, dass sie befriedende Wirkung haben. Deshalb wird es zukünftig im Ermessen der zuständigen Behörde liegen, ob sie einen Erörterungstermin anberaumt. Es macht überhaupt keinen Sinn, obligatorisch Erörterungstermine durchzuführen. Für die Verwaltung ist es ein riesiger Aufwand, einen solchen Termin vorzubereiten. Er kostet viel Kraft, viel Zeit, viel Geld und viel Personalaufwand. Er ist aber nicht nötig, wenn letzten Endes alles schon gesagt ist. Die Realität zeigt auch, dass die Betroffenen an den Erörterungsterminen kaum noch teilnehmen. Deshalb soll der Erörterungstermin nicht mehr obligatorisch, sondern nur mehr fakultativ dann durchgeführt werden, wenn davon wirklich ein Gewinn für das Verfahren zu erwarten ist. Vom Wegfall überfl üssiger Erörterungstermine erwarten wir uns erhebliche Zeit- und Ressourcengewinne. Der Aufwand für die Durchführung von solchen nicht seltenen Großveranstaltungen ist erheblich. Der Ertrag ist teilweise gering, wie eben angesprochen.
Die Beteiligungsrechte und Beteiligungsmöglichkeiten – darauf möchte ich ausdrücklich hinweisen – werden dadurch nicht beschnitten. Zum einen bleibt das formalisierte Anhörungsverfahren mit der Möglichkeit, schriftlich Einwendungen zu erheben, zwingend vorgeschrieben. Weiter ermutigen wir mit der Ermessensregelung den Vorhabensträger dazu, verstärkt den Dialog mit der Öffentlichkeit zu suchen. Es ist mir ein ganz großes Anliegen, dass wir die Bürgerinnen und Bürger frühzeitig über den Hochwasserschutz informieren und sie frühzeitig daran beteiligen und einbinden. Wir haben bei den Polderbauten in Bayern eine eigene Dialogreihe gestaltet,
die sich „Polder im Dialog“ nennt. Auf diese Art und Weise wollen wir den Bürgerinnen und Bürgern frühzeitig Überlegungen vorstellen, bevor sie das Planungsstadium und auch das Verfahrensstadium erreichen.
Im Zuge des Aktionsprogramms 2020 sollen ergänzend zum Hochwasserschutz durch Erhalt und Wiedergewinnung von natürlichen Retentionsfl ächen mindestens 30 Millionen Kubikmeter Rückhalteräume in sieben gesteuerten Flutpoldern an Donau, Main und Mangfall geschaffen werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie wissen, ein Flutpolder ist im Gegensatz zu einer natürlichen Retentionsfl äche ein Landschaftsbecken, das genutzt wird, um im Falle eines großen Hochwassers gezielt Wasser aus dem Fluss auszuleiten und – ich sage es einmal salopp – zwischenzuparken, um das Wasser nach Durchlaufen der Flutwelle wieder an den Fluss abzugeben. Sieben solche gesteuerten Polder sollen an Mangfall, Main und Donau entstehen.
Die Erfahrungen mit dem Planfeststellungsverfahren für den ersten bayerischen gesteuerten Flutpolder im Seifener Becken an der Iller, dessen Bau jetzt zu Ende geht, haben gezeigt, dass es sich hier um hoch komplexe Verfahren handelt. Bislang laufen diese Verfahren bei den Kreisverwaltungsbehörden. Im Oberallgäuer Fall konnte die Zuständigkeit aufgrund einer Sonderkonstellation auf die Regierung von Schwaben übertragen werden. Dort musste eine Bundesstraße, die B 19 in den Flutpolder einbezogen werden. Die Straßenböschung dient dort als Damm. Für das Planfeststellungsverfahren für die B 19 war die Regierung zuständig, sodass das Verfahren bei der Regierung konzentriert wurde. Das ist natürlich nicht immer der Fall. Es hat sich aber gezeigt, dass es Sinn macht, dass die Regierungen grundsätzlich die Zuständigkeit für Flutpolder mit einem Rückhaltevolumen von mehr als einer Million Kubikmetern bekommen sollen.
Bei größeren Projekten sollen also die Regierungen mit ihrer übergreifenden koordinierenden Funktion künftig die Zuständigkeit für Flutpolderverfahren bekommen.
Dadurch sollen die Erfahrungen aus anderen Planfeststellungsverfahren, wie dem Straßenbau, genutzt werden. Im Übrigen erhoffen wir uns einen Effi zienzgewinn, wenn die Verfahren bei den übergeordneten Behörden gebündelt werden. Es ist damit zu rechnen, dass noch dieses Jahr das Genehmigungsverfahren für den zweiten gesteuerten Flutpolder im Mangfalltal in Oberbayern beginnen kann. Somit eilt die Verabschiedung des Gesetzes. Ich möchte schon jetzt darum bitten, dass das Gesetz zügig beraten werden kann.
Die Richtlinie zur Durchführung der Strategischen Umweltprüfung – SUP – der EU ist zwingend bis Ende dieses Jahres umzusetzen. Sie hat zum Ziel, Umwelterwägungen nicht erst bei Zulassung des konkreten Vorhabens, sondern bereits auf der vorgelagerten Planungsebene zu berücksichtigen. Der Grundgedanke nachhaltiger Politik soll damit realisiert werden, indem schon am Anfang einer Planung überlegt wird, ob die Maßnahme ökologisch verträglich ist, und dies nicht erst in einem fortgeschrittenerem Stadium gemacht wird. Das ist eine wirksame und umfassende Umweltvorsorgeüberlegung.
Damit wird erneut eine europäische Regelung im Umweltbereich vorgelegt, die logischer Weise erneuten Verwaltungsaufwand zur Folge hat. Ich weise ganz ausdrücklich darauf hin, dass vieles fachlich durchaus sinnvoll ist, aber die Umsetzung auf Länderebene in Deutschland zusätzlichen Aufwand verursachen wird. Die Richtlinie schreibt vor, dass bestimmte Pläne und Programme einer Umweltprüfung mit Öffentlichkeitsbeteiligung zu unterziehen sind. Im Landeswasserrecht sind Maßnahmenprogramme und Hochwasserschutzpläne betroffen. Mit diesem Gesetzentwurf werden die notwendigen Verfahrensregelungen für die Durchführung der Strategischen Umweltprüfung – SUP – bei der Aufstellung dieser Pläne getroffen. Die Richtlinie wird möglichst schlank 1 : 1 umgesetzt. Im Interesse der Deregulierung nutzt der Gesetzentwurf vorhandene Spielräume. So wird zum Beispiel bei Planänderung die Einzelfallprüfung zur Notwendigkeit einer SUP eröffnet. Damit ermöglichen wir eine wirksame, aber effektive Umweltvorsorge. – Soviel zu diesem zweiten Aspekt.
Da auch die SUP-Richtlinie bis Ende des Jahres umgesetzt sein muss, bitte ich ganz herzlich, den eingebrachten Gesetzentwurf der Staatsregierung möglichst rasch zu beraten und zu verabschieden. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Staatsminister Dr. Schnappauf hat das Gesetz vorgestellt. Ich bin etwas verwundert, dass er nun plötzlich die hohe Bedeutung der Strategischen Umweltprüfung erkennt. Herr Staatsminister, Sie hätten das Ihrem Kollegen, Herrn Minister Huber bei der Einbringung des Landesentwicklungsprogramms – LEP – näher bringen müssen.